Primzahlzwillingsrekorde – nicht nur eine Jagd nach Monstern

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 Präsentation transkript:

Primzahlzwillingsrekorde – nicht nur eine Jagd nach Monstern Karl-Heinz Indlekofer Stefan Wehmeier Arbeitsgruppe Zahlentheorie Universität Padeborn 1

Die Mathematik ist die Königin der Wissenschaften, und die Zahlentheorie ist die Königin der Mathematik. C.F. Gauß (1777-1855)

Fraktale Fraktale

Weltrekord aus Paderborn

Definition Primzahl Eine Primzahl ist eine natürliche Zahl p größer als 1, die durch keine andere Zahl als durch 1 und sich selbst geteilt wird. 2

Das Sieb des Eratosthenes 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50

Das Sieb des Eratosthenes 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 1 wird gestrichen 2 erste Primzahl also alle Vielfachen von 2 keine Primzahlen

Das Sieb des Eratosthenes 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Nächste Primzahl: 3 alle Vielfachen von 3 keine Primzahlen

Das Sieb des Eratosthenes 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Nächste Primzahl: 5 streiche alle Vielfachen von 5

Das Sieb des Eratosthenes 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Nächste Primzahl: 7 streiche alle Vielfachen von 7

Das Sieb des Eratosthenes 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Die verbleibenden Zahlen sind nun alle Primzahlen zwischen 0 und 50

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60

61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90

1301 1302 1303 1304 1305 1306 1307 1308 1309 1310 1311 1312 1313 1314 1315 1316 1317 1318 1319 1320 1321 1322 1323 1324 1325 1326 1327 1328 1329 1330

1331 1332 1333 1334 1335 1336 1337 1338 1339 1340 1341 1342 1343 1344 1345 1346 1347 1348 1349 1350 1351 1352 1353 1354 1355 1356 1357 1358 1359 1360

1361 1362 1363 1364 1365 1366 1367 1368 1369 1370 1371 1372 1373 1374 1375 1376 1377 1378 1379 1380 1381 1382 1383 1384 1385 1386 1387 1388 1389 1390

1391 1392 1393 1394 1395 1396 1397 1398 1399 1400 1401 1402 1403 1404 1405 1406 1407 1408 1409 1410 1411 1412 1413 1414 1415 1416 1417 1418 1419 1420

Euklid von Alexandria Gelebt von ca. 330 bis ca. 275 v. Chr. „Die Elemente“ ein 13-bändiges Kompendium des damaligen Mathematik-Wissens

Es gibt unendlich viele Primzahlen. Annahme: Es gibt nur endlich viel Primzahlen p1, ..., pn. Betrachte nun n := p1 * ... * pn +1. n ist nicht durch p1, ..., pn teilbar. Also muss n selbst Primzahl sein oder aus Primzahlen zusammen gesetzt sein, die von p1, ..., pn verschieden sind. Widerspruch! 2 kleine Beispiele: 2*3+1=7 2*3*5*7*11*13+1=30031=59*509 Es gibt also unendlich viele Primzahlen.

Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist eine erzeugte Zahl prim? Zahlen von 90000 – 92000 Anzahl: 2000 Davon Primzahlen: 174 Vermutung von Gauß: eine Zufallszahl ist mit Wahrscheinlichkeit eine Primzahl

Carl Friedrich Gauß * 30. April 1777 in Braunschweig V 23. Februar 1855 in Göttingen Schon als Kind begeistert von der Mathematik Der Herzog von Braunschweig ermöglichte ihm das Studium am Collegium Carolinum in Braunschweig Einige Erfolge: Methode der kleinsten Quadrate Das Gesetz der normalen Fehlerverteilung Fundamentalsatz der Algebra

Primzahlen in Intervallen

Der exakte Beweis ... paßt leider nicht auf diese Folie Er wurde im Jahr 1896 von Hadamard und de la Valée-Poussin erbracht Der Beweis macht einen „Umweg“, indem er die Theorie der Funktionen über den komplexen Zahlen verwendet Inzwischen kennt man noch weitere Beweise

Jacques Salomon Hadamard. Charles Jean Gustave de la Vallée Poussin. 8 Jacques Salomon Hadamard Charles Jean Gustave de la Vallée Poussin * 8. Dez. 1865, Versailles (Frankreich) * 14. Aug. 1866, Louvain (Belgien) V 17. Okt. 1963, Paris (Frankreich) V 2. März 1962, Louvain (Belgien)

