Tutorium zum Einführungsseminar WS 08/09

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 Präsentation transkript:

Tutorium zum Einführungsseminar WS 08/09 Einführung in das Studium der Kunstgeschichte 8. Sitzung, 04.12.2008 Kathrin Barutzki (kajobarutzki@yahoo.com)

Themen Begriffe: Renaissance und Barock Methoden der Kunstgeschichte (2) Wölfflin Literatur und sonstige Hinweise

Zum Begriff der „Renaissance“ (Brainstorming) Wiedergeburt (frz.) Antikenbezug 14.-17. Jhd. (15.-16. Jhd.) Humanismus (antike Philosophie) Mimesis (Zentralperspektive) Orientierung an der Antike (formal und inhaltlich) Proportion wird wesentlich für die Komposition eines Bildes wesentlich für die Architektur sind Mathematik und Geometrie (Ziel: harmonische Ordnung im Bild erzeugen) Zentralbau löst Langbau ab Malerei: Fresken und Altarbilder (hauptsächlich) Plastik orientiert sich ebenfalls an antiken Vorbildern (Kontrapost)

Die Renaissance frz.: Wiedergeburt (Vorstellung einer Zeitenalterlehre) Phase an der Wende von Mittelalter zu Früher Neuzeit 14.-16. Jhd. heterogene Erscheinungsformen regional/national unterschiedliche Entwicklungen

Charakteristika der Renaissance Antikenrezeption Modell für Architektur und Skulptur Themen für Malerei (mythologische und profane Bildthemen) • Perspektivkonstruktion des Bildraumes • neue Formen der Mimesis • Ausbildung einer Kunsttheorie (Alberti) Aufwertung des Künstlerstatus Einführung von Buchdruck und Druckgraphik Entstehung von Individualität

Zum Begriff „Renaissance“ Epoche selbst kennt den Begriff nicht (aber: Beschreibung eines Prozesses der Neubelebung, des „ans Licht bringen“ > Dante, Petrarca, Giotto) „Das goldene Zeitalter“ im Gegensatz zum „finsteren Zeitalter“ des Mittelalters (Ficino, 16. Jhd.) aufgrund der Wiedergeburt der disciplinae liberales (Grammatik, Poesie und Rhetorik, Bildhauerkunst, Musik, Architektur, Malerei) rinascita als Bezeichnung der künstlerischen Wiederbelebung und Nachahmung der Natur u.a. nach antiken Vorbildern (Vasari Viten, 16. Jhd.) R.-Gedanke wird in seiner italienischen Bedeutung in den Norden übernommen (Dürer spricht in der Underweysung von der messung 1525 von der „itzigen Wiedererwachsung“) In der Aufklärung wird R. als notwendige Vorstufe der Aufklärung begriffen (humanistischer Rationalismus) Romantik bringt Wandel im Geschichtsdenken (Mittelalter wird nicht mehr als „finsteres Zeitalter“ gesehen; Verhältnis MA-R. wird bestimmt durch Antithese Christentum-Heidentum)

Zum Begriff „Renaissance“ 19./20. Jhd: wissenschaftliche Durchsetzung als Epochenbegriff (Michelet Histoire de France 1855) „die Entdeckung der Welt und des Menschen“ (Burckhardt Die Kultur der R. in Italien 1860) mit der Etablierung und Erweiterung des R.-Begriffs stellt sich Frage nach Tragfähigkeit hinsichtlich der transalpinen Kunstentwicklung kunstgeschichtliche Betrachtung bleibt stark von Humanismusforschung geprägt Errungenschaften des 15. Jhds. in Italien (Zentralperspektive, disegno) gelten als Voraussetzung für die „Entdeckungsgeschichte“ wie den Umbruch des Weltbildes (Frühneuzeit-Forschung)

Giotto di Bondone: Abendmahl, zwischen 1305 und 1310, Fresko Giotto di Bondone: Abendmahl, zwischen 1305 und 1310, Fresko. Padua, Arena-Kapelle (Cappella degli Scrovegni)

Masaccio: Die Heilige Dreifaltigkeit zwischen Maria und Johannes dem Evangelisten und Stiftern, um 1425, Fresko. Florenz, Santa Maria Novella

Donatello: David, um 1435, Bronze. Florenz, Museo Nazionale im Bargello

Donato Bramante: Tempietto, um 1502. Rom, San Pietro in Montorio

Zum Begriff des „Barock“ (Brainstorming) Rubens, van Dyck, Caravaggio Gesamtkunstwerk (Zusammenkommen von Malerei, Architektur, Skultptur) Prunk, Kitsch (überladen) Leben am Hof (Kostüme, Versailles etc.) „Vanitas“-Gedanke (memento mori) unregelmäßig geformte Perle (barocco) Epoche zwischen Renaissance und Klassizismus Frühbarock (1600-1650) Hochbarock (1650-1720) Spätbarock (1720-1770) (geschwungen) Dualismus des barocken Stils (Höfische, Genremalerei)

Der/Das Barock Vielfalt, Komplexität, teilweise Widersprüchlichkeit des Begriffs seit 16. Jhd. nachweisbares portugiesisches Adj. barocco, das eine unregelmäßig geformte Perle bezeichnet (bis heute meist zitierte Etymologie) gemeinsames Bedeutungsfeld aller Herleitungsvorschläge: das Unklassische, teils Regelwidrige das Gewollt-Ingeniöse bis zum Lächerlich-Verzerrten das Überbordend-Vielfältige das Sinnlich-Materiell-Prunkvolle und zugleich Täuschende

