Glaube – Volksglaube – Unglaube-Aberglaube Halbfas

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Glaube – Volksglaube – Unglaube-Aberglaube Halbfas 429-470 Typisch katholisch Glaube – Volksglaube – Unglaube-Aberglaube Halbfas 429-470

Glaube und Volksglaube Der Glaube an sich existiert nicht. Systematischer Glaube der Kirche und Theologie wird kaum von den „Gläubigen“ in dieser Form verstanden und angenommen Differenz zwischen offizieller Glaubenslehre und dem Glauben der Menschen Historische Distanz: Bsp. Apostolisches Glaubensbekenntnis: Verstehensbedingungen der Abfassungszeit existieren heute nicht mehr

Volksglaube – am Beispiel der Marienverehrung Christologisches Konzil Nicäa (325) hat als Konsequenz und Nebenprodukt Marias „Gottesmutterschaft“: Maria als Theotokos (Gottesgebärerin) im Konzil von Ephesus (431) Ausgangspunkt für eine Entwicklung, in der Kirchendogmatik und Volksglaube aufs Engste verbunden sind: Bsp. „Leibliche Aufnahme Marias in den Himmel“ (Dogma 1950) wird lange vor der Dogmatisierung im Volk geglaubt Theologie als amtliche Reflexion gelebter Praxis Mariologie nicht bloss Nebenprodukt der Christologie, sondern Freilegung eines uralten Bedürfnisses: Verehrung der Himmelskönigin und göttlichen Mutter (Ischtar, Aschera, Astarte, Artemis, Isis)

Volksglaube – am Beispiel der Marienverehrung Archetypische Struktur der Marienfrömmigkeit: vgl. Geschichte der Marienverehrung bei Klaus Schreiner Orte und Formen, die bereits in vorchristlichen Kulten mit der Verehrung weiblicher Gottheiten verbunden waren: Bezüge zu Bäumen, Pflanzen, Früchte; Vorliebe für Hirten; Vorliebe für Höhlen und Grotten; Verbindung zu lebenspendendem Wasser Auch Motiv der Jungfrauengeburt reicht weit in vorchristliche Zeit zurück (3. Jahrtausend v. Chr., ägypt. Mythos) und hat ursprünglich keine leibfeindlichen Tendenzen

Volksglaube – am Beispiel der Marienverehrung Maria als Grosse Mutter des Mittelalters „Vor Marienbildern fanden Frauen eine Sprache für ihre ureigensten Belange und damit auch eine Deutung für ihre Sorgen und Ängste“ Vgl. Votiftafeln an Marienwallfahrtsorten: Schwangerschaft, Entbindung, Armut, Ausgegrenztsein, Flüchtlingselend, Verlust eines Kindes Schmerzhafte Mutter in Zeiten der Pest und hoher Kindersterblichkeit Marienverehrung: männerfreie Zone! Vor allem in nachreformatorischer Zeit aber auch Medium pastoraler Regie: Frömmigkeit des Volkes wird domestiziert und dienstbar gemacht um das Volk im Sinne der Oberen zu erziehen: Bravheit und Vorbildlichkeit

Das Zeitalter der Marienerscheinungen Seit dem frühen 19. Jahrhundert 19. Juli 1830, Novizin Cathérine Labouré in Paris; Maria als Weltenherrscherin;Thema: „Unbefleckte Empfängnis Mariä“ 19. September 1846, zwei Hirtenkinder bei Grenoble, La Salette; weinende Gottesmutter; Thema: Verdorbenheit der Menschen und der Kirche 11. Februar 1858, Hirtenmädchen Bernadette Soubirous, Grotte von Lourdes; weiss gekleidete Frau, „kleines Fräulein“, weinende Jungfrau; Thema: Busse, Bekehrung der Sünder 13. Mai 1917, drei Kinder, Talkessel bei Fatima; drei Geheimnisse

Visionen – aus der Tiefe der Seele? Vgl. Typologie bei Halbfas S. 443 Was ist passiert zwischen den mittelalterlichen Wallfahrtsorten und den gehäuften Marienerscheinungen seit dem frühen 19. Jahrhundert? Zeitalter der Aufklärung mit all ihren Auswirkungen, die zu einer Verunsicherung der Gläubigen geführt hat Scholastik: „Was immer wahrgenommen wird, wird unter den Verstehensbedingungen des Wahrnehmenden wahrgenommen“ Erscheinungen, Visionen kommen nicht vom „Himmel“, sondern aus der Tiefe der Seele. Was bedeutet das für das christliche Offenbarungsverständnis? Kommt dadurch nicht der gesamte Glaubensbestand ins Wanken?

Gott und die Wirklichkeit in uns selbst Gott ist nicht als existierendes Etwas, aussen von uns zu verstehen bzw. wir können über Gott nichts aussagen, das wir nicht aus der Optik von Menschen aussagen, d.h. unsere Gottesbilder sind immer Seelenbilder (Jung: Gottesbilder als Ausdruck eines Bildes der Ganzheit, des Selbst; Feuerbach: Projektionen....) „Im Zentrum der christlichen Wahrheitssuche steht kein Lehrgebäude, sondern die Lebenspraxis einer Person. Nicht wer einen Glaubenssatz memoriert, ein Glaubensbekenntnis nachspricht, sondern ‚wer die Wahrheit tut, kommt zum Licht‘ (Joh 3,12). Eine solche Aussage unterminiert zwar metaphysische Denkgebäude, nicht aber die Vitalität christlicher Wahrheit“ (H. Häring)

Volksglaube am Beispiel des Wunderglaubens Wunderverständnis ist kultur- und geschichtsabhängig Unterscheidung von Wunder und Mirakel in der Theologie diente der Absetzung von ausserchristlichen Wundern Hingegen gab und gibt es in allen Kulturen/Religionen und zu allen Zeiten Wallfahrtsorte Wunderheilungen ereignen sich auch bei magisch denkenden Völkern (Ethnomedizin) und sind seit der Antike belegt (griechische Wallfahrtsorte) Funktion des Wunders bei kirchenamtlicher Heiligsprechung: Bei gleichzeitiger grosser Zurückhaltung der Anerkennung: Überzeugung, dass es gottgewirkte Wunder gebe Anfänge des Heiligenkults, wenn am Grab eines verehrten Menschen ein Wunder geschah. Wunder als Erweis, dass der Verstorbene von Gott als Heiliger bestätigt wurde Differenz zwischen Zurückhaltung der Kirche während Jahrhunderten und der Expansion der vom Volk getragenen Heiligenverehrung Rekord von Selig- und Heiligsprechungen unter Johannes Paul II; Motiv? Auswahl und Steuerungsintentionen?

Bleibende Frage: Greift „Gott“ durch Wunder korrigierend in den Lauf der Geschichte ein? „Kann“ er das überhaupt? (Frage nach Gottesbild und nach Gottes Allmacht nach Auschwitz!). „Ein Wunder geschieht nicht im Widerspruch zur Natur, sondern zu dem, was wir von der Natur wissen“ (Augustinus) Bei aller naturwissenschaftlichen Erforschung (z.B. Placeboeffekt in der Medizin) bleiben Phänomene bestehen, die im Rahmen der exakten Wissenschaften bislang unerklärlich sind. Gretchenfrage: Fördert der Wunderglaube das biblisch-jesuanische Lebensverständnis oder kommt er „bloss“ dem Verlangen nach himmlischen Zeichen, Trost und Sicherheit entgegen? Ist Ersteres gewährleistet, soll man dann gegen Letzteres etwas einwenden?