Vorbemerkungen Hintergrund Ergebnisse des vergleichenden Mietrechtsprojekts des Europäischen Privatrechtsforums am EHI Florenz (2002-2004) methodischer.

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 Präsentation transkript:

Vorbemerkungen Hintergrund Ergebnisse des vergleichenden Mietrechtsprojekts des Europäischen Privatrechtsforums am EHI Florenz ( ) methodischer Ansatz Ziel: nicht nur wertneutraler funktionaler Vergleich von rechtlichen Instituten und Regelungen (klassischer Ansatz) sondern: Prüfung der Geeignetheit der nationalen Regelungsmodelle zur Erfüllung der sozioökonomi- schen Grundfunktionen des Mietrechts  auf dieser Grundlage zu untersuchen, welche Rolle die EU im Mietrecht spielen könnte

Übersicht I. Rekonstruktion des sozioökonomischen Kontexts des Mietrechts in der modernen Marktwirtschaft II.Vergleich zentraler nationaler Regelungen im Hinblick auf ihre Geeignetheit zur Erfüllung der sozioökonomischen Funktionen des Mietrechts Vertragsdauer und Beendigung Höhe und Erhöhung des Mietzinses III. Folgerungen für die Rolle der EU

Sozialer und ökonomischer Kontext (1) soziale Funktion: öffentliche Wohnungspolitik und privates Mietrecht müssen für ein ausreichendes Angebot an Wohnraum zu fairen Bedingungen sorgen ökonomische Vorbedingungen: Anreize für Investoren und Vermieter zur Schaffung eines ausreichenden Angebots, insbesondere: Gewinnerzielung bei Bau und Vermietung von Wohnraum möglich keine übermäßige Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Vermieters über Mietobjekt (v.a. bei Eigenbedarf und wirtschaftlicher Verwertung) Fazit: privates Mietrecht muß „liberal-sozialen“ Ausgleich herbeiführen

Sozialer und ökonomischer Kontext (2) Interdependenz von sozialen und liberalen Zielsetzungen: nicht nur: übermäßiger Sozialschutz schafft negative Anreize für die Herstellung und Vermietung von Wohnraum sondern auch: mangelnder Sozialschutz kann gesamtwirtschaftlich ineffizient sein (Beispiel: Monopolrente des Vermieters durch Kündigung)

Übersicht I. Rekonstruktion des sozioökonomischen Kontexts des Mietrechts in der modernen Marktwirtschaft II.Vergleich zentraler nationaler Regelungen im Hinblick auf ihre Geeignetheit zur Erfüllung der sozioökonomischen Funktionen des Mietrechts Vertragsdauer und Beendigung durch Vermieter Höhe und Erhöhung des Mietzinses III. Folgerungen für die Rolle der EU

Mietdauer und Beendigung (1): Gemeinsamkeiten Vermieter kann aus wichtigem Grund (zB längerem Zahlungsverzug oder Störung des Hausfriedens) meist mit kurzer Frist kündigen Ausschluß der Vermieterkündigung bei Veräußerung der Wohnung allgemein anerkannt  für sozial-liberalen Ausgleich aber Vertrags- beendigung durch Vermieter in häufigeren Normalfällen zentral, insbesondere: Zulässigkeit von Eigenbedarfs- und Verwertungskündigung bei unbefristeten Verträgen Zulässigkeit von Befristungen und Kettenverträgen garantierte Vertragszeiten, sofern existent

Mietdauer und Beendigung (2): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (I) 1. Gruppe: Kein besonderer Sozialschutz Wohnraummiete unterfällt allgemeinem Mietrecht ohne sozial motivierte Besonderheiten: Bulgarien Rumänien sehr kurze Vertragszeiten: Irland (idR 1 Woche oder 1 Monat, bis 2003)

Mietdauer und Beendigung (3): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (II) 2. Gruppe: Niedrige Kündigungsvoraus- setzungen oder kurze Befristungen Schweiz Finnland England („assured shorthold tenancy“)

Mietdauer und Beendigung (4): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (III) 3. Gruppe: hoher Kündigungsschutz bei unbefristeten Verträgen, aber Umgehung durch befristete Verträge zulässig Polen Slowenien

