Makroökonomik 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit

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Makroökonomik 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit
 Präsentation transkript:

Makroökonomik 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit 5.2. Das Konzept der Produktivitätsorientierten Lohnpolitik 5.3. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen 5.4 Kontrollfragen Vertiefungsliteratur: ◆ Chapter 6 Mankiw, Gregory; Macroeconomics, Worth Publishers. ◆ Kapitel 26, Baßler, Heinrich; et al. Grundlagen u. Probleme der Volkswirtschaft, Schäfer und Poeschel. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Quelle: Statistisches Bundesamt Prof. Dr. Rainer Maure Quelle: Statistisches Bundesamt Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Quelle: Statistisches Bundesamt; 1) Arbeitslose in Prozent aller zivilen Erwerbspersonen Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit Wiederholen: Grundmodell des Arbeitsmarktes. Entwicklung der Arbeitsnachfrage und Reallöhnen bei Kapitalstockwachstum. Entwicklung von Reallöhnen bei Anstieg der Zahl der Erwerbspersonen. Nachweis: In geschlossener Volkswirtschaft dauert Kapitalstockwachstum auch bei stetigem Reallohnanstieg (=Konstanz des Arbeitskräfteangebotes) fort. In offener Volkswirtschaft sinkt aber aufgrund des Rückgangs der Grenzproduktivität des Kapitalstocks (wg. Konstanz des Arbeitskräfteangebotes) der Anreiz zu Kapitalinvestitionen im Inland: Stetiger Reallohnanstieg, der über dem Reallohnanstieg im Ausland liegt, führt also zu Kapitalabfluss ins Ausland. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit Normale Anpassungsprozesse auf dem Arbeitsmarkt Zu einem gegebenem Zeitpunkt baut stets ein Teil der Unter-nehmen Arbeitsplätze ab. Ursache sind firmenspezifische oder branchenspezifische Anpassungsprozesse. Gleichzeitig stellt stets ein Teil der Unternehmen neue Arbeits-kräfte ein. Auch hier geben firmenspezifische oder branchen-spezifische Gründe den Ausschlag. Die Entlassenen benötigen bei der Arbeitsplatzsuche Zeit: Sie müssen sich Informationen über freie Arbeitsplätze, die zu ihrer Qualifikation passen, beschaffen. Sie müssen Informationen über ihre Qualifikation an Unterneh-men mit freien Arbeitsplätzen übermitteln. Die Unternehmen müssen diese Informationen auswerten. Deshalb finden Entlassene nie sofort einen neuen Arbeitsplatz, son-dern sind solange arbeitslos bis diese Suchprozesse abgeschlossen sind. Diese Arbeitslosigkeit wird “Sucharbeitslosigkeit”, “friktionale Arbeitslosigkeit” oder auch “natürliche Arbeitslosigkeit” genannt. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit Entstehen von Sucharbeitslosigkeit: Auch wenn die Zahl der Entlassungen immer gleich der Zahl der Neueinstellungen ist, kann die Zahl der Arbeitslosen größer als Null sein. Es gilt lediglich: Wenn die Zahl der Entlassungen immer gleich der Zahl der Neueinstellungen ist, ist die Arbeitslosigkeit konstant. Entlassungen Erwerbstätige "Pause" im Pool der Arbeitslosen = Neueinstellungen Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit Größenordnungen für Deutschland im Jahr 2003: Mit jährlich rund 20 % Entlassungen und Neueinstellungen aller Erwerbspersonen herrscht am Arbeitsmarkt eine hohe Fluktuation von Arbeitskräften zwischen den Unternehmen. => Hoher Bedarf an Informationsverarbeitung. Entlassungen: 7 622 Tsd. Erwerbstätige: 38,3 Mill. Zahl der Arbeitslosen↑ Zuwachs: 88 Tsd. (Bestand: 4,4 Mill. ) > Neueinstellungen: 7 534 Tsd. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Quelle: SVR (2004/5) Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Kann Sucharbeitslosigkeit diese Entwicklung erklären? Quelle: Statistisches Bundesamt; 1) Arbeitslose in Prozent aller zivilen Erwerbspersonen Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit Wie in Kapitel 3 gesehen: Keynesianische Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit, die durch konjunkturelle Schwankungen verursacht wird. Ursache: Zyklischer Rückgang von Investitions- und Konsumneigung Im Abschwung baut sich keynesianische Arbeitslosigkeit auf. Im Aufschwung baut sie sich wieder ab. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Der Effekt von Rezessionen auf den Arbeitsmarkt Y Der Effekt von Rezessionen auf den Arbeitsmarkt "Normalkapazitäts-BIP" oder "Vollbeschäftigungs-BIP" Wenn die Unternehmen in der kurzen Frist ihre Güterproduktion an die Güternachfrage anpassen, werden Sie kurzfristig ihre Arbeitsnachfrage ebenfalls an die Güternachfrage anpassen. Daher ist die kurzfristige Arbeitsnachfrage im Keynesianischen Modell nicht vom Reallohn w/P und vom Kapitalstock K1, d.h. LD(w/P,K1), abhängig, sondern von der Güternachfrage YD. Die "kurzfristige" Arbeits-nachfrage ist deshalb gleich LD(YD) Y(L1,K1) Y(L,K1) L1 L Arbeitsnachfrage im Neoklassischen Modell LS(w/p) P1 w1 _ LD (w/p,K1) Prof. Dr. Rainer Maure L L1 Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik 15

