Textlinguistik - Entwicklung, Richtungen, Isotopie -

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 Präsentation transkript:

Textlinguistik - Entwicklung, Richtungen, Isotopie - Philologische Fakultät der Universität Belgrad, Lehrstuhl für Germanistik, 15. Oktober 2009

Entwicklung der Textlinguistik Drei Hauptphasen: Transphrastischer Ansatz sprachliche Mittel, mit deren Hilfe Sätze zu kohärenten Folgen verbunden werden Kommunikativ-pragmatischer Ansatz Text als Ganzheit mit kommunikativer Funktion Kognitivistischer Ansatz Produktion und Rezeption von Texten

Transphrastischer Ansatz Transphrastisch = 'satzübergreifend' Satzgrammatik  Textgrammatik Texte werden als Aneinanderreihungen miteinander verknüpfter Sätze beschrieben. Harweg - Text als "ein durch ununterbrochene pronominale Verkettung konstituiertes Nacheinander sprachlicher Einheiten" (Harweg 1968: 148). Halliday/Hasan (1976) – führen den Begriff Kohäsion (semantisch-syntaktische Verknüpftheit) in die Textlinguistik ein. Kohäsion - verschiedene Erscheinungsformen der (expliziten und impliziten) Wiederaufnahme und der (expliziten und impliziten) Konnexion

Transphrastischer Ansatz Kritik: scheint in hohem Maße operationalisierbar zu sein - man kann Texte von Nicht-Texten unterscheiden - aber es gibt Beispiele, für die dieser Ansatz (v.a. Harwegs Auffassung) undenkbar sind, z.B. Ein-Wort-Texte, Ein-Satz-Texte, Nonsens-Texte.  weitere Mittel zur Kohäsionsbildung (#) Die Wetterlage in Europa hat sich in den vergangenen Tagen völlig verändert. Wie aber soll sie von wenig Geld eine Haushaltshilfe bezahlen? Allerdings will kein Meteorologe einen Pfennig darauf verwetten, daß wir nun auch von Juni an mit Sonne rechnen können. (#) Es gibt niemanden, den ihr Gesang nicht fortreißt. Unsere Sängerin heißt Josephine. Gesang ist ein Wort mit sechs Buchstaben (und fünf Phonemen), Sängerinnen machen viele Worte. (#) Der Sachschaden beträgt sechs Millionen Mark. Als die alarmierte Feuerwehr bei den Löscharbeiten die Stahltür zu einem Kellerraum öffnete, entstand ein Luft-Gas-Gemisch, das sich explosionsartig entzündete. Bei einer Gasexplosion in einem Geschäftshaus sind am Donnerstag zwölf Menschen verletzt worden. Beispiele aus: (Vater 1994, 18-19)

Kommunikativ-pragmatischer Ansatz Was ist der Zweck der Texte in bestimmten Kommunikationssituationen?  kommunikative Funktion (Definitionen von Schmidt, Ehlich, Rosengren, Coseriu, Viehweger, Rickheit/Strohner, Holly)

Das Isotopiekonzept von J. A. Greimas Greimas, Julien Algirdas (1966): „Sémantique structurale“ ; tópos (gr.) Ort Textverstehen basiert auf dem Erfassen von semantischen Textzusammenhängen. 'Wiederkehr von Wörtern desselben Bedeutungs- bzw. Erfahrungsbereichs in einem Text‚ d.h. „unterhalb der Wortebene“  Semanalyse - Zerlegung der Wortebene in semantische Merkmale (Seme) Arzt, Fieber, Spritze, Krankenhaus Rekurrenz (Wiederaufnahme), Substitution von Semen - Isotopieketten, Isotopienetze – lexikalischer Ausdruck der semantischen Kohärenz eines Textes Ein Text kann aus mehreren Isotopieebenen bestehen. Identitäts- und Similaritätsbeziehungen zwischen semantisch kompatiblen Lexemen

Typen von Semrekurrenzen einfache Lexemrepetition: Ehemann – Ehemann Variierte Wiederholung - durch Synonyme: Ehemann – Partner, Gatte - durch Hyperonyme: Ehemann – Mensch - durch Antonyme: Ehemann – Ehefrau; Junggeselle - durch Paraphrasen: Ehemann – die 'bessere Hälfte' Substitution durch grammatische Elemente: Ehemann - er

Isotopieketten und Isotopienetze Antje Heiko spielt sie kann den Ball nicht fangen er unsere Lütte wirft den Ball zu rennt dem Ball hinterher ... ... ...

Isotopiekonzept - Ausblick Iterativität von Basissemen der miteinander verknüpften Lexeme gewährleistet semantische Korrespondenzen im ganzen Text. Wichtig für das Textverstehen Monosemierung polysemer Lexeme Referenzidentität / Koreferenz (Bezug auf dieselbe Erscheinung in der Wirklichkeit) muss gegeben sein. Textdefinition von Greimas: Der Text kann als „ein System von Kompatibilitäten von verschiedenen Merkmalen der im Text vorhandenen lexikalischen Verträglichkeiten“ verstanden werden.  vgl. Text über die Sängerin Josephine  vgl. Definition von Kallmeyer

Pronominale Verkettung und Proformen Proform: Verweisformen, Substituentia, Kohäsionsmittel, referenzidentische Wiederaufnahmemittel Pronomina - Personal-, Demonstrativpronomina) (#) Kennst du Heinz. Der ist mein bester Freund. (#) Hans wohnt in Berlin. Dort studiert er Medizin. (#) Er hielt eine Rede, worin (in der) er seinen Lehrer entdeckte. Adverbien - temporal, lokal, direktiv, kausal, Pronominaladverbien Ausdehnung (Bezugselement): Wortgruppen, Sätze, Satzfolgen Als die Kinder die Macht ergriffen, gingen die Eltern in Deckung. Luftballons flogen über eingezogene Köpfe. Mobiliar polterte über das Parkett. Der Fußboden bebte unter stampfendem Toben. Im Souterrain rieselte Kalk. ... Das war gegen 18 Uhr am ersten Tag einer außergewöhnlichen Woche. (Die Zeit, 14.1.1972) Text-in-Funktion (Schmidt), Text als Handeln Wortfolgen sind Werkzeuge der Sprache, sie haben an sich keine Bedeutung, sondern bekommen diese erst im Zusammenhang der Handlung, in der sie gebraucht werden. Im Laufe einer Äußerung werden immer mehrere Akte gleichzeitig vollzogen. Die Handlungen und die verwendeten Mittel sind konventionell geregelt.

Wiederaufnahme Explizit und implizit Ausdehnung (Bezugselement): Wortgruppen, Sätze, Satzfolgen Als die Kinder die Macht ergriffen, gingen die Eltern in Deckung. Luftballons flogen über eingezogene Köpfe. Mobiliar polterte über das Parkett. Der Fußboden bebte unter stampfendem Toben. Im Souterrain rieselte Kalk. ... Das war gegen 18 Uhr am ersten Tag einer außergewöhnlichen Woche. (Die Zeit, 14.1.1972)