Was sind Primzahlzwillinge? 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50

Godfrey Harold Hardy. John Edensor Littlewood. 7. Feb Godfrey Harold Hardy John Edensor Littlewood * 7. Feb. 1877 Cranleigh (England) * 9. Juni 1885 Rochester (England) V 1. Dez. 1947 Cambridge (England) V 6. Sep. 1977 Cambridge (England)

Die Wahrscheinlichkeit ein Primzahlzwillingspaar zu finden Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Zahl p Primzahl ist, ist . Die Wahrscheinlichkeit, dass p+2 Primzahl ist, ist . Hardy-Littlewood: Die Wahrscheinlichkeit, dass sowohl p als auch p+2 Primzahlen sind, ist ungefähr .

Primzahlzwillinge in Intervallen

Die Forschung Ob es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt, ist ein offenes Problem! Ziel: Das Finden von möglichst großen Primzahlzwillingen

Primzahltests Probedivision: eine Zahl n ist genau dann Primzahl, wenn sie keinen Teiler zwischen 1 und hat. Man kann also versuchen, n durch alle kleineren Zahlen zu dividieren. Rechnet man (großzügig) 1 Milliarde Divisionen pro Sekunde, so schafft man pro Jahr etwa 3*10^16 Divisionen, seit Entstehung der Welt also etwa 5*10^26 Divisionen. Man hätte in dieser Zeit also eine 53-stellige Zahl testen können. In der Mathematik der Gegenwart untersucht man jedoch zum Teil Zahlen mit mehreren Millionen Stellen! Gibt es schnellere Verfahren?

Pierre de Fermat * 17. August 1601 Beaumont-de-Lomagne (Frankreich) V 12. Januar 1665 Castres (Frankreich) Berühmt vor allem durch seinen „letzten Satz“: Sind und , so gilt

Der Test von Fermat Satz von Fermat: Wenn p eine Primzahl ist, so gilt für jede Zahl a, , dass den Rest 1 lässt. Aber: es gibt auch Zahlen, die keine Primzahlen sind und für die diese Aussage für sehr viele a gilt

Beispiel p=5 (Primzahl)

Beispiel p=6 (keine Primzahl) a=1 ü a=2 f a=3 f a=4 f a=5 f

Gary L. Miller Michael O. Rabin

Der Miller-Rabin-Test Satz von Miller-Rabin: Wenn p eine ungerade Primzahl ist, so lässt den Rest 1 oder p-1. Wenn p keine Primzahl ist, so lässt für mindestens ¾ aller a einen anderen Rest.

Problem Unsere p haben etwa 20.000 Dezimalstellen, um auszurechnen braucht man sehr viele Multiplikationen großer Zahlen.

Multiplizieren in der Schule 13456923 * 67890125 67890125 203670375 271560500 339450625 407340750 611011125 135780250 203670375 913592184585375 Verdoppelt man die Zahl der Stellen, so vervierfacht sich der Aufwand!

Das Karazuba-Verfahren Schreibe 2 gegebene 2n-stellige Zahlen als a * 10^n + b bzw. c * 10^n + d Dann gilt: (a * 10^n + b)(c * 10^n + d) = (ac)*10^2n + (ad + bc)*10^n + bd Weiter gilt: (a + b)(c + d) = ac + (ad + bc) + bd 4)Man kann also die Multiplikation von zwei 2n-stelligen Zahlen auf drei Multiplikationen von n-stelligen Zahlen (ac, (a+b)(c+d), bd) sowie einigen Additionen zurückführen. 1) 13456923 = 1345 * 10^4 + 6923 67890125 = 6789 * 10^4 + 125 n = 4, a = 1345, b = 6923, c = 6789, d = 125 3) 1345 + 6923 = 8268 6789 + 125 = 6914 8268 * 6914 = 57164952 1345 * 6789 = 9131205 6923 * 125 = 865375 (a*d+b*c) = 57164952 – 865375 9131205 = 47168372 2) + 865375 = 913592184585375

Anatolii Alekseevich Karazuba Geboren 31.1.1937 in Grozny 1954-1959 Studium in Moskau 1962: Entdeckung seines berühmten Algorithmus Seit 1983 Dekan des Bereichs Zahlentheorie am Stekhlov-Institut

Es geht noch schneller...

Rekord Primzahlzwillinge