NS-Verbrechen in Frankreich

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NS-Verbrechen in Frankreich 1940-1944

Frankreich unter deutscher Besatzungsherrschaft Angriff auf Frankreich im Mai 1940 Kapitulation Frankreichs am 22.6.1940, Einteilung: Nordfrankreich und die Atlantikküste unter deutscher Militärverwaltung Südfrankreich unter Marschall Phillipe Pétain mit Regierungssitz in Vichy als „unbesetzte Zone“ („Vichy-Regime“) Als Reaktion auf die Siege der Alliierten in Nordafrika besetzten die Deutschen im November 1942 den Südteil Erste Landung der Alliierten (D-Day) an der Küste der Normandie im Juni 1944 Damit verbundene Frage: Kolonien in Nordafrika (Tunesien, Marokko, Algerien)

Zweiteilung Frankreichs „Unbesetzte Zone“ (bis November 1942) = frz. Kollaborationsregierung mit Sitz in Vichy „Südzone“ (ab November 1942) = Deutsche Militärverwaltung Sonderfälle: Elsaß-Lothringen zu Deutschland Nord und Pas-de-Calais zu Belgien Südosten, Korsika tlw. von Italien besetzt und verwaltet

Jüdische Bevölkerung I: Zahlen Unklarheit über jüdischen Bevölkerungsanteil in Frankreich vor 1933, da keine Erfassung nach Religionszugehörigkeit ab 1933: massive Einwanderung aus Polen und Deutschland 1940: ca. 300.000 Jüdinnen und Juden in Frankreich (Schätzungen), davon etwa ein Drittel ohne frz. Staatsbürgerschaft Mindestens 75.000 Jüdinnen und Juden aus Frankreich von der deutschen Besatzungsmacht deportiert und ermordet, darunter 24.000 mit französischer Staatsbürgerschaft und ca. 30.000 mit polnischer oder deutscher Staatsbürgerschaft bzw. staatenlos (Rosh/Jäckel; mit Wetzel abgleichen)

Jüdische Bevölkerung II: Etappen der Verfolgung Ende 1941/Anfang 1942: Razzien und Erschießungen von Jüdinnen und Juden, weil sie für Attentate verantwortlich gemacht wurden (Geißelerschießungen)  Vélodrome Zunächst überwiegend aus anderen Staaten eingewanderte/geflohene Jüdinnen und Juden deportiert „Die Deutschen suchten alle jüdischen Kinder…“ (Nürnberger Prozess); 1944 werden alle jüdischen Kinder aus den (Flüchtlings-)Heimen verhaftet

Jüdische Bevölkerung III: Deportationen Trotz Besatzung des Südens durch die Deutschen konnte sich vor allem dort ein Großteil der jüdischen Bevölkerung verstecken und retten – Grenzen der Kollaboration? Erster Deportationszug nach Auschwitz am 26. März 1942 von Compiègne, 80 weitere folgten bis August 1944 Wichtigstes Sammellager für Transporte nach Auschwitz: Drancy (Vorort von Paris) Etwa 75.000 Jüdinnen und Juden aus Frankreich wurden von der deutschen Besatzungsmacht deportiert und ermordet, davon 11.400 Kinder

Die Kinder von Izieu Gründung der „Flüchtlingskinder-Kolonie“ in Izieu im Mai 1943 Während des Bestehens Aufnahme von ca. 100, hauptsächlich jüdischen Kindern aus zahlreichen Ländern (u.a. auch Algerien) 6. April 1944: von Klaus Barbie (Gestapo in Lyon) angeordnete „Razzia“ des Kinderheims 44 Kinder und 6 Erwachsene werden über Drancy nach Auschwitz-Birkenau deportiert (drei von ihnen in Tallin, Estland erschossen) und ermordet eine Betreuerin überlebt die Deportation und das Vernichtungslager „Ich glaube nicht, daß diese Kinder Feinde des deutschen Volkes waren, oder daß sie dem deutschen Heer in Frankreich irgendeinen Schaden hätten zufügen können.“ (Charles Dubost, Stellv. Hauptankläger für die Französische Republik; Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher)

Sinti und Roma I Juli 1940: Ausweisung der Sinti und Roma aus Elsass-Lothringen Der deutsche Erlass vom 4. Oktober 1940: „1. Die Zigeuner, die sich in der besetzten Zone aufhalten, sind in Internierungslager zu bringen, die von französischer Polizei überwacht werden. Einzelheiten werden von den regionale Militärverwaltungen festgelegt. 2. Die Überschreitung der Demarkationslinie in Richtung der besetzten Zone ist verboten.“ (Hubert, Marie-Christine: „Die Internierung von Sinti und Roma in Frankreich. In: Kenrick, Donald (Hrsg.): „Sinti und Roma unter dem Nazi-Regime. Band 2. Die Verfolgung im besetzten Europa“, S. 70) Ab Oktober 1942: Internierung von 600 „Zigeunern“ in Lager in der „Freien Zone“ (Argelès-sur-Mer; Saliers; Lannemézan)

Sinti und Roma II Insgesamt wurden in ganz Frankreich ca. 30.000 Sinti und Roma interniert (Kenrick/Puxon S. 83) Nationalsozialisten deportierten die Sinti und Roma in Lager nach Deutschland oder im besetzten Polen Einziger dokumentierter Deportationszug mit französischen Roma nach Auschwitz: „Zigeunertransport“ am 15. Januar 1944 (von Mechelen, Belgien) Zum Ende der Besatzung viele Sinti und Roma von Wehrmachts- und SS-Einheiten erschossen Insgesamt wurden mindestens 15.000 Sinti und Roma ermordet Von den geflohenen Sinti und Roma schlossen sich manche der französischen Résistance an

