Kurs 7.1 Grundbegriffe der politischen Philosophie, Politik und Ökonomie Gerechtigkeitstheorien Dana Zumr, lic. oec. HSG Dozentin ZHAW FS 2014.

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Kurs 7.1 Grundbegriffe der politischen Philosophie, Politik und Ökonomie Gerechtigkeitstheorien Dana Zumr, lic. oec. HSG Dozentin ZHAW FS 2014

07.04.2017 Lernziele Die Studierenden sind in der Lage, ausgewählte Grundbegriffe der politischen Philosophie zu beschreiben und in ihren wechselseitigen Bezügen einzuordnen (das liberale versus das republikanisch-kommunitaristische Paradigma, Gerechtigkeitstheorien von John Rawls und Michael Walzer, Machtbegriff aus Sicht von Michel Foucault).  Fokus auf Gerechtigkeitstheorien

Pflichtlektüre Schaal, Gary S. & Heidenreich, Felix (2009). Einführung in die Politischen Theorien der Moderne. (2. Auflage). Opladen & Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich. ,Gerechtigkeitstheorien‘  Kapitel 4.4: Universalistische Gerechtigkeit: Rawls (1) (S. 107-122) und Kapitel 4.5: Neutralität des Staates: Rawls (2) (S. 122-128)  Kapitel 5.5: Partikularistische Gerechtigkeit: Walzer (S. 206-218)

Agenda John Rawls Michael Walzer Hinweis auf Ronald Dworkin (2012) ‚Gerechtigkeit für Igel‘

John Rawls (gest. 2002) 1971: A Theory of Justice 1993: Political Liberalism Fragestellung: Gibt es Gerechtigkeitsstandards, die universelle Geltung besitzen? Welche inhaltliche Gestalt nehmen diese Gerechtigkeitsstandards an? Wie können sie als Korrektiv für die Wirklichkeit dienen?  Seine Theorie der Gerechtigkeit will das beantworten.

Das liberale Gerechtigkeitskonzept Eine gerechte Gesellschaft ist aus liberaler Sicht nicht durch ihre inhaltlich bestimmten Ziele oder Zwecke gerecht, sondern sie stellt lediglich einen Rahmen zur Verfügung in Form von Verfahrensregeln. Diese Verfahrensregeln sollen Freiheit und Gerechtigkeit garantieren. ‚Eine gerechte Gesellschaft versucht nicht, irgendwelche besonderen Ziele zu fördern, sondern ermöglicht ihren Bürgern, eigene Ziele zu verfolgen, solange dies mit den Freiheiten aller verträglich bleibt; sie muss deshalb mit Prinzipien regieren, die keine besondere Konzeption des Guten voraussetzen. Was diese regulativen Prinzipien vor allen Dingen rechtfertigt, ist nicht, dass sie das Allgemeinwohl maximieren, die Tugend steigern oder das Gute auf andere Weise fördern, sondern vielmehr, dass sie mit dem Begriff des Rechten übereinstimmen, einer vor und unabhängig von dem Guten gegebenen moralischen Kategorie.‘ (Sandel, 1993, S. 19)

Rawls Ansatz Welche Gerechtigkeitsvorstellungen hat die Gemeinschaft der Bürger, für die Gerechtigkeitsgrundsätze gefunden werden sollen? Schritt 1: Konstruktion des Urzustand (ist eine Fiktion) Zentrale Weichenstellung: Akteure sind im Urzustand gleichgültig gegenüber allen anderen Akteuren. (Altruismus führt zu einer anderen Konfiguration.) Schritt 2: Schleier des Nichtwissens (dies die 1. Innovation) Frage: Wie ist der Mensch im Urzustand? Antwort: Alle Personen im Naturzustand befinden sich hinter dem Schleier des Nichtwissens: Also niemand kennt sein Stellung in der Gesellschaft, seine Klasse oder seinen Status, ebenso wenig sein Los bei der Verteilung natürlicher Gaben wie Intelligenz oder Körperkraft. Die Menschen haben aber Kenntnisse, wie die Gesellschaft aussieht, für die sie Gerechtigkeitsgrundsätze finden sollen.

