Wie extrem wird das Klima?

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke
Advertisements

T. Staeger, J. Grieser und C.-D. Schönwiese
Arbeitsgruppe Meteorologische Umweltforschung/Klimatologie Institut für Meteorologie und Geophysik der J. W. Goethe-Universität Frankfurt/M. Anwendung.
Zur Schätzung der Wiederkehrzeiten von Starkniederschlägen
Vorsorge und Gestaltungspotenziale in ländlichen Räumen unter regionalen Wetter- und Klimaänderungen (LandCaRe 2020) Teilprojekt 2.3.
Manfred Schüssler Max-Planck-Institut für Aeronomie Katlenburg-Lindau
Die Deutschen im Herbst 2008
Carl-von-Ossietzky Universität
Aktuelle Bezüge : Extreme Wetterlagen: Hitzesommer 2003.
Extreme Klimaereignisse werden immer ausgeprägter
Klimawandel im Industriezeitalter Beobachtungsindizien und Ursachen D
Aktuelle Bezüge : Extreme Wetterlagen: Extrem Hurrikane 2005.
Institut für Physik der Atmosphäre – Universität Mainz, Deutschland
Klimawandel CO2 (ppm) WS 05/06 Joachim Curtius
Klimawandel CO2 (ppm) WS 05/06 Joachim Curtius
Klimawandel CO2 (ppm) WS 05/06 Joachim Curtius
Klimawandel WS 05/06 Joachim Curtius Institut für Physik der Atmosphäre Universität Mainz CO 2 (ppm)
Kapitel 6 Differenzierbarkeit. Kapitel 6: Differenzierbarkeit © Beutelspacher Juni 2005 Seite 2 Inhalt 6.1 Die Definition 6.2 Die Eigenschaften 6.3 Extremwerte.
Tim Staeger und Christian-D. Schönwiese
Bruchpunktanalyse langzeitkorrelierter Daten
Der Rhein unter Klimadruck – Küste, Industrielandschaft und Alpen
"Stürmischer Norden – Wandel und Perspektiven des Küstenklimas"
Die herbstliche Nitratdynamik im Boden eines Wasserschutzgebietes
Realer Fall ...was passiert im Laufe der nächsten 100 Jahre mit dem Klima in Deutschland?
Jahresanomalien der Flächenmittelwerte der bodennahen Lufttemperatur in Deutschland mit nicht-linearem Trend (rote Linie)
Das wars!.
Wiederholung und Beispiele
Langzeitsimulationen mit dem CCM E39C: Untersuchungen von Klima-Chemie Wechselwirkungen und Trends
stratosphärisch-troposphärischer Wechselwirkungen
Extremwertstatistik Programm: Peter Bissolli: - Singularitäten -
Extremereignisse: Empfindlich auf die Klimaänderung aber ungeeignet für deren Nachweis Christoph Frei Institut für Atmosphäre und Klima, ETH Zürich ETH.
20:00.
Über das langfristige Wachstum der Weltwirtschaft
Naturkatastrophen weltweit
Die Kindermeilen-Kampagne
„Spielt das Wetter verrückt“
Vom Wetter
Wie entsteht eine Wettervorhersage?
Saisonale Wasserbilanz (7. 2) Saisonale Trends in Niederschlag (2
IPCC Assessment-Report 4 6 Paleoclimate
...ich seh´es kommen !.
Oberflächennahe Rutschungen aufgrund von Starkniederschlägen
Die Betriebliche Altersvorsorge: Versprochen ist noch nicht gehalten Dr. Maximilian Arbesser Vorstandsmitglied des Schutzverbands der Pensionskassenberechtigten.
Einführung in die Meteorologie (met210) - Teil VII: Synoptik
Die Poisson-Verteilung: Mittelwert und Standardabweichung
Auslegung eines Vorschubantriebes
STATISIK LV Nr.: 0028 SS Mai 2005.
Meere Gefährdung des natürlichen Kapitals
Referat über das Thema STOCHASTIK.
1 Gewitterklimatologie §Nützliches Hintergrundwissen §Auch in Mitteleuropa zeitliche und räumliche Häufungen §Nord-Süd-Zunahme l Norden im Mittel etwa.
Nimmt die Bedrohung durch Wirbelstürme aufgrund des Klimawandels zu?
Das klimawissenschaftliche Einvernehmen Hans von Storch Helmholtz Zentrum Geesthacht 17. März 2014 – Was können wir glauben? Die Klimadebatte.
Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) Mojib Latif, Forschungsbereich Ozeanzirkulation und Klimadynamik Leibniz-Institut für Meereswissenschaften.
Geographie und städtische Entwicklung von Dresden.
Euro Bundeswertpapiere
Der Erotik Kalender 2005.
Institut für Atmosphäre und Umwelt der J. W. Goethe-Universität Frankfurt/M. Arbeitsgruppe Klimaforschung C.-D. Schönwiese, T. Staeger und H. Steiner Analyse.
© Yann Arthus-Bertrand / Altitude Hauptaussagen des 5. IPCC Berichts Gian-Kasper Plattner Head IPCC WGI TSU Universität Bern 259 Autoren aus 39 Ländern.
Klimawandel – weltweit und in Hessen Wo stehen wir?

