Mitbestimmung in Deutschland – mit europäischer Perspektive oder Auslaufmodell? Überlegungen im Kontext des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells.

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 Präsentation transkript:

Mitbestimmung in Deutschland – mit europäischer Perspektive oder Auslaufmodell? Überlegungen im Kontext des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells

Aufbau des Vortrages Das System der Wettbewerbsstaaten in der Europäischen Union Analysen zur ökonomischen Wirkung von Mitbestimmung in D und EU Mitbestimmung in D im Konzert der Mitbestimmung in Europa Vielfalt der Gewerkschafts-, Tarif- und MB-Strukturen in EU dient der Kapitallogik Forderungen für ein alternatives Wirtschafts- und Sozialmodell in Europa

Das System der Wettbewerbsstaaten Im Mehrebenensystem der EU sind einige ökonomische Kompetenzen auf der europäischen Ebene angesiedelt (Binnenmarkt, gemeinsame Währung), andere dagegen auf der nationalen Ebene verblieben (Einkommensteuern, Sozialausgaben, Tariflöhne). Insbesondere in der Eurozone, in der das Instrument der Währungsauf- und -abwertung als Puffer zum Ausgleich von Wettbewerbsverschiebungen zwischen den Staaten entfallen ist, sind damit die Löhne, die Sozialkosten und die Steuern sehr wichtige Standortfaktoren geworden. Indem die Staaten an diesen Stellschrauben drehen, versuchen sie Investitionen des internationalen Kapitals anzulocken.

Real Unit Costs of Labour in Selected Countries in Europe (1995 – 2004, 1995 = 100)

Social expenditure quota in selected countries in Europe (1990-2006)

Ökonomische Wirkungen der Mitbestimmung

Studien zur Wirkung der Unternehmensmitbestimmung in D

Ökonomische Leistungen zweier Staatengruppen

Unternehmensmitbestimmung in der EU

Betriebliche Vertretungsstrukturen in der EU Dominanz der Vertretung durch BR: D, NL, Ö, LU (einstufig) Dominanz der Vertretung durch Gewerkschaften: S, Dä, Fin, It (einstufig) Schwach zweistufig mit Vorrang der Gewerkschaften: UK, IR, Bul, EE, LV,RU Zweistufig mit BR und Gewerkschaftsorganen: B,F,SP,G,P,SK,SL,Ung Tsch, LT, (Pol) Betriebsräte nur, wenn keine Gewerkschaftsorgane vorhanden Große Differenzen bei Schwellenwerten, Kompetenzen und faktischer Präsenz

Ausgangslage: Einbruch der Gewerkschaftsmitgliedschaft in Ost- und in Westeuropa (1995 - 2007, in %) - Decline of unionisation -

Anteil der von Tarifverträgen abgedeckten Arbeitnehmer - Coverage by collective agreements (% of all workers) - Höhere Tarifbindung in der EU durch allgemeinverbindlich erklärte Branchenverträge!  - Higher coverage by general extension of sectoral agreements (see on the right!) -

Interessenvertretung am Arbeitsplatz Interessenvertretung am Arbeitsplatz... - Union density and workplace representation (%) - ... im Vergleich mit dem Organisationsgrad auf nationaler Ebene Anteile der von Gewerkschaft plus Betriebsräten vertretenen Arbeitnehmer im Betrieb:

Rechtliche Barrieren für die Errichtung eines Betriebsrats - Minimum of employees to create a works council - Mindestzahl von Beschäftigten für die Bildung eines Betriebsrats (MOE): * In Werksteilen eines Unternehmens kann ein Betriebsrat bereits ab 20 AN gebildet werden. ** Unterhalb dieser Größenordnung: 1 Vertreter der Beschäftigten (in SK: Mindestzahl 5 AN; in EE jedoch und in CZ, falls dort weniger als 10 AN, ohne volle Informations- und Konsultationsrechte) *** 1 Vertreter der Belegschaft, erst ab 51 Beschäftigte mehrköpfiger Betriebsrat

Lohnzurückhaltung: Kostenneutrale Verteilungsspielräume nicht ausgeschöpft Differenz jeweils von Lohnsteigerung (%) und Summe aus Produktivitäts- und Inflationsrate: Quelle: EU Kommission, Economic Forecast of European Economy, Autumn 2008; BwP 2008

Anforderungen an ein alternatives Wirtschafts- u. Sozialmodell der EU Wirtschaftmodell mit Neuorientierung der EZB und Einführung einer Europäischen Wirtschaftsregierung Bruch mit System der Wettbewerbsstaaten durch Re-Regulierung der sozialen Sicherungssysteme und der Unternehmenssteuern auf der EU-Ebene Effektives System der Tarifkoordinierung auf der europ. Ebene Ausbau der Wirtschaftsdemokratie und Sicherung der Gewerkschaftsrechte (MOEL) Vorrang der sozialen Grundrechte vor den Marktfreiheiten (Korrektur der EuGH-Urteile) Scheitern des neoliberalen Modells bietet gute Basis für politischen Kampf für ein alternatives Europa