Auf der Suche nach den kleinsten Bausteinen

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 Präsentation transkript:

Auf der Suche nach den kleinsten Bausteinen Erkennen von kleinsten Strukturen Beschleuniger und Detektoren Die kleinsten Bausteine Fundamentale Kräfte und Ladungen Zusammenhang mit Kosmologie Herbstakademie, 8.10.2001 Michael Kobel

Höhenstrahlung Reaktionsprodukte (primärer) kosmischer Strahlung Erdoberfläche: Einige 100 Teilchen pro Quadratmeter in jeder Sekunde Meist Myonen (m) Was sind eigentlich Myonen ? Bestehen sie aus anderen Teilchen ? Was wird aus Ihnen ? Kommen sie in Materie vor? Was sind überhaupt die kleinsten Bausteine der Materie?

Griechische Philosophie Elemente und Kräfte: 500-430 v.Chr. Empedokles Vier Elemente: Feuer, Wasser, Erde, Luft Zwei Urkräfte: Liebe , Haß  Mischung , Trennung Symmetrien: 427-347 v.Chr. Platon Symmetrische Körper: Schönheit der Gesetze Kleinste Bausteine: 460-371 v.Chr. Demokrit Atome: verschiedene Formen und Gewichte Leere: Verbindung und Bewegung im Nichts

Besser als Philosophieren: Experimentieren bloßes Auge: ~ 1mm Auge plus Lupe: ~1/10 mm 10 fach vergrößert Auge und Mikroskop: ~ 1/1000 mm = 1 µm (Mikrometer) 1000 fach vergrößert Immer noch keine Bausteine sichtbar Wie groß sind die eigentlich ?

Messung der Größe eines Ölsäure Moleküls Löse 0.6ml Ölsäure in 1l Alkohol  0.06%ige Lösung Verteile 1 Tropfen (ca 0.02 ml) auf Wasseroberfläche  Volumen der Ölsäure: 1.2 * 10-11 m3 = (0,23 mm)3  monomolekulare Schicht Molekülgröße = Volumen / Oberfläche Anzahl der Moleküle: ~ 1016 = 10.000.000.000.000.000 In einer Kette aufgereiht: ~ Erde – Mond (380 000 km) C18H34O2

Wie kann man 0.001 µm „sehen“? Was heisst überhaupt „sehen“ ? Sehen = Abbilden Wurfgeschoß (Projektil)  Zielobjekt  Nachweis (Detektor) Wichtig: „Auflösungsvermögen“ : Fähigkeit, Strukturen einer bestimmten Größe zu erkennen Dazu nötig: Größe der Projektile << Größe der Strukturen Treffgenauigkeit << Größe der Strukturen

Unbekanntes Objekt in einer Höhle Projektil: Basketbälle

Projektil: Tennisbälle

Projektil: Murmeln ...Nichts wie weg !

Einschub: nützliche Einheiten für Teilchen Größe: 1 fm = 1 Femtometer („Fermi“) = 10-15 m (1 µm = 1.000.000.000 fm) Energie: 1 ElektronVolt = 1eV 1 KiloElektronVolt = 1 keV = 1000 eV 1 MegaElektronVolt = 1 MeV = 1.000.000 eV 1 GigaElektronVolt = 1 GeV = 1.000.000.000 eV 1 GeV: „viel“ für ein Teilchen, aber makroskopisch winzig: könnte Taschenlampe (1,6 Watt) für ganze 0,000.000.0001 Sekunden zum Leuchten bringen

Treffgenauigkeit Quantenmechanische Eigenschaft eines Teilchens Hat *keine* Entsprechung in unserer Erfahrungswelt (Notbehelf: Wellenbild, *sehr* irreführend) Grundregel (für hochenergetische Teilchen): Treffgenauigkeit = 200 fm / Energie (in MeV) zum Beispiel: 0,2 fm bei 1 GeV = 1000 MeV 200 fm bei 1 MeV = 1000 keV 0,00001 µm = 10.000 fm bei 20 keV 0,1 µm bei 2 eV 0,2 µm bei 1 eV >0,15µm

Mögliche Projektile für Strukturen < 0.001 µm Sichtbare Lichtteilchen (!) (Photonen bei 0.25-0.5 eV) Punktförmig (< 0.001 fm) Treffgenauigkeit: 0.8 µm – 0.4 µm („Wellenlänge“) Röntgenstrahlen (Photonen bei 20 keV) Treffgenauigkeit: 0.00001 µm (~ 1/10 Atomradius) Abbildung schwierig, da nicht fokussierbar Elektronen bei 20 keV Treffgenauigkeit: 0.00001 µm (~ 1/10 Atomradius (!) ) Protonen bei 2 GeV Größe: 1 fm Treffgenauigkeit: 0.1 fm (~ 1/10 Protonradius) ...

Die Struktur des Atoms Beschuss mit Heliumkernen Größe: 1.5 fm, Treffgenauigkeit: 1 fm 1911 Rutherford: auf Goldfolie Atomdurchmesser: 100.000 fm Harter Kern: 5 fm (Kern : Atom) wie (Kirsche : Fußballfeld) 1919 Rutherford: Heliumkerne auf Stickstoff  Beobachtung einzelner Protonen 1932 Chadwick: Heliumkerne auf Beryllium  Beobachtung einzelner Neutronen kleiner Atomkern aus Protonen und Neutronen umgeben von riesiger Elektronenhülle

Protonen und Neutronen sind nicht elementar! Indirekte Hinweise: z.B. Ordnungsschema (60er Jahre) Direkter Beweis: Beschuss mit Elektronen  Quarks 1970: Stanford, Kalifornien; seit 1989: DESY, Hamburg Nötige Treffgenauigkeit: << 1 fm  Energie >> 0,2 GeV Resultat: 1 fm

Die Mikroskope der Teilchenphysik: Beschleuniger Haben Sie auch daheim! Funktionsprinzip: Simulation Linearbeschleuniger: Fermilab, Chicago (in Betrieb) DESY, Hamburg (in Planung)

Die Augen der Teilchenphysik: Detektoren CERN, Genf, bis 2000 Elektronische Bilder

Ab 2006: ATLAS Experiment, CERN 170 Universitäten und Institute aus 35 Ländern Größenvergleich

Teilchenidentifikation = Detektivarbeit Zwiebelschalenartiger Aufbau verschiedener Komponenten Jede Teilchenart hinterlässt bestimmte Kombination von Signalen in den Komponenten

Direkter Nachweis von Quarks im Proton e-p Kollisionen bei HERA am DESY 30 GeV e ¯  p 800 GeV

Zusammenfassung Bausteine Fundamentale Bausteine der Materie: Elektron e, Up-Quark u, Down-Quark d Alle punktförmig ( < 0.001 fm) Welche Kräfte halten die Bausteine zusammen? Was ist überhaupt eine fundamentale Kraft ?

Konzept der Wechselwirkungen Kraftwirkung zwischen Teilchen Verantwortlich für Teilchen-Zerfälle und Produktion 4 fundamentale Wechselwirkungen Gravitation (Schwerkraft) Elektromagnetismus Schwache Wechselwirkung Starke Wechselwirkung S N q p n

Prinzip von Kraftwirkungen Zu jeder Wechselwirkung gehört eine Ladung Nur Teilchen mit entsprechender Ladung spüren Wechselwirkung Wechselwirkung erfolgt über Austausch von Botenteilchen Abstoßend Anziehend

Was ist eigentlich eine Ladung? Eine Fundamentale Eigenschaft eines Teilchens Ladungen sind Additiv: Ladung(A+B) = Ladung(A) + Ladung(B) Ladungen kommen nur in Vielfachen einer kleinsten Ladungsmenge vor Ladung ist erhalten, d.h. sie entsteht weder neu, noch geht sie verloren Mehr wissen wir (noch) nicht

Die elektromagnetische Kraft Ladung: elektrische Ladung Q Arten: 1 Ladungsart: „Zahl“, positiv oder negativ Botenteilchen: Photon Eigenschaften: elektrisch neutral: Q=0 masselos : m=0 Teilchen Up Down Neutrino Elektron Ladung +2/3 -1/3 O -1 Besonderheiten: Unendliche Reichweite Makroskopisch beobachtbar (Versuch) Magnetfelder lenken elektrisch geladene Teilchen ab, umso weniger je höher deren Energie ist (Versuch)

Die starke Kraft Ladung: starke Ladung Arten: 3 Ladungsarten: „Farbe“, plus jeweilige Antifarbe Botenteilchen: 8 Gluonen Eigenschaften: tragen selber je 1 Farbe und Antifarbe masselos : m=0 Teilchen Up Down Neutrino Elektron Ladung r, b, g r, b, g - - Besonderheiten: Endliche Reichweite ca 1 fm Hält p, n und Atomkern zusammen Makroskopisch nicht beobachtbar, außer radioaktiver Zerfall  Heliumkerne (Versuch)

Die schwache Kraft Ladung: schwache Ladung (I1, I2, I3) Arten: 1 Ladungsart: „Zahlentriplett“ Botenteilchen: W-, Z0, W+ Eigenschaften: tragen selber schwache Ladung: I3 = -1, 0, 1 Masse : m = 80 – 90 GeV Teilchen Up Down Neutrino Elektron I3 +1/2 -1/2 +1/2 -1/2 Besonderheiten: Endliche Reichweite ca 0.0025 fm Makroskopisch nicht beobachtbar, außer Brennen der Sonne Radioaktiver Zerfall des Neutrons Analog: Zerfall des Myons µ  enn

Das Neutrino „Geisterteilchen“ Postuliert 1931, elektr. neutraler Partner des Elektrons Extrem kleine Masse (< 1 / 1.000.000.000 Elektronmasse) Sehr schwache Wechselwirkung (kann ohne Wechselwirkung die Erde durchfliegen) Nachweis 1956: von 1012 Reaktorneutrinos pro Sekunde und mm2 nachgewiesen in 10 Kubikmeter Wasser : 3 pro Stunde 400 Neutrinos / Kubikzentimeter überall im Universum

Antimaterie Zu jedem Bausteinteilchen existiert ein Antiteilchen mit umgekehrten Ladungsvorzeichen Sonst sind alle Eigenschaften (Masse, Lebensdauer) gleich Aus Botenteilchen können paarweise Materie- und Antimaterieteilchen entstehen Umgekehrt können Sich diese wieder zu Botenteilchen (Energie) vernichten

Teilchen-Antiteilchen Vernichtung bei CERN

Zusammenfassung „Kräfte“ Die unterschiedlichen Ladungen bewirken unterschiedliche Kräfte zwischen Teilchen Sie erklären auch das unterschiedliche Verhalten in den Detektoren Sowie die Bildung von Teilchenjets aus Quarks

Das vollständige Set der Bausteinteilchen Das 4er Set der „1.Baustein-Generation“ wiederholt sich genau 2 Mal Niemand weiss warum

Zusammenhang Teilchenphysik - Kosmologie Teilchenkollision bei hohen Energien heißes Universum alle Teilchen haben hohe Energie (Temperatur) und kollidieren unkontrolliert gezielte, kontrollierte einzelne Kollisionen und deren Aufzeichnung

Rückblick zum Urknall im Bereich von Theorien durch Experimente gesichert

Schlussübersicht