W ER BRICHT DIE F LUT ?. Der weltweite, menschengemachte Temperaturanstieg liegt bei … a) ca. 0,08 °C b) ungefähr 0,9 °C c) genau 2,0 °C d) etwa 3,1 °C.
Vom Wetter
Forum Hitzesommer 2003, Bern, 7. Juli 2005
Folgen des globalen Klimawandels in Baden-Württemberg
Die 5 großen Klimazonen Subpolare Zone.
1 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt Wie.
Struktur des Modulteils Klimageographie
10. KFKI-Seminar • • Bremerhaven
Präsentationsvorlage für Unternehmer (Sie können diese PPT verwenden und für Ihre Zwecke verändern) Datum, Autor/in, Thema/Thematik usw. „Herausforderungen.
mehrere warme Jahre in Folge
 Präsentation transkript:

Wie extrem wird das Klima? Christian-D. Schönwiese J.W. Goethe-Universität Frankfurt a.M. Institut für Atmosphäre und Umwelt

Hintergrund und Motivation Atmosphärische Extremereignisse werden vor allem hinsichtlich Temperatur, Niederschlag und Wind betrachtet. Beispiele dafür sind der „Hitzesommer“ 2003, das „Elbe-Hochwasser“ 2002 und der Hurrikan „Katrina“ 2005. Wegen ihrer Auswirkungen (Todesfälle, Schäden) sind sie von besonderer Brisanz. Sie können kurzzeitig ( Wetter, z.B. Sturm, Starkregenschauer, Hagel) oder längerfristig ( Witterung, z.B. Hitzesommer) auftreten. Klimatologisch stellt sich die Frage, ob sich ihre Häufigkeit / Intensität langfristig (über die Jahrzehnte, Jahrhunderte usw.) ändert.

Industriezeitalter, globale Perspektive Global-Temperatur (bodennah) Jahresanomalien 1856 – 2004 (relativ zu 1961 – 1990) 1998 1990 1944 1976 1956 Trendanalyse 1856-2000: +0,6 °C (0,04/Dek.) 1901-2000: +0,7 °C (0,07/Dek.) 1981-2000: +0,3 °C (0,17/Dek.) 1907 1864 Quelle: IPCC, 2001; CRU (Jones et al.), 2005; bearb.

Große Naturkatastrophen Volkswirtschaftliche (a) und versicherte (b) Schäden in Mrd. US Dollar (a) (b)

Neuere Zahlen gehen für Europa von 35 000 - 55 000 Hitzetoten aus *) Hitze-/Trockensommer 2003 Todesopfer (Europa): 27000 (F 14800, I 4000, D 3500, ...) Volkswirtschaftl. Schäden (Europa): 13 Mrd. EURO Neuere Zahlen gehen für Europa von 35 000 - 55 000 Hitzetoten aus *) Topics 2003 *) MüRück, DWD, 2005

Schönwiese, Trömel und Staeger, 2004 Der Sommer 2003 war mit Abstand der wärmste seit 1761 Deutschland-Sommertemperaturen 1761-2003 19,6°C (3,8 s) 16,2°C (Mittel 1961- 1990) Schönwiese, Trömel und Staeger, 2004

Extremeres Klima?  Wahrscheinlichkeitsanalyse Hier gezeigt am Beispiel der Normalverteilung Nach IPCC, 2001; dt. nach Hupfer u. Börngen, 2004.

