Kathrin Schrader Feministisches Institut Hamburg Eine intersektionale Betrachtung der Exklusion und Viktimisierung drogengebrauchender Sexarbeiterinnen Kathrin Schrader Feministisches Institut Hamburg
Gliederung Vorstellung des Feministischen Instituts HH Sexarbeit in Hamburg Die Betrachtung der informellen, illegalisierten Drogen- und Sexökonomie Die intersektionale Mehrebenenanalyse (Nina Degele, Gabriele Winker) als Untersuchungswerkzeug Das Konzept der Sexuellen Arbeit (Pauline Boudry, Brigitta Kuster, Renate Lorenz) als theoretische Grundlage Intersektionale Betrachtung der Sexuellen Arbeit drogengebrauchender Sexarbeiterinnen 08.07.2009
Das Feministische Institut Hamburg Feministische und intersektionale Ansätze im FI HH Wir wollen feministische Erkenntnisse nutzen, um politische Phänomene besser zu verstehen, die mit Ungleichheiten, Machtverhältnissen, fehlender Anerkennung oder geringer gesellschaftlicher Teilhabe bestimmter Gruppen von Menschen einhergehen. Verknüpfung zum Thema Sexarbeit: Es geht um Arbeit und Emanzipation einer marginalisierten stigmatisierten Gruppe durch intersektionale Analyse. Eigene Verfasstheit und Positionalität. 08.07.2009
Drogengebrauchende Sexarbeiterinnen versus „Drogenprostituierte“ oder „Beschaffungsprostituierten“ Drogengebrauchende Sexarbeiterinnen werden durch Mehrfachzuweisungen, wie: Stigmatisierung (Junkiehure, Crackhead, Seuchenschleuder…), Diskriminierung (die „Anderen“, die Exkludierten, die Unprofessionellen, die Preisdrückerinnen…), Viktimisierung (Missbrauchs- und Vergewaltigungsopfer) und Kriminalisierung (Straftäterin) als „Drogenprostituierte“ konstruiert. 08.07.2009
Sexarbeit in Hamburg Arbeitsort: Arbeitsplatz: St. Pauli St. Georg Und in der ganzen Stadt Arbeitsplatz: Bordelle, Modellwohnungen, Clubs Straßenstrich, Auto, Steige Und viele andere Orte 08.07.2009
Der informelle illegalisierte Drogen- und Sexmarkt in Hamburg hauptsächlich Frauen Alter 18 – 75 60 % Migrantinnen 1/3 „Drogenprostituierte“ 08.07.2009
Arbeitsbedingungen innerhalb der informellen illegalisierten Drogen- und Sexökonomie Verstöße gegen BtMG und SpGVO: Ordnungswidrigkeit Bußgeld – Barzahlung – Straftat Platzverweise, Aufenthaltsverbote Für Straßen, Plätze, Stadtteile Von Stunden bis zu einem Jahr! Besonders auffällige Person Erfassung in Zentraldatei 08.07.2009
Folgen der Arbeitsbedingungen Machtasymmetrie zwischen: Drogengebrauchenden Sexarbeiterinnen versus Polizei, Freiern, AnwohnerInnen, DealerInnen, WirtschafterInnen, Hilfeprojekten … Sie sind kriminalisiert und permanent auf der Flucht. Schlechte Drogenqualität und hohe Drogenpreise. Keine Machtposition in der Preisverhandlung und Einlassen auf unerwünschte Sexualpraktiken. Sicherheitssysteme sind kaum vorhanden. Überproportional häufig Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt. Exklusion durch Repression, Sanktion und Verdrängung. Gesundheitliche Verelendung durch Verflechtung differenter Ungleichheits- und Diskriminierungskategorien. Subjekte erscheinen als nicht mehr handlungsfähig und fremdbestimmt. 08.07.2009
Forschungsanliegen These: Forschungsfragen: Datenerhebung: In den sozialen Praktiken der Verweigerung und den Verstößen gegen die gesellschaftliche Normativität und die staatlichen Gesetze sind subversive Akte und Widerstandspraktiken enthalten, die Handlungsspielräume eröffnen. Forschungsfragen: Was sind die vorhandenen Widerstandspraktiken in den Selbsttechniken drogengebrauchender Sexarbeiterinnen? Welches Empowerment kann daraus abgeleitet werden? Welche politischen Handlungsmöglichkeiten können davon abgeleitet werden? Datenerhebung: Narrative (-fokussierte) Leitfadeninterviews 08.07.2009
