Sprachkontakte des Italienischen III 28.10.2010
Die langfristige Wirkung von Sprachkontakt Lexikalischer Lehneinfluss Lehnphonologie Lehnmorphologie Sprachkontakt und Sprachwandel Kein Sprachwandel ohne Sprachkontakt?
Formen der Entlehnung – formale Kriterien Lehnwortschatz vs. Erbwortschatz Lehnwort (lexikalisch) Lehnprägung (semantisch) Fremdwort Beutewort (nicht assimiliert) (assimiliert) Lehnbildung Lehnbedeutung Lehnformung Lehnschöpfung (formal abhängig) (formal unabhängig) Lehnübersetzung Lehnübertragung (Glied für Glied) (frei)
Thema der heutigen Sitzung Das Germanische Superstrat im Italienischen
Der Begriff des Superstrats Der Begriff Superstrat (lat. stratum, Schicht) wurde Begriff - 1932 von Walther v. Wartburg entwickelt und bezeichnet eine Sprache oder Varietät, die sich anfänglich (noch) aus machtpolitischen Gründen über eine eroberte Sprache legt, später jedoch von den Eroberern aufgegeben wird. Die Eroberer gehen ethnisch und sprachlich in den Einheimischen auf, wobei sie alte Sprachgewohnheiten beibehalten.
Stratum: Latein Romanisch Sprachkontakt Sprache späterer Eroberer Superstratsprache wird aufgegeben Phase der Zweisprachigkeit Stratum: Latein Romanisch
Der historische Kontext des Sprachkontakts Die Völkerwanderung
Die Völkerwanderung und ihre Auswirkung auf die Sprache
Das Ostgotenreich Kontunuität und Wandel
Die Ostgoten Der Ostgotische Fürstensohn Theoderich wird am Hof des öströmischen Kaisers als Geisel erzogen. Dieser führt die Ostgoten zu Plünderungszügen durch die gesamte Balkanhalbinsel. Um den Abzug zu erkaufen ernennt der Kaiser in Ostrom Theoderich zum magister militum und zum patricius Italiens. Theoderich führt seine Ostgoten 488 nach Italien und besiegt den germanischen Söldnerführer Odoakar (dieser hatte 476 den letzten weströmischen Kaiser ROMULUS AUGUSTULUS ermordet und sich zum Herrn Italiens gemacht) bei Ravenna. Theoderich gründet jetzt ein selbständiges Reich der Ostgoten in Italien.
Die Ostgoten Ausschnitt aus dem Edictum Theoderici (512) auf Latein
Die Ostgoten Zusatzinformation Der Arianismus ist eine theologische Lehre, die nach einem ihrer frühen Vertreter, Arius, benannt ist. Im Bereich der Christologie steht sie im Gegensatz zur Trinitätslehre und wird daher von den Katholiken als Häresie angesehen. Im Ostgotenreich besitzen die Germanen als Militärkaste ein Drittel des Bodens, die Römer behalten zwei Drittel und die Wirtschaft und die Verwaltung unter sich. Eine Verschmelzung zwischen Germanen und Römern verhindert der unterschiedliche Glaube (Ostgoten sind arianische Christen, die Römer katholische) und ein Heiratsverbot Theoderichs.
Die Ostgoten 535 beginnen die Oströmer unter Kaiser Justinian mit der Rückeroberung Italiens. Justinian will das alte Römische Reich wieder herstellen und den von Germanen besetzten Westen gewinnen. Der Gotenkrieg Justinians wird von den Feldherren Narses und Belisar geführt und dauert bis 553.
Kaiser Justinian Mosaik in San Vitale (Ravenna)
Die Ostgoten Das letzte ostgotische Heer wurde am Fuß des Vesuvs besiegt. Die Ostgoten sind damit als kleine Minderheit in Italien untergegangen. Die spätrömische Kultur wird fortgesetzt. Bis 568 bleibt Italien oströmisch, dann dringen die Langobarden dort ein und errichten wieder ein germanisches Reich. Ostrom kann nur das Gebiet um Ravenna sowie Sizilien und Südkalabrien behaupten.
Italien im Öströmischen Reich Das Öströmische Reich beim Tode Justinians
Die Langobarden (seit 568)
Das Langobardenreich Latein als Sprache von Urkunden und Gesetzen Verwendung germanischer Rechtstermini in lateinischen Texten
Das Langobardenreich Edictus Rothari (643) […] Et si provare non potuerit et cognuscitur dolusae adcusassit, tunc ipse, qui accusavit et provare non potuit, wergild suo conponat, medietatem regi, et medietatem cui crimen iniectum fuerit. […] […] Si hominis liberi inter se in morte alterius consiliaverint sine regis consilio et ex ipso tractato mortuus non fuerit, conponat unusquisque, ut supra, solidos viginti; et si ex ipso consilio mortuus fuerit, tunc ille, qui homicida est, conponat ipsum mortuum, sicut adpraetiatus fuerit, id est wergild. […]
Sprachkontakt Germanische Elemente im Italienischen Der ostgotische Einfluss im Italienischen ist geringer als der langobardische, wobei beide Spendersprachen nicht immer klar unterschieden werden können balcone (vgl. dt. Balken) gruccia (vgl. dt. Krücke) panca (vgl. dt. Bank) stamberga (vgl. dt. „Steinberge“) stecca (vgl. dt. Stecken) guancia (vgl. dt. Wange) stinco (vgl. dt. Schinken)
Sprachkontakt Nicht wenige Wörter gotischer und langobardischer Herkunft sind allerdings regional begrenzt und gehörten interessanterweise nicht zum militärischen, sondern zum landwirtschaftlichen Wortschatz, z.B. got. *skeitan (vgl. dt. scheißen), das sich z.B. in Mundarten des Veneto und der östlichen Lombardei zu einem Ausdruck der Hühnerzucht entwickelt hat: schitar ‘misten’, schito ‘Hühnerkot’, schita, schit, schitù ‘Vogelmist’ etc. (vgl. Gamillscheg 1935 II, 21).
Bibliographische Hinweise