Globale Klimagerechtigkeit Wie kann das konkret gehen? Samstag, 4. August 2012, 15:00 – 16:30 Uhr Attac Sommerakademie Universität Mainz, Raum P 108 Dr.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Gestaltung eines Posters (Schrift: Punkt 70).
Advertisements

Jede/r Fünfte in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen Etwa jede/r Fünfte (19,9 %) in Deutschland – das sind rund 16 Millionen Menschen.
Das Finanzpolitik Quiz
Prof. Dr. W. Conen 15. November 2004
Präsentation von: Berna, Svenja, Inken,Marlen und Anica
Klimaschutz im Rhein-Sieg-Kreis auf globale Herausforderungen lokal antworten Juni 2011.
Staatsfinanzen und Steuern aktualisiert März 2010
ein historisch neues Phänomen?
Landeskunde deutschsprachiger Länder 德语国家国情
gegen Armut und soziale Ausgrenzung
Die Gruppe der Acht (G8) Hintergründe Geschichte Strukturen
Bestandsaufnahme und Kommunikation von CSR/CC in Deutschland
für die Länder des Südens
Finanzierung 1.Welche Safeguards sind für REDD Finanzierung wichtig? 2.Wie müssen diese Safeguards gestaltet sein?
Reformfall Können wir unsere Welt noch retten?.
Realer Fall ...was passiert im Laufe der nächsten 100 Jahre mit dem Klima in Deutschland?
Fragen können wie Küsse schmecken
Bundesfachgruppe Statistische Ämter des Bundes und der Länder.
EuropaRAThaus Erklärung Für ein Europa der Bürgerinnen und Bürger „Wir einigen keine Staaten, wir verbinden Menschen“ (Jean Monnet) Anlässlich.
Der globale Klimawandel
DISPARITÄTEN Disparität = räumliche Ungleichheit innerhalb einer Volkswirtschaft, „unausgeglichene Raumstruktur“ Ebenen: ökonomisch, sozial, kulturell,
Erhebungsinstitut I-M-A-G Schweiz, Frauenfeld, 15. August 2006 Copyright 2006 Seite 1 Vertrauliche Daten: Keine unberechtigte Weitergabe Management Summary.
Biodiversitätsschutz ohne Klimavertrag: welche
News Aktuelles aus Politik, Wirtschaft und Recht08/2007 © Verlag Fuchs Erweiterte CO 2 -Abgabe 1.Weshalb spricht Umweltminister Moritz Leuenberger von.
„Was steht eigentlich hinter dem Roten Kreuz?“
Wie eine 100-Dollar-Note aussieht, ist bekannt.
15. Okt WKÖ ENERGIEEFFIZIENTE GEBÄUDE GEWINNSTRATEGIE FÜR ÖSTERREICH & DIE BAUWIRTSCHAFT DIE ÖSTERREICHISCHE UMWELTSCHUTZORGANISATION GEWINNSTRATEGIE.
Projektbeispiel Ing. Karl Ebner einer CO 2 - Bilanz.
Schwarzbuch Klimawandel
Mustervortrag EIV (Kürzel Vortragender) Energieinstitut Vorarlberg.
Innovative Bürgerbeteiligung!
Gibt es einen Klimawandel?
Ergebnisse und Wirkungen der Politik: Ein Überblick
Weltläden im Klimawandel
Materialien zur Politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen
Weyregg – eine Pfarre zum Wohlfühlen
Prof. Dr. Peter Hennicke Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie
Podiumsgruppe 2 Wien 4. Dezember 2012 Dr. Leopold Stieger Active Ageing in Centrope.
Symbolische Orte des (Klima-)Wandels KlimaSTADTWandel 4. Sächsischer Klimakongress 4. Dezember 2010, Theater Wechselbad Dr. Achim Brunnengräber.
