Strukturkurs Altenglisch

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Strukturkurs Altenglisch

Der Begriff Altenglisch Man versteht darunter die Sprache der germanischen Besiedler Großbritanniens vom Zeitpunkt der Besiedlung (Mitte des 5. Jh.) bis etwa 1100. Diese Sprache ist allerdings erst vom zweiten Viertel des 8. Jhs. an, also ungefähr drei Jahrhunderte nach dem Beginn der Einwanderung überliefert.

Die Heimatländer der germanischen Invasoren Aus: David Crystal, The Cambridge Encyclopedia of the English Language, p. 6

Heterogenität des Altenglischen Wird eine Sprache von einer größeren sozial differenzierten Sprachgemeinschaft über einen längeren Zeitraum hinweg und in einem größeren geographischen Raum verwendet bilden sich auf verschiedenen sprachlichen Ebenen Varie-täten heraus. Das gilt auch für das Altenglische, das beson-ders hinsichtlich der Parameter Zeit, Raum und vermutlich sozialer Zuordnung, also diachronisch (Zeit) diatopisch (Raum) diastratisch (Schicht) heterogen ist.

Das Altenglische ist diachronisch heterogen Es ist leicht zu verstehen, daß die über vier Jahrhunderte verstreuten Sprachzeugnisse des Altenglischen sprachlich zum Teil erheblich voneinander abweichen. Das Alteng-lische ist mit anderen Worten diachronisch heterogen. Man unterscheidet üblicherweise drei diachrone Stufen des Alt-englischen, von denen nur die letzte einigermaßen voll-ständig überliefert ist, während die früheste durch interne Rekonstruktion und den Vergleich mit anderen germani-schen Sprachen rekonstrukiert werden muß.

Perioden des Altenglischen ur-altenglisch: die vorliterarische Sprache der Angelsachsen in Britannien, von der Landnahme 449 bis zum Einsetzen der schriftlichen Überlieferung um 700. früh-altenglisch: bis zur Entwicklung einer spät-westsächsischen Standardsprache in der Mitte des 10. Jhs. Diese Sprachform findet sich vor allem in den von Alfred dem Großen († 900) verfassten oder veranlassten Prosaübersetzungen. spät-altenglisch: bis zum Beginn der me. Periode im Gefolge der normannischen Eroberung von 1066. Relevant sind hier insbesondere Werke von Aelfric und Wulfstan.

Periodisierung der englischen Sprachgeschichte Altenglisch 449–1100 Uraltenglisch 449–700 Frühaltenglisch 700–900 Spätaltenglisch 900–1100 Mittelenglisch 1100–1500 Frühmittelenglisch 1100–1250 Mittelenglisch 1250–1400 Spätmittelenglisch 1400–1500 Neuenglisch 1500–heute Frühneuenglisch 1500–1650 Neuenglisch 1650–heute

Das Altenglischen ist diatopisch heterogen Wir wissen aus eigener Erfahrung wie sehr die heutige Umgangssprache trotz des nivellierenden Einflusses von Rundfunk, Fernsehen und Wehrdienst regional differenziert ist. Dies war in altenglischer Zeit, als dieser nivellierende Einfluß fehlte, nicht anders. Die überlieferten Texte weisen von Anfang an regionale Unterschiede auf. Das Altenglische ist also auch diatopisch (gr. topos = Ort) heterogen. Im Allgemeinen unterscheidet man vier altenglische Dialekte, die in gewisser Weise mit den politischen Grenzen in Beziehung stehen.

Altenglische Dialekte Das Westsächsische im Gebiet des westsächsischen Reiches, das Anglische im Gebiet des merzischen Reiches, das Kentische im äußersten Osten des westsächsischen Reiches und das Nordhumbrische im Gebiet des nordhumbrischen Reiches. Nordhumbrisch Anglisch Westsächsisch Kentisch

Heptarchie

Cædmons Hymnus Nu scylun hergan hefaenricae uard medudaes maecti end his modgidanc uerc uuldurfadur sue he uundra gihuaes eci dryctin or astelidae. He aerist scop aelda barnum heben til hrofe haleg scepen, tha middungeard mancynnæs uard eci dryctin æfter tiadæ firum foldu frea allmectig. Nordhumbrisch ca. 735 nū sculon heriġean heofenrīċes weard, meotodes meahte ond his mōdġeþanc, weorc wuldorfæder swā hē wundra ġehwæs, ēċe drihten ōr onstealde, hē ǽrest sceōp eorþan bearnum, heofon tō hrōfe hāliġ scyppend: þā middanġeard moncynnes weard, ēċe drihten æfter tēode fīrum foldan, frēa ælmihtiġ. Westsächsisch 10.-12. Jhd.

Das Ae. ist diastratisch heterogen - Register Eine Differenzierung des Ae. nach sozialen Gesichtspunkten ist auf der Basis der überlieferten sprachlichen Daten kaum möglich. Überliefert ist im wesentlichen nur die Schriftsprache und diese ist eher durch die behandelten Gegenstände sowie die Textsorten differenziert.

Aus: Spektrum der Wissenschaft: Dossier Sprachen, 2000

Indoeuroäische Ursprache Kelto-Italo- Tocharisch Balto-Slawo- Germanisch Indo-Irano- Griechisch-Armenisch Anatolisch Balto-Slawisch Früh-Germanisch Nord-Germanisch Gotisch Altnordisch West-Germanisch Altniederfränkisch Althochdeutsch Nordsee-Germanisch Anglo-Friesisch Altsächsisch Altenglisch Altfriesisch

Germanisch vs. Indo-Europäisch Das Germanische unterscheidet sich vom Indo-Europäischen hauptsächlich in folgenden Punkten: Alle Indo-Europäischen Tempus- und Aspektoppositionen mit Ausnahme von Präsens und Präteritum wurden aufgegeben. In keiner germanischen Sprache gibt es Formen, die dem lateinischen Futur, Perfekt, Plusquamperfekt oder Futur des Perfekts entprechen würden.

Germanisch vs. Indo-Europäisch Das Germanische entwickelte eine Präteritumform mit einem Dentalsuffix, d.h. einem /t/- oder /d/-haltigen Suffix. Alle aus dem Germanischen entstandenen Sprachen haben daher zwei Typen von Verben. Die spezifisch germanischen Verben, d.h. jene, die zur Bildung des Präteritums ein Dentalsuffix verwenden, wurden von Jakob Grimm schwach genannt, im Gegensatz zu solchen Verben, die zur Bildung des Präteritumstammes eine Vokalalternation (Ablaut) verwenden. Letztere wurden stark genannt. Die spezifisch germanische Art das Präteritum zu bilden, ist heute die einzig produktive Form der Stammbildung und wird daher als “regelmäßig” aufgefaßt, wohingegen die Stammbildung der starken Verben heute verdunkelt und unproduktiv ist und als “unregelmäßig” betrachtet wird. Historisch betrachtet folgt die Stammbildung durch Ablaut jedoch ganz regelmäßigen Mustern. Es hat verschiedene Versuche gegeben, den Ursprung des Dentalsuffixes zu erklären, von denen keine voll befriedigen kann.

Germanisch vs. Indo-Europäisch Germanische Adjektive haben zwei Flexionsparadigmen, eine sog. schwache Deklination und eine starke. Die schwachen Formen werden z.B. in definiten Nominalphrasen verwendet, die starken in indefiniten. Vgl. Altenglish, þā geongan ceorlas 'die jungen Kerle', mit der schwachen Form von geong gegenüber geonge ceorlas 'junge Kerle' mit der starken Form. Das variable Betonungssystem des Indo-Europäischen, in dem jede Silbe eines Wortes hervorgehoben sein konnte, machte einem anderen Betonungssystem Platz, in dem jeweils die erste Stammsilbe den Hauptakzent trug. Vgl. dazu die Paradigmen der griechischen und altenglischen Reflexe der Indo-Europäischen Wurzel /*p«tér/ 'Vater'.