Euthanasieverbrechen Immer noch eines der am wenigsten erforschten nationalsozialistischen Verbrechen, vor allem für die besetzten Länder Ungewisses Schicksal der Anstaltspatienten: „Man vermutet, dass beispielsweise in Vichy-Frankreich Zehntausende von Patienten an unzureichender Ernährung zugrunde gingen.“ (Pohl: „Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit“, S.34) Drastische Herabsetzung der Lebensmittelrationen für psychiatrische Anstalten gilt als Mittel des Mordens

Zivilbevölkerung I „Nacht-und-Nebel-Erlass“ (7.12.1941): unter anderem in Frankreich verschleppen Nazis mehrere Tausend des Widerstands verdächtigte Personen nach Deutschland Vergeltungsaktionen an der französischen Zivilbevölkerung (vor allem „Kommunisten und Juden“) um den organisierten Widerstand zu zerschlagen Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, veranlasst 1941 die Aufstellung des „Geiselgesetzbuches“, das von General Stülpnagel durch einen am 30.09.41 erlassenen Befehl übernommen wird; daraufhin werden insgesamt 29.660 Personen hingerichtet 40.000 Franzosen starben in französischen Gefängnissen, weil sie willkürlich in „Schutzhaft“ genommen wurden

Zivilbevölkerung II: Oradour SS-Panzer-Division sollte Vergeltung für den wachsenden französischen Widerstand üben (laut Stellungnahme des NS-Regimes) Massaker von Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944: 642 Frauen, Männer, Kinder, Greise und Babys wurden brutal ermordet Das gesamte Dorf wurde niedergebrannt „Bis heute konnten der Grund für die Wahl des Orts Oradour-sur-Glane und der Anlass für das Massaker nicht vollständig geklärt werden.“ (http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/kriegsverlauf/oradour/ am 25.11.2011)

Französische Kriegsgefangene Insgesamt 1,85 Mio. in deutscher Gefangenschaft 1,58 Mio. wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert Noch während der Kampfhandlungen erste Deportationen von Kriegsgefangenen nach Betrieben in Deutschland Besonderheit: ca. 90.000 Soldaten waren auf Grunde des Hautfarben-Rassismus der Nazis nicht in diesen Deportationen enthalten und mussten in Frankreich Zwangsarbeit leisten Mindestens 400 jüdische Ehefrauen von Kriegsgefangenen wurden am 2. Mai und 21. Juli 1944 nach Bergen-Belsen deportiert (Dimension des Völkermords)

Zwangsarbeit Insgesamt rund 1 Mio Franzosen als Zwangsarbeiter_innen aus der zivilen Bevölkerung im Deutschen Reich in Industrie, Handel und Landwirtschaft, davon 220.000 Personen, die aus der Kriegsgefangenschaft in den Zivilstatus überführt wurden 728.000 Zivilarbeiter_innen 185.000 „freiwillige“ Arbeiter_innen Hinzu kommen rund 1,6 Mio. Kriegsgefangene, die ebenfalls zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden

Widerstand: Résistance 18.6.1940: Aufruf von de Gaulle (nach GB geflohen) zum aktiven Widerstand  Geburtsstunde der Résistance Zunächst vor allem Sabotage des Fernmeldenetzes und Flugblätter, Untergrundzeitungen, aber auch Spionage, später auch gezielte, bewaffnete Aktionen Résistance: eine der größten Gruppen: „Combat“, die 1. falsche Papiere herstellte, 2. eine paramilitärische Untergrundarmee aufstellte und 3. die am weitesten verbreitete Untergrundzeitung „Combat“ (80.000 Exemplare 1942) verteilte

General Ch. V. Stülpnagel: Kriegsverbrechen und Widerstand? 1941: Stülpnagel setzt das sog. „Geiselgesetzbuch“ in F. um und lässt insgesamt ca. 30.000 Geiseln erschießen (Nürnberger Prozess 1946) Geheimer Erlass von Stülpnagel ordnet die Deportation von Kommunisten, jüdischen Häftlingen und „asozialen Elementen“ als Sühnemaßnahme für Attentate an Wehrmachtsgeneral Stülpnagel war beteiligt am Militärputsch gegen Hitler 1944: Festnahme von SS-Personal in Paris

Erinnerungen: Gedenkorte in Frankreich Die Ruinen von Oradour-sur-Glane sind als nationale Mahn- und Gedenkstätte erhalten KZ Gedenkstätte Natzweiler-Struthof Nationale Gedenkstätte Durchgangslager Drancy Zentrum für die Geschichte und des Widerstands und der Deportation – Lyon Museum „Mémorial de la Shoah“ – Paris Maison d‘Izieu – Gedenkstätte für die ermordeten jüdischer Kinder

Literatur Kenrick, Donald (Hrsg.): Die Verfolgung im besetzten Europa. Berlin 2000. Klarsfeld, Serge: Vichy - Auschwitz: die "Endlösung der Judenfrage" in Frankreich. Darmstadt 2007. Nestler, Ludwig: Europa unterm Hakenkreuz, Frankreich. Berlin 1990. Pohl, Dieter: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933 - 1945. Darmstadt 2011. Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem internationalen Militärgerichtshof Band V. München, Zürich 1984; Rede des stellvertretenden Hauptanklägers für die Französische Republik, M. Charles Dubost. http://www.memorializieu.eu/spip.php?self0&lang=de http://www.memorialdelashoah.org