Der Effekt von Rezessionen auf den Arbeitsmarkt Y Der Effekt von Rezessionen auf den Arbeitsmarkt BIP-Rückgang unter das Normalkapazitätsniveau in einer Rezession Wenn die "kurzfristige" Arbeitsnachfrage gleich LD(YD) ist und der Reallohn durch Tarifvertrag auf das langfristige Marktgleichge-wichtsniveau w1/P1 fixiert ist, führt ein Rückgang der Güternachfrage vom Normalkapatazitäts-BIP auf das Niveau YD,2 zu Arbeitslosigkeit. Es kommt also zu Arbeits-losigkeit obwohl der Reallohn dem langfristigen Gleichge-wichtsniveau w1/P1 ent-spricht! Diese Arbeitslosigkeit wird deshalb Keynesianische Arbeitslosigkeit" genannt. Y(L1,K1) Y(L,K1) YD,2 Rückgang der kurzfristigen Arbeitsnach-frage L1 L LD(YD,2) Keynesianische Arbeitslosigkeit LS(w/p) P1 w1 _ Prof. Dr. Rainer Maure L L1 Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik 16

Der Effekt von Aufschwüngen auf den Arbeitsmarkt Y Der Effekt von Aufschwüngen auf den Arbeitsmarkt BIP-Anstieg über das Normalkapazitätsniveau in einem Boom Wenn die "kurzfristige" Arbeitsnachfrage gleich LD(YD) ist und der Reallohn durch Tarifvertrag auf das langfristige Marktgleichge-wichtsniveau w1/P1 fixiert ist, führt ein Anstieg der Güternachfrage vom Normalkapazitäts-BIP auf das Niveau YD,2 zu Überbeschäftigung. Um zusätzliche Arbeitskräfte zu bekommen, müssen Firmen die Reallöhne kurzfristig erhöhen von w1/P1 to w2/P1. YD,2 Y(L1,K1) Y(L,K1) Anstieg der kurzfristigen Arbeitsnachfrage L1 L LD(YD,2) P1 w2 _ LS(w/p) P1 w1 _ Keynesianische Überbeschäftigung Prof. Dr. Rainer Maure L L1 Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik 17

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit Ursache für Keynesianische Arbeitslosigkeit Unternehmen neigen in der Praxis dazu, ihre Produktionsmengen kurzfristig immer der Nachfrage anzupassen: Bei einem Rückgang der Nachfrage reduzieren sie ihre Produktionsmengen, so dass sie weniger Produktions-faktoren und damit auch weniger Arbeitskräfte benötigen. Erst wenn die Unternehmen dann mit ca. einjähriger Verzögerung die Verkaufspreise senken (vgl. AU. 3.4.), steigt die Güter- und Arbeitsnachfrage wieder. Bei einem Anstieg der Nachfrage steigern sie ihre Produktionsmengen, so dass sie mehr Produktionsfaktoren und damit auch mehr Arbeitskräfte benötigen. Erst wenn die Unternehmen dann mit ca. einjähriger Verzögerung die Verkaufspreise erhöhen (vgl. AU. 3.4), sinkt die Güter- und Arbeitsnachfrage wieder. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Arbeitslosigkeit diese Entwicklung erklären? Kann Keynesianische Arbeitslosigkeit diese Entwicklung erklären? Quelle: Statistisches Bundesamt; 1) Arbeitslose in Prozent aller zivilen Erwerbspersonen Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Arbeitslosigkeit diese Entwicklung erklären? Kann Keynesianische Arbeitslosigkeit diese Entwicklung erklären? Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit …herrscht immer dann, wenn die Löhne nicht für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt sorgen können. Es liegt dann also immer eine Form von Lohnstarrheit vor, die i.d.R. durch Institutionen verursacht wird, die den Marktmechanismus ausschalten. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 1 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit Nach der Insider/Outsider-Theorie gibt es in Tariflohn-systemen mit Gewerkschaften einen ökonomischen Anreiz für die Gewerkschaftsführung, die Löhne über das Markt-gleichgewichtsniveau zu heben und die dabei resultierende Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen. Die Begründung lautet: Die Gewerkschaftsführung hat nur den Anreiz, Interessen ihrer Mitglieder (=Insider) berücksichtigen, weil nur diese mit ihren Mitgliederbeiträgen die Gewerkschaftsführung finanzieren. Die Interessen der Arbeitslosen (=Outsider) werden dagegen vernachlässigt, weil sie keine zahlenden Mitglieder der Gewerkschaft sind und deshalb keinen Einfluss auf das Einkommen der Gewerkschaftsführung haben. Die folgenden Grafiken veranschaulichen das Argument: Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 1 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit w/P LS(w/p) Wenn die Gewerkschaft