Lagerhalle Osnabrück 12.03.2009 Bedingungsloses Grundeinkommen Prof. Dr. Joachim Thönnessen, Fachhochschule Osnabrück.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen Paulus im 2
Advertisements

Das Modell der Solidarischen Alterssicherung
Dr. Thomas Loer Initiative „Freiheit statt Vollbeschäftigung“
Für eine „Grüne Grundsicherung“
Grundeinkommen oder Grundsicherung und Arbeitszeit-Verkürzung / Mindestlohn? September 2006 Ronald Blaschke Sprecher Netzwerk Grundeinkommen
Sprecher Netzwerk Grundeinkommen
Wer bezahlt das Grundeinkommen?
Staatsfinanzen und Steuern aktualisiert März 2010
Wandel der Erwerbsstruktur
Globalisierung und Wirtschaftswachstum
Teamwork Teamarbeit, Gruppenarbeit
Eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) – was ist das?
1. Wir können es: Der gesellschaftliche Reichtum ist vorhanden
Solidarische Alterssicherung Einführung in das Rentenmodell
Soziale Ungleichheit im internationalen Vergleich
Vorlesung: Einführung in die Soziologie – WS 2009/10 Prof. Dr
gegen Armut und soziale Ausgrenzung
Aufgabe und Rolle der beruflichen Weiterbildung in Krisenzeiten Bamberg 24. September 2009.
Arbeitskreis Bürgergeld / Grundeinkommen
Dr. Valentin Aichele, LL.M.
„Älter werden in der Pflege“
Wohlstand, Baby! Vom guten und schönen Leben
Staatsaufgaben Wirtschaftlicher Teil
Ein Projekt der 10a des GGL
Der Wert des Alters im demographischen Wandel
Fach-Tagung: Inklusion und Ressourcen, Berlin,
Die demographische Herausforderung der lokalen Politik
„ALTERnativen – Eure Ideen für eure Rente“
für eine ökosozialere Zukunft
Armut und Beschäftigung in Deutschland
„Fördern und Fordern“ im aktivierenden Sozialstaat
Daseinsvorsorge als globale Herausforderung. Rosa-Luxemburg-Stiftung politökonomische Perspektive die allgemeinen Produktionsbedingungen des.
Referat von Xiaoyan Yang
Klangnetz Ein hessenweites Frauenchorprojekt in Sozialen Brennpunkten.
Sektionschef Mag. Manfred PallingerWien, am 22. Oktober FSW-ExpertInnen-Forum WER RASTET, DER ROSTET – Autonomie durch Mobilität Altern und Zukunft.
Hans-Joachim Fuchtel (MdB) Parlamentarischer Staatssekretär
Sozialgespräche 2010 Impulse von Prof. G. Tappeiner Meran,
Die neue Armut in den Industriestaaten
Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Österreich - Aktueller Stand
Generation 50plus - „Frisch, Fröhlich, Alt“
Umbau des Sozialstaats in der Krise Impulsreferat
Mächtigster Konkurrent der Wirtschaft
Solidarisch und gerecht
Bedingungsloses Grundeinkommen
Anmerkungen zur Finanzierung von staatlichen Alterssicherungssystemen
„Nicht geliebt aber viel genutzt
Kontroverser Diskurs zum Thema "Eine Gesellschaft des Grundeinkommens? Manche Chancen - viele Gefahren Osnabrück, den Joachim Thönnessen Einige.
Lösung der sozialen Frage
Die Generationenbilanz
Die Zukunft der Hauswirtschaft in sozialen Einrichtungen
Demografischer Wandel
Theorie des Neoliberalismus
Bildungszentrum für Technik Frauenfeld Resultate der Volksabstimmung vom
Garantiertes Grundeinkommen
Ideen und Ziele eines Bedingungslosen Grundeineinkommens Volker Meinhardt Bern,
Zur Zukunftsfestigkeit der Europäischen Sozialstaaten
Aktive Eingliederung aus der Sicht der europäischen Arbeitgeber/innen Dr. Wolfgang Tritremmel, BUSINESSEUROPE Wien, 15. Mai 2008.
Historische und philosophische Grundlagen des Strafrechts
Bürgerdialog mit dem Bundesminister der Finanzen 14. September 2015.
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss ● Grundsätze wirksamer und verlässlicher ● Sozialleistungssysteme (2015/SOC 520) ● Berichterstatter: Prof.
Auswirkungen des demografischen Wandels im Einwanderungsland Deutschland Professor Marcel Thum, technische Universität Dresden und Leiter des ifo-Instituts.
Moderne Familien in Deutschland und in Russland.
Der Europäische Sozialfonds in Bremen. Was ist der ESF? Die Abkürzung ESF steht für Europäischer Sozialfonds. Der ESF ist einer der sogenannten Strukturfonds.
Soziale Arbeit in Polen – Organisation und Finanzierung, Chancen und Herausforderungen Prof. Dr. Piotr Błędowski Warsaw School of Economics (SGH) Institute.
Technische Universität München Industrielle Beziehungen in Europa – eine neue Erfindung Dr. Michael Whittall Lehrtstul für Soziologie SS 2010.
Wiederholung der wichtigsten Grundbegriffe
„Der Ehrbare Kaufmann“ verantwortliche Teilnahme am Wirtschaftsleben EhrlichkeitVertrauenAnstandRespekt Hermann Binkert; Leiter: Burgthanner Dialog, 29.
§ Grundgesetz § Artikel 1
 Präsentation transkript:

Lagerhalle Osnabrück Bedingungsloses Grundeinkommen Prof. Dr. Joachim Thönnessen, Fachhochschule Osnabrück

Wir werden weniger Schaubild 1: Bevölkerungsentwicklung Deutschlands im 21. Jahrhundert ohne bzw. mit Wanderungen - für einen angenommenen Anstieg der Geburtenzahl pro Frau von 1,25 auf 1,50 innerhalb von 15 Jahren (aus: Birg,H.: Die demographische Zeitenwende, 2001, S. 99)

Wenn ein Hochlohnland wie Deutschland mit der Produktivitätssteigerung und der Innovativität seiner Produkte nicht mehr mithalten kann, wenn also sein Humanvermögen nicht mindestens ebenso rasch zunimmt wie in Ländern mit einer nachholenden Entwicklung, muß mit Beschäftigungs- und Wohlstandsverlusten und erbitterten Verteilungskämpfen gerechnet werden ( Kaufmann, F.X.: Schrumpfende Gesellschaft. Vom Bevölkerungsrückgang und seinen Folgen; 2005, S. 92)

Triebfedern für das BGE Wir leben... in einer Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit (tendentiell) ausgeht und in einer Überflussgesellschaft, in der die Armut zunimmt = zentrale Widersprüche, die die Idee des Grundeinkommens nähren und vorantreiben.

Die Grundidee Jedem Bürger/jeder Bürgerin eines Landes, ob arbeitsfähig oder -willig oder nicht, soll eine finanzielle Mindestsicherung (Grundeinkom- men) garantiert werden.

Das Grundeinkommen soll... (1) existenzsichernd sein im Sinne einer Sicherung der basalen gesellschaft- lichen Teilhabe einen individuellen Rechtsanspruch darstellen ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt werden und keinen Zwang zur Arbeit bedeuten

Das Grundeinkommen soll... (2) steuerfinanziert sein bedingungslos jedem einzelnen Bürger/ jeder einzelnen Bürgerin zustehen andere Sozialleistungen des Staates ersetzen zum Abbau von Sozialbürokratie beitragen

Argumente der Kritiker Probleme der normativen Akzeptanz: - arbeitsethische Grundeinstellungen - Gerechtigkeitsauffassungen - Leistungsdenken Probleme der Durchführbarkeit und der Finanzierung: - Arbeitgeberverbände, politische Parteien und Gewerkschaften sehen aus unter- schiedlichen Gründen im BGE eine gefährliche Denkfigur

