Die Hubble Sequenz Verständnis und Gültigkeit heute – ist eine neue Klassifikation notwendig und/oder in Sicht?

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 Präsentation transkript:

Die Hubble Sequenz Verständnis und Gültigkeit heute – ist eine neue Klassifikation notwendig und/oder in Sicht?

Gliederung Die Hubble Sequenz Fragestellungen Beobachtete Eigenschaften verschiedener Galaxien Klassifikation mittels der Sternentstehungsrate (SFR) Mid-Infrarot Ansatz Der Gini-Koeffizient Abschließende Zusammenfassung Bibliographie

Die Hubble Sequenz 1923 entdeckt Hubble (1889-1953), dass der „Spiralnebel“ Andromeda nicht zu unserer Galaxie gehört und eine eigene Galaxie bildet Um die neu entdeckten Objekte klassifizieren zu können entwickelt Hubble 1926 die bis heute bekannte „Hubble-Sequenz“

Die Hubble Sequenz beruht ausschließlich auf optischen Parametern – Wiedererkennung von Strukturen wird anhand von Blauaufnahmen festgelegt war ursprünglich als zeitliches Entwicklungsdiagramm gedacht Nomenklatur der „frühen Galaxien“ (E-Typen) und „späten Galaxien“ (S-Typen) wird noch heute benutzt Überdenken: Blauaufnahmen? Besser auf Karten und dazu sagen

Die Hubble Sequenz

Die Hubble Sequenz

Die Hubble Sequenz Prinzipiell 3 große Kategorien: Elliptische Galaxien rotationssymmetrischer Gestalt E0 – E7 E0 – kreis rund; E7 – stark elliptisch Spiralgalaxien mit symmetrischen Spiralarmen werden weiter unterschieden in: Sa, Sb, Sc, Sm mit zentraler Verdichtung; SBa, SBb, SBc, SBm mit Balken („barred“) Irreguläre Galaxien Irr ohne Symmetrien

Die Hubble Sequenz Hubble Sequenz wurde vielfach verfeinert und angepasst. Hubble selbst versuchte 1936 den Übergang von E zu S flüssiger zu gestalten und fügte die Linsengalaxien S0 hinzu die Sd, Sm, Im, SBd, SBm, IBm wurden von G. de Vaucouleurs (1918-1995) hinzugefügt Sandage (geb. 1926) führte im „Hubble Atlas of Galaxies“ einen Suffix für den Ursprung der Spiralarme ein; s - Zentralgebiet; r - extra Ring

NGC 2523, Typ SBb(r); aus dem „Hubble Atlas of Galaxies“ Die Hubble Sequenz NGC 2523, Typ SBb(r); aus dem „Hubble Atlas of Galaxies“

Die Hubble Sequenz Nachteile abhängig von Projektionseffekten wird von persönlicher Überzeugung des Beobachters beeinflusst z.B. LMC erscheint aufgrund der vielen, von Gaswolken umgebenen blauen Sterne besonders unregelmäßig die Erweiterung um S0 passt nicht mit Beobachtungen der Helligkeit überein

Fragestellungen In wie weit kann die Hubble-Sequenz als Entwicklungsdiagramm verstanden werden? Durch welche Parameter kann die Hubble-Sequenz charakterisiert und damit unabhängig vom Betrachter werden? Welche alternativen Klassifikationen gibt es?

Beobachtete Eigenschaften verschiedener Galaxien in elliptischen Galaxien beobachtet man: rote, alte Sternenpopulationen wenig Gas und Staub (mit sehr hohen Temperaturen, ionisiert) in Spiralgalaxien beobachtet man: je ‚später‘, desto mehr junge, massive Sterne im Zentrum röter (also älter) als in den Spiralarmen bei niedrigerem Gasgehalt

Klassifikation mittels der SFR Allan Sandage veröffentlicht seit 1950 paper im Bereich der Astrophysik beschäftigt sich von 1958 bis heute immer wieder mit Galaxien, deren Entstehung und Klassifizierung, erstellte unter anderem den „Hubble Atlas of Galaxies“ veröffentlicht im Jahr 1986 ein paper, was die Hubble-Typen in Abhängigkeit der SFR setzt

Klassifikation mittels der SFR Bis 1986 M. S. Roberts () sagte 1963 ein unverändertes Erscheinungsbild von mindestens 1010 Jahren aller beobachteten Galaxien voraus mit Hilfe der „integrated lock up rate“ (ILUR), Menge an Gas in Galaxien, einer konstanten SFR wird damit zur gängigen Meinung

Klassifikation mittels der SFR auf der Basis neuer Beobachtungen und Methoden berechnet Sandage diese Größen neu kann durch Anpassung der Parameter (innerhalb eines plausiblen Rahmens), Ergebnis von Roberts für die zukünftigen Entwicklungen verifizieren

Klassifikation mittels der SFR ABER: heute ist Sternentstehungsrate in „frühen Galaxien“ sehr niedrig, deswegen alte Population auch alte Sterne müssen irgendwann entstanden sein SFR muss sich zumindest in diesen Galaxien verändert haben Nur in welcher Weise?