Anmerkungen zur Analysemethodik Es wurde eine neue Methodik* angewandt, die es erlaubt, aufgrund beliebiger Häufigkeitsverteilungen (Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen) für beliebig definierte Schwellenwerte und für beliebige Zeitpunkte (der betrachteten Zeitspanne) die Wahrscheinlichkeit für das Über- bzw. Unterschreiten anzugeben. * nach Trömel, 2004, 2005

Wahrscheinlichkeitsanalyse zur Änderung der Sommertemperatur in Deutschland 1761-2003 1880 3,4 °C Ereignis (Sommer 2003) Temperaturanomalien in °C Trömel, 2004

Zeitabhängige Wahrscheinlichkeitsanalyse für das Eintreten/Überschreiten des 2003-Ereignisses (3,4 °C) (Sommertemperatur Deutschland) p = 0,0022 entsprechend 1/455 Jahre p < 0,0001 entsprechend 1/10000 Jahre J a h r Trömel, 2004

Datenquelle: DWD; Analyse: Jonas, Staeger u. Schönwiese, 2005) Häufigkeitsanalyse Hitzetage, Beispiel Karlsruhe 53 44 (1947) 16 10 (1952) 9 (1947) Datenquelle: DWD; Analyse: Jonas, Staeger u. Schönwiese, 2005)

Wahrscheinlichkeitsanalyse zum Auftreten von Hitzetagen Hitztetage (T- max > 30 °C) Karlsruhe 1901-2003 1901 1952 2003 Jonas, Staeger u. Schönwiese, 2005

Wahrscheinlichkeitstrends der Temperatur (Tagesdaten) Anzahl der Tage mit einem Maximum oberhalb des 10%-Perzentils (hier 28,5 °C) in Euskirchen Anzahl der Tage mit einer Minimum- temperatur unterhalb des 10%-Perz. (hier -10,6 °C) in Erlangen Staeger, 2005

Fallstudie Sommer 2003 in der Schweiz (nach C. Schär et al Fallstudie Sommer 2003 in der Schweiz (nach C. Schär et al., Nature 2004) Häufigkeitsanalyse der Schweizer Sommer 1864-2003 Häufigkeit 5.4 s Modellsimulationen für Gegenwart und Zukunft

Zusammenfassung der Ergebnisse (1) Bei den Temperatur-Monatsdaten dominieren in allen Jahreszeiten (Herbst neuerdings ausgenommen) Zunahmen im Mittelwert, fast durchweg ohne Änderung der Varianz. Daher hat in gleichem Ausmaß die Eintrittswahrscheinlichkeit extrem warmer Monate zu- und kalter Monate abgenommen. Der extreme Hitzesommer 2003 ist dafür ein deutliches Beispiel. Dabei wie fast generell bei den Tagesdaten ist ab ca. 1970 eine stark beschleunigte Wahrscheinlich-keitszunahme extrem warmer Tage festzustellen (am deutlichsten bei den Maximumtemperaturen im Winter) und in ähnlicher Weise eine –abnahme extrem kalter Tage (vor allem in Süddeutschland). Zum Teil nimmt die Varianz zu, was ebenfalls zum häufigeren Auftreten extrem warmer Tage beiträgt.

Impression vom Elbe-Hochwasser, August 2002 Todesopfer: E 37, D 22; Volkswirt. Schäden: E 13,5 Mrd. €, D 9,2 Mrd. € (Quelle: Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, 2003)

Impressionen vom Alpen-Hochwasser, August 2005 Fotos: dpa (FAZ, SZ; 23.8.2005)

Überschreitung des Perzentils 95 % Zeitliche Entwicklung der Wahrscheinlichkeit für das Eintreten extremer monatlicher Niederschläge Überschreitung des Perzentils 95 % 130 mm 120 mm p=0,09  11 J. p=0,15  7 J. p=0,07  14 J. Trömel, 2005

