Wirtschaftswachstum, Produktivität und Wohlstand von Nationen

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 Präsentation transkript:

Wirtschaftswachstum, Produktivität und Wohlstand von Nationen Prof. Michael C. Burda, Ph.D. Institut für Wirtschaftstheorie II Humboldt-Universität zu Berlin 4.Econ Boot Camp des SFB 649 Berlin, 7.Januar 2011

Zusammenfassung Grundwissen der Volkswirtschaftslehre zum Wachstum, Wohlstand und Produktivität Die Theorie des Wirtschaftswachstums und die Kapitalakkumulation: Das Solow-Modell Schlussfolgerungen der Theorie Fazit Forschungsfragen

Was ist Wohlstand? Materieller Wohlstand (hohes und möglichst stabiles Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit) Gesundheitlicher Wohlstand (hinreichende Grundversorgung, Krankenversicherung) Geistiger Wohlstand (Friede, Sicherheit, Freiheit, Selbstverwirklichung) Ohne materiellen Wohlstand sind die anderen Formen schwer erreichbar

Wie misst man den Wohlstand? Einkommen pro Kopf ist ein möglicher Maßstab Aber ohne Wertschöpfung ist Dein Einkommen mein Verlust (Null-Summen-Spiel)! Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist das übliche Maß, um die Wertschöpfung einer Nation zu erfassen Das BIP ist der Gesamtwert jener Güter und Dienstleistungen, die an Endverbraucher in der Messungsperiode verkauft werden (inkl. Exporte)

Wie misst man den Wohlstand? Gleichzeitig ist das BIP auch die Summe aller Einkünfte, die der Arbeit, dem Kapital und anderen Produktionsfaktoren zufließen Um die Preisentwicklung (Inflation) heraus zu rechnen, verwendet man die gleichen Preise über Jahre hinweg Wirtschaftswachstum stellt die Zuwächse des realen BIP dar, also die Vergrößerung der verfügbare Verteilungsmasse einer Gesellschaft

D F GB

ln(BIP) D F GB

ln(BIP) D F GB Anstieg0.021/Jahr  2.1% jährlich

Zum Vergleich: Die Konjunktur Zyklische BIP Komponente, D, 1970-2009 Milliarden von Euro zu konstanten Preisen Tiefster Abschwung seit den 30er Jahren! 2009 Quelle: OECD. BIP zu konstanten Preisen

Wachstum und Wohlstand Ohne Wachstum der gesamten Wirtschaftleistung können jene, die zurückbleiben, kaum aufholen Um die Quellen des Wirtschaftswachstums zu erforschen, braucht man eine Theorie, die Ursachen mit Folgen verknüpft Dies erfolgt mit Hilfe eines wirtschaftstheoretischen Modells. Eine Vereinfachung der Realität, um die wesentlichen Faktoren ersichtlich zu machen

Robert Solow und das Solow-Modell des Wirtschaftswachstums Erhielt 1987 den Nobelpreis in den Wirtschaftswissenschaften Seine Theorie des ökonomischen Wachstums ist das Arbeitspferd der Makroökonomik Basis für das Grundverständnis des ökonomischen Produktionspotenzials

Das Solow-Wachstumsmodell Man unterstelle eine Produktionsfunktion: Y = F(A,K,L) wobei Y = das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu konstanten Preisen in der Messungsperiode, K = der Kapitalstock – ein Maß der Anlagen, Gebäude und sonst eingesetzten Kapitalgüter; L = die Gesamtsumme der eingesetzten Arbeit; A = der stets wachsende Stand des Technologie. Die Produktionsfunktion ist eine abstrakte Darstellung des Fähigkeit eines Landes, Wertschöpfung zu erzeugen

Das Solow-Wachstumsmodell Die Produktionsfunktion Y = F(A,K,L) (1) besitzt mathematische Eigenschaften wie die Stetigkeit positive erste Ableitungen, negative zweite Ableitungen nach den Argumenten K und L sowie konstante Skalenerträge in K und L: Für alle >0 gilt: Y = F(A, K, L). „Intensive Form“: y = Y/L = F(A,K/L,1) = f(A,k)

Die Produktionsfunktion Output pro Kopf (y=Y/L) y=f(k) y Produktionsfunktion y =f(k) wobei kK/L = “Kapital pro Kopf” und f(k) is concave k Capital pro Kopf (k=K/L)

