Der Hochtemperaturreaktor – Sicherheitseigenschaften und Projekte von Peter-W. Phlippen Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für Sicherheitsforschung und Reaktortechnik 67. Physikertagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft Hannover, 24. – 28. März 2003
Gliederung Heutige Situation der Kernenergienutzung Anforderungen an zukünftige Kernreaktoren HTR - Sicherheit Stabilitätskriterien Beispiel: Thermische Stabilität Beispiel: Nukleare Stabilität Laufende HTR-Projekte Nachhaltigkeit Ausblick DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Heutige Situation der Kernenergienutzung Core-Zerstörung durch Ausfall der Nachwärmeabfuhr möglich DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Heutige Situation der Kernenergienutzung (2) Probabilistisches Sicherheitskonzept (Defence in Depth) Unfälle können sehr großes Schadensausmaß annehmen Langandauernde Flächenkontamination Umsiedlungen erforderlich Zahlreiche Todesfälle (unmittelbar oder verspätet) erwartet Schäden nicht versicherbar DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Sicherheitskonzept nachweisen, technisches Konzept anpassen! Anforderung: Sicherheitskonzept nachweisen, technisches Konzept anpassen! DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Gliederung Heutige Situation der Kernenergienutzung Anforderungen an zukünftige Kernreaktoren HTR - Sicherheit Stabilitätskriterien Beispiel: Thermische Stabilität Beispiel: Nukleare Stabilität Laufende HTR-Projekte Nachhaltigkeit Ausblick DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Zukünftige Kernenergienutzung „Katastrophenfreie“ Kernenergienutzung Keine Todesfälle außerhalb des Anlagenzaunes Keine unzulässige Freisetzung von Radioaktivität in die Umgebung Keine Umsiedlung Keine Landkontamination Keine volkswirtschaftliche Katastrophe, denn Schäden bleiben auf die Anlageninvestition begrenzt Schäden sind versicherbar DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Zukünftige Kernenergienutzung (2) Ertüchtigung der LWR-Technik durch Einführung des Core-Catchers (EPR) oder Reduktion der Kernschmelzhäufigkeit (AP-600, ABWR, SWR-1000) Containment muss trotz Wasserstoffver-brennung, Druckaufbau und evtl. Kernschmelze für lange Zeit dicht bleiben! Dimensionierung/Realisierung nicht schmelzfähiger Reaktoren (HTR) Kernschmelzen ist physikalisch ausgeschlossen. Spaltprodukte bleiben im Brennelement! DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Zukünftige Kernenergienutzung (3) DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Gliederung Heutige Situation der Kernenergienutzung Anforderungen an zukünftige Kernreaktoren HTR - Sicherheit Stabilitätskriterien Beispiel: Thermische Stabilität Beispiel: Nukleare Stabilität Laufende HTR-Projekte Nachhaltigkeit Ausblick DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Stabilitätskriterien Katastrophenfreie Kernreaktoren müssen folgende Stabilitätskriterien durch selbsttätige Eigenschaften erfüllen: Thermische Stabilität Nukleare Stabilität Mechanische Stabilität Chemische Stabilität Keine Zerstörung durch Überhitzung Keine Zerstörung durch nukleare Transienten Keine Zerstörung durch Komponentenversagen Keine Zerstörung durch Korrosion oder deren Folgeprodukte DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Stabilitätskriterien (2) Der HTR erfüllt die Stabilitätskriterien durch keramischen Coreaufbau (Graphit) keramische Brennelemente (Graphit) Limitierung der Leistungsdichte im Core und der bestimmenden Dimensionen (Durchmesser) inertes Kühlmittel (He) Limitierung des Zutritts korrosiver Medien (Luft, Wasser) Wahl des Primärkreiseinschlusses (z. B. vorgespannte Behälter) Brennstofftemperaturen bleiben stets unterhalb der Schädigungsgrenze DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR – Kugelbrennelement Werkstoff: Graphit Dichte: 1,75 g/cm3 Durchmesser: 60 mm Schalendicke: 5 mm Uran-Beladung: < 12 g/BE Coated Particle: TRISO UO2-Kern: 500 m Dichte: 10,4 g/cm3 Anreicherung: < 10 Gew.