Bestandsaufnahme Jugendarbeit Winfried Pletzer 21. Landestagung Gemeinde- Jugendarbeit Schloss Hirschberg 15. April 2015
Bestandsaufnahme Jugendarbeit „Resümiert man verschiedene Befunde zur Kinder- und Jugendarbeit, so zeigen sich einige Entwicklungen, die bei einem einfachen "Weiter so" die Bedeutung und Reichweite der Jugendarbeit eher schwächen als stärken. Manche herkömmliche Formen der Jugendarbeit werden - betrachtet man die, sich teilweise gegenseitig dynamisierenden Entwicklungen im Umfeld des Arbeitsbereiches - vor größeren Umbrüchen stehen. Denn ohne gezielte konzeptionelle (Gegen-) Steuerung werden Teile - zumindest regional - zukünftig in ihrem Bestand gefährdet sein.“
Demografische Entwicklung Erosion traditioneller Millieus Entstehung neuer Millieus Verändernde religiöse Orientierungen Ungleiche Entwicklungs- und Teilhabechancen Sich verändernde Schullandschaften Verkürzung und Verdichtung der Jugendphase Wachsende Konkurrenzen alternativer Angebote Weiterentwicklung und Neuorientierung zur Erhaltung der Zukunftsfähigkeit der Jugendarbeit notwendig Eckpunkte Zukunftsplan Jugend 2013 – 2017 Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, Baden Württemberg
14. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung. Bericht über die 14. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland
Veränderungen 1: Strukturen des Aufwachsens Demografische Entwicklung Migration
1.1. Herausforderung Demografie Fakt ist: Bevölkerungsentwicklung: Veränderung 2030 gegenüber 2010 in Prozent Abnehmend im ländlichen Raum „Abnehmende „Jugendpopulation“ - 20% der unter 18- jährigen Daten: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung © Winfried Pletzer
Daten: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung
Abnahme: in fast allen ländlichen Gemeinden Tws. 35,1 % © Winfried Pletzer
Veränderung der „Jugendpopulation“ 2030 gegenüber 2010: Niederbayern Landkreis Regen: Unter 18 Jahren: -17,7% - 24,7% 16 – 19 Jährige: -25,7% - 33,6% !!! 10 -16 Jährige 22,5% 30,8% 6 – 10 Jährige -14,0% - 24,3% Daten: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung
Herausforderung Demografie Auswirkungen Ausdünnung ländlicher Raum Veränderung der Schulstrukturen Veränderung der „Sozialräume“ Veränderung der Zeitbudgets Verschlechterung des Angebots © Winfried Pletzer
Herausforderung Demografie Befürchtungen für Jugendarbeit: Rückgang der Inanspruchnahme Rekrutierungsprobleme & Kontinuitätsbrüche Herausforderung für traditionelle Jugendverbände „Bestandsgefährdungen“ „Infrastrukturelle Verödungsgefahr“ Konzeptionelle Anfragen Politische Anfragen © Winfried Pletzer
Das Paradox der Kinder- und Jugendhilfe im demografischen Wandel „Der demografische Wandel und der damit verbundene Rückgang in der Zahl der jungen Menschen erfordert nicht weniger, sondern mehr Engagement und mehr Investitionen in Kinder und Familien.“ „Die Geschwindigkeit und die Ernsthaftigkeit, mit der dieser Sachverhalt zur Kenntnis genommen und in konkretes Handeln umgesetzt wird, wird wesentlich über die Zukunftschancen der Städte und Gemeinden, damit aber auch die des jeweiligen Kreises und des Landes entscheiden !“ Dr. U. Bürger, KVJS BW. © Winfried Pletzer
1.2. Herausforderung Migration und „Integration“ Fakt Mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund Heterogene Sozialstrukturen und Sozialmilieus Anfragen an verbandliche Jugendarbeit: Homogene Sozialstrukturen, Milieugebunden Mittelschichtsorientiert, weltanschaulich definiert Probleme im Zugang zu prekären Zielgruppen Nötig ist: Konzeptionelle Öffnung Neue Organisationsformen für Jugendliche mit Migrationshintergrund und Jugendliche mit prekärem Hintergrund © Winfried Pletzer
Veränderungen 2: Blickpunkt Schule Am stärksten weichenstellendes institutionelles Gefüge des Jugendalters Ambivalente und spannungsreiche Bedeutung von Schule Selektion: weiterführende Schule prägend für weiteres Leben besondere jugendpolitische Herausforderung: soziale Folgen schulischer Misserfolge
2. Herausforderung „Bildungswelten“ Fakt ist: Rückgang der Schülerzahl Expansion der Schulzeiten Entwicklung der Ganztagesschule Verdichtung der Schulintensität © Winfried Pletzer
2. Herausforderung „Bildungswelten“ Auswirkungen und konzeptionelle Herausforderungen für die Jugendarbeit Weniger Teilnehmer/innen Weniger Zeit = Weniger Jugendarbeit ? Rekrutierungsproblematik Bedrohungen durch „Nischen- Randexistenz“ der Jugendarbeit © Winfried Pletzer
