Übersetzung und genderspezifische oder genderneutrale Sprache

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 Präsentation transkript:

Übersetzung und genderspezifische oder genderneutrale Sprache Seminar Varietätenlinguistik Johanna Henningsen 06.07.2011

Gliederung Definition Feministische Aspekte Richtlinien Verwendung im Englischen Verwendung im Deutschen Übersetzungsbeispiele Quellen

Definition „Sprache ist sexistisch, wenn sie Frauen und ihre Leistung ignoriert, wenn sie Frauen nur in Abhängigkeit von und Unterordnung zu Männern beschreibt, wenn sie Frauen nur in stereotypen Rollen zeigt und ihnen so über das Stereotyp hinausgehende Interessen und Fähigkeiten abspricht, und wenn sie Frauen durch herablassende Sprache demütigt und lächerlich macht.“ (Hellinger 1990)

Feministische Aspekte Aufgabe der feministischen Linguistik: Schaffung einer „androgynen“ Sprache, in der Frauen und Männer gleichberechtigt handeln und behandelt werden Emanzipationsbewegung in Frankreich gegen männlich dominierte Schreib- und Denktradition seit ca. 1978 in Praxis und Wissenschaft der Übersetzung aufgenommen

Feministische Aspekte zuerst in Nordamerika geschlechterneutrale Formulierung oder die Frauen einbindende Ausdrucksweise wurde gefordert  „Bibel in gerechter Sprache“ ab ca. 1990 auch außerhalb des anglo-amerikanischen Sprachraums

Richtlinien Sprachstukturelle Asymmetrien sollen durch sprachpolitische Maßnahmen verändert werden u.a. in USA, Kanada: Richtlinien schon in 1970er Jahren von großen Verlagen, Berufsverbänden, Behörden, etc. 1. Empfehlungen für genderneutrale Sprache in Deutschland: Richtlinien zur Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs (Guentherodt et al. 1980)

Richtlinien richten sich generell an: Personen, die professionell geschriebene und gesprochene öffentliche Sprache produzieren (z.B. Verfasser/innen von Gesetzen) Personen, die Sprache lehren (Kindergarten, Schule) Personen, die Sprache verbreiten (Medien, Buchmarkt, Verwaltung)

Verwendung im Englischen Personenbezeichnungen Genus prägt Form und Funktion von Personenbezeichnungen in vielen Sprachen englische Sprache hat kein grammatisches Genus  Geschlechtsspezifizierung durch weibliche oder männliche Pronomen Pronomina richten sich nach natürlichem Geschlecht der bezeichneten Person (mother/sister … she)

Das generische Maskulinum im Englischen Definition: Maskuline Pronomina, die sich auf Personen mit unbekanntem Geschlecht beziehen, bei denen das Geschlecht der Personen nicht relevant ist, mit denen männliche und weibliche Personen gemeint sind oder mit denen eine verallgemeinerte Aussage gemacht werden soll. werden in neutralen Kontexten verwendet  Berufsbezeichnungen

Das generische Maskulinum im Englischen für die meisten Personenbezeichnungen (lawyer, pedestrian, person) Indefinita (everyone, someone, anybody) werden im weiteren Verlauf des Satzes durch männliche Pronomina ersetzt (he, his, him)  bezeichnen Männer und Frauen, auch bei deutlich weiblichem Bezug: No person may require another person to perform, participate in or undergo an abortion of pregnancy against his will.

Andere Verwendungen von Pronomina stereotypisch mit dem weiblichen Geschlecht verbundene Berufsbezeichnungen: a secretary … she psychologischer Genus: affektive Faktoren für Wahl der Pronomina verantwortlich  the ship … she

Genderneutrales Englisch generell: Verwendung des Plurals Möglichkeit für geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen: Splitting (a lawyer … he or she) andere Varianten des Splitting: she or he, he/she, s/he geschlechtsneutrales singularisches Pronomen they: Everyone should wipe his feet before entering. Everyone should wipe their feet before entering.

Verwendung im Deutschen größter Unterschied zum Englischen: Deutsch ist eine Genussprache explizite Geschlechtsspezifikation meistens zwingend erforderlich  Gefahr von sexistischem Sprachgebrauch ist im Deutschen größer

Das deutsche Genussystem Deutsche Sprache hat kein System von Regeln für Bestimmung des Genus eines Substantivs Ausnahme: „Substantive, mit denen Personen benannt werden“ (Verwandtschaftsbezeichnungen)  für gewöhnlich stimmen Genus und natürliches Geschlecht (Sexus) überein Neutrum: nominalisierter Infinitiv (das Arbeiten) Nominalisierte Adjektive: alle drei Genera (der/die/das Neue)