Klassifikation mittels der SFR 1984 haben Gallagher, Hunter und Tutukow für 3 Epochen in der Vergangenheit die SFR ermittelt damit konnte sich Sandage auch mit der Vergangenheit befassen schätzt aufgrund einer einfachen Annahme SFR zu Zeiten um den Kollaps einer Galaxie herum ab

Klassifikation mittels der SFR da E‘s keine Scheiben und alte Sternen-Populationen haben, muss Gas fast Vollständig während des Kollaps (tc ≈ 109 Jahre) aufgebraucht worden sein allein mit dieser einen Annahme folgt, dass die IBR in den ersten Jahren, je nach Annahme der Zeit tc, bis zu 50 mal größer als die aktuelle IBR ist

Klassifikation mittels der SFR anders bei SO Galaxien da Sterne jünger, muss Gas übrig geblieben sein, aus dem sich Sterne bilden konnten heute keine Sternentstehung, kaum Gas da sich dichter bulge im Zentrum bilden konnte, liegt die Vermutung nahe, dass SFR für t< tc nur unwesentlich geringer war als bei E für t> tc muss SFR höher als bei den E-Typen gelegen haben, das restliche Gas wurde innherhalb von wenigen 109Jahren verbraucht

Klassifikation mittels der SFR Mit ähnlichen Überlegungen für die Sa-Typen ergibt sich:

Klassifikation mittels der SFR es stellt sich heraus, dass die Menge an übrig gebliebenem Gas das Erscheinungsbild bestimmt das Verhältnis (Zeit bis zum Abschluss der Sternentstehung) zu (Zeit tc) bestimmt, ob eine Scheibe entsteht, und wenn, das bulge-to-disk Verhältnis.

Klassifikation mittels der SFR Sandage kann somit die Eckpunkte der Hubble-Sequenz mit der SFR erklären Das bulge-to-disk Verhältnis Die Oberflächenhelligkeit Das Alter der Scheibe Die Farbe Die Verhältnisse der heutigen IBRs

Klassifikation mittels der SFR Ferrini und Galli greifen die Idee 1988 auf ermitteln in dem von ihnen entwickelten Modell zur Galaxieentstehung SFR bestätigen durch einen Vergleich mit einem großen Datensatz, dass SFR entscheidender Parameter für Hubble Sequenz ist

Klassifikation mittels der SFR heutige SFR (auf Einheitsmasse geeicht) gegen Hubble-Typ SFR(past) / SFR(present) nach dem von Ferrini und Galli entwickelten Modell berechnete SFR, die mit den beobachteten Daten übereinstimmt

Klassifikation mittels der SFR Die Entwicklungsdiagramme der SFR offenbaren prinzipielles Problem: da die Hubble Sequenz Klassifizierung nach aktueller Erscheinung ist, ist Klassifikation entfernter Galaxien nicht möglich (betrachten anderen Zeitpunkt) ab Entfernungen von ca. 5•109 Jahren immer mehr irregulars, ab 10•109 Jahren keine Einteilung mehr möglich

Mid-Infrarot Ansatz Pahre, Ashby, Fazio und Willner schlagen 2003 ein System vor, in dem durch Mid-Infrarot-Aufnahmen die klassischen B-Band Klassifikationen gut reproduziert werden und sich viele klassische Probleme nicht ergeben basierend auf Aufnahmen der Infrared Array Camera (IRAC) am Spitzer Space Telescope untersuchen sie das interstellare Medium relativ zum Sternenlicht

Mid-Infrarot Ansatz bei [3.6]-[4.5] emittiert der interstellare Staub kaum dieses Sample substrahiert man von den Aufnahmen im Bereich [5.8]-[8.0] so erhält man die „nonstellar emission“ gleichzeitig wird für das 3.6μm Bild mittels fit das B/D-Verhältnis ermittelt DSS 3,6-8,0μm 3,6 μm 8,0 μm Nonstellar emmision

Mid-Infrarot Ansatz die Farbe wird ermittelt nun muss noch die optische Klassifizierung des „nonstellar“ - image erfolgen DSS 3,6-8,0μm 3,6 μm 8,0 μm Nonstellar emmision

