Experimentelle Teilchenphysik und Kosmologie

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Experimentelle Teilchenphysik und Kosmologie Hauptseminar Experimentelle Teilchenphysik und Kosmologie Indirekter Nachweis von Dunkler Materie Von Detlef Kramczynski

Inhaltsangabe: Die EGRET-Messung DM-Annihilation ? Argumente pro CGRO Gammastrahlen Der Exzess Erklärungsversuch DM-Annihilation ? Allgemeines zur Dunklen Materie Entstehung und Vernichtung Argumente pro Energiebereich Homogenität Die Ringe Argumente contra Verschiedene Einwände

1. Die EGRET-Messung a) Der CGRO-Satellit (Compton Gamma Ray Observatory) Daten gesammelt von 1991 bis 2000 Insgesamt 4 Messinstrumente an Bord, eines von ihnen ist EGRET Darstellung: EGRET maß die Gammastrahlung des Sternenhimmels aus, bezüglich Richtung und Impulshöhenspektrum.

- im SLAC (Stanford Linear Accelerator Center) durch monochromatische Gammastrahlen von 30 MeV bis 30 GeV geeicht - Messbereich von 20 MeV bis 10 GeV, Energieauflösung 20%. - maximale Ortsauflösung 5 – 30 Bogenminuten (je nach Frequenz), bei Messung wurde über 0,5°x0,5° - Pixel gemittelt b) Gammastrahlen Natürlicherweise entstehen Gammastrahlen unter anderem durch folgende Prozesse: Inverse Comptonstreuung: e- (E groß) + γ (E klein) -> e- (E klein) + γ (E groß) Bremsstrahlung: e- (E groß) + N -> e- (E klein) + γ +N Protonenkollision: p+p -> π0 + R -> γ + R (Kernzerfall: N* -> N + γ )

Vorteil bei Messung von Gammastrahlung: Im Gegensatz zu geladenen Teilchen (Protonen, Elektronen, Positronen ...), werden Gammastrahlen nicht durch galaktische Magnetfelder beeinflusst. Daher weiß man, dass die Richtung der Gammastrahlen auf ihren Herkunftsort zurückweißt. Um lokale Unregelmäßigkeiten zu vermeiden, wurden die bekannten galaktischen (z.B. Gamma-Ray-Bursts) und extragalaktischen Gamma-Punktquellen (z.B. Galaxienzentren) bei der Auswertung nicht beachtet.

c) Der Gamma-Exzess Obwohl man für die Auswertung den extragalaktischen Hintergrund herausgerechnet hatte (Christian Sanders, 2005), zeigte sich deutlich, dass die Intensität der Gammastrahlung im hochenergetischen Bereich über den theoretischen Erwartungen lag. Zunächst wurden alle gemessenen Spektren frei normalisiert, um sie unabhängig von ihrem Herkunftsort vergleichen zu können. Freie Normalisierung bedeutet, dass für jedes Impulshöhenspektrum ein individueller Normierungsfaktor verwendet wird. Dadurch genügt es, die Kurvenformen miteinander zu vergleichen. Bei Erklärungsversuchen kann man daher die genaue Dichteverteilung vernachlässigen.

Mittels einer GALPROP-Simulation wurde ein theoretisches Spektrum für die Massen- und Gasverteilung der Milchstraße aufgestellt. Dabei wurden die verschiedenen Elektron- und Proton-Gammastrahlen gemäß ihrer relativen Intensität im Solarsystem aufaddiert. Anschließend hat man diese Kurve an die frei normalisierten Messwerte im niederenergetischen Bereich angepasst. Für die Analysen wurde schließlich nur der Energiebereich oberhalb von 70 MeV betrachtet. Unterhalb dieser Grenze besitzen die „elektronischen“ Strahlungen eine höhere Amplitude, als die Gammastrahlung aus dem π0 - Zerfall. Es zeigte sich, dass bei diesem (konventionellen) GALPROP-Modell der Gamma-Exzess übrig bleibt. Es wurde auch ein „optimiertes“ Modell errechnet, in dem die Amplituden der Elektronen- und Protonen-Gammaspektren so abgestimmt sind, dass sich ein passender Fit ergibt. Dieses Modell liefert aber keine guten Fits, wenn man weitere, beliebige EGRET-Spektren damit vergleicht.

d) Erklärungsversuch Wenn man die Differenz zwischen dem theoretischen Wert und dem Messwert nun betrachtet, dann sieht man, dass es eine Gammaquelle unbekannter Herkunft geben muss. Beispielrechnungen haben gezeigt, dass sich die zusätzliche Gammastrahlung durch die Annihilation zweier schwerer Teilchen von 50 GeV – 100 GeV Masse zu π0 – Mesonen erklären lässt. Diese erzeugen bei ihrem Zerfall dann die zusätzlichen Gamma-Quanten.

