Angstmedien – Medienängste: Zusammenfassung und Fazit Sitzung vom 30.1.2007 Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
I. Kognitive Verarbeitung von Medienängsten: Die Medienangstdebatten Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstdebatten Empirisch nachweisbar: Neue Medium erzeugen bei Mitgliedern einer Gesellschaft/Kultur ein Gefühl der Bedrohung (Faktor Novität) Medienangst als spezifische Form der Fremdenangst Neues/Fremdes stellt ‚Ordnung der Dinge‘, Identität in Frage Angst wird abgespalten, als Aggression wahrgenommen Aggression wird rationalisiert = in Argumente gekleidet ‚Populäre Thesen‘ zu neuen Medien, die Aggression/Abwehr ‚vernünftig‘ begründen sollen Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstdebatten Faktor Novität muss mit Faktor Penetration der Gesellschaft zusammenfallen, um Medienangst zu erzeugen! Genese von ‚Medienkarrieren‘: 1. Phase: Medium als Fortschritt Novität/noch keine Penetration der Gesellschaft 2. Phase: Medium als Angstmedium Novität/beginnende bzw. weitgehende Penetration d. G. 3. Phase: Medium als Alltagsmedium abklingende Novität/weitgehende bzw. abgeschlossene P.d.G. 4. Phase: Medium als Kulturgut keine Novität/abgeschlossene P.d.G. oder Rückgang der P. bis Phase 4: mindestens Jahrzehnte, evtl. Jahrhunderte! Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstdebatten ‚Penetration der Gesellschaft‘ als Medienangst-Faktor, weil... durch das neue Medium politische und/oder gesellschaftliche Kräfteverhältnisse verschoben werden können ( Angst vor Verlust von Macht/Privilegien) neue Medien als Grundlage von Demokratisierungs- bzw. Popularisierungsprozessen durch das neue Medium altersbedingte Kräfteverhältnisse verschoben werden können ( Generationenkonflikt) schnellere/weitergehende Adaptionsfähigkeit bzw. –bereitschaft neuer (Medien-)Techniken bei jüngeren Menschen Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstdebatten Enge Verschränkung der Phänomene ‚Medienangst‘ und ‚Generationenkonflikt‘: Weitgehend kulturunabhängige und überhistorische Ängste, ‚Argumente‘ und Denkfiguren, z.B. ca. 2000 v. Chr. (ägyptische Inschrift): „...es seien bedenkliche Zeiten und man müsse vermuten, dass sich in dem Verhalten der Jugendlichen Verderben und Untergang des Menschengeschlechts drohend ankündigten“ (Hruschka 2004: 123). ca. 700 v. Chr. (Aristoteles): „Wenn ich die junge Generation anschaue, verzweifle ich an der Zukunft der Zivilisation.“ 1274 n. Chr. (Mönch Peter): „Die Welt macht schlimme Zeiten durch. Die jungen Leute von heute denken an nichts anderes als an sich selbst.“ ...und dabei stets die Überzeugung, ‚früher war alles besser‘ (Kulturpessimismus): Bedrohung durch neues Medium/junge Generation als ‚exklusive Gefahr‘ der Gegenwart bzw. Zukunft Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstdebatten Kontinuität/Gleichförmigkeit der Medienangstdebatten verweist auf historische und objektbezogene Unabhängigkeit von Medienangst! über-historisch (besonders) populäre Thesen der Debatten: (A-)Sozialisationsthese ‚Arroganz‘ durch Schriftsprache, ‚Zerrüttung der Familie‘ durch Buch, soziale Isolation des Einzelnen durch Internet usw. Violenzthese Suizid durch Buch, ‚Bubenstücke‘ durch Zeitung, Straftaten durch Comics, Amoktaten durch Computerspiele usw. Trivialitätsthese ‚Schundromane‘, ‚Schundfilme‘, Comics als ‚Unkunst‘ usw. (Miss-)Bildungsthese ‚Scheinweisheit‘ durch Schriftsprache, ‚Zerstörung der Fantasie‘ durch Kino, ‚Computerspiele machen dumm‘ usw. Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstdebatten v.a. in älteren Debatten: (dem Stand der Wissenschaft entsprechend) keine empirische Prüfung populärer Thesen aber: auch in aktuellen Debatten noch ungeprüfte Verwendung der Thesen z.T. Festhalten an Thesen trotz empirischen Gegenbeweises Ergebnisse empirischer Studien zu populären Thesen: Medien wirken! (Was wirkt, hat Nebenwirkungen.) Aber: Belege für vermutete Medieneffekte konnten z.T. nicht erbracht werden. Außerdem: Bei belegten Effekten sind intervenierende Variablen zu berücksichtigen. Also: ‚Globaler‘ Anspruch der populären Thesen nicht haltbar. Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
II. Affektive Verarbeitung von Medienängsten: Die Medienangstfilme Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstfilme Parallelen zwischen der kognitiven (Debatten) und affektiven/bildlichen/metaphorischen (Filme) Verarbeitung von Medienängsten: Gegenstand i.d.R. neue Medien. Kulturpessimismus als Rahmung: Einbettung der Argumente bzw. Bilder/Metaphern in Szenarien des Werteverfalls und der Unsittlichkeit. Botschaft: „Medien bringen das Böse über die Menschen.“ in Medienangstdebatten: (vorgeblich) rationalisiert in Medienangstfilmen: offen irrational (= ‚übersinnlich‘) Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstfilme Ergebnisse der Filmanalysen: Medien als Einfallstor für das (zerstörerische) Übersinnliche [‚Portal zur Zwischenwelt‘] Ausbreitung des ‚Bösen‘ wird begünstigt durch: Werteverfall/‘Wertlosigkeit‘ mangelnde Aufmerksamkeit/Sensibilität für die Bedrohung Mediatisierung des Alltags Ausbreitung des ‚Bösen‘ hat zur Folge: Bedrohung der Familie Bedrohung der seelischen Unversehrtheit Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstfilme Ergebnisse der Filmanalysen: Dem ‚Bösen‘ kann Einhalt geboten werden durch: Wahrnehmung und Akzeptanz der Bedrohung Abkehr von (neuen, technischen) Medien Rückbesinnung auf traditionelle Werte/Tugendhaftigkeit Wenn dem ‚Bösen‘ nicht Einhalt geboten wird, ist die Folge: Verlust des Vermögens Verlust des Lebens Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Zusammenfassung Medienangstfilme sind nicht nur auf Grusel ausgelegt, sondern treffen stark moralisierende Aussagen können als eine bildliche Umsetzung von Medienangst-debatten verstanden werden (gleiche Grundaussagen) verschieben die populären Thesen explizit in den Bereich des Irrationalen/Abergläubischen/Übersinnlichen... ...weisen damit auf eine Wesensmerkmal von Medienangst hin, das in den Debatten i.d.R. verschleiert wird ...eignen sich also gut, um die emotionale Verfasstheit einer ‚Medienangstkultur‘ nachzuvollziehen Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Angstmedien – Medienängste: Fazit Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke
Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke Einsichten Medienangst als ein über-historisches, global-menschliches Phänomen findet Ausdruck auf kognitiver wie auf affektiver Ebene ist nach wie vor Triebkraft für individuelles Verhalten, gesellschaftliche Entwicklungen und politische Entscheidungen könnte angemessener gehandhabt werden, würde sie als solche erkannt wünschenswert: ‚Medienfurcht‘ statt Medienangst Angstmedien - Medienängste, JunProf. Dr. Susanne Keuneke