Rawls Ansatz Schritt 3: Universelle Gerechtigkeitsstandards (Standards, die im gleichmässigen Interesse aller liegen und denen jeder, ungeachtet seiner persönlichen Situation, seiner Vorlieben und psychischen Dispositionen freiwillig zustimmen kann.) Schritt 4: Menschenbild resp. Entscheidungsregeln nach wirtschaftswissenschaftlicher Methodik (dies ist die 2. Innovation) Frage: Nach welchen Regeln entscheiden sich die Parteien hinter dem Schleier des Nichtwissens für spezifische Gerechtigkeitsregeln? Antwort: Die Menschen interessieren sich nur für sich selbst und ihren eigenen Nutzen. Zweite zentrale Weichenstellung: Alle Akteure sind im Urzustand Risikovermeider (Maximiere den minimalen Gewinn!).

Gerechtigkeit bei Rawls Gerechtigkeit bezieht sich nicht nur auf die gesellschaftliche Grundstruktur, sondern auch auf die Verteilungsgerechtigkeit. Welche Güter sind überhaupt Gegenstand einer gerechtigkeitstheoretischen Betrachtung? Wie können die zuvor bestimmten Güter gerecht verteilt werden? ‚Vernünftige Konzeption des Guten Lebens‘: Die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen (resp. aller anderen) anfängt. Grundgüter: Rechte, Freiheiten und Chancen, sowie Einkommen und Vermögen Diese Grundgüter hängen mit der Grundstruktur (die Regeln der wichtigsten Institutionen legen die Verteilung der Grundgüter fest) zusammen.

2 Gerechtigkeitsgrundsätze Prinzip der Gleichverteilung Dieses Prinzip bezieht sich auf immaterielle Grundgüter, also politische Freiheiten. ‚Jede Person hat den gleichen Anspruch auf ein völlig adäquates System gleicher Grundrechte und Freiheiten, das mit demselben System für alle vereinbar ist und innerhalb dieses Systems wird der faire Wert der gleichen politischen (und nur der politischen) Freiheit garantiert.‘ (Rawls, 1998, S. 69) = gleiche Verteilung von Grundfreiheiten und politischen Rechten kombiniert mit einer maximalen individuellen Freiheit (politische Wahl- und Beteiligungsrechte, Rede- und Versammlungsfreiheit, persönliche Grundfreiheiten wie Gewissens-, Gedanken- und Religionsfreiheit, fundamentale Menschenrechte, Recht auf persönliches Eigentum, körperliche Unversehrtheit, Recht auf Sicherheit)

2 Gerechtigkeitsgrundsätze Prinzip der Gleichverteilung = eine gesellschaftliche Grundstruktur eines liberalen Konstitutionalismus (eine gewaltenteilige, repräsentative Demokratie) Das Prinzip der Gleichverteilung begründet die liberalen Grundrechte.

2 Gerechtigkeitsgrundsätze 2. Chancengleichheits- und Differenzprinzip Dieses Prinzip bezieht sich auf materielle Grundgüter, also soziale Gerechtigkeit. ‚Soziale und ökonomische Ungleichheiten müssen zwei Bedingungen erfüllen: erstens müssen sie mit Ämtern und Positionen verbunden sein, die allen unter Bedingungen fairer Chancengleichheit offenstehen; und zweitens müssen sie sich zum grösstmöglichen Vorteil für die am wenigsten begünstigten Gesellschaftsmitglieder auswirken.‘ (Rawls, 1998, S 69f.) = gerechte Verteilung der mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen verbundenen Vorrechte und Vorteile, d.h. faire und nicht nur formale Chancengleichheit. Entsprechend braucht es dazu ein sozialpolitisches Programm.

2 Gerechtigkeitsgrundsätze 2. Chancengleichheits- und Differenzprinzip = Ungleichverteilungen sind dann ungerecht, wenn sie bestimmten gesellschaftlichen Erfordernissen nicht genügen.  staatlich organisierte Umverteilung ist möglich  trade-off zwischen Steuererheben und ungleicher Verteilung von sozialen und ökonomischen Gütern = Ist die formale und prozedurale Chancengleichheit gewahrt, so sind ungleiche Verteilungen von Gütern gerecht. Gemäss Rawls genügt dies nicht. Es braucht formale und substanzielle Chancengleichheit (um die sozialen Voraussetzungen auszugleichen).

2 Gerechtigkeitsgrundsätze 2. Chancengleichheits- und Differenzprinzip = Unterschiede bestehen in der unterschiedlich guten Ausnutzung von Chancen, die sich allen aufgrund der formalen Chancengleichheit im gleichen Masse bieten. Einwand von Rawls ist, dass Talente zufällig sind und Menschen keinen absoluten Anspruch auf die Früchte von zufällig verteilten Talenten besitzen. Ungleichverteilungen können ungerecht sein, weil niemand eine individuelle Schuld daran trägt, Talente nicht zu besitzen. Eigentumsrechte gelten nicht bedingungslos.

