§ 95 I, II - Auswahlrichtlinien Auswahlrichtlinien sind allgemeine Grundsätze die festlegen, nach welchen Kriterien Arbeitnehmer bzw. Bewerber in personelle Einzelmaß- nahmen einbezogen werden Wichtige Regelungsinhalte von Auswahlrichtlinien Generelle Einstellungs- kriterien Arbeitsplatz-bezogene Auswahlkriterien Kriterien für Versetzung- und Umgruppierung Gewichtung der Sozialauswahl-kriterien bei Kündigung 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 95 I, II - Auswahlrichtlinien Beispiel Auswahlrichtlinien bei Einstellung 1. Alle neu oder wieder zu besetzenden Arbeitsplätze, bei denen eine Aus-schreibung vereinbart oder vom Betriebsrat verlangt worden ist, werden innerbetrieblich ausgeschrieben. 2. Einem Bewerber des eigenem Betriebs ist bei gleicher Qualifikation der Vor-zug zu geben. 3. Bei der Besetzung von Arbeitsplätzen, die für Schwerbehinderte geeignet sind, haben Bewerber dieses Personenkreises Vorrang vor nichtbehinderten Bewerbern. Im übrigen gilt Ziff. 2. 4. Besteht die Besorgnis, dass infolge der Einstellung im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer entlassen werden oder sonstige Nachteile erleiden, unterbleibt die Einstellung. 5. Bei der Auswahl der Bewerber werden nur die aus den folgenden Unter-lagen ersichtlichen Tatsachen herangezogen werden: 5.1. Die Angaben aus dem vereinbarten Personalfragebogen. […] 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 95 I, II - Auswahlrichtlinien […] 5.2. Schulzeugnisse und Zeugnisse von anderen Bildungseinrichtungen. 5.3. Bescheinigungen über Weiterbildungskurse sowie Referenzen von anderen Arbeitsstellen. 5.4. Bescheinigungen eines Arztes über die Fähigkeit den angestrebten Beruf auszuüben, soweit eine solche Bescheinigung nach Eigenart des Arbeitsverhältnisses beigebracht werden muss. 5.5. Die Erkenntnisse aus dem Einstellungsgespräch. 5.6. Soweit in Einzelfällen zusätzliche Merkmale in die Entscheidung mit einbezogen werden sollen, ist hierüber eine gesonderte Vereinbarung mit dem Betriebsrat/entsprechenden Fachausschuss zu treffen. 6. Dem Betriebsrat werden auch solche Bewerber benannt, die nach Ansicht der Personalabteilung für die engere Auswahl nicht in Betracht kommen. Widerspricht der Betriebsrat dem Ausscheiden des Bewerbers in der Vorauswahl, so nimmt der Bewerber an dem weiteren Auswahlverfahren teil. 7. Auf Verlangen des Betriebsrats stellen Bewerber sich auch bei ihm vor. 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
Vorliegen einer Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG § 95 III - Versetzung Vorliegen einer Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG Voraussetzung + Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs Erheblichkeit der Änderung 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
inhaltlich- funktionell betrieblich- organisatorisch § 95 III - Versetzung Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs räumlich- örtlich inhaltlich- funktionell betrieblich- organisatorisch Bsp: Zeitweise Tätigkeit im Betrieb des kooperierenden Unternehmens in Japan Nicht: Umzug in anderes Zimmer der gleichen Ab-teilung Bsp: Lagerarbeiter erhält Aufgaben eines Lagerver-walters Nicht: Wechsel von Schreib- maschinen- zu Computer-tätigkeit bei gleicher Aufgabe Bsp: Wechsel einer Sekretärin von der Verkaufs- in die Einkaufabteilung Nicht: Änderung der Zuständigkeit des leitenden Direktors für eine Abteilung 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
Erheblichkeit der Änderung § 95 III - Versetzung Erheblichkeit der Änderung Geplante Änderung des Arbeitsbereichs soll mehr als 1 Monat andauern (= Vermutung der Erheblichkeit) bewirkt Änderung von Umständen die für vernünftigen AN bedeutsam sind Erhebliche Änderung i.S.d. § 95 Abs. 3 BetrVG 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
Erheblichkeit der Änderung § 95 III - Versetzung Erheblichkeit der Änderung Beispiele für bedeutsame Änderungen der Arbeitsumstände: Croupier einer Spielbank soll für 2 Tage auf einer Messe als Werbemaßnahme Roulette vorführen (BAG vom 01.08.1989 - 1 ABR 51/88 - NZA 1990, 196 ff.) Zuweisung eines dreiachsigen Lkw mit nur 12,5 t Ladegewicht anstelle eines vierachsigen Sattel- schleppers mit 21 t Zuladungsgewicht (BAG vom 26.05.1988 - 1 ABR 18/87 - NZA 1989, 438 ff.) 