„Die Wunden verbinden“ Sexuelle Gewalt, Spätfolgen, Hilfen

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
... für alle, die mal Ihren IQ testen wollen!
Advertisements

1. Fakten Im September 2004 wird die ERSTE Studie zur Gewalt gegen Frauen veröffentlicht: „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“
Vanessa, Kelly, Melisa, Joshua, Alina BK, Deutsch
1.
Interview mit der Tell Familie
Sexueller MISSBRAUCH an Kindern Ich habe Angst, dass mir die Anderen nicht glauben würden aber trotzem fühle ich das Bedürfnis, das jemendem zu erzählen.
Leben Christen länger? Reihe: Wahrscheinlich EIN GOTT! (Teil 2/4)
Jesus ist auferstanden!
Gott wird antworten! Lukas-Evangelium 18,1-8.
Ja, ich glaube daran Dass Du da bist unsichtbar,
Gott ist gegenwärtig (EG 165)
Interview mit Gott.
Was kann mir Gewissheit im Glauben geben?
ACT.
Wer bin ich in Jesus Christus?
7 d Ursachen und Behandlung Angst - Sozialisation
Interview mit Gott.
Liebe Marla,   es hat lange Zeit gedauert, Dir diesen Brief zu schreiben, so wie es oft lange dauert, sich für etwas zu entscheiden.Als mir Antje die Frage.
WORT DES LEBENS Februar 2009.
Das dritte Zauberwerk vom Autor und mir 
Teil 6: Josef (1. Mose 39-50) (Fortsetzung)
WORT DES LEBENS Dezember 2008.
Dissoziation: Definition
Geist, Seele, Leib Wer regiert in uns?
 Videoverweis: Referat Trauma  Videoverweis:
Lebensmotto: DAS LEBEN LIEBEN - DIE LIEBE LEBEN
Du denkst.... Du denkst... Es gibt keinen Gott...
IHR meine lieben Freunde
Tipps von Pater Anselm Grün
Was ist auf der anderen Seite ?
Lied von Jonny Hill.
Entwicklung zur Reife 1. Johannes 2,12-17.
Leben – Sterben – Tod.
„Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.“
Christ, wie wird man das? created by Prisca Meier  Alphalive Schweiz.
Trauerland.
Die Seeligpreisung (Mt )
Aufarbeiten oder Verdrängen? – Männer trauern anders
Wer von euch hat Lust auf ein Spiel?
1. Wie ein Wunder aus dem Himmel kommt ein Kind zur Welt,
Du fühlst Dich schuldig?
ICF Zurich Logo 1.
Eine sehr interessante Lektüre.
Arten der Nachfolge.
Ich träumte, dass ich ein Interview mit Gott hätte.
Befragung Verantwortlicher in der KLJB Bayern zu Glaube und Kirche 2004.
Kinder Jugendliche Erwachsene
Sind Sie intelligent ? Diese Frage ist wichtig (da man ja denkt, dass man intelligenter ist als der Idiot von einem Nachbarn) Hier nun vier Fragen, die.
Ich habe nie gesehen was du eigentlich bist was du mir bringst was du mit mir machst wie viel du wert bist und warum ich dich mag.
Frei Gefangen.
O P Y R I H G T B Y P O W E R P O I N T Z A U B E R 2
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!
Management, Führung & Kommunikation
O P Y R I H G T B Y P O W E R P O I N T Z A U B E R 2
Auf das Ziel konzentriert!
..
Lebensmotto: DAS LEBEN LIEBEN -
Samstagvormittag Thema: Gedanken.
1. Mose 03, 1-24 »Die Bibelstelle ist der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002 by Biblica Inc.TM. Verwendet mit freundlicher.
Eine sehr interessante Lektüre.
Ich danke dir für deine Freundschaft ...
1 Prof. Dr. med. Silke Heimes Blog: Biographisches und therapeutisches Schreiben unter Einbezug spiritueller.
Tiefs nach dem IMPACT von Daniela Popa.
Gebet. Wenn Beten sich lohnen täte Wenn das Beten sich lohnen täte, was meinst du wohl, was ich dann beten täte.... Für all das, wo der Wurm drin, für.
Gemeinde- Vision Nr. 3 Was würde Jesus... für uns beten?
CSG Methodenkompetenz: Beispielpräsentation Traumata CSG Methodenkompetenz: Beispiel-Präsentation Traumata bewältigen.
Opfer-Notruf Wohin nach Straftaten am Arbeitsplatz?
Zur Situation der Älteren Demografische Entwicklung Zunahme der Lebenserwartung Steigender Anteil Älterer an der Gesamtbevölkerung Zunahme der betreuungs-
Thema: „Jesus ist … die Auferstehungund das Leben“ Thema: „Jesus ist … die Auferstehung und das Leben“ Gottesdienst März 2016 „Aber auch jetzt.
Seid immer bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand fragt, warum ihr so von Hoffnung erfüllt seid. 1. Petrus 3,15.
 Präsentation transkript:

„Die Wunden verbinden“ Sexuelle Gewalt, Spätfolgen, Hilfen

Zahlen Jeder 8. Mensch zw. 0-14 Jahren ist Opfer sexueller Gewalt (12 %) (enge Definition = Vergewaltigung) Jede 4. bis jede 3. Frau zwischen 16 und 80 Jahren erlebt sexuelle Gewalt enge Definition = Vergewaltigung

In jeder Gruppe ab 4 Personen muss mit 1 Opfer sexueller Gewalt gerechnet werden; in einer Gruppe ab 8 Personen war jemand als Kind schon Opfer. In einer SE mit 7000 Mitgliedern, in der 10% zum Sonntagsgottesdienst gehen, sind statistisch gesehen 87 Opfer sexueller Gewalt in der Kindheit anwesend.

In den Kirchengemeinden sind natürlich auch Täter zu finden. Ca 95% der Täter sind männlich, ca 5% sind weiblich.

Dunkelziffer und Verurteilungen Quelle: http://www.f01.fh-koeln.de/imperia/md/content/personen/a.bintig/manuscript5.pdf, abgerufen am 14.5.2014 Arnfried Bintig: Arbeit mit Sexualstraftätern - Ein Beitrag zur Opferprävention

Diagnosen in der Kinderheilkunde (1999) Quelle für die Zahlen: http://www.landkreis-zwickau.de/download/landratsamt_formulareD3/Dokumentation_Auftakt_Kindeswohl.pdf

Sexueller Missbrauch ist ein sicheres Verbrechen Von 2000 Sexualtätern werden 100 angezeigt Von 100 Angezeigten werden 15 angeklagt 3 davon werden frei gesprochen, 10 bekommen eine Bewährungsstrafe 2 müssen in Haft

Was ist ein Trauma? „Psychisches Trauma ist das Leid der Ohnmächtigen. Das Trauma entsteht in dem Augenblick, wo das Opfer von einer überwältigenden Macht hilflos gemacht wird. …Traumatische Ereignisse schalten das soziale Netz aus, das dem Menschen gewöhnlich das Gefühl von Kontrolle, Zugehörigkeit zu einem Beziehungssystem und Sinn gibt." Hermann Judith: Die Narben der Gewalt, München 1993, S. 54

e Flucht oder Kampf – nicht möglich Einfrieren von Gefühlen - Flucht nach innen (Dissoziation – Abspaltung)

Gewalt hat Folgen Die Folgen menschlicher Gewalt (sexueller Kindesmissbrauch und Vergewaltigung) wirken bei ca 75% der Opfer nach. Sie tauchen verstärkt in kritischen Lebens-phasen auf: beim Eingehen einer Beziehung, in Schwangerschaft, Kind(er), Lebensmitte, Rente, Alter, spätes Alter.

Was Opfer fühlen

Folge: PTBS Eine posttraumatische Belastungs-störung (PTSD/PTBS) entwickeln 40% nach sexueller Gewalt 50% nach Vergewaltigung 20-30% nach Kriegstrauma 10-15% nach Unfällen (nach Flatten, 2010)

Posttraumatische Belastungsstörung starke Angst bis hin zu Panikgefühlen Angst zu sterben (Angst auch im Nahbereich, in der eigenen Wohnung, denn da geschieht ja oft die Gewalt) Opfer fühlen sich innerlich wie betäubt, leer, stumpf Alpträume verfolgen sie

Übererregung Das gesamte vegetative System läuft auf Hoch- touren und kommt nur langsam auf ein ent- spanntes, normales Grundniveau. Stellen Sie sich vor, sie müssten tage- und nächtelang, oft über Wochen andauernd sich so fühlen, als hätten sie gerade einen Autounfall hinter sich. Und wenn Sie sich irgendwann wieder entspannt haben, tritt die Übererregung erneut auf.