Der/Das Barock Ende 16. Jhd. bis Mitte des 18. Jhd. in Italien ausgebildeter Stil, der sich schnell über ganz Europa verbreitet (vom Klassizismus abgelöst) Spätphase: eigenständige Stilepoche des Rokoko oder nur „Nebenströmung“ des Dekors? Der entscheidende Durchbruch des Begriffs ist auf Heinrich Wölfflins Kunstgeschichtliche Grundbegriffe (1915) zurückzuführen (Gegenüberstellung der Renaissance mit dem Barock)

Caravaggio: Grablegung Christi, 1603. Rom, Vatikanische Pinakothek

Diego Velázquez: Las Meninas (Die Familie Philipps IV. ), 1656 Diego Velázquez: Las Meninas (Die Familie Philipps IV.), 1656. Madrid, Prado

Bernini: Apoll und Daphne, 1622-1625, Marmor. Rom, Galleria Borghese

Borromini: Sant‘ Agnese in Piazza Navona, 1653-1657 (begonnen von Girolamo und Carlo Raialdi). Rom, Piazza Navona

Methoden zur Deutung von Kunst ältere Kunsthistoriographie (Vasari) Beginn der modernen Kunstgeschichte (Winckelmann) kulturwissenschaftlich-ikonologischer Ansatz (Warburg) Stilgeschichte (Wölfflin) geistesgeschichtich-ikonologischer Ansatz (Panofsky) hermeneutischer Ansatz der Ikonik (Imdahl) kunstsoziologischer Ansatz (Baxandall) rezeptionsästhetischer Ansatz (Kemp) feministischer Ansatz (Pollock) semiotische Kunstwissenschaft (Thürlemann) Bild-Anthropologie (Belting)

Methoden (2) Heinrich Wölfflin Die Stilgeschichte

Heinrich Wölfflin (1864-1945) Neben Alois Riegl (1858-1905) der wichtigste Vertreter der stilanalytischen Kunstgeschichte Ziel: durch formalistische Orientierung eine Geschichte des Sehens und der künstlerischen Formen schreiben (Suche nach universellen Gesetzen der Stilentwicklung) 1893 Nachfolger seines Lehrers Jacob Burckhardt als Professor in Basel Schwerpunkt seiner Arbeiten liegt in der Renaissance und dem Barock W. versteht Epochenwechsel nicht als Niedergang der einen Epoche zur anderen, sondern als Paradigmenwechsel in der Geschichte des Sehens und der Bildformen W.: „Nicht alles ist zu allen Zeiten möglich“ (jeder Künstler ist dem Stil seiner Zeit unterworfen) Konzentration auf visuellen Befund der Werke (nicht auf Urheber) Schaffung einer „Kunstgeschichte ohne Namen“

Zur Stilgeschichte Formalismus Heinrich Wölfflin beschreibt in seinen Kunstgeschichtlichen Grundbegriffen (1915) den stilistischen Paradigmenwechsel zwischen Renaissance und Barock mit fünf Begriffspaaren 1) Linear / malerisch 2) Fläche / Tiefe 3) Geschlossene / offene Form 4) Klarheit / Unklarheit Vielheit / Einheit Literatur: Wölfflin, Heinrich: Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Das Problem der Stilentwicklung in der Neueren Kunst, München 1948. (C928-48) (Einleitung im Methoden-Ordner)

Zu den fünf Begriffspaaren Renaissance / Barock Linear: Begrenzung der Gegenstände Fläche: Bildräume werden bildflächenparallel (wenn auch gestaffelt) organisiert Geschlossene Form: bspw. durch Parallelstellung von Kompositionslinien zum Rahmen Klarheit: Ziel der Gesamtkomposition Vielheit: Akzentuierung der einzelenen Elemente im Bild Malerisch: Auflösung der Begrenzung der Gegenstände Tiefe: Tiefenraumbeziehung zwischen den Ebenen wird erschlossen Offene Form: bspw- durch Diagonalstellung von Kompositionslinien zum Rahmen Unklarheit: Gesamtwirkung steht im Vordergrund Einheit: mittels vereinheitlichender Lichtführung erzielte Unterodnung der einzelnen Elemente

Raffael: Grablegung Christi, 1504 / Rubens: Grablegung Christi, 1601

Verrocchio: David, Bronze, um 1469 / Bernini: David, Marmor, um1624

Bramante: Tempietto, 1502 / Borromini: Sant‘ Agnese, 1653-1657

Hinweise Literatur: Metzlerlexikon der Kunstwissenschaft (siehe Literaturliste) Wölfflin, Heinrich: Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Das Problem der Stilentwicklung in der Neueren Kunst, München 1948. Belting, Hans; Dilly, Heinrich; Kemp, Wolfgang (u.a.) (Hg.): Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 1985 Zum Begriff der Hermeneutik: • ursprgl. die Lehre vom Verstehen • Deutung und Auslegung von Kunstwerken • Hilfsmittel zur Auslegung von Kunst • mehr dazu nächste Sitzung!

Zur nächsten Sitzung (Vorschläge) Begriffe: Romantik und Klassizismus Zwei Texte: Norbert Schneider: Kunst und Gesellschaft. Der sozialgeschichtliche Ansatz, in: Belting, Hans; Dilly, Heinrich; Kemp, Wolfgang (u.a.) (Hg.): Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 1985 (und spätere Auflagen) (Handapparat) Michael Baxandall: Die Wirklichkeit der Bilder. Malerei und Erfahrung im Italien des 15. Jahrhunderts, Frankfurt/München 1977 (und spätere Auflagen) (S11/68)

Tipp 5.12. kunst:dialoge zu Gerhard Richter im Museum Ludwig 19-22 Uhr Mit Filmprogramm und Musik www.kunstdialoge.de