Häusliche Gewalt gegen ältere Frauen

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 Präsentation transkript:

Häusliche Gewalt gegen ältere Frauen

Häusliche Gewalt gegen ältere Frauen „Gewalt gegen Alte“ 3. FSW-ExpertInnen-Forum, 18. 11. 2008 Mag.a Barbara Michalek 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien

24 - Stunden Frauennotruf Kriseneinrichtung und Beratungsstelle für Frauen und Mädchen ab 14 Jahren mit sexuellen, körperlichen oder psychischen Gewalterfahrungen; Angehörigenberatung 0-24 Uhr telefonische, persönliche und Online - Beratung durch Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen und Juristinnen Betreuung und Begleitung zur Polizei, ins Krankenhaus, zu Gericht Fortbildungen, Vorträge und Projektarbeit

Grundsätze der Beratungsarbeit Anonymität Vertraulichkeit/ Datenschutz Parteilichkeit Empowerment Selbstbestimmung

Gewalt gegen ältere Frauen

Gewalt gegen ältere Frauen Gewalt in Ehe und Partnerschaft - Beziehungsgewalt Gewalt im sozialen Nahraum durch Verwandte (erwachsene Kinder, Geschwister etc.) Gewalt im öffentlichen Raum Wohnungseinbruch Gewalt im Gesundheitswesen Gewalt durch Pflegepersonen zu Hause Gewalt in Pflegeeinrichtungen durch professionelles Pflegepersonal

Gewalt gegen ältere Frauen „Gewalt gegen Ältere wird...in den letzten Jahren zunehmend thematisiert – vor allem im Hinblick auf Probleme und Missstände im Bereich der pflegerischen Versorgung im Alter. Dagegen bleibt die spezifische Problematik, dass ältere Menschen Opfer sexueller Gewalt werden können, bislang weitgehend unberücksichtigt“ „Ich habe gehofft, dass wird besser mit den Jahren“, Sexuelle Gewalterfahrungen älterer Frauen, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., Hannover (2005)

Häusliche Gewalt gegen ältere Frauen Gewaltbeziehungen und somit häusliche Gewalt bleiben häufig bis ins hohe Alter bestehen. Oft kommen langjährige Beziehungen erst durch Erkrankungen (z.B. Demenz), durch körperlichen Abbau (und damit zusammenhängendem Frust) oder durch sonstige Einschnitte in den Lebensbedingungen (z.B. Pensionierung) in eine Gewaltspirale. Häusliche Gewalt endet nicht mit dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters, sondern kann sich bis ins hohe Alter hinein fortsetzen.

Gewalt gegen ältere Frauen - Formen Gewalt durch aktives Tun Körperliche Gewalt Sexualisierte Gewalt Psychische Gewalt Finanzielle Ausbeutung Einschränkung des freien Willens Gewalt durch Unterlassen von Handlungen (Vernachlässigung) passive Vernachlässigung aktive Vernachlässigung psychische Vernachlässigung Quelle: Josef Hörl, „Gewalt gegen alte Menschen“

Auswirkungen von Gewalt Körperlich Herz-, Kreislaufbeschwerden, Schlafstörungen, diffuse Schmerzzustände,Psychosomatosen,Erschöpfungszustände Psychisch Angst, Hilflosigkeit, Schreckhaftigkeit, Selbstwertverlust, Wut, Depression, Suizidgedanken und –versuche, Schuld- und Schamgefühle Sozial Sozialer Rückzug, Isolation, Minderung der Kontaktfähigkeit, Verlust der Selbstständigkeit (ökonomische Abhängigkeit) Z.B. Chronische Schmerzzustände, gynäkologische Beschwerden, Psychosomatosen, Depression, psychische Erkrankungen, Sucht. Enger Zusammenhang zwischen sexueller, körperlicher oder psychischer Gewalt und schweren gesundheitlichen Folgeschäden Kessler et.al (1995), National comorbidity survey 0,44% Davidson, 9,2% Breslau/Kessler, 12,4% Resnick, 45% Kessler – Kilpatrick- National Womens Study (92)- 30%; Deutsche PTSD-Guidelines 50% Harveyund Hermann: The Trauma of Sexual Viktimization

Strategien von Gewalttätern1 Demonstrieren von Macht Drohungen Isolation Behinderung/ Erschöpfung Gelegentliche Zuwendung Erzwingen von Handlungen Verzerrung der Wahrnehmung FORSCHUNGSBERICHT-Kriminalsoziologisches Institut Niedersachsen (1995) UNICEF Bericht (2000) Erniedrigung – privat und öffentlich

Gründe für das Ertragen von Gewalt1 Angst vor den Reaktionen des Gewalttäters Mangelnde Alternativen Mangelnde Ressourcen zur Bewältigung Verinnerlichung der Einschränkungen Hoffnung auf Veränderung, Illusion der Liebe Autoaggression 1 Fröschl, E., Löw, S. (1995). Über Liebe, Macht und Gewalt. Wien, Jugend und Volk FORSCHUNGSBERICHT-Kriminalsoziologisches Institut Niedersachsen (1995) UNICEF Bericht (2000)