-% Schichten: C, PyC, SiC,PyC Dicke / m: 95, 40, 35, 40 Dichte / g/cm3: 1,05/1,9/3,18/1,9 DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR – Spaltprodukteinschluss Partikelschädigung Spaltproduktfreisetzung DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR – Katastrophenfrei Solange Tmax < 1600 °C bleibt Spaltproduktfreisetzung < 10-7 des Inventars Dosisleistung in der Umgebung sehr gering keine Evakuierung keine Umsiedlung extreme Störfallannahme Kühlmittelverlust, d.h. keine aktive NWA Verlust der aktiven Abschaltfunktionen, d.h. Freigabe von Überschussreaktivität Spaltprodukte im BE in der Umgebung I0 I* < 10-7· I0 DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Katastrophenfrei – Geltungsbereich Einschluss der radioaktiven Stoffe in der Reaktoranlage, besser noch im Brennstoff Zeit für aktive Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen ist wichtig. DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Gliederung Heutige Situation der Kernenergienutzung Anforderungen an zukünftige Kernreaktoren HTR - Sicherheit Stabilitätskriterien Beispiel: Thermische Stabilität Beispiel: Nukleare Stabilität Laufende HTR-Projekte Nachhaltigkeit Ausblick DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Thermische Stabilität - Prinzip Ausfall der aktiven Systeme zur Nachwärmeabfuhr DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Thermische Stabilität - Prinzip thermisch instabil thermisch stabil DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Thermische Stabilität - Prinzip DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR - Thermische Stabilität Ausfall der aktiven Systeme zur Nachwärmeabfuhr, Druckentlastung, mit/ohne 1. Abschaltsystem Temperatur / °C Zeit / h DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR - Thermische Stabilität Ausfall der aktiven Systeme zur Nachwärmeabfuhr, Druckentlastung, mit/ohne Kühlung der Kaverne Radius / cm RDB RCCS Core Beton Temperatur / °C DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR – Thermische Stabilität Annahme: Ausfall der aktiven NWA und Druckentlastung Radius / cm Beispiel: Modul HTR 200 MWth Zeit / h DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Nukleare Stabilität - Prinzip Reaktivitätssteigerung bei Ausfall aller aktiven Systeme zur Regelung / Abschaltung DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Nukleare Stabilität - Prinzip thermisch instabil thermisch stabil DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR - Nukleare Stabilität Schnelles Ausfahren des 1. Abschaltsystems im Volllastbetrieb ohne Gegenmaßnahmen /°C / % Beispiel: Modul HTR 200 MWth DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Beispiel: ISR-300 Konzept eines katastrophenfreien HTR DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Gliederung Heutige Situation der Kernenergienutzung Anforderungen an zukünftige Kernreaktoren HTR - Sicherheit Stabilitätskriterien Beispiel: Thermische Stabilität Beispiel: Nukleare Stabilität Laufende HTR-Projekte Nachhaltigkeit Ausblick DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR-Projekte weltweit China SA Germany USA Japan Great Britain AVR THTR HTR 500 Modul Peach Bottom FSV HTGR 1160 MHTGR HTTR Dragon PBMR HTR 10 50 750 1250 115 800 200 600 30 400 10 3000 20 Angaben im MWth DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR-Projekte weltweit (2) Modul HTR - 10 PBMR HTTR MHTGC country Germany China South Africa Japan USA/Russia thermal power MW 200 400 30 600 electrical 80 3 110 286 purpose of plant cogeneration, electricity production expe rimental, demonstration, experimental, type of fuel element spherical sphercial block max. helium temperature °C 700 700...900 90 850...900 850 max. temp. in case of accident < 1500 < 1100 < 1600 status detailed engineering finished operating proceeding DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR-10 China Aufgabe: experimenteller Reaktor Kugelhaufen-Zylinder-Core Leistung: 10 MW Leistungsdichte: 3,3 MW/m3 TRISO-Coated Partikel Helium: 700 ... 900 °C Druck: 4 MPa kontinuierliche Beschickung mit 10-fachem Kugeldurchlauf Abschaltsysteme: 1. Stäbe in Reflektorkanälen 2. KLAK in Reflektorkanälen Behälterkühlung mit Kaltgas DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