2. DM-Annihilation ? a) Allgemeines zur DM Unter Dunkler Materie (DM) versteht man eine Form gravitativer Masse, die nicht mit Photonen interagiert. Sie ist nur durch ihre Gravitationskraft bemerkbar und wurde auch so erstmalig entdeckt: Als Irregularität in der Bewegung der Galaxien des COMA-Clusters. Dunkle Materie besitzt nur eine geringe Anzahldichte. Da die DM-Teilchen nur sehr kleine Wirkungsquerschnitte haben, nennt man sie auch WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles). Diese Teilchen sind großteils nichtrelativistisch (cold dark matter), da sonst die Anisotropie der CMB größer wäre.

Die Supersymmetrie (SUSY) liefert die theoretische Vorhersage von neuen Elementarteilchen im hohen Energiebereich, welche als „Zwillinge“ der bekannten Elementarteilchen angesehen werden können. Die leichtesten dieser Teilchen könnten der DM entsprechen könnten. Zwei dieser Kandidaten wären das Photino (entspricht einem Photon mit Spin ½) und das Neutralino (ein Majorana-Teilchen mit Spin ½). b) Entstehung und Vernichtung Da die DM im Universum so wie die bekannte Materie aus Energie entstanden ist, muss sie sich auch wieder in Energie umwandeln (lassen) können. Dies ist auch geschehen, da sich ihre Anzahldichte seit ihrem freeze-out um den Faktor 10 verringert hat. Dies kann durch Zerfall oder Annihilation geschehen.

Die Zerfallsvariante scheidet aus, da die DM sonst komplett hätte verschwinden müssen. Sie besitzt folglich eine Lebensdauer von etwa dem Alter des Universums. Wenn die WIMPs also stabil sind, dann müssen sie sich gegenseitig annihilieren können. Kurz nach dem Urknall war die Teilchendichte sehr hoch, was Annihilation begünstigt hat. Das Universum dehnte sich jedoch beschleunigt aus und irgendwann überstieg die Expansionsrate die Annihilationsrate. Dies bezeichnet man als „freeze-out“. Erst als sich durch die Gravitation Strukturen bildeten, kam es wieder zu Zusammenballungen von DM. Dies begünstigte wieder Annihilation.

Wenn nun die WIMPs sich gegenseitig annihilieren, so können verschiedene „bekannte“ Elementarteilchen wie Baryonen, Mesonen, Leptonen, Photonen und Neutrinos entstehen. Von besonderem Interesse ist hier das π0-Meson. Es gibt drei Arten von π-Mesonen: π+ (u dquer), π - (uquer d) und π0. Letzteres ist eine Überlagerung zweier Zustände und zerfällt direkt in 2 Photonen, ohne weitere Zerfallskanäle. Falls nun aus der WIMP-Annihilation diese π0-Mesonen und damit die Photonen entstehen, so entsprechen diese in etwa der Massenenergie der WIMPs, da diese ja nicht-relativistisch waren. Mann erhält ein Spektrum, das bei der Ruheenergie der WIMPs endet. Diese Gamma-Quanten können von den Gamma-Quanten aus anderen π0-Mesonen unterschieden werden, da diese hauptsächlich durch Proton-Proton-Kollisionen enstehen. Diese Zerfallskanäle und Spektren sind aus Fix-Target-Experimenten (Protonen und H2) in Teilchenbeschleunigern bekannt.

3. Argumente pro a) Der Energiebereich Die leichtesten SUSYElementarteilchen gelten als stabil und potentielle WIMP-Kandidaten. Ihr Energiebereich liegt bei 50 GeV – 100 GeV. Wenn man daraus das Annilihationsspektrum berechnet, so kann man dieses leicht in die frei normalisierten Messkurven eintragen. Wie man sieht, kann daraus gute Fits erzielen. Der beste Fit ergab sich für eine WIMP-Ruhemasse von 60 GeV.