den Reallohn auf dem Marktgleichgewichtsniveau w*/P* lässt, haben ihre Mitglieder L* das gleiche Lohnniveau wie ohne Gewerkschaft. Warum sollten sie also Gewerkschaftsbeiträge zahlen? w*/P* Folie austeilen und Monopolpreis für Arbeit bestimmten lassen. LD(w/p) L Prof. Dr. Rainer Maure L* Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 1 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit w/P LS(w/p) w1/P* Deshalb setzen Gewerkschafts-führungen Lohnerhöhungen über das Marktgleichgewichtsniveau w*/P* durch. w*/P* Folie austeilen und Monopolpreis für Arbeit bestimmten lassen. LD(w/p) L L1 Prof. Dr. Rainer Maure L* Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Lohnsummenverlust der entlassenen Gewerkschaftsmitglieder (=Outsider) 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit w/P Lohnsummengewinn der nicht entlassenen Gewerkschafts-mitglieder (=Insider) LS(w/p) w1/P* Lohnsummenverlust der entlassenen Gewerkschaftsmitglieder (=Outsider) w*/P* Folie austeilen und Monopolpreis für Arbeit bestimmten lassen. LD(w/p) L L1 Prof. Dr. Rainer Maure L* Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Resultierende Arbeitslosigkeit 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit w/P LS(w/p) Resultierende Arbeitslosigkeit w1/P* w*/P* Folie austeilen und Monopolpreis für Arbeit bestimmten lassen. LD(w/p) L L1 Prof. Dr. Rainer Maure L* Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 1 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit: Würden die Gewerkschaften Marktgleichgewichtslöhne akzeptieren hätten die Gewerkschaftsmitglieder keinen Grund, Mitglied der Gewerkschaft zu sein. Also erhöhen die Gewerkschaften den Tariflohn über das Marktgleichgewichtsniveau: Aufgrund der entstehenden Arbeitslosigkeit verlieren die Gewerkschaften Mitglieder ( = diejenigen, die arbeitslos werden). Die verbleibenden Mitglieder ( = diejenigen, die nicht arbeitslos werden) erhalten jedoch höhere Löhne als vorher und sind deshalb auch bereit Mitgliederbeiträge zu zahlen. Durch die Lohnerhöhung über das Marktgleichgewichtsniveau kann sich die Gewerkschaft also die Bereitschaft zur Zahlung von Mitgliederbeiträgen sichern. Die Gewerkschaftsfunktionäre können sich also indirekt über die Mitgliedsbeiträge einen Anteil an der Lohnerhöhung verschaffen. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Neoklassische Arbeitslosigkeit kann auch entstehen, weil Unternehmen freiwillig höhere Löhne zahlen als es dem Marktgleichgewichtsniveau entspricht: Fallbeispiel: „1914 begann die Ford Motor Company ihren Arbeitern einen Lohn von 5 $ pro Tag auszuzahlen. Der damals vorherrschende Lohn lag zwischen 2 $ und 3 $ pro Tag. Fords Lohn lag also so gesehen deutlich über dem Gleichgewichtsniveau. Nicht überraschend standen sehr bald lange Schlangen von Arbeitssuchenden vor den Toren der Ford-Werke in der Hoffnung, eine Einstellung zu diesem Lohnniveau zu finden.“   (Quelle: Mankiw, Macroeconomics , Seite 167) Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Aus dem Geschäftsbericht der Ford Motor Company von 1913 „Die Hochlohnpolitik von Ford beendete alle Trägheit und Widerständigkeit … Die Arbeiter sind absolut gefügig und man kann mit Sicherheit sagen, dass an jedem einzelnen Tag seit Ende 1913 wesentliche Senkungen der Lohnkosten in den Ford-Produktionswerkstätten erzielt werden konnten." Der Krankenstand fiel beispielsweise um 75%, was ein Indiz für die drastisch gestiegene Arbeitsmoral ist.“ Ford und seine Manager gaben offen zu, dass ihre Hochlohnpolitik ein „gutes Geschäft“ sei. (Quelle: Mankiw, Macroeconomics , Seite 167) Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Fallbeispiel: „Weltweit beschäftigt Leoni in der Bordnetzherstellung rund 23000 Mitarbeiter, in Deutschland sind es immerhin noch 1000 – nicht in der Montage, sondern in Bereichen wie Entwicklung, Controlling und Vertrieb. Das Job-Wachstum findet allerdings woanders statt. Allein 2004 seien im Ausland etwa 6000 Arbeitsplätze Zwar wählen die Strategen aus dem Frankenland konsequent billige Standorte, dort jedoch zeigen sie sich dann relativ großzügig. In Stryi etwa zahlt Leoni deutlich mehr als den ukrainischen Mindestlohn, der gerade mal 650 Griwna beträgt, also umgerechnet rund 100 Euro. Zudem bietet das Unternehmen den Arbeiterinnen vergünstigte Mahlzeiten sowie eine eigene Krankenversicherung. Das sind in der Ukraine keineswegs selbstverständliche Leistungen.