Besonderheiten in der Beratung älterer Frauen

Tabuthema (sexuelle) Gewalt in der Beziehung „Die Vorstellung, dass auch ältere und alte Frauen Opfer sexueller Gewalt werden, widerspricht weit verbreiteten Vorstellungen, denen zufolge Vergewaltigung eine sexuell motivierte und triebgesteuerte Handlung ist und Täter sich ihre Opfer nach deren sexueller Attraktivität auswählen.“ „Ich habe gehofft, dass wird besser mit den Jahren“, Sexuelle Gewalterfahrungen älterer Frauen, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., Hannover (2005)

Tabuthema (sexuelle) Gewalt in der Beziehung (sexuelle) Beziehungsgewalt gegen ältere Frauen: Tabu oder nicht existent? hoher gesellschaftlicher Widerstand gegen Scheidung/Trennung im fortgeschrittenen Alter; „zahlt sich das jetzt noch aus?“ besonders ausgeprägte Scham älterer Frauen, über eigene Gewaltbetroffenheit zu sprechen Stichwort eheliche Pflichten: inwiefern ist sexuelle Beziehungsgewalt in der älteren Generation als solche überhaupt benennbar?

Zugang zu Information und Unterstützung in der Regel weniger Zugang zu Informationen und öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen Name von Opferschutzeinrichtungen oft abschreckend („Gewalt“, „Vergewaltigung“, „Opfer“); Angst vor Stigmatisierung große Hemmungen, sich - nach so vielen Jahren und mit der eigenen Gewaltbetroffenheit – nach außen zu wenden Kontaktaufnahme erfolgt of über das unterstützende soziale Umfeld, wenn vorhanden eingeschränkte Mobilität von älteren Frauen - Zugang zu den Beratungseinrichtungen ist schwieriger

Isolation ältere Betroffene leben oft in stärkerer Isolation als jüngere Frauen das tragfähige soziale Netz ist meist sehr eingeschränkt bzw. nicht vorhanden – eingeschränkte soziale Ressourcen Handlungsspielräume eingeschränkt (finanziell, körperlich, gedanklich)

Rolle der erwachsenen Kinder oft sind die erwachsenen Kinder die einzige soziale Ressource erwachsene Kinder helfen einerseits den Müttern oft, Unterstützung in Anspruch zu nehmen (z.B. Kontaktaufnahme mit dem Frauennotruf) behindern andererseits auch oft eine Veränderung der Lebenssituation

Trennung aus einer Gewaltbeziehung Jahrzehntelange Gewaltdynamik: starke Abhängigkeiten (auch finanziell), große Ambivalenz, große Angst vor unkontrollierbarer Gewalttätigkeit, niedriger Selbstwert Folgen einer Trennung im fortgeschrittenen Alter besonders schwer (plötzliches Alleinsein, materielle Einbußen, Verlust der vertrauten Wohnumgebung und der vertrauten Strukturen, negative Reaktionen des sozialen Umfeldes, etc) Oft geht es vielmehr darum, dass die Gewalt aufhört, als dass ein Trennungswunsch besteht

Trennung aus einer Gewaltbeziehung Frühere Trennungsversuche sind womöglich gescheitert, aufgrund der damaligen gesellschaftlichen Stigmatisierung und gesetzlichen Lage, diese Erfahrungen führen zu einer erhöhten Resignation Schuldgefühle, den Partner im Stich zu lassen („der kann sich ja nichts alleine machen“) Problemfaktor körperliche Gebrechlichkeit: gegenseitiges Angewiesensein auf Hilfeleistungen in der (Gewalt)Beziehung

Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt gegen ältere Frauen“

Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt gegen ältere Frauen“ Initiative und Leitung: MA 57 – 24-Stunden Frauennotruf besteht seit: Februar 2008 (bisher haben 4 Sitzungen stattgefunden) Frequenz der Sitzungen: ca. 4 Mal jährlich

Teilnehmende Institutionen 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien Bundespolizeidirektion Wien Fonds Soziales Wien Österreichisches Rotes Kreuz Psychosoziale Dienste Wien (PSD) Verein der Wiener Frauenhäuser Weißer Ring – Opfernotruf Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie Wiener Krankenanstaltenverbund Wiener Programm für Frauengesundheit Wiener und Österreichisches Rotes Kreuz

Ziele der Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt gegen ältere Frauen“ Sichtung der bestehenden Angebote und Handlungskonzepte für die Zielgruppe Erweiterung und Anpassung der vorhandenen Handlungskonzepte an die besonderen Bedürfnisse der Zielgruppe und an die besonderen Erfordernisse an die Arbeit mit der Zielgruppe Entwicklung von speziellen adäquaten Handlungsleitfäden bzw. Betreuungsstandards Aufbau von neuen Kooperationen Aufzeigen von Betreuungs- und Interventionslücken

Wichtig in der Beratung Ältere Frauen sind keine homogene Gruppe! Eine differenzierte Unterscheidung hinsichtlich der individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten ist notwendig! „Neue“ Kooperationen

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