2 Gerechtigkeitsgrundsätze 2. Chancengleichheits- und Differenzprinzip = Das Differenzprinzip stellt ein Erlaubniskriterium für sozio-ökonomische Ungleichheit (wirtschaftliche Güter, Vermögen und Einkommen) dar, aber diese Einkommens- und Vermögensverteilung in der Gesellschaft hat zum grösstmöglichen Vorteil der am wenigsten begünstigten Gesellschaftsmitglieder zu erfolgen. Differenzen unterliegen also Legitimationsbedingungen. = Gerechtigkeit ist für Rawls nicht Gleichverteilung von sozialen und ökonomischen Gütern. = basiert auf der Vorstellung einer Kooperationsgemeinschaft (Alle sind selbständige und im Prinzip handlungsfähige Wirtschaftssubjekte. Die Mitglieder haben unterschiedliche Talente und leben in ungleichen soziokulturellen und sozio-materiellen Umständen.)

2 Gerechtigkeitsgrundsätze 2. Chancengleichheits- und Differenzprinzip = Sozialstaatliche Solidarität basiert auf einer Solidargemeinschaft. Diese garantiert allen ein Minimum an Gütern. Dieser bedarfsbezogene moralische Anspruch bedarf der Legitimierung. Rawls stellt die Solidaritäsgemeinschaft nicht in Frage. Ihn interessiert mehr die Frage nach dem zulässigen Ausmass sozialer Ungleichheit auf der Ebene der institutionellen Grundstruktur der Gesellschaft.

Michael Walzer 1983: Spheres of Justice (dt. Sphären der Gerechtigkeit, 1992) 2 zentrale Kritikpunkte an liberalen Vorstellungen von Gerechtigkeit: Es gibt kein universelles Prinzip von Gerechtigkeit, dass zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften gleichermassen anwendbar ist. Es gibt keine objektiven individuellen Rechte (alle Rechte sind Verabredungen und Konventionen, auch die Grund- und Menschenrechte, welche westliche Demokratien legitimieren). Daher kann Gerechtigkeit nicht aus individuellen Rechten abgeleitet werden.

Walzers Ansatz Walzer sieht drei Wege in der Moralphilosophie: Pfad der Entdeckung (Religion und Offenbarung) Pfad der Erfindung (Philosoph als Konstrukteur der Welt) Pfad der Interpretation Walzer hält nur den Pfad der Interpretation für angemessen. ‚Die Moralvorstellungen, die wir entdecken und erfinden, sind letzten Endes stets der Moral, die wir bereits besitzen, erstaunlich ähnlich. Sie sind verkleidete Interpretationen.‘ Eine Theorie der Gerechtigkeit ist nur in Form der Interpretation bereits existierender gesellschaftlicher Vorstellungen von Gerechtigkeit möglich.

Walzers Ansatz Schritt 1: Theorie der Güter Der Wert von Gütern, die unter die Anwendung distributiver Gerechtigkeit fallen, ist sozial konstruiert. In unterschiedlichen Gemeinschaften sind gleiche Güter unterschiedlich wertvoll.  Gerechtigkeit kann nur partikular und in Relation zu einer spezifischen Gemeinschaft und deren Kultur bestimmt werden. (Universalismus bei Rawls versus Relativismus bei Walzer)

Walzers Ansatz Schritt 2:Unterschiedliche Sphären von Gütern In einer Gemeinschaft existieren unterschiedliche Sphären (Walzers Kernidee). Eine Distributions- bzw. Gerechtigkeitssphäre umfasst Güter mit gleicher sozialer Bedeutung. Güter müssen nach unterschiedlichen Prinzipien verteilt werden (weil sie unterschiedlich sind und weil sie sozial unterschiedlich wertgeschätzt werden). 11 Sphären: 1. Mitgliedschaft und Zugehörigkeit, 2. Sicherheit und Wohlfahrt, 3. Geld und Waren, 4. Das Amt, 5. Harte Arbeit, 6. Freizeit, 7. Erziehung und Bildung, 8. Verwandschaft und Liebe, 9. Göttliche Gnade, 10. Anerkennung, 11. Politische Macht

Walzers Ansatz Schritt 3: In den Sphären gelten jeweils spezifische Distributionsregeln. Drei Distributionsprinzipien: Der freie Tausch (mittels Markt und Geld) Das Verdienst (das klassische Verteilungskriterium, je nach Verdienst oder erbrachter Leistung erhält jeder ein Mehr oder Weniger eines spezifischen Gutes, z.B. Lohn, gesellschaftliche Anerkennung und Reputation) Das Bedürfnis (knappe Güter werden in Abhängigkeit davon verteilt, wie dringend der Empfänger das Gut benötigt, z.B. Gesundheitsgut)