Das generische Maskulinum im Deutschen 99 Sängerinnen + 1 Sänger = 100 Sänger wie im Englischen, aber Pronomina und Nomina Diese Sendung wird dem Zuschauer gefallen. Jeder, der raucht, kann einen frühen Tod erleiden.  Frauen sind bei diesen Formen sprachlich nicht sichtbar

Personenbezeichnungen im Deutschen 1. Lexeminhärent maskuline und feminine Formen (Bruder, Schwester) 2. Genus- und Sexus-kongruente Formen (die Angestellte, der Angestellte) 3. Generische maskuline Formen (der Angestellte, der Student)  geschlechtsabstrahierende Formen zeigen Vorherrschen des Männlichen in der Gesellschaft

Anredeformen im Deutschen Asymmetrie in Formen der (höflichen) Anrede Männer  „Meine Damen und Herren“  „Herr Meier“ Frauen  „Meine Damen und Herren“  *„Dame Meier“ // „Frau Meier“ Höflichkeit und Respekt nur für Männer

Anredeformen im Deutschen „Fräulein“: ist diskriminierend, da nur für unverheiratete Frauen wurde 1972 gesetzlich abgeschafft Es ist nicht angebracht, weibliche Erwachsene in der Anrede anders zu behandeln als männliche Erwachsene.

Weitere Asymmetrien im Deutschen Semantische Asymmetrie zwischen maskulinen und femininen Ausdrücken master – mistress Gouverneur – Gouvernante Bezeichnung von Frau mit Maskulinum: Aufwertung Bezeichnung von Mann mit Femininum: Degradierung

Genderneutrales Deutsch Alternativen zum generischen Maskulinum: Plural Beidnennung: Der Arzt / Die Ärztin von heute jemand, der oder die männliche und weibliche Bürger BürgerIn – Bürger(in) – Bürger/-in

Genderneutrales Deutsch Neutralisierungsstrategie (Studentinnen und Studenten  Studierende)  im Deutschen selten möglich Beidnennung: Der Arzt / Die Ärztin von heute jemand, der oder die männliche und weibliche Bürger BürgerIn – Bürger(in) – Bürger/-in

Genderneutrales Deutsch frau/jedefrau statt man/jedermann  wird kaum verwendet der „verrückte Pusch-Vorschlag“: Sie ist eine gute Student. Ihre Professor ist sehr zufrieden mit ihr. das generische Femininum: Das Büro des Stadtrates setzte sich zusammen aus der Stadtpräsidentin, der ersten Vizepräsidentin, zwei weiteren Mitgliedern und der Stadtschreiberin.

Übersetzungsbeispiele Unterschiede zwischen Sprachen ohne Genus (Englisch) und Sprachen mit Genus (Deutsch): However pitiful a handful his readers, a poet at least knows this much about them: they have a personal relationship to his work. (generisches Maskulinum) However pitiful a handful his or her readers, a poet at least know this much about them: they have a personal relationship to his or her work. (genderneutral)

Übersetzungsbeispiele However pitiful a handful his readers, a poet at least knows this much about them: they have a personal relationship to his work. Mögen auch ihre oder seine Leserinnen und Leser nur eine traurige Handvoll sein, eine Dichterin oder ein Dichter weiß jedenfalls dies über sie: Sie haben eine persönliche Beziehung zu ihrem oder seinem Werk.  Splitting sehr unökonomisch

Übersetzungsbeispiele However pitiful a handful her readers, a poet at least knows this much about them: they have a personal relationship to her work. (generisches Femininum) Mögen auch ihre Leserinnen nur eine traurige Handvoll sein, eine Dichterin weiß jedenfalls dies über sie: Sie haben eine persönliche Beziehung zu ihrem Werk.

Übersetzungsbeispiele The sceptical feminist Der skeptische Feminist (für feministisches Werk unakzeptabel) Die skeptische Feministin (Männer werden ausgeschlossen) Der/Die skeptische Feminist/in (zu umständlich für Buchtitel) Skeptischer Feminismus (Bedeutungsänderung gegenüber Original)

Quellen HELLINGER, Marlis (1990): Kontrastive Feministische Linguistik. Mechanismen sprachlicher Diskriminierung im Deutschen und Englischen. Ismaning: Hueber Verlag. KLANN-DELIUS, Gisela (2005): Sprache und Geschlecht – eine Einführung. Stuttgart: Metzler. PUSCH, Luise (1994): Alle Menschen werden Schwestern: Feministische Sprachkritik. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. SAMEL, Ingrid (2000): Einführung in die feministische Sprachwissenschaft. 2. überab. u. erweit. Aufl., Berlin: Erich Schmidt. STOLZE, Radegundis (2008): Übersetzungstheorien – Eine Einführung. 5., überarb. und erw. Aufl. Tübingen: Narr.