b) Die Homogenität Bemerkenswert ist, dass dieser Gamma-Exzess in allen Richtungen vorliegt. Dies spricht dafür, dass man es mit einem universalen Phänomen zu tun hat. Aus den Rotationskurven verschiedener Galaxien hat sich ergeben, dass diese von einem gewaltigen Halo (bis zu mehrere Hunderttausend Lichtjahre Durchmesser) aus Dunkler Materie umgeben sind. In diesem Bild ist eine Simulation der vermuteten Dichteverteilung der Milchstraße gezeigt. Die Dichte ist dabei auf einer logarithmischen Farbskala aufgetragen, die Kantenlänge des Bildes entspricht 540 kpc (~1,74 Mio Lj)

c) Die Ringe Die wohl eindeutigste Verbindung von Theorie und Messung ist hier der Nachweis der Massenringe bei 4 kpc und 14 kpc in der Milchstraße. Da insgesamt 180 EGRET-Spektren untersucht wurden, ist es möglich eine Dichteverteilung der DM in der Milchstraße anzugeben. Man fand nun (in der Kantensicht) eine Verteilung, die auf zwei großräumige DM-Ringe schließen lässt. Blau: Dichteverteilung Rot: äußerer Ring Grün: innerer Ring Gelb: Sol

Tatsächlich wurden in den fraglichen Gebieten große Vorkommen an Wasserstoff beobachtet. Besonders im Bereich des inneren Rings gibt es großräumige Staubstrukturen, in deren Schutz sich neutraler Wasserstoff gebildet hat. Wenn man nun für die WIMPs eine Masse von 60 GeV annimmt, so kann man zusammen mit der Anzahldichte die Massen der Ringe berechnen. Es ergeben sich innen 9 Mrd. Sonnenmassen und außen 90 Mrd. Sonnenmassen. Mit dieser Kenntnis kann man nun eine Poisson-Gleichung aufstellen und (numerisch) lösen. Man erhält so eine Rotationskurve der Milchstraße.

Wie man deutlich sieht, stimmt die gemessene Rotationskurve mit der berechneten überein. Die Mulde stammt daher, dass der äußere Ring an seiner Innenseite der Gravitationskraft des Galaxiszentrums entgegenwirkt. Man vermutet, dass diese Ringe daher stammen, dass die Milchstraße früher einmal eine Zwerggalaxie eingefangen hat. Bei ihrem exzentrischen Um- und Durchlauf durch das Gravitationsfeld der Milchstraße wurde die Zwerggalaxie in Stücke gerissen. Die Gezeitenkräfte gehen dabei mit 1/r ³.

4. Argumente contra a) Kalibrierung Die Missionsdauer von CGRO und EGRET betrugen 9 Jahre. Da ist es möglich, dass es zu systematischen Untergrund- und Mess-Fehlern kommt. Dieser Messfehler hätte dann aber den gesamten untersuchten Bereich von 70 keV – 10 GeV betreffen müssen und nicht nur den Gamma-Exzess bei 500 keV – 10 GeV. b) Messpunkte Kann es ein, dass man in zuwenigen Richtungen gemessen hat und der Gamma-Exzess aus dem Hintergrund stammt? Nein, da er sowohl Richtung Zentrum als auch Richtung Peripherie gemessenen wurde. c) Untergrund Vielleicht ist der Untergrund tatsächlich härter, als wir bisher angenommen haben. Gut möglich, aber dann wäre der Exzess auch im weichen Bereich.

d) Punktquellen Gibt es vielleicht unbekannte Punktquellen, die diese diffuse Gammastrahlung erzeugen? Unwahrscheinlich. Soweit bekannt, machen Punktquellen nur einen sehr kleinen Teil der diffusen Gammastrahlung aus. Außerdem reicht ihr Spektrum bis maximal etwa 1 GeV. e) Galaxieneinfall Wieso sollte eine Zwerggalaxie so einfallen, dass sie in der Ebene einen Ring bildet? Muss sie nicht, aber weil sie ein ausgedehntes Objekt ist, wird ihre Rotationsebene durch Gezeitenkräfte an die der Galaxis angepasst. f) schwere Zwerggalaxie Der äußere Ring ist fast halb so schwer wie das Milchstraßenzentrum! Wieso wurde die Spiralstruktur der Milchstraße bei so einem Einfall nicht beschädigt? Keine Ahnung. Andere große Galaxien besitzen vergleichbare Massenringe und sind auch normal.

Quellen Powerpoint-Präsentation zum Astrophysics-Workshop Zeuthen (deBoer) Astronomy & Astrophysics, EGRET Excess of Diffuse Galactic Gamma Rays as Tracer of Dark Matter (deBoer, Sander, Zhukov, Gladyshev, Kazakov) Courier-Artikel der darauf aufbaut (deBoer) Präsentation „Is Dark Matter Supersymmetric?“ (deBoer) Grand Unified Theories and Supersymmetry in Particle Physics and Cosmology (deBoer) DM-Halo-Bild von Max-Planck-Gesellschaft http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/dokumentation/jahrbuch/2004/astrophysik/forschungsSchwerpunkt1/