Die intersektionale Analyse nach Degele/Winker Die strategische Subsumtion der heterogenen Situation drogengebrauchender Sexarbeiterinnen durch: Identitätskonstruktionen drogengebrauchender Sexarbeiterinnen beschreiben und verdichten! Welche hegemonialen Diskurse sprechen sie an, greifen sie auf und gegen welche wehren sie sich auf Symbolebene? Die Analyse der Herrschaftsstrukturen anhand von Klasse, Race, Gender und Körper! Wechselwirkungen der zentralen Kategorien auf den drei Ebenen benennen! Identitätskonstruktionen (mehrerer Interviews) vergleichen und clustern! Strukturdaten ergänzen und Herrschaftsverhältnisse analysieren! Analyse von benannten Repräsentationen vertiefen! Wechselwirkungen in der Gesamtschau herausarbeiten! 08.07.2009
Die Wechselwirkung der zentralen Kategorien 08.07.2009
Sexuelle Arbeit (nach Boudry, Kuster, Lorenz) Analytisches Mittel, um zu verstehen: wie Individuen unter historischen und kontextspezifischen Bedingungen zu Subjekten werden welche Praxen in diesen Prozess involviert sind Bezeichnet den Aufwand der mit Subjektivierung im Feld von Arbeit verbunden ist die Drohungen und Versprechungen unter denen er bewältigt werden muss Subjektivierung ist ein performativen Prozess Unterwirft Subjekte den gesellschaftlichen Regeln Befähigt sie aber zugleich gesehen zu werden und zu handeln. Implementierung der Kategorien Sexualität und Geschlecht, in die Diskussion über: Ökonomie Bruttosozialprodukt Lohnarbeit 08.07.2009
Sexuelle Arbeit drogengebrauchender Sexarbeiterinnen intersektional betrachtet Selbsttechnologien mit der intersektionalen Methode und Theorie analysieren: Untersuchung der Fähigkeiten und Fertigkeiten, die innerhalb der Drogenszene das individuelle Leben der Sexarbeiterinnen sichern und des Aufwandes, der geleistet werden muss. Verweise auf die Symbolebene aufnehmen: Welche hegemonialen Diskurse existieren? Welche Anrufungen werden angenommen und abgelehnt? Gibt es Gegendiskurse? Macht- Herrschaftsverhältnissen im Arbeitskontext herausarbeiten. Widersetzungen und Handlungspotentiale innerhalb der Wechselbeziehungen generalisieren. 08.07.2009
Vielen Dank!
http://www.feministisches-institut.de 08.07.2009
Das Beispielinterview Interviewsituation Interview mit vielen narrativen Sequenzen, Erster Eindruck, es geht ihr schlecht, sie ist traurig und desillusioniert, betonte mehrmals nicht mehr leben zu wollen Ändert sich in den Erzählpassagen jetzt Wahrnehmung als stark und sehr offen Ist obdachlos und betonte mehrfach die Diskriminierung und Ungerechtigkeit mit der sie behandelt wird Sehr interessiert am Forschungsprojekt Hofft, dass es sich positiv auswirkt auf das Leben in der Szene Die wichtigsten Identitätskonstrukte: Ich bin eine Drogenkonsumentin Mein Leben ist Anschaffen Ich bin eine Überlebenskämpferin Ich bin zu Unrecht diskriminiert 08.07.2009
Symbolische Repräsentationen identifizieren Gegendiskurse Repressionen (Beispiel) Selbstaktivierung Stereotyp Drogenprostituierte Stereotyp Freier Verworfenes Leben 08.07.2009 17
Bezüge zu Sozialstrukturen finden anhand von: Klasse, Race, Gender und Körper (Beispiel) 08.07.2009
Beispiel Körper Safer Work ist ein Anliegen der Frauen, die Schutzmaßnahmen werden durch Nichternstnehmen ihrer Arbeit u.a. durch die Exekutive keine Vernetzungsmöglichkeiten Machtassymmetrie Männer und Frauen eingeschränkte Wahlmöglichkeiten konterkariert. 08.07.2009
Bsp. Überlebenskämpferin 08.07.2009
Widersetzung durch Kritik Kritik an: Gesellschaft Kürzungspolitik Hilfesystem Waffengesetz Exekutive Drogenpreise und -quailtät Prohibition 08.07.2009
Widersetzungen durch Forderungen Niemand darf mit mir machen was ich nicht will Zentraler Hilfeeinrichtung Leichteren Therapiezugang Beschäftigungsalternativen Legalisierung von illegalisierten Drogen Freierbestrafung 08.07.2009