W w w. c l e a n – d r i v e. e u Clean Drive E-Learning 1 / 19 Aktuelle Rahmenbedingungen Aktuelle Rahmenbedingungen.
Das klimawissenschaftliche Einvernehmen Hans von Storch Helmholtz Zentrum Geesthacht 17. März 2014 – Was können wir glauben? Die Klimadebatte.
Vortrag von MR Werner Ressing
Demographie und Immobilien: Eine Tour d´Horizon
© economiesuisse Cancún 2010: Schweizer Wirtschaft zu aktivem Klimaschutz bereit Folien zum dossierpolitik 24, 29. November 2010.
KV Österreichische und Internationale Energiepolitik SS07 An energy policy for Europe - the quantitative targets Florian Brence Thomas Schinko Mark Sommer.
Klima im Handel.
Die 2000-Watt-Gesellschaft
Vienna Conference on Consciousness Teil I "Was ist die neuronale Grundlage des Bewußtseins? Wo ist es im Gehirn?" Beitrag von Michael L. Berger (Center.
STAND UP- Der weltweite Aktionstag gegen Armut vom Oktober
REDD Ergebnisse in Kopenhagen: eine politische Bewertung , DNR Tagung, Bonn Dr. Horst Freiberg, BMU, N II 4.
Weltweiter Klimawandel & Globale Gerechtigkeitsfragen
Dr. Gerhard Zahler-Treiber ATTAC Österreich
© Yann Arthus-Bertrand / Altitude Hauptaussagen des 5. IPCC Berichts Gian-Kasper Plattner Head IPCC WGI TSU Universität Bern 259 Autoren aus 39 Ländern.
Motivation – Rahmenbedingungen für Energieeffizientes Bauen, Sanieren, Modernisieren nach Minergie-P®, Minergie-A®, Plusenergie-Gebäude Dr. Ruedi Meier,
Die Energiewende richtig machen!
Forschungsdesign Forschungsziel Methode Sample Timing
Steffen Stierle Europa geht anders Krise, Krisenpolitik und Widerstand.
2.3 Emissionsrechte in der Praxis Kyoto-Protokoll Rahmendaten 1997 in Kyoto beschlossen 37 Industrienationen vereinbaren GHG Reduktionen von ca. 5 % gegenüber.
Chemieproduktion wächst im Gesamtjahr 2014 um 1,5 Prozent
2. Klimawandel - Auswirkungen des Einsatzes fossiler Energieträger.
Stabilisation de la température moyenne globale à 2°C.
SE: Sicherheitspolitik nach dem Ost-West-Konflikt
Energiestrategie 2050.
Bevölkerung in der 3. Welt
Planspiel Menschenrechtsschutz mal 2 Grad plus minus X = neues Klimaschutzabkommen? Diese Präsentation wurde von EPIZ e.V. im Rahmen des Projekts Global.
Der Weg zu einem neuen internationalen Übereinkommen Klimawandel EUROPEAN COMMISSION FEBRUARY 2009.
Die 30 größten CO 2 -Emittenten 2014 Emissionen in tausend Tonnen pro Jahr Quelle: EDGARv4.3, European Commission, Joint Research Centre (JRC)/PBL Netherlands.
Ort, Datum Autor Klimaschutzmaßnahmen und Anpassung- Kosten und Nutzen Prof. Dr. Claudia Kemfert Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Humboldt Universität.
Das CO2-Äquivalent von Treibhausgasen (THG) in der Atmosphäre bereits 390 ppm überschritten hat Millionen (NOAA) (mit insgesamt “langfristige” THG mehr.
Entwicklung der Chemieproduktion in Deutschland
 Präsentation transkript:

Globale Klimagerechtigkeit Wie kann das konkret gehen? Samstag, 4. August 2012, 15:00 – 16:30 Uhr Attac Sommerakademie Universität Mainz, Raum P 108 Dr. Helmut Selinger isw, Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung München e.V.

Wie ist die Situation? Seit inzwischen mehr als 20 Jahren kennen wir - mit immer größerer Sicherheit – die Problematik der drohenden globalen Klimaerwärmung IPCC (Weltklimarat) (International Panel on climate change)

Was ist notwendig? (Hier Beschränkung auf CO 2 - entspricht ca. 80 % der THG)

Aktuelle Feststellungen: Die Klimaveränderung wird durch das global dominante Wirtschaftssystem ungebremst weiter vorangetrieben. Die Treibhausgas-Emissionen steigen weiter an. Die jährlich stattfindenden Klimagipfel haben das Klimaproblem bisher in keiner Weise befriedigend angepackt. Seit dem Misserfolg von Kopenhagen hat sich bei vielen Staaten und bei der Klimabewegung große Enttäuschung breitgemacht.

Manche wollen gänzlich auf den internationalen Prozess der Klimaverhandlungen verzichten und nur noch auf bilaterale zwischenstaatliche Vereinbarungen und auf eigenständige regionale und lokale Aktivitäten orientieren. Die Argumentation lautet: Verhandlungen zwischen fast 200 Staaten seien prinzipiell zu schwierig, die Materie sei so komplex, dass fast notwendigerweise wenig herauskommen kann.

Dem soll hier widersprochen werden !! Die These lautet: Es gibt eine gerechte, einfache und transparente Methode, auf deren Basis Verhandlungen vernünftig zu führen wären. Die Ursache für das Scheitern bisher liegt nicht in der Komplexität der Materie, sondern in der Interessenpolitik der reichen, hochindustrialisierten Länder.

Voraussetzung für erfolgreiche Verhandlungen sind absolut transparente, angemessene, nachvollziehbare, für jedermann einsehbare und gerechte Grundsätze. Nur wenn sich keine Seite übervorteilt fühlen kann, ist eine Verständigung auf ein wirklich umfassendes Klima- Abkommen, das der menschheitsbedrohenden Gefahr des globalen Klimawandels begegnen kann, überhaupt realistisch. Dann ist es m.E. aber auch erreichbar. Da die CO 2 -Emissionen wegen der großen freigesetzten Mengen und der langen Verweildauer in der Atmosphäre im Zentrum aller Klimaschutzüberlegungen stehen müssen, konzentriert sich der hier vorgestellte Ansatz auf die dominierenden CO 2 -Emissionen.

Was ist globale Klimagerechtigkeit?

Das Konzept der globalen Klimagerechtigkeit geht davon aus, dass die Erdatmosphäre globales Gemeingut aller Menschen ist. D.h. Jeder Mensch hat dasselbe Recht, CO 2 in die Atmosphäre zu emittieren, allerdings nur bis zu einem noch verträglichen Maß. Prinzip der Gleichheit Daraus folgt eine präzise Aufteilung der Emissionsrechte auf die einzelnen Nationen. Die Methode, um diese Aufteilung zu berechnen, ist der hier vorgestellten Budgetansatz

Ausgangspunkt für das ganze weitere Verfahren ist das folgende Ergebnis der Klimawissenschaft IPCC / WBGU -> Dem muss man vertrauen !! Alles weitere unterliegt dem eigenen Urteil ! Wenn man das 2°C-Temperatur-Ziel mit 75 % Wahrscheinlichkeit erreichen will, dann dürfen die kumulativen CO 2 -Emissionen für den gesamten Globus im Zeitraum von 1990 – 2050 den Wert von Mrd. t CO 2 nicht überschreiten (WBGU 2009)

Budgetansatz 1990 Bevölkerung Welt % CO2- Emissionen pro a Mrd. t. CO CO2-Emissionen in Mrd. t. CO2 Land 16 8,9 1,5 4, , Indien 4, EU 0, D 6, USA 6, China Welt

Abschätzung von daraus resultierenden internationalen Finanzströmen: Wenn 1 t CO 2 -Emission z.B. mit 40 $ bewertet wird Dann würde dies bedeuten: Klimabeitrag USA pro a : 244 Mrd. $/a (bei derzeit 6,1 Mrd. t CO 2 /a) Klimabeitrag D pro a : 36 Mrd. $/a (bei derzeit 0,9 Mrd. t CO 2 /a) (CO2-Preisvereinbarung sollte jeweils angepasst werden -> Ergebnis internationaler Verhandlungen )

Daraus ergibt sich: Weltweiter Klimafonds pro a ca.: 500 Mrd. $/a Klimaschuld USA von : Mrd. $ = 2,24 Bill. $ (Bei -56 Mrd t CO 2 ) (Eine Abzahlung über mehrere Jahre müsste gesondert verhandelt werden.)

Vergleich dieser Finanzzahlen mit den Zahlen zur Rettung des Bankensystems bzw. zum Geldvermögen relativieren die Größenordnung. In USA beliefen sich die unmittelbaren staat- lichen Rettungsaktionen für das Bankensystem auf Mrd. $ Der Euro-Rettungsschirm (ESFS) hat ein Volumen von 780 Mrd. Weltweit wurden 15 Bill. $ aufgebracht, um die Finanzindustrie zu retten (Spiegel). das Welt BIP in 2010 betrug 63 Bill. $

Verrechnung und Kontrolle durch eine neu zu schaffende UN-World Climate Organisation (WCO) Der Klimafonds von ca. 500 Mrd. $/a sollte unter strenger WCO-Verwaltung stehen, Finanz- und Technologietransfers in die ärmeren Länder dezidiert nur für klimawirksame Reduktions- und Anpassungsmaßnahmen Mit einem solchen Volumen eines Klimafonds könnte eine globale Umsteuerung der Energieerzeugung möglich werden.