... und Antworten (1) Durch das unverdiente Einkommensge- schenk, das untätige ´Faulenzer´ genies- sen, kann Verwaltungsaufwand eingespart und auf ´demoralisierende Massnahmen´ verzichtet werden Die viel umfangreichere Kategorie derje- nigen kann begünstigt werden, die nützliche Tätigkeiten ausüben, dafür jedoch keine Zahlung erhalten (Ehrenamt, Erziehung, Pflege)

... und Antworten (2) Die Probleme von Armut und Arbeitslosigkeit können mit den herkömmlichen, ´produktivistischen´ Mitteln der Wachstumsförderung einerseits, der ´aktivierenden´ Arbeitsmarktpolitik andererseits, nicht mehr gelöst werden

... und Antworten (3) Ein bedingungsloses Grundeinkommen führt nicht zu ´Vollbeschäftigung´- aber es entschärft das Verteilungsproblem Die Erwerbsnötigung von Arbeitskräften wird verzichtbar Die Produktivität von Arbeit würde steigen (hohe Motivation der Arbeitenden) Hemmungen bei der Nutzung arbeits- sparender technologischer und organisa- torischer Massnahmen fallen weg

... und Antworten (4) Finanzierung bezogen auf eine Deckungs- lücke von ca. 70 Mrd. Euro (bei 800 Euro BGE): Dieser Betrag liesse sich über eine Erhöh- ung der Mehrwertsteuer auf EU-konforme 25% (ergibt rund 50 Mrd. Euro) und über eine Streichung einiger Privilegien in der Einkommens- und Ertragssteuer (ergibt den Rest) aufbringen;

Weiterführende Forschungsfragen (Wie) Lässt sich ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel in Bezug auf wichtige Fragen, insbes. im Bereich der Arbeits- und Berufspolitik, aber auch im gesamten sozialen Bereich, herbeiführen (ohne das wir an Leistungsträgern und Leistungs- bereitschaft verlieren)? (Wie) Können die politischen Blockaden auf Seiten der politischen Parteien, der Gewerkschaften und der Arbeitgeber- verbände aufgelöst werden?

(Vorläufiges) Fazit Das BGE kann als Antwort auf Arbeits- losigkeit, Niedriglöhne und die wachsende Verarmung von Teilen der Bevölkerung gesehen werden Es ist zudem eine Reaktion auf die sich vollziehenden dramatischen soziodemo- graphischen Veränderungen und auf den Wandel der Grundbedingungen für Arbeit

Thesen der Befürworter (1) Das Vollbeschäftigungsziel wird nicht wieder erreicht werden. Die Idee, durch Erwerbsarbeit die gesellschaftliche Integration zu sichern, verliert nach 30 Jahren Massenarbeitslosigkeit ihre Legitimität Das soziale Sicherungssystem kann aufgrund von Unterfinanzierung in der jetzigen Form nicht auf Dauer bestehen

Thesen der Befürworter (2) Das BGE ist ein Projekt für mehr Freiheit, Demokratie und Menschenwürde ( Es hat Vorteile sowohl für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber Leistungsgerechtigkeit setzt Teilhabe- gerechtigkeit voraus. Diese ist unter den vorherrschenden Bedingungen nicht gegeben

Fazit (1) Die bisher vorgeschlagenen Modelle sind noch unausgereift Trotzdem muss die Diskussion weitergeführt werden In dem Maße, wie sich das Vollbeschäf- tigungsideal als Illusion erweist und sich die Risse in der Gesellschaft vertiefen, wird es langfristig zu einem BGE kaum eine Alter- native geben (Just 2008, 231)

Fazit (2) Ein BGE kann die soziale Wirksamkeit eines vielgliedrigen Reforminstrumentari- ums materiell fundieren; es macht dessen weitere Elemente aber keineswegs verzichtbar oder überflüssig Hierzu gehören u.a.: Einkommensumver- teilung, gleicher und freier Zugang aller BürgerInnen zu Arbeit, Bildung, Partizipa- tion, Autonomie und Muße (Lessenich 2009)

Ende Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Die Diskussion ist eröffnet!!