Die Produktionsfunktion Eine erste Schlussfolgerung: Der zentrale Faktor des Wachstums ist die Kapitalakkumulation! Sachinvestitionen bzw. Sachkapitalbildung (k) Es folgt: Reiche Nationen verfügen über mehr produktives Sachkapital (aber pro Kopf) als arme Aber ceteris paribus, je mehr k ein Land bereits besitzt, desto weniger ergiebig ist der Ertrag zusätzlichen Kapitals (das Gesetz des fallenden Grenzertrags)

Die Ersparnisfunktion Woher kommt das k? Durch Investitionen Woher kommen die Investitionen? Aus der Ersparnis von Haushalten und Unternehmen: Investitionen (I) = Ersparnis (sY) wobei s=vorgegebene Sparquote  I/L = S/L= sY/L = sy = sf(k)

Die Ersparnisfunktion Output per capita (y=Y/L) Produktionsfunktion y=f(k) Ersparnisfunktion (hohes s) sf(k) Capital per capita (k=K/L)

Die Ersparnisfunktion Output per capita (y=Y/L) Produktionsfunktion y=f(k) sf(k) Ersparnisfunktion (niedriges s) Capital per capita (k=K/L)

Kapitalakkumulationsgleichung Das Kapital wird abgeschrieben zu Rate  Die arbeitende Bevölkerung wächst zu Rate n  Die Nettoveränderung des Kapitalstocks pro Kopf k =(K/L) ist die Bruttoersparnis I pro Kopf abzüglich der Abschreibung pro Kopf (k) abzüglich der Bevölkerungseffekt (nk)  I/L - k - nk = 0  I/L = (+n)k ist die Kapitalakkumulationsgleichung

Gleichgewichtiges Wachstum Wachstum ist ein Rennen zwischen der Kapitalakkumulation durch Ersparnis auf der einen Seite, und der Kapitalakkumulation die notwendig ist, um k =0 zu halten auf der anderen. Gleichgewicht erfolgt, wenn die Ersparnis mit der notwendigen Kapitalakkumulation vereinbar ist, d.h. wenn S/L = sf(k) = ( + n)k !

Das Solow-Modell Output pro Kopf (y=Y/L) Konsum pro Kopf y=f(k) y (+n)k Kapitalakkumulation sf(k) sy Ersparnisfunktion Investitionen pro Kopf Anstieg=+n k* Kapital pro Kopf (k=K/L)

Schlussfolgerungen Ceteris paribus sagt das Solow-Wachstumsmodell u.a. voraus, dass das BIP pro Kopf in armen Ländern schneller wachsen soll als in reichen Ländern, gemessen am Anfangswert des BIP; in Ländern mit höheren Spar- bzw. Investitionsquoten schneller wachsen soll als in Ländern mit niedrigen Spar- und Investitionsquoten ; in Ländern mit hohem Bevölkerungswachstum langsamer wachsen soll als in Ländern mit niedrigem Wachstum der Bevölkerung

Fazit Das Wirtschaftswachstum ist eine zentrale Voraussetzung für verbesserte Lebensstandards Kernaussage der Wachstumstheorie: Zuwächse der eingesetzten Produktionsfaktoren sind eine wichtige Quelle des Wirtschaftswachstums (es gibt andere) Das Solow-Wachstumsmodell sagt u.a. voraus, dass arme Länder schneller wachsen sollen als reiche – ceteris paribus, weil das Kapital dort produktiver ist Allerdings klappt die Theorie am besten für die bereits wohlhabenden Länder der Welt

Konvergenz in der Praxis, 1960-2003 OECD Länder Mitgliedsländer des IWF BIP pro Kopf, Wachstumsrate (% jährlich), 1960-2003 BIP pro Kopf, Wachstumsrate (% jährlich), 1960-2003 reale BIP pro Kopf, Niveau im Jahr 1960 reale BIP pro Kopf, Niveau im Jahr 1960 Hinweis: Jeder Punkt bezeichnet ein Land jeweils nach Anfangswert im Jahr 1960 sowie das darauf folgende durchschnittlich reale Wachstum (% pro Jahr) zwischen 1960 und 2003 OECD: Organization for Economic Cooperation and Development (die wohlhabenden Industrieländer); IWF: Internationaler Währungsfonds (Mitglieder sind fast alle Länder der Welt) Quelle: IWF

Forschungsfragen Inwiefern kann man die Regressionsanalyse verwenden, um die Tauglichkeit des einfachsten Solow-Modell zu untersuchen? Erklärt das Solow-Modell das Wirtschaftswachstum der Länder der Erde? Warum gilt es eher für die entwickelten Industrieländer? Können zusätzliche Variablen (ökonomisch relevante Faktoren) Abhilfe schaffen? Wie verläuft der Aufholprozess? Welche Länder haben die besten Chancen aufzuschließen?