PBMR Südafrika Aufgabe: Stromerzeugung Kugelhaufen-Ring-Core Leistung: 400 MW Leistungsdichte: 4,8 MW/m3 Höhe / Durchm. 11 / 1 - 3,7 m Abbrand: 90 MWd/kgSM TRISO-Coated Partikel Helium: 480 °C 900 °C Druck: 9 MPa kontinuierliche Beschickung mit 6-fachem Kugeldurchlauf Abschaltsysteme: 1. Stäbe in Reflektorkanälen 2. KLAK in Reflektorkanälen Behälterkühlung mit Kaltgas 3-Wellen-Gasturbinenanlage DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
PBMR - Schaltung Merkmale: THe (E/A) = 480/900 °C Druck: 9 MPa kompakte Bauweise schnelllaufende Turbomaschinen Lastwechsel: 10 % / min Wasserkühlung DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Gliederung Heutige Situation der Kernenergienutzung Anforderungen an zukünftige Kernreaktoren HTR - Sicherheit Stabilitätskriterien Beispiel: Thermische Stabilität Beispiel: Nukleare Stabilität Laufende HTR-Projekte Nachhaltigkeit Ausblick DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Nachhaltigkeit CO2-frei Zuwachs Bereitstellung Erwarteter Verlauf des Weltenergiebedarfs Zuwachs Entwicklungsländer Schwellenländer Bereitstellung fossile Energieträger Kernfusion Solarenergie Kernspaltung CO2-frei Realisierung Kosten Sicherheit, Endlagerung DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Nachhaltigkeit (2) DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Spezifische Investitionskosten Basis: industrielle Angebotsabgaben DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Nachhaltigkeit – Kostenstruktur Life-Cycle-Kosten von Stromerzeugungsanlagen in Deutschland DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Ausblick Der Einsatz „katastrophenfreier Kerntechniken“ kann helfen, die öffentliche Akzeptanz der Kernspaltung wieder zu gewinnen. Der HTR hält die Spaltprodukte im Core zurück, solange die Stabilitätskriterien eingehalten werden (i. w. T < 1600 °C). Selbsttätige Nachwärmeabfuhr und selbsttätige Begrenzung der nuklearen Leistung wurden am AVR bereits demonstriert. Eine unterirdische Bauweise bietet auch Schutz gegen extreme äußere Einwirkungen. Kernspaltung ist eine seit langem etablierte und wirtschaftliche Technik zur Stromerzeugung. Daher wird Kernenergie auch weiterhin eine dominante Rolle in der CO2-freien Stromerzeugung wahrnehmen. DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Ausblick Der Einsatz „katastrophenfreier Kerntechniken“ kann helfen, die öffentliche Akzeptanz der Kernspaltung wieder zu gewinnen. Der HTR hält die Spaltprodukte im Core zurück, solange die Stabilitätskriterien eingehalten werden (i. w. T < 1600 °C). Selbsttätige Nachwärmeabfuhr und selbsttätige Begrenzung der nuklearen Leistung wurden am AVR bereits demonstriert. Eine unterirdische Bauweise bietet auch Schutz gegen extreme äußere Einwirkungen. Kernfusion muss noch technisch entwickelt werden und steht zur Lösung der anstehenden Energieprobleme nicht zur Verfügung. Solarenergie ist noch weit entfernt von einem generellen wirtschaftlich konkurrenzfähigen Einsatz. Kernspaltung ist eine seit langem etablierte und wirtschaftliche Technik zur Stromerzeugung. DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Der DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Nachhaltigkeit (2) DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR und GT-Anwendung GT-Technologie 1250 °C Turbinen-Eintrittstemperatur kommerziell verfügbar Hochtemperatur-Materialien verfügbar Schaufelkühlung und Schutzschichten eingeführt 100 MWe und mehr Lebensdauer und Verfügbarkeit gut DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Prinzip: geschlossener GT-Zyklus HTR und GT-Anwendung Prinzip: geschlossener GT-Zyklus Vorteile: nur ein Medium (kein Wasser!) „kompakte“ Bauweise elektrischer Wirkungsgrad (bis ca. 45 %) KK 4 unten DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
HTR und GT-Anwendung Prinzip: GUD-Zyklus KK 4 unten Anwendung von Trockenkühltürmen mögliche Kraft-Wärmekopplung hoher elektrischer Wirkungsgrad (45 ... 50 %) KK 4 unten DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
Endlagerung (Granit) DPG AKE 24. März 2003, Phlippen, FZJ-ISR
EPR