“   (Quelle: Die Zeit, 28.04.05, "Der Autozulieferer Leoni sucht nach immer neuen, billigeren Standorten") Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Gründe für Effizienzlohn-Aufschläge: Besser bezahlte Arbeitskräfte sind in einem besseren Gesundheitszustand und deshalb leistungsfähiger. Bei höheren Löhnen ist die Fluktuation der Arbeitskräfte niedriger, weil es weniger gleich gut bezahlte Alternativen gibt. Durch die niedrigere Fluktuation sinken Einarbei-tungskosten etc. Bei höheren Löhnen hat ein Unternehmen mehr Auswahl: es kann höher qualifizierte Beschäftigte einstellen. Bei höheren Löhnen ist der Schaden bei einem Verlust des Arbeitsplatzes größer. Also strengen sich die Beschäftigten mehr an und vermeiden Fehlleistungen (Nachlässigkeit, Leistungstäuschung, Diebstahl etc.). Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Nach der Effizienzlohn-Theorie zahlen die Unternehmen freiwillig Löhne, die über dem Marktgleichgewichtslohn liegen. Die tatsächlich gezahlten Löhne sind also höher als der „markträumende“ Lohn, d.h. der Lohn der Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage zum Ausgleich bringt. Es kann also klassische Arbeitslosigkeit resultieren: Das Arbeitsangebot ist bei dem vorherrschenden Lohn höher als die Arbeitsnachfrage. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 1. 3. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit Keine Entlassungen, da Firmen, die Effizienzlöhne zahlen, ihre Arbeitsnachfrage nicht senken. w/P LS(w/p) Effizienzlohnprämie führt zu Anstieg der Durchschnittslöhne über das Gleichgewichtsniveau Arbeitslosigkeit resultiert, wenn die Haushalte bei steigenden Löhnen mehr Arbeit anbieten. w1/P1 LD(w/p) L L1 Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit „Hys|te|re|se, Hys|te|re|sis [alte Trennung ...|st...], die; - <griech.> (Physik Fortdauer einer Wirkung nach Aufhören der Ursache)“ (Duden - Die deutsche Rechtschreibung, 22. Aufl. Mannheim 2000) Zu Deutsch: „Sperrklinken-Effekt“ Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit Bedingungen: Die Qualifikation von Beschäftigten sinkt mit der Dauer der Arbeitslosigkeit (fehlendes “training on the job”…). Tariflohnverträge verhindern niedrigere Einstiegslöhne. Keynesianische Arbeitslosigkeit tritt in Rezessionen auf. Konsequenzen: Eine keynesianische Rezession verursacht Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosen verlieren Qualifikation und sind deshalb nach der Rezession weniger qualifiziert als davor. Für die Unternehmen bedeutet niedrigere Qualifikation der Beschäftigten geringere Produktivität der Beschäftigten. Unternehmen stellen Arbeitskräfte mit niedrigerer Qualifikation nur ein, wenn ihre Löhne entsprechend niedriger sind als die Löhne von Arbeitern mit höherer Qualifikation. Wenn aber Tarifverträge niedrigere Einstiegslöhne verhindern, stellen die Firmen nach einer Rezession weniger Arbeitskräfte ein als sie zuvor entlassen haben. => Ein Teil der durch die Rezession arbeitslos gewordenen bleibt arbeitslos auch wenn die Rezession vorüber ist. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Arbeitslosigkeit diese Entwicklung erklären? Kann Hysterese- Arbeitslosigkeit diese Entwicklung erklären? Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit In vielen Ländern sind Mindestlöhne gesetzlich vorgeschrieben: Prof. Dr. Rainer Maure Source: Eurostat Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit In vielen Ländern gibt es gesetzliche Mindestlöhne, die bei der Einstellung von Arbeitskräften nicht unterschritten werden dürfen. Liegen diese Löhne über dem Marktgleichge-wichtslohn für ungelernte Arbeitskräfte, so resultiert klassische Mindestlohnarbeitslosigkeit. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit Wenn ein Mindestlohn höher ist als der Marktgleichgewichtslohn, resultiert Arbeitslosigkeit Wenn ein Mindestlohn niedriger ist als der Marktgleichgewichtslohn resultiert keine Arbeitslosigkeit. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit Arbeitsmarkt für hoch qualifizierte Arbeiter Arbeitsmarkt für niedrig qualifizierte Arbeiter w/P Mehr als Mindestlohn zu zahlen ist erlaubt! w/P LS(w/p)1 LS(w/p)1 w1/P1 w1/P1 Mindestlohn Mindest-lohn LD(w/p)1 LD(w/p)1 L L L1 L1 Der Gleichgewichtslohn für hochqualifizierte Arbeiter ist typischerweise höher als der Gleichgewichtslohn für niedrig qualifizierte Arbeiter. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit Arbeitsmarkt für hoch qualifizierte Arbeiter Arbeitsmarkt für niedrig qualifizierte Arbeiter w/P Mehr als Mindestlohn zu zahlen ist erlaubt! w/P LS(w/p)1 LS(w/p)1 Arbeitslosigkeit w1/P1 w1/P1 Mindestlohn Mindest-lohn LD(w/p)1 LD(w/p)1 L L L1 L1 Deshalb verursacht ein Mindestlohn normalerweise vor allem bei den Niedrigqualifizierten Arbeitslosigkeit. Je größer das Marktsegment der Niedrigqualifizierten und je höher der Mindestlohn, desto größer die Arbeitslosigkeit. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit Mindestlöhne in Deutschland: In Deutschland können Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände Mindestlöhne für ihre Industrie festlegen. Diese sind aber nur für Firmen bindend, die Mitglieder im Arbeitgeberverband sind. In Westdeutschland gilt das für 57% aller Firmen in Ostdeutschland für 41% aller Firmen. Es ist aber gesetzlich möglich, dass der Arbeitsminister solche Mindestlöhne für allgemeinverbindlich erklärt. Sie gelten dann in allen Branchen, in denn mehr als 50% aller Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder sind und der Arbeitgeberverband zustimmt. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Causes of Unemployment 5.1.3.4. Minimum-Wage-Unemployment Mindestlöhne in Deutschland: Außerdem kann der Wirtschaftsminister nach dem “Arbeitnehmerentsendegesetz” für spezielle Industriezweige Mindestlöhne für allgemeinverbindlich erklären: Im Jahr 2008 waren diese folgende Industriezweige: Abbruch Industrie: 9,10 € to 11,96 € Bauhauptgewerbe: 8,50 € to 12,50 € ;, Dachdeckereien: 10,20 € , Malerbetriebe: 7,50 € to 11,05 € , Reinigungsfirmen: 6,58 € to 10,80 € Elektrikergewerbe: 7,90 € (East), 9,40 € (West) Postgewerbe: 8,00 € to 9,80 € Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Causes of Unemployment 5.1.3.4. Minimum-Wage-Unemployment Mindestlöhne in Deutschland: Gewerkschaften wie DGB, IG-Metall and NGG fordern derzeit einen allgemeinen Mindestlohn von 8,5€. Das Ifo-Institut (München) erwartet einen Arbeitsplatz-abbau von 1,1 Millionen Beschäftigten bei einem Mindest-lohn von 7,5€. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Gesamt-wirtschaftlichen Entwicklung geht davon aus, dass nur bei einem Mindestlohn, der nicht höher als 5€ ist, keine Arbeitsplatzverluste. Ein Mindestohn von 7,5€ würde die Löhne von ungefähr 10% aller Beschäftigten in Deutschland erhöhen. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Causes of Unemployment 5.1.3.4. Minimum-Wage-Unemployment Mindestlöhne in Deutschland: Lohnverteilung im Jahr 2012: => Bei einem Mindestlohns von EUR 8,50 müssten unmittelbar die Löhne von rd. 6 Millionen Beschäftigten (17% aller Arbeitnehmer) angehoben werden. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Zu Deutsch: „Misspassungs“-Arbeitslosigkeit Wie in AU 1 gesehen, verändert sich die Branchenstruktur einer Volkswirtschaft ständig. Die Industriebranchen schrumpfen, während die Dienstleistungsbranchen wachsen. Wie wirkt sich das auf den Arbeitsmarkt aus? Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

48 % 71 % 48 % 28 % Prof. Dr. Rainer Maure Quelle: SVG, Jg. 2004/5 Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

46 % 71 % 45 % 27 % Prof. Dr. Rainer Maure Quelle: SVG, Jg. 2004/5 Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Aufschwung Abschwung Primärer Sektor = Land- u. Forstwirtschaft Sekundärer Sektor = Bergbau + Verarb. Gewerbe u. + Energie Wasservers. + Baugewerbe Tertiärer Sektor = Handel u. Gaststätten + Finanz- u. Unternehmensdienstl. + Sonstige Private + Öffentliche Dienstl. Prof. Dr. Rainer Maure Quelle: SVG, Jg. 2004/5 Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

Primärer Sektor = Land- u. Forstwirtschaft Sekundärer Sektor = Bergbau + Verarb. Gewerbe u. + Energie Wasservers. + Baugewerbe Tertiärer Sektor = Handel u. Gaststätten + Finanz- u. Unternehmensdienstl. + Sonstige Private + Öffentliche Dienstl. Prof. Dr. Rainer Maure Quelle: SVG, Jg. 2004/5 Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Der Strukturwandel führt zu einer Verschiebung der Struktur der Arbeitsnachfrage: In den Industriebranchen werden ständig Arbeitskräfte freigesetzt. Im Dienstleistungssektor werden ständig neue Arbeitskräfte nachgefragt. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Arbeitsmarkt Industriesektor Arbeitsmarkt Dienstleistungssektor w/P w/P LS(w/p)1 LS(w/p)1 w1/P1 w1/P1 LD(w/p)1 LD(w/p)1 L L L1 L1 Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Arbeitsmarkt Industriesektor Arbeitsmarkt Dienstleistungssektor w/P w/P LS(w/p)1 LS(w/p)1 w1/P1 w1/P1 LD(w/p)1 LD(w/p)2 LD(w/p)2 LD(w/p)1 L L L1 L1 Rückgang der Arbeitsnachfrage Anstieg der Arbeitsnachfrage Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Arbeitsmarkt Industriesektor Arbeitsmarkt Dienstleistungssektor w/P w/P Arbeitslosigkeit LS(w/p)1 LS(w/p)1 Tariflohn w1/P1 w2/P1 w1/P1 LD(w/p)1 LD(w/p)2 LD(w/p)2 LD(w/p)1 L L L2 L1 L1 L2 Arbeitslosigkeit bei nach unten starren Tariflöhnen Lohnanstieg bei nach oben flexiblen Tariflöhnen Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Die Grafik zeigt: Wenn die Reallöhne im Industriesektor nach unten starr sind und die in der Industrie freigesetzten Arbeitskräfte aufgrund Qualifikation nicht in den Dienstleistungssektor überwechseln können, kommt es also im Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft zu Arbeitslosigkeit. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit 5.2. Das Konzept der Produktivitätsorientierten Lohnpolitik Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik Bisher haben wir – ohne es zu sagen – die Analyse stark vereinfacht: Die Arbeitsnachfragekurve lag fest. Sie veränderte sich im Zeitverlauf nicht. Die Wachstumstheorie (Kapitel 4) hat jedoch gezeigt, dass der Kapitalstock einer Volkswirtschaft ständig wächst. Wenn Kapital und Arbeit komplementär sind (Kapitel 2), führt das zu einem ständigen Wachstum der Arbeitsproduktivität. Je mehr (und je bessere…) Maschinen verfügbar sind, desto produktiver ist eine Arbeitskraft. Gewinnmaximierende Unternehmen sind deshalb bereit pro Arbeitskraft mehr Lohn zu zahlen. Die Arbeitsnachfragekurve wandert also nach oben, wenn der Kapitalstock wächst: Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik w/P Bei Kapitalstock-wachstum Kt > Kt-1 steigt die Arbeitsnach-fragekurve der Unter-nehmen. LD(w/P,Kt) LD(w/P,Kt-1) Prof. Dr. Rainer Maure L Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik w/P Bei freier Marktpreisbildung: LS(w/P) Dadurch steigt auch der gleichgewichtige Reallohn von wt-1/Pt-1 auf wt/Pt und die Beschäftigung von Lt-1 auf Lt. wt/Pt wt-1/Pt-1 LD(w/P,Kt) LD(w/P,Kt-1) Prof. Dr. Rainer Maure L Lt-1 Lt Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik Die Analyse zeigt: Bei wachsendem Kapitalstock (= positiven jährlichen Nettoinvestitionen) kann in jedem Jahr der Lohn erhöht werden, ohne dass es zu Arbeitslosigkeit kommt. Der Lohn darf nur nicht stärker steigen als der neue Schnittpunkt von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage anzeigt. Bei freier Lohnpreisbildung auf einem unreguliertem Arbeitsmarkt pegelt sich das Lohnniveau mittelfristig entsprechend ein. Bei einem reguliertem Arbeitsmarkt mit Tariflohnbildung stellt sich in jedem Jahr die Frage, wie stark die Löhne erhöht werden dürfen, ohne dass es zum Abbau von Arbeitsplätzen kommt. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik Aus diesem Grund hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) das Konzept der produktivitätsorientierten Lohnpolitik entwickelt: Grundidee: Das tarifvertraglich vereinbarte Wachstum der Löhne darf das Wachstum der Arbeitsproduktivität nicht übersteigen. Begründung: Wenn die Löhne stärker wachsen als die Arbeitsproduktivität, kommt es zu Beschäftigungsabbau. Das Konzept hat in dieser Form jedoch seine Tücken: Wenn die Löhne gerade so stark steigen, wie Produktivität, kommt es zwar nicht zu Entlassungen aber es kann trotzdem zu Arbeitslosigkeit kommen, wie die folgende grafische Analyse zeigt: Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik w/P Im Tariflohnsystem: LS(w/P) Wenn der Tariflohn TLt genau so stark steigt, wie die Arbeitsproduk-tivität kommt es nicht zu Entlassungen – aber auch nicht zu Neuein-stellungen TLt TLt-1 LD(w/P,Kt) LD(w/P,Kt-1) Prof. Dr. Rainer Maure L Lt Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik w/P Im Tariflohnsystem: LS(w/P) Arbeitslosigkeit Es resultiert aber Arbeitslosigkeit, weil die Haushalte aufgrund der höheren Reallohns mehr Arbeit anbieten. TLt TLt-1 LD(w/P,Kt) LD(w/P,Kt-1) Prof. Dr. Rainer Maure L Lt Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik w/P Im Vergleich: LS(w/P) Arbeitslosigkeit Für die Arbeitsplatzbe-sitzer ist der Lohnan-stieg aber größer als bei freier Marktpreisbildung: TLt > wt/Pt TLt wt/Pt TLt-1 LD(w/P,Kt) LD(w/P,Kt-1) Prof. Dr. Rainer Maure L Lt Lt Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Produktivitätsorientierte Lohnpolitik Ergebnis: Produktivitätsorientierte Lohnpolitik zielt darauf ab, Beschäftigungsabbau zu verhindern. Sie favorisiert dabei aber die bereits Beschäftigten, deren Löhne stärker steigen als bei freier Marktpreisbildung. Da der Produktivitätsanstieg in vollem Umfang zur Lohnerhöhung für die bereits Beschäftigten verwendet wird, kommt es nicht zu Beschäftigungswachstum. Da mit dem Lohnanstieg die von den Haushalten angebotene Menge Arbeit steigt, kommt es zu Arbeitslosigkeit. Um diese Arbeitslosigkeit zu vermeiden, muss die jährliche Lohnsteigerung geringer ausfallen, als der jährliche Produktivitätsanstieg, damit die Unternehmen einen Anreiz haben, mehr Beschäftigte einzustellen. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.1. Arten von Arbeitslosigkeit 5.1.1. Sucharbeitslosigkeit 5.1.2. Keynesianische Arbeitslosigkeit 5.1.3. Klassische Arbeitslosigkeit 5.1.3.1. Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit 5.1.3.2. Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.3. Hysterese-Arbeitslosigkeit 5.1.3.4. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit 5.2. Das Konzept der Produktivitätsorientierten Lohnpolitik 5.3. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen Die verschiedenen Erklärungsansätze für das Entstehen von "klassischer Arbeitslosigkeit" zeigen, dass unflexible Tariflöhne häufig Arbeitslosigkeit verursachen können. Unflexible Tariflöhne werden in Deutschland durch das Betriebsverfassungsrecht und das Tarifvertragsrecht gesetzlich ermöglicht. Aus ökonomischer Sicht erlauben diese gesetzlichen Grundlagen das Bilden von Anbieterkartellen auf den Arbeitsmärkten. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen Die gesetzlichen Grundlagen von Flächentarifverträgen: § 77, Absatz 3, Betriebsverfassungsgesetz: Betriebsvereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber dürfen sich nicht auf Bereiche erstrecken, die üblicherweise in Tarifvereinbarungen geregelt werden. Ausnahme: Der Tarifvertrag enthält Öffnungsklauseln, die solche Vereinbarungen explizit erlauben. § 4, Absatz 3, Tarifvertragsgesetz ("Günstigkeitsprinzip"): Abweichungen vom geltenden Tarifvertrag sind nur möglich, wenn diese für den Arbeitnehmer in Form höherer Löhne und/oder kürzerer Arbeitszeit nicht aber in Form höherer, vertraglich vereinbarter Arbeitsplatzsicherheit günstiger sind. § 3, Tarifvertragsgesetz (Nachbindungswirkung): Bei einem Austritt eines Unternehmens aus dem jeweiligen Arbeitgeberverband wirkt die Tarifbindung für dieses Unternehmen solange nach, bis der Tarifvertrag endet. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen Resultierende Probleme: Aufgrund der Insider/Outsider-Problematik besteht für die Gewerkschaftsführungen unter diesen Rahmenbedingungen stets ein Anreiz, die Löhne stärker zu erhöhen als es der Stei-gerung der Produktivität entspricht und die dabei resultierende Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen. Das folgende Fallbeispiel illustriert die Problematik noch einmal. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen 1. Fallbeispiel: Viessmann/IG-Metall (1): Die Firma Viessmann beabsichtigte, ihre neue Gastherme Pendola aus Kostengründen in Myto, Tschechien, zu produzieren. Mit dem Angebot, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich bei allen Mitarbeitern für drei Jahre von 35 auf 38 Stunden pro Woche zu erhöhen, gelang es dem Betriebsrat, die Betriebsleitung zu bewegen, die neue Produktlinie stattdessen in Allendorf aufzubauen, um so 60 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Es gelang ihm sogar, für diesen Zeitraum den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen herauszuhandeln. Nicht weniger als 96,4 % der Belegschaft stimmten dieser Vereinbarung einzelvertraglich zu. Selbst diese geringfügige Modifikation des Arbeitsvertrags widersprach jedoch dem gültigen Flächentarifvertrag und wurde deshalb von der Gewerkschaft IG-Metall nicht akzeptiert. Die Gewerkschaft klagte gegen den Betriebsrat und verlangte den Ausschluss seiner nicht gewerkschaftlich organisierten Mitglieder, die die Mehrheit stellten. Außerdem verklagte sie die Firma auf Zahlung eines Ordnungs- geldes von 500.000 DM. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen 1. Fallbeispiel: Viessmann/IG-Metall (2): Obwohl es beide Klagen in dieser Form zurückwies, gab das Gericht der Gewerkschaft im Wesentlichen Recht. Zwar waren die Vertragsänderungen für die nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer zulässig, nicht jedoch für die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer. Sie widersprachen dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Absatz 3 des Tarifvertragsgesetzes, obwohl sie nachweislich dazu führten, dass in Allendorf zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen wurden, die sonst in Tschechien entstanden wären. Im Übrigen erklärte das Gericht, dass es nicht in der Macht des Betriebsrates gelegen habe, überhaupt solche Verhandlungen mit der Betriebsleitung zu führen, und sah nur wegen eines vermuteten Rechtsirrtums davon ab, die Betriebsratsmitglieder ihres Amtes zu entheben, wie es die IG Metall gefordert hatte. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen 1. Fallbeispiel: Viessmann/IG-Metall (3): Unter dem Druck der wütenden Belegschaft gab die IG Metall außergerichtlich dennoch nach und stimmte schließlich einer Betriebsvereinbarung zu, die eine unentgeltliche Ausweitung der Beschäftigung um zwei Stunden vorsah. Die Produktlinie wurde zu einem Erfolg, und statt der zunächst ins Auge gefassten 60 Arbeitsplätze entstanden 600 neue Arbeitsplätze in Allendorf. (Quelle: nach Sinn (2004; S. 132-3) Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen Wird die Tarifautonomie von Artikel 9 des Grundgesetzes garantiert? Artikel 9 (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (…) (3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden. (Quelle: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland; zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2002) Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5. 2 5. Ursachen der Arbeitslosigkeit 5.2. Die gesetzliche Stellung von Flächentarifverträgen Interpretation von Artikel 9 durch das Bundesverfassungsgericht: Die Koalitionsfreiheit ist zwar vorbehaltlos gewährleistet. Das bedeutet aber nicht, dass dem Gesetzgeber jede Regelung im Schutzbereich dieses Grundrechts verwehrt wäre. Soweit das Verhältnis der Tarifvertragsparteien zueinander berührt wird, die beide den Schutz des Art. 9 Absatz 3 GG genießen, bedarf die Koalitionsfreiheit der gesetzlichen Ausgestaltung. Aber auch im Übrigen ist dem Gesetzgeber die Regelung von Fragen, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können, nicht von vornherein entzogen. Art. 9 Absatz 3 GG verleiht den Tarifvertragsparteien ein Normsetzungsrecht. aber kein Normsetzungsmonopol... Eine gesetzliche Regelung in dem Bereich, der auch Tarifverträgen offen steht, kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber sich dabei auf Grundrechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechte stützen kann und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. (Quelle: BVerfGE 94, 268, 24.04.1996) Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5.4. Kontrollfragen Die Kontrollfragen bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr Verständnis der Lerninhalte dieses Kapitels zu überprüfen. Alle Fragen können mit Hilfe dieses Vorlesungsskriptes beantwortet werden. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, wenden Sie sich nach den Vorlesungen an mich oder besuchen Sie mein Kolloquium oder senden Sie mir eine E-Mail. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5.4. Kontrollfragen Wie entsteht Sucharbeitslosigkeit? Wie kann sie bekämpft werden? Liefert Sucharbeitslosigkeit Ihrer Meinung nach eine Erklärung für die in Deutschland beobachtbare Arbeitslosigkeit? Was versteht man unter klassischer Arbeitslosigkeit? Wie entsteht Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit? Liefert Insider/Outsider-Arbeitslosigkeit Ihrer Meinung nach eine Erklärung für die in Deutschland beobachtbare Arbeitslosigkeit? Wie entsteht Effizienzlohn-Arbeitslosigkeit? Liefert Effizienzlohn- Arbeitslosigkeit Ihrer Meinung nach eine Erklärung für die in Deutschland beobachtbare Arbeitslosigkeit? Wie entsteht Mindestlohn-Arbeitslosigkeit? Liefert Mindestlohn- Arbeitslosigkeit Ihrer Meinung nach eine Erklärung für die in Deutschland beobachtbare Arbeitslosigkeit? Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5.4. Kontrollfragen Wie entsteht Hysterese-Arbeitslosigkeit? Liefert Hysterese- Arbeitslosigkeit Ihrer Meinung nach eine Erklärung für die in Deutschland beobachtbare Arbeitslosigkeit? Wie entsteht Mismatch-Arbeitslosigkeit? Liefert Mismatch- Arbeitslosigkeit Ihrer Meinung nach eine Erklärung für die in Deutschland beobachtbare Arbeitslosigkeit? Auf welchen gesetzlichen Regelungen beruht das System der Flächentarifverträge in Deutschland? Erläutern Sie das Konzept und die Problematik der „Produktivitätsorientierten Lohnpolitik“. Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik

5.4. Kontrollfragen Angenommen w/P entspricht dem Monatslohn. Bestimmen Sie den gleichgewichtigen Monatslohn in folgendem Diagram. Diskutieren Sie was passiert, wenn die Regierung einen Sozialhilfesatz zahlt, der die Höhe von 11 Rechenkästchen hat? Was passiert, wenn die Regierung einen Sozialhilfesatz zahlt, der 6 Rechenkästchen hoch ist? LD(w/p)1 LS(w/p)1 w/P L Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - Grundzüge Makroökonomik