Betonungssystem Griechisch Altenglisch Singular Nominativ patér Genitiv patrós Dativ patrí Akkusativ patéra Vokativ páter Plural patéres patéron patrási patéras Altenglisch Singular Nom., Dat., Akk. 'fæder Genitiv 'fæderes Plural Nom., Akk. 'fæderas 'fædera Dativ 'fæderum

Grimmsches Gesetz Das IE Konsonantensystem erfuhr eine radikale Veränderung. Allgemein ist die Unterscheidung zwischen Palatalen und Velaren im Germanischen nicht erhalten geblieben, sie sind in der Weiterentwicklung zusammengefallen. Viel einschneidender sind jedoch die Veränderungen durch die sog. erste Lautverschiebung (Grimm'sches Gesetz).

Vernersches Gesetz Eine weitere charakteristischen Veränderung im Konsonan-tensystem des Germanischen betraf zwar nicht das Lautsystem selbst, wohl aber die Lautstruktur der Wörter. Vor der Fixierung der Wortbetonung im Germanischen wurden die stimmlosen Frikative /f, Ô, x/, die aus den i.e. Plosiven /p, t, k/ entstanden waren, sowie das unveränderte i.e. /s/ in solchen Wortformen stimmhaft, in denen keine betonte Silbe unmittelbar vorausging. Diese stimmhaften Frikative hatten die gleiche Weiter-entwicklung wie die Phoneme /B, D, Ä/, die aus der Verschiebung von i.e. /bh, dh, gh/ entstanden waren.

Vernersches Gesetz Das Auftreten von stimmhaften Reibelauten in Formen, in denen nach dem Grimmschen Gesetz stimmlose Reibelaute zu erwarten wären, wurde von dem dänischen Sprach-forscher Karl Verner 1875 damit erklärt, daß vor der Fixierung des Wortakzentes die Betonung nicht unmittelbar vor den fraglichen Konsonanten lag. Das gleiche Phänomen läßt sich noch heute in deutschen Wortpaaren wie 'Hannover' vs.'Hannoveraner' erkennen, oder in Neuenglischen Lehnwörtern wie 'exert', 'exist', 'possess' im Gegensatz zu 'exercise', 'exit', 'possible'. Diese germanische Gesetzmäßigkeit wurde nach ihrem Entdecker Vernersches Gesetz genannt.

Grammatischer Wechsel Grimm, der das Lautgesetz zwar erkannte aber nicht erklären konnte, nannte es 'grammatischer Wechsel', und zwar deshalb, weil es in der Bildung der Formen des Präteritums Plural und der Partizipien der Vergangenheit der starken Verben am deutlichsten zutage tritt. In diesen Formen lag der Akzent in vorgermanischer Zeit nicht auf der Wurzel. So finden wir im Ae. sēaþ '(ich, er, sie, es) siedete', aber sudon '(wir, ihr, sie) sotten' und soden (Partizip der Vergangenheit) 'gesotten'. Daraus entstand n.e. seethe vs. adj. sodden. Vgl. auch death vs. dead.

Rhotazismus Das nach dem Vernerschen Gesetz entstandenen /z/ erscheint in allen belegten germanischen Sprachen außer dem Gotischen als /r/. Dieser Wechsel ist als Rhotazismus (aus Gr. rho, der Name des Buchstaben 'r') bekannt. Es handelt sich dabei keinesfalls um ein auf das Germa-nische beschränkte Phänomen: vgl. lat. flōs 'Blume' vs. floris, < *floz-. Dieser Wechsel erklärt auch die Alternation was vs. were im Neuenglischen . (Ae wæs '(ich, er, sie, es) war' vs. wæron '(wir, ihr, sie ) waren'. Vgl. auch lose vs. forlorn, rise, raise vs. rear.