Mietdauer und Beendigung (5): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (IV) 4. Gruppe: Qualifizierter Kündigungsschutz bei unbefristeten Verträgen, vergleichbare Vorgaben auch für befristete Verträge Deutschland Dänemark

Mietdauer und Beendigung (6): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (V) 5. Gruppe: Garantierte Mietzeiten (unbefristete Verträge unzulässig oder unüblich) Italien und Irland (nach 2003): 4 J. Spanien und Portugal: 5 J. Belgien: 3x3 J. Österreich, Griechenland und Frankreich: 3 J. kürzere Befristungen idR nur aus besonderem Grund zulässig

Mietdauer und Beendigung (7): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (VI) 6. Gruppe: Vertragsbeendigung durch Vermieter aus Sozialschutzgründen stark erschwert Niederlande Schweden

Mietdauer und Beendigung (8): Bewertung nur qualifizierter Kündigungsschutz und garantierte Mietzeiten (4. und 5. Gruppe) zur Erfüllung der sozioökonomischen Funktion des Mietrechts geeignet aber: längere garantierte Mietzeiten unflexibel und damit wohl schlechter als dänisch- deutsches Modell des qualifizierten Kündigungsschutzes

Höhe und Erhöhung des Mietzinses (1): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (I) 1. Gruppe: Beschränkungen nur nach allgemeinem Zivilrecht (Wucher, Sittenwidrig- keit, unconscionability, laesio enormis ua): Bulgarien Rumänien Slowenien einige Länder mit festen Mietzeiten außerhalb dieser Zeiten (zB Italien)

Höhe und Erhöhung des Mietzinses (2): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (II) 2. Gruppe: Kontrolle durch Gerichte oder besondere mietrechtliche Schiedsstellen auf Angemessenheit und Marktüblichkeit mittels Generalklauseln und/oder „statistische Markterfassung“ Dänemark, Finnland, Frankreich, England, Deutschland Spanien und Portugal: außerhalb fester Mietzeiten  grundsätzlich nur Kontrolle von Erhöhungen (nicht der anfänglichen Miete)

Höhe und Erhöhung des Mietzinses (3): Einteilung nach Grad des Sozialschutzes (III) 3. Gruppe: Miethöhe staatlich (durch Gesetz oder Verwaltungsentscheidung) festgelegt innerhalb garantierter Mietzeiten: Erhöhung jährlich um indiziellen Anstieg der Lebenshaltungskosten (alle Staaten mit garantierten Mietzeiten) Bestimmung der zulässigen Miete per Gesetz (nach Größe, Ausstattung, Lage, Anteil an Herstellungs- und laufenden Kosten ua): Niederlande Österreich Schweden Italien (bis 1998)

Höhe und Erhöhung des Mietzinses (4): Auswertung Residualkontrolle durch allg. Zivilrecht ebenso ungeeignet wie marktwidrige staatliche Festsetzungen nur 2. Gruppe zur Erfüllung der sozioökonomischen Funktion des Mietrechts tauglich dabei entscheidend: Rechtssicherheit und effektive gerichtliche Durchsetzung (dabei große Unterschiede)

Übersicht I. Rekonstruktion des sozioökonomischen Kontexts des Mietrechts in der modernen Marktwirtschaft II.Vergleich zentraler nationalen (materiellen) Regelungen im Hinblick auf ihre Geeignetheit zur Erfüllung der sozioökonomischen Funktionen des Mietrechts Vertragsdauer und Beendigung Höhe und Erhöhung des Mietzinses III. Folgerungen für die Rolle der EU

Folgerungen für die EU (1) Rechtsvergleich zeigt bedeutendes Verbesserungspotenzial der nationalen Mietrechte Harmonisierung des Mietrechts nicht effektiv und legitim wegen unterschiedlicher sozioökonomischer Rahmenbedingungen, insbesondere Wohnungspolitiken aber: europäische Mindeststandards denkbar zB Verbot der retaliatory eviction

Folgerungen für die EU (2) europäischer Oktroi im Mietrecht qua Vereinheitlichung des allgemeinen Vertragsrechts zu vermeiden Beispiel Minderung des Mietzinses bei Mängeln der Wohnung: Art. 9:401 der Lando-Prinzipien harmoniert nicht mit allen nationalen Systemen