Mid-Infrarot Ansatz

Mid-Infrarot Ansatz sowohl interstellare Materie als auch Sternenlicht wird ohne Abschattung beobachtet im Mid-Infraroten kann interstellare Materie eindeutig von Sternenlicht unterschieden werden die Farbe ist unabhängig von Alter und Massenverteilung, somit kann die Masse besser bestimmt werden (wichtig für bulge-to-disk-ratio) Dadurch kann im nächsten Schritt die SFR mit weniger beobachterabhängigen Daten bestimmt werden

Der Gini-Koeffizient Die bisherigen Ansätze beruhen auf klassischen Verfahren, die physikalischen Parameter einzugrenzen, zu simulieren oder durch bessere Beobachtungen Trends eindeutiger identifizieren zu können. All diese Methoden sind schlecht anzuwenden auf sehr schwache Galaxien. Außerdem benötigen sie wohl definierte Zentren, die besonders für größere Rotverschiebungen (älter und oder entfernter) seltener werden.

Der Gini-Koeffizient führen deswegen 2003 völlig neuen Parameter, den Gini – Koeffizient G, ein

Der Gini-Koeffizient Gini-Koeffizient G kommt aus der Ökonomie und wird dort benutzt, um Ungleichheiten in Populationen zu bestimmen Dabei ist G das Verhältnis von A zu A+B und ist Null für Gleichverteilung und geht gegen eins für ungleiche Verteilungen

Der Gini-Koeffizient Vorgehensweise zuerst wird die Helligkeits- bzw. Intensitätsverteilung gemessen dann die Pixel (die zur Probe gehören) nach Helligkeit sortiert zuletzt wird G bestimmt dafür wird weder eindeutig definierter Kern noch Aufsicht benötigt

Der Gini-Koeffizient G ist eng verwandt mit der zentralen Dichte bei genauerer Betrachtung fand Abraham eine korrelation zwischen G, zentraler Helligkeit C und Oberflächenhelligkeit μ

Der Gini-Koeffizient aus den unabhängig gemessenen Werten für G, C, und μ konnte Abraham eine Funktion der Form μ=a*C+b*G+d fitten dies impliziert eine Fläche im 3dim Raum auch anhand von simulierten Galaxien konnte diese Ebene eindeutig identifiziert werden

Der Gini-Koeffizient

Der Gini-Koeffizient in ähnlicher Weise wurden in einer beachtlichen Anzahl anderer Veröffentlichungen ein Zusammenhang zwischen C, G und einer Helligkeit festgestellt die Ebene als intrinsischen Eigenschaft der Methode wurde ausgeschlossen

Der Gini-Koeffizient damit lassen sich erstmal mehrere Parameter über einen großen Bereich in einen Zusammenhang setzen da G nur relativ zueinander ist, ist Rotverschiebung irrelevant Dabei sind sowohl Neigung als auch Offset der Ebene völlig unverstanden!

Abschließende Zusammenfassung Hubble Sequenz ist vom Beobachter und seiner Meinung abhängig da sich Erscheinungsbild der Galaxien ändert, Klassifikation alter Galaxien nicht möglich ABER: es gibt auch keine überzeugenden Alternativen suche nach korrelierten Parametern über großen Bereich Mühsam Gini-Koeffizient zusammen mit zentraler Dichte liefert vielversprechende Ansätze

Bibliographie R. Abraham, S. v. d. Bergh, P. Nair, 2003, The Astrophysical Journal, 588, S. 218 S. v. d. Bergh, 2007, Nature, 445, S. 265 B. Carroll, D. Ostlie, ‚An Introduction to Modern Astrophysics‘ F. Ferrini, D. Galli, 1988, Astronomy and Astrophysics, 195, S. 27 J. Lotz, J. Primack, P. Madau, 2004, The Astronomical Journal, 128, S. 163 M. Pahre, M. Ashby, G. Fazio, S. Willner, 2004, Teh Astrophysical Journal Supplement Series, 154, S. 235 M. Roberts, 1963, Annual Review of Astronomy and Astrophysics,1, S. 149 A. Sandage, 1961, The Hubble Atlas of Galaxies A. Sandage, 1986, Astronomy and Astrophysics, 161, S. 89 A. Unsöld, B. Baschek, ‚Der Neue Kosmos‘, 7. Auflage http://www.astro.uni-wuerzburg.de/~niemeyer/lectures/einf.pdf http://www.mpa-garching.mpg.de/~weiss/Chile/Galaxien.pdf