Walzers Ansatz Distributive Gerechtigkeit thematisiert, welche Person von welchem Gut welche Menge aus welchen Gründen erhält. ‚Eine Gesellschaft, in der die Güter gemäss den Kriterien ihrer je eigenen Sphäre verteilt werden, praktiziert distributive Gerechtigkeit.‘ Aber es gilt die Dominanz zu beachten: Über die Verteilung innerhalb einer Sphäre entscheiden häufig jene Ressourcen, die eine Person innerhalb einer anderen Sphäre besitzt. Dominante Güter sind solche, die allgemein konvertierbar sind und die Verteilung von Gütern in anderen Sphären als ihrer eigenen steuern, dies sind vor allem Geld, Bildung und politische Macht.

Walzers Ansatz Ziel: Das Zusammenspiel der Sphären soll zur komplexen Gleichheit führen (Die Position eines Bürgers in einer bestimmten Sphäre oder hinsichtlich eines bestimmten Gutes kann nicht unterhöhlt werden durch seine Stellung in einer anderen Sphäre oder hinsichtlich eines anderen Gutes.). Eine politisch aktive Zivilgesellschaft ist nötig. (mit Tugendhaftigkeit, Gemeinwohlorientierung und politischem Aktivismus) ‚Sehr viel hängt dabei von den soeben zitierten Bürgern ab, von ihrer Fähigkeit, sich in dem grossen Reich der Güter mit ihren eigenen Ziel- und Wertvorstellungen zu behaupten.‘

Aktuelle sozialpolitische Debatten Welchen Beitrag liefern diese zwei Gerechtigkeitstheorien für aktuelle sozialpolitische Debatten? z.B. Standpunkte: Soziokultur als Kultur der Gemeinschaft Arbeit statt Fürsorge Freiwilligenarbeit Förderung / Ablehnung des Multikulturalismus

‚Es gibt kein Leben ausserhalb der Moral‘ Hinweis auf Rezension des neuen Buches des Philosophen und Rechtstheoretikers Ronald Dworkin. Dworkin, Ronald (2012). Gerechtigkeit für Igel. Berlin: Suhrkamp Schefczyk, Michael (2013). Es gibt kein Leben ausserhalb der Moral. Neue Zürcher Zeitung vom 5.2.2013, Nr. 29 Nach Dworkin bewegen wir uns immer schon innerhalb der Sphäre moralischer Werte und Bewertungen. Seine Idee moralischer Verantwortung: ‚Weil moralische Wahrheiten nicht einfach und offensichtlich seien, stehe jede Kultur, stehe jedes Individuum vor der Herausforderung, die Wertsphäre zu erkunden und nach der Zusammengehörigkeit oder Unstimmigkeit von Werten zu fragen. ‚

‚Es gibt kein Leben ausserhalb der Moral‘ Wir dürfen unser Leben nicht verschwenden, sondern sollen es zu etwas Wertvollem machen und wir haben die Würde anderer zu achten (Einfluss von Kant und seinem Würdebegriff). Dworkins unkonventioneller Ansatz ist dabei, dass Pflichten der Achtung und solche der Selbstachtung in einem Wechselverhältnis stehen. Sein Gedanke ist daraus: Wir müssen die Anforderungen der Moral und die Verantwortung für eine gute Lebensführung aufeinander abstimmen. Was wir anderen schulden, hängt mit dem zusammen, was wir uns selbst schulden. Moral und gutes Leben stehen nicht in einem unausweichlichen Konflikt.

Quellen Rawls, J. (1975). Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt: Suhrkamp Rawls, J. (1998). Politischer Liberalismus. Frankfurt: Suhrkamp Sandel, M. (1993). Die verfahrensrechtliche Republik und das ungebundene Selbst. In: A. Honneth (Hrsg.). Kommunitarismus. Eine Debatte über die moralischen Grundlagen moderner Gesellschaften (S. 18-35). Frankfurt a. M.: Campus Schaal, Gary S. & Heidenreich, Felix (2009). Einführung in die Politischen Theorien der Moderne. (2. Auflage). Opladen & Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich Walzer, M. (1998). Sphären der Gerechtigkeit. Ein Plädoyer für Pluralität und Gerechtigkeit. Frankfurt: Suhrkamp