Ziel: Überspringen der fossilistischen Phase der gesellschaftlichen Entwicklung

Die globale Klimabewegung muss aufzeigen, dass es diese Methode zur gerechten Bewertung von Klimarechten und -schulden gibt. Die Gruppe der G77-Staaten, d.h. ca. 130 Staaten inkl. China und Indien, sollte sich diese Methode zu eigen machen und mit aller Kraft bei den Klimaverhandlungen diese einfache und gerechte Methode als Grundlage der Gipfel einfordern. Dies sollte von den kritischen und alternativen Kräften und Medien weltweit massiv unterstützt werden.

Dem stehen gewaltige Interessengruppen entgegen. Voraussetzung für einen substanziellen Wandel ist u.a. die Zurückdrängung der Macht der heutigen großen Öl- und Energiekonzerne. Alle Erfahrung sagt, dass ein solcher Wandel nur schwer im derzeit herrschenden globalen ökonomischen System durchzusetzen ist.

Unsere Forderungen sollten also radikaler werden, nicht nur defensiv eine Lösung innerhalb des herrschenden Systems suchen, sondern gerade aufgrund der sonstigen diversen Krisen die System- alternative denken, benennen und anstreben.

Möglicherweise kann zunächst auf dem Feld der globalen Klimaproblematik diese o.g. andere globale Regelung zur Lösung des Klimaproblems durchgesetzt werden (wahrscheinlich auch angetrieben von schlimmsten Katastrophen). Dies könnte/sollte parallel auch zum globalen Einsatz gegen andere Krisen führen. Gut und wichtig ist m.E. auch die Idee einer zweiten – nun globalen Aufklärung mit einer neuen globalen Bildung.

Zusammenfassung der wichtigsten Forderungen: Das 2°C-Ziel wird völkerrechtlich verankert. Ein globales, mit dem 2°C-Ziel konformes Budget für Kohlendioxid (CO 2 ) aus fossilen Quellen wird festgelegt (s. WBGU-Budgetansatz). Das globale CO 2 -Budget wird auf Pro-Kopf-Basis in nationale Emissionsbudgets für alle Staaten unterteilt. Es wird ein angemessener Preis für 1t CO 2 vereinbart, z.B. 40 $ pro t CO 2. Der aus entsprechenden Finanztransferleistungen gespeiste Klimafonds wird von einer z.B. neu zu schaffenden WCO (= World Climate Organisation) verwaltet und kontrolliert. Diese Klima-Finanz­transferleistungen dürfen in den armen Ländern nur für Klimastruktur- und Anpassungsmaßnahmen investiert werden

Fortsetzung der wichtigsten Forderungen: Die weltweiten CO 2 -Emissionen müssen ab 2015 zu sinken beginnen. Alle Staaten legen relevante und überprüfbare Dekarbonisierungs- fahrpläne vor. Die CO 2 -Emissionen der Industrieländer müssen in 2020 um 40 % im Vergleich zu den Emissionen von 1990 gesunken sein. Als verbindlichen Grenzwert für den CO 2 -Ausstoß pro Kopf in 2050 wird 1,5 t CO 2 vereinbart. Für COy-Emissionen aus Landnutzung, besonders Entwaldung, wird ein separates, mit dem 2°C-Ziel konformes Abkommen beschlossen. Für weitere Treibhausgase und klimawirksame Stoffe werden spezifische, mit dem 2°C-Ziel konforme Vereinbarungen getroffen.

Danke für die Aufmerksamkeit Literatur: - WBGU Sondergutachten Kassensturz für den Weltklimavertrag – Der Budgetansatz - Selinger H., Eine gerechte Verhandlungsgrundlage für den UN-Weltklimagipfel in Cancun ist möglich pdf - isw e.V.: - Selinger H., transform journal No7 (english), 2010 The Costs of Carbon Dioxide Emissions: A Just Basis for the UN-Global Climate Summit in Cancún pdfwww.isw-muenchen.de