Herausforderungen „Bildungswelten“ Position: Jugendarbeit als „Ergänzung und Gegenwelt“ zur Schule Eigenständiger Charakter Profilfrage Position: Jugendarbeit als Kooperationspartner der Schule Neue Zielgruppen Bildungscharakter Milieuerweiterung Verbindliche Fachlichkeit Inpflichtnahmen © Winfried Pletzer
Konzeptionelle Herausforderungen „Bildungswelten“ Konzeptionelle Herausforderungen für die Jugendarbeit Will / Kann sich die Jugendarbeit neu erfinden? Wie bietet Schule die notwendigen Rahmenbedingungen für die Jugendarbeit? Wie wird sich Jugendarbeit verändern müssen? Kann das Jugendarbeit strukturell leisten? Wie wird die Jugendarbeit unterstützt ? Jugendarbeit als echter Bildungspartner? © Winfried Pletzer
Veränderungen 3: Soziale Kluft Höchst unterschiedliche Voraussetzungen im Heranwachsen Risikofaktoren: Armut: keine Erwerbstätigkeit der Eltern, keine ausreichenden Schulabschlüsse Von einem dieser Faktoren jeder dritte junge Mensch betroffen Bei 3% alle drei Risikofaktoren präsent Risikokumulation bei Migranten Armutslagen haben sich teilweise verstetigt Ökonomische Ungleichheit hat sich auch bei Kindern und Jugendlichen verstärkt
Veränderungen 4: Aufwachsen in der Familie Wichtigstes Soziotop“ des Aufwachsens Wesentliche Plazierungsinstanz: Türöffner für Freizeitaktivitäten und Bildungsfunktionen Strukturelle Zerbrechlichkeit und Veränderbarkeit der Rahmenbedingungen „Verhäuslichung“ Mehr Erwachsene, weniger Gleichaltrigen- Netzwerke Zunehmend „betreute“ und „institutionalisierte Kindheit“
Veränderungen 5: Öffentlich betreute Kindheit Verknüpfung von „Familienkindheit“ und „betreuter Kindheit“: Zunahme außerfamiliärer Betreuung und Bildung bei gleichzeitiger enormer Bedeutung der Familie Miteinander als Herausforderung Im Fokus: kindliches Wohlbefinden / Kinder als Subjekte Bedeutung der Anschluss- Fähigkeit familialer Erfahrungen für institutionelle Bildungsbiographie
Von der Jugendarbeit zur „Betreuung“ z.B.: Zunehmender Betreuungsbedarf in den Ferien „Vom Ferienspaß zur Ferienbetreuung“ Für klassische Ferienprogramme: Repertoire und Know-How in der Jugendarbeit (der Gemeinden) vorhanden Problematischer Wandel der Systematik: Von der Freiwilligkeit der Teilnahme zur verbindlichen Betreuungsleistung
Veränderungen 6: Blickpunkt Jugend „Verschiedene Jugendwelten“ „Multioptionsgesellschaft“ vs. frühe Auslese Bevölkerungspolitische Marginalisierung vs. arbeitsmarktpolit. Fokussierung Risikolagen und Belastungen: Armut angestiegen vs. Zunahme ökonomischer Ungleichheiten
Fazit: Private und öffentliche Verantwortung in neuen Mischungsverhältnissen Wandel der Bedingungen privater Verantwortung Veränderungen auf Seiten öffentlicher Verantwortung „Die Kinder- und Jugendhilfe trägt heute zum Gelingen des Aufwachsens nahezu aller Kinder und Jugendlichen bei und ist als sozialstaatliches Leistungsfeld in der Mitte der Gesellschaft und damit in neuer Verantwortung angekommen.“ Neue Mischungen, keine Gegensätze
Fazit: Aufwachsen in „Öffentlicher Verantwortung“ Besondere Bedeutung des (Sozial-)Staates: Staat in umfassender öffentlicher Verantwortung Privater Sektor: private Verantwortung im öffentlichen Nahraum Zivilgesellschaft im öffentlichen Raum Private(r) Markt(wirtschaft) im öffentlichen Raum
Abschließende Randbemerkung
Kommunale Jugendarbeit: Gesamtzahl unterstellter Mitarbeiter/innen 1995: 643 2000: 666 2005: 623 2010: 1002
Ca. 3000 Fachkräfte in der Jugendarbeit Kommunale Jugendarbeit: 160 Gemeinde- Jugendpfleger: 210 (prog. 300) Streetwork/ Mob. Jugendarbeit 180 Bau- Spiel- Abenteuerplätze 150 in 56 Einrichtungen Offene Jugendarbeit: 2000 in 950 Einrichtungen Mitarbeiter/innen in Misch- Arbeitsfeldern Weitere Mitarbeiter/innen in den Jugendringen, Jugendverbänden, weiteren freien Trägern
Bestandsaufnahme Jugendarbeit „Resümiert man verschiedene Befunde zur Kinder- und Jugendarbeit, so zeigen sich einige Entwicklungen, die bei einem einfachen "Weiter so" die Bedeutung und Reichweite der Jugendarbeit eher schwächen als stärken. Manche herkömmliche Formen der Jugendarbeit werden - betrachtet man die, sich teilweise gegenseitig dynamisierenden Entwicklungen im Umfeld des Arbeitsbereiches - vor größeren Umbrüchen stehen. Denn ohne gezielte konzeptionelle (Gegen-) Steuerung werden Teile - zumindest regional - zukünftig in ihrem Bestand gefährdet sein.“
Zukunftsfähigkeit Jugendverbände Demografie Soziokultur
Zukunftsfähigkeit Offene Jugendarbeit Demografie Integration Bildung Soziokultur