Vertrauen zerbricht Wenig Hoffnung, keine/wenig Zukunft Großes Misstrauen, tiefe Einsamkeit Geringes Selbstwertgefühl Glaube an Gott erschwert/zerbrochen

Leben mit Misstrauen Immer dann, wenn man glaubt, vertrauen zu dürfen, kommt die Angst hoch. Andere Menschen werden also oft als gefährlich erlebt, auch dann, wenn sie es nicht sind.

Verdrängung und Vergessen vergessen wollen – mögliche Erinnerungs-situationen vermeiden Psychogene Amnesie (Symptome sind da, aber unverständlich)

Abspaltungen oder Übermaß an Gefühlen Manche Opfer können die Fakten benen-nen, aber sie finden das „gar nicht so schlimm“, d.h. die Gefühle sind abge-spalten. Andere erleben die Gefühle in einem über das Normale hinausgehenden Maß – und wissen nicht, woher diese Gefühle kommen.

Flash-backs Das Opfer wird durch einen „Trigger“ an die Gewalt erinnert und lebt plötzlich wieder in der Gewaltsituation – als geschähe die Gewalt in der Gegenwart. Trigger: Geruch, Stimme, Gegenstand, Handbewegung, Kleidung… Veränderte Speicherung im Gehirn im Vergleich zu anderen Erfahrungen: nicht-sprachlich, eher gefühlsmäßig. Geruch ist ein starker Trigger

Sinn und Solidarität

Christen haben ein Vorbild Christentum ist Gewaltanschauung. Im Zentrum steht ein Gewaltopfer – Jesus von Nazareth „Was ihr einem von den Geringsten meiner Brüder/Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“ Gleichnis vom barmherzigen Samariter Parallel dazu haben weitere Teilerhebungen die Gewaltbetroffenheiten einiger schwer erreichbarer Bevölkerungsgruppen erfasst. Dazu gehören insbesondere Frauen osteuropäischer und türkischer Herkunft sowie Frauen in Asylbewerberheimen, Gefängnissen und Prostituierte.

Konkrete Hilfen Um anwesende (anonyme) Gewalt-opfer wissen Eigenes Sprechen bedenken: Wie würde das wohl auf ein Gewaltopfer wirken?

Im Gottesdienst und in Gemeinde-veranstaltungen zu erkennen geben, dass man um „Gewalt mitten unter uns“ weiß (Fürbitten, Klagepsalmen…) Keine Angst vor Opfern sexueller Gewalt haben!

Opfermythen Das Opfer ist selber schuld. Opfer sind nicht belastbar. Man muss sie schonen. Opfer sind unberechenbar.

Die Gewaltfolgen machen Opfer unzurechnungsfähig und deswegen unfähig für das Gespräch über Gewalt Die Opfer müssen vergeben, sonst werden sie nie geheilt. Sie sind dann selber schuld, wenn sie psycho-somatisch erkranken.

Täter waren selber früher Opfer. Opfer sind zugleich Täterinnen. Sie haben Anteil an der an ihnen verübten Gewalt. Auch Männer sind Opfer von Gewalt. Auch Frauen sind Täterinnen.

Sexueller Missbrauch passiert unter massiver Gewaltanwendung und hinter-lässt klare Spuren

Solidarität – was ist wichtig?1 Die Kunst, Missbrauch wahrzunehmen Gefühle zulassen, ohne sich in ihnen zu verlieren Das Recht auf Abstand und die Berücksichtigung der eigenen Belastbarkeit Diese „Impulse für die Praxis“ wurden aus der Praxis für die Praxis entwickelt von Dr. Barbara Haslbeck, „Sexueller Missbrauch und Religiosität. Wenn Frauen das Schweigen brechen: eine empirische Studie“, LIT-Verlag, 2007, in Zusammenarbeit mit Frauen aus der Mailingliste „GottesSuche“, einer Inititative gewaltüberlebender Christinnen (http://www.gottes-suche.de)

Der Versuchung des Aktionismus widerstehen Die eigenen Möglichkeiten nicht unterschätzen Sich Hilfe holen

Worte anbieten Nicht über die Täter reden wollen Nicht zum Opfer stempeln Ehrlich und realistisch bleiben

Störungen klären Ich als Frau/Mann In Kontakt bleiben Nicht in Panik geraten

Ressourcen stärken Vorsicht vor religiösen Interpretationen Spirituelle Präsenz Die eigene spirituelle Verankerung pflegen

„Von … Gott reden heißt fremdes Leid zur Sprache bringen und versäumte Verantwortung, verweigerte Solidarität beklagen.“ (J.B. Metz)