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 99 – Ablauf des Zustimmungsverfahrens Weg von der Planung bis zu Umsetzung einer personellen Einzelmaßnahme Planung einer Maßnahme Unterrichtung des BR Erteilung / Ersetzung der Zustimmung Umsetzung der Maßnahme 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 99 – Ablauf des Zustimmungsverfahrens Unterrichtung des BR mit Bitte um Zustimmung Reaktion des BR Erteilung der Zustimmung Keine Reaktion binnen 1 Woche Verweigerung der Zustimmung formell fehlerhaft Zustimmung gilt als erteilt formell wirksam Maßnahme kann durchgeführt werden ggf. Ersetzung der Zu-stimmung durch ArbG 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 95 III - Zustimmungsverweigerung Anforderungen die Zustimmungsverweigerung nach § 95 III BetrVG Einhaltung der Wochenfrist Vorliegen einer ordnungsgemäßen Begründung der Verweigerung Einhaltung der Schriftform Formell wirksam zustande gekommener BR-Beschluss Formelle Anforderungen 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 95 III - Zustimmungsverweigerung Anforderungen die Zustimmungsverweigerung nach § 95 III BetrVG BR darf Zustimmung nur verweigern, wenn: die Maßnahme gegen ein Gesetz (z.B. AGG), eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, Materielle Anforderungen 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 95 III - Zustimmungsverweigerung Anforderungen die Zustimmungsverweigerung nach § 95 III BetrVG die Maßnahme gegen eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG verstoßen würde, die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der Maßnahme im Betrieb beschäftigte AN gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden (z.B. Nichtberücksichtigung eine befristet Beschäftigten bei unbefristeter Einstellung), der betroffene AN durch die Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder personenbedingten Gründen gerechtfertigt ist, Materielle Anforderungen 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 95 III - Zustimmungsverweigerung Anforderungen die Zustimmungsverweigerung nach § 95 III BetrVG eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung unterblieben ist oder die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder AN den Betriebsfrieden durch gesetzeswidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde. Materielle Anforderungen Der Katalog der Zustimmungsverweigerungsgründe ist abschließend! 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke
§ 102 I – BR-Anhörung bei Kündigung Ablauf der Anhörung bei Kündigung „Planung“ der Kündigung Kündigung ohne Anhörung Anhörung des BR mit Mitteilung aller relevanten Angaben Unvollständige oder fehlerhafte Information Kündigung vor abschließender Stellungnahme bzw. Ablauf der Anhörungsfrist Zustimmung Fristablauf Widerspruch Aber: vor- läufiger WBA Kündigung formell unwirksam! Kündigung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen wirksam 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke 14
§ 102 I – BR-Anhörung bei Kündigung Stellungnahmefristen nach § 102 Abs. 2 BetrVG ordentliche Kündigung außerordentliche Kündigung Anhörung des BR 3 Tage 7 Tage Nach Fristablauf gilt Zustimmung als erteilt 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke 15
§ 102 I – BR-Anhörung bei Kündigung Maßgeblicher Empfänger der Anhörungsinformationen I.d.R. an BR-Vorsitzenden (§ 26 BetrVG) Sonstige BR-Mitglieder sind i.d.R. nur Bote Ausnahme: Keine Vorkehrung für Fall der Verhinderung von Vorsitzendem und Stellvertreter 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke 16
§ 102 I – BR-Anhörung bei Kündigung Bei der Anhörung des Betriebsrats muss der AG folgende Informationen mitteilen Name, Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung, Position und Vergütung, etwaige Besonderheiten im Kündigungsschutz, Kündigungsfrist Sozialdaten des Arbeitnehmers Änderungs- oder Beendigungskündigung; ordentliche oder außerordentliche Kündigung; Gewährung einer sozialen Auslauffrist; Verdachts- oder Tatkündigung Art der Kündigung Grundsatz der subjektiven Determination: Angabe nur derjenigen Tatsachen und Kündigungsgründe auf die der AG die Kündigung stützen will; bei Änderungskündigung muss auch geändertes Angebot mitgeteilt werden Kündigungs- sachverhalt 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke 17
§ 102 I – BR-Anhörung bei Kündigung „Nachschieben“ von Kündigungsgründen Neue Erkenntnisse Neue Kündigungsgründe Können nachgeschoben werden, soweit sie aus der Zeit vor Ausspruch der Kündigung stammen nicht „verfristet“ sind bei der ersten Anhörung noch nicht bekannt waren BR (erneut) angehört wurde Neue Kündigungsgründe kön-nen nur für den Ausspruch einer neuen Kündigung genutzt werden Für diese ist dann auch eine erneute Anhörung erforderlich 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke 18
§ 102 I – BR-Anhörung bei Kündigung Wirkung des Anhörungsverfahrens im Kündigungsschutzprozess Fehler im Anhörungsverfahren führen zur formellen Unwirksamkeit der Kündigung Im Fall eines Widerspruchs durch BR steht dem AN ein Weiterbeschäftigungs-anspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG zu Nur in der Anhörung mitgeteilter Sach-verhalt kann zur Begründung der Kündigung heran-gezogen werden 12.12.2011 Prof. Dr. Burkhard Boemke 19