Überschreitung des Perzentils 95 % Zeitliche Entwicklung der Wahrscheinlichkeit für das Eintreten extremer monatlicher Niederschläge Überschreitung des Perzentils 95 % 130 mm 209 mm Marktoberdorf p=0,09  11 J. 5,5 J. 50 J. Trömel, 2005

Niederschlag, Trends der Extremwert-Wahrscheinlichkeit Unterschreitung 5%-Perzentil Überschreitung 95%-Perzentil Januar Januar Monatsdaten 1901-2000 Trömel, 2005

Niederschlag, Trends der Extremwert-Wahrscheinlichkeit Unterschreitung 5%-Perzentil Überschreitung 95%-Perzentil August Monatsdaten 1901-2000 Trömel, 2005

Zusammenfassung der Ergebnisse (2) Beim monatlichen Niederschlag ist im Winter verbreitet eine Zunahme sowohl in der Summe als auch in der Varianz feststellbar. Daher nimmt die Wahrscheinlichkeit für extrem hohe Niederschläge meist zu (außer im Osten), aber auch für extrem niedrige (außer in Bayern). Im Sommer zeigt sich ein noch differenzierteres Bild mit teils Zunahme (Bayern, Rhein-Region, Schleswig-Holstein) und teils Abnahme extrem hoher Niederschläge. Eine Zunahme extrem geringer Niederschläge ist nur teilweise u.a. in der Main- und Rheinregion sowie im äußersten Norden feststellbar. Die Varianz nimmt dabei häufig ab, insbesondere in der Mitte und im Osten. Die entsprechende Analyse der Tagesniederschläge ist schwieriger zu interpretieren. Es überwiegen im Winter Zunahmen und im Sommer Abnahmen hoher Extrema (andere Jahreszeiten wenig signifikante Ergebnisse). Das Elbe-Hochwasser (Sommer 2002) liegt vor diesem Hintergrund „nicht im Trend“, das Alpen-Hochwasser (Sommer 2005), monatlich gesehen, dagegen schon.

Hurrikan Katrina, USA, 29.8.2005 1281 Tote, Schäden ca. 100-150 Mrd. US$, davon versichert ca. 20-25 Mrd.

Allgemein spricht man von Sturm ab Bft = 9 (21 m/s entspr. 75 km/h).

Bedingungen für die Entstehung tropischer Wirbelstürme Mindestmaß an Coriolisbeschleunigung (ab etwa 5° geogr. Breite gegeben) Meeresoberflächentemperatur von mindestens ca. 27 °C Hohe Luftfeuchte (Troposphäre) Labile thermische Schichtung (Troposphäre) Relativ geringe Windscherungen (Troposph., wie das z.B. bei La Nina der Fall ist)

Verbreitungszonen und mittlere Anzahl trop. Wirbelstürme Schematischer Vertikalschnitt

Meeresoberflächen- temperatur und Hurrikan-Häufigkeiten Webster et al., Science 2005

Klimamodellsimulationen: Hurikan-Intensität bei CO2-Anstieg Knutson et al., 2004

Hurrikan Wilma und die Saison 2005 (Nordatlantik, Stand 26.10.2005) Wilma: Kerndruck von 882 hPa, bisheriger Rekordwert. Bisher 22 tropische Wirbelstürme (bisheriger Rekord: 21 im Jahr 1933; Mittelwert 1970-2004: 11). Bisher 12 Hurrikane (Mittelwert 1970-2004: 6). Katrina: höchste volkswirt. Schäden einer Naturkatastrophe seit 1900 (bisheriger Rekord: 1995, Erdbeben Kobe, Japan, ca. 100 Mrd. US $) (Quellen: NOAA, MüRück)

Zusammenfassung der Ergebnisse (3) Tropische Wirbelstürme (Hurrikane usw.) entstehen bei bestimmten Konstellationen, wobei die Meeresoberflächentemperatur der wichtigste Einflussfaktor ist. Sowohl Beobachtungen als auch Modell- rechnungen lassen erkennen, dass im Zusammenhang mit der (anthropogenen) globalen Erwärmung bisher kaum die Häufigkeit insgesamt, wohl aber der Anteil besonders intensiver Ereignisse zunimmt.

Vielen Dank ... ... für Ihr Interesse http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima