Principia Mathematica von Russell & Whitehead Giuliana Sabbatini 17.01.01.

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 Präsentation transkript:

Principia Mathematica von Russell & Whitehead Giuliana Sabbatini

Die Autoren: Alfred Whitehead ( ) Beeindruckt von Russells Leistung bei der Annahmeprüfung, als er seit 5 Jahren in Trinity College (Cambridge) Assistent war 25 Jahre Lehretätigkeit beim Trinity College Die Zusammenarbeit mit Russell hätte seinen Pläne nach etwa ein Jahr dauern sollen (es werden 10) Zweite Hälfte seines Lebens fast ausschließlich mit Philosophie beschäftigt

Die Autoren: Bertrand Russel ( ) Sterben Mutter, Vater, Schwester und Großvater Kontakte mit Peano und Frege Ausgewiesen vom College und sechs Monate Gefängnis wegen pazifistischer Protestaktionen Heiratet viermal, immer wieder geschieden Gründung einer Volksschule mit innovativen pedagogischen Methoden 1950 Nobelpreis für Literatur Präsident von “Campaign for Nuclear Disarmament” 1961 Eine Woche Gefängnis wegen antinuklearer Protestaktionen

Principia Mathematica: Die Bücher Drei Bände (1910, 1912, 1913) als gemeinsamer ‘zweiter Band’ von unterschiedlichen Arbeiten von R&W Vierter Band geplant aber nie geschrieben Verteidigung vom Logizismus: die Grundsätze der Mathematik sind ausschließlich in der Logik zu finden “All pure mathematics follows from purely logical premises and uses only concepts definable in logical terms” (Russell) Schon von Russell in “Principles of Mathematics” (1903) behauptet, nun ertsmals ‘experimentell’ gezeigt

Die Methode Alle Konzepte und alle Strukture von Definitionen und Beweisen, die in der ganzen Mathematik benutzt werden, analysieren und herausfinden, welche die Grundkonzepte und Grundprinzipien sind, die wirklich notwendig sind. Die Lösungen und Vorschläge von R&W sind daher als experimentelle Approximationsversuche zu betrachten, die durch Analyse immer wieder zu verfeinern sind

Struktur und Inhalt Buch I: –Lange Einführung inkl. “Preliminary explanations of ideas and notations” und “The theory of logical types” –Teil I “Mathematical Logic” inkl. “The theory of deduction”, “Classes and relations” und “Logic of relations” –Teil II “Prolegomena to Cardinal Arithmetic” Buch II: –Teil III “Cardinal Arithmetic” inkl. “Definitions and logical properties of cardinal numbers” und “Finite and infinite” –Teil IV “Relation Arithmetic” inkl. “Addition of relations, and the product of two relations” –Erste Hälfte vom Teil V “Series” Buch III: –Zweite Hälfte vom Teil V inkl. “Well-ordered series” und “Finite and infinite series and ordinals” –Teil VI “Quantity” inkl. “Generalization of number”

Vorgeschichte Mathematik kann zu Logik reduziert werden, in dem Zahlen mit entsprechenden Mengen identifiziert, und zahltheoretische Resultate durch mengentheoretische Operationen erklärt werden Das wurde schon von Dedekind, Cantor, Peano und Frege versucht (zB Arithmetik) Paradox von Russell (Mai 1901, bzgl Freges Arithmetik und Peanos Mengenlehre): Menge aller Mengen, die nicht Element von sich selbst sind Viele (ähnlichen) Paradoxe schon bekannt aber noch nicht ausführlich diskutiert oder später entdeckt Problem im Abstraktion-Axiom: für jede konsistente Bedingung (Eigenschaft) gibt es eine entsprechende Menge (Klasse) Scheitern des ganzen Projekts des Logizismus?

Reaktionen & Vorschläge Der Brief von Russell (Juni 1902) erreicht Frege als der zweite Band von “Grundgesetze der Arithmetik” kurz vor dem Erscheinen ist: Im Appendix wird das Problem diskutiert, Frege verzichtet aber auf das Projekt des Logizismus Frege: Ein Objekt gehört zu einer Klasse gdw das Objekt die entsprechende Eigenschaft erfüllt und das Objekt nicht selbst die Klasse ist. (Es wird Jahre später entdeckt, daß dies zu komplizierteren Paradoxe führt) Brouwer und die Intuitionisten: die Existenz eines Objekts darf nur angenommen werden, wenn eine Konstruktion dafür vorhanden ist Zermelo: neue Axiome der Mengenlehre, die das Abstraktionsprinzip einschränken (Aussonderungsprinzip) Quine, Gödel, Von Neumann

Andere Paradoxe In Russells “Mathematical Logic as Based on the Theory of Types” Sammlung und Gliederung nach Kategorien aller bekannten Paradoxe Betrachte die Eigenschaft, nicht selbstanwendbar zu sein. Ist diese Eigenschaft selbstanwendbar? R,S,T drei Beziehungen. Sei T die Beziehung, die zwischen R und S besteht, gdw R und S nicht in der Beziehung R zueinander sind. Nun R=T und S=T und … Paradoxe basieren alle auf Selbstanwendbarkeit von Konzepten. Wenn man die Anwendbarkeitsdomäne einschränken könnte …

Wie kann man Paradoxe ‘neutralisieren’? Paradoxe können durch Einschränkung des allgemeinen Konzepts einer Menge (Klasse, Eigenschaft, usw) vermieden werden: Typentheorie Hierarchie: Eigenschaften von Individuen, von Mengen von Individuen, von Mengen von Mengen von Individuen, usw … um ‘Selbstreferenz’ zu vermeiden Das Abstraktion-Axiom ist einzuschränken, so daß Selbstanwendung und Selbstdefinition von Eigenschaften (Bedingungen, Funktionen) nicht erlaubt ist Typ einer Eigenschaft und Typ der Entitäten, auf die die Eigenschaft anzuwenden ist, dürfen nicht gleich sein Alle Objekte, auf die eine Bedingung angewendet werden kann, sollen auf der gleichen Ebene sein

Typentheorie Schon in 1908 in “Mathematical Logic as Based on the Theory of Types” von R. vorgeschlagen (nachdem er Alternative gesucht hatte) Doppelhierarchie nach Typ und Rang Erste Ebene: Unanalysierte Entitäten Jede weitere Ebene: auf Basis von Mengen von Elementen der niedrigeren Ebenen definiert Typ: extensionale/Mengen- Komplexität (angenommene Werte) – Ebene der Hierarchie, wo ein Objekt liegt Rang: intensionale/konzeptuelle Komplexität (Definitionen) – Wie ein Objekt definiert/erreicht wurde Nur für endlichen Typen und Ränge

Kritik der Typentheorie Axiom der Reduzierbarkeit, um die Einschränkungen der Typentheorie in manchen Fälle zu schwächen: kritisiert, weil zu ad hoc und nicht, philosophisch betrachtet, gerechtfertigt Kritik zum Axiom der Unendlichkeit (es gibt unendlich viele Objekte), das ontologische Auswirkungen hat und mehr empirischer als logischer Natur ist Stark kritisiert: –Zu schwach: einige Paradoxe werden damit nicht beseitigt –Zu stark: manche unproblematische Definitionen bzw Theoreme sind damit unerlaubt (zB Cantors Theorem)

Relevanz des Projekts Die moderne mathematische Logik wurde dadurch populärer, auch aufgrund der Notation und Klarheit Es wurde gezeigt, wie kräftig die moderne Idee eines formalen Systems sein kann, und das bereitete den Weg zu den metatheoretischen Resultate der folgenden Jahren Es wurden interessante Beziehungen zwischen Logizismus und Metaphisik/Erkenntnistheorie gezeigt, die neue Erforschungen in beiden Bereiche forderten