Übersicht der Präsentationen

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Grundbegriffe der Pädagogik: Bildung, Sozialisation, Erziehung
Advertisements

Methodik und ausgewählte Ergebnisse
Die neue Sulzer Website Internet Core Team | Juli 2012.
D. ZAMANTILI NAYIR – 8. SEMESTER
Ekkehard Nuissl von Rein Erfahrungen aus dem deutschen Programm
Empirische Forschung Empirisch = eine wissenschaftliche Vorgehensweise betreffend, die nicht auf theoretischen Begründungen, sondern auf nachvollziehbaren.
Drei gute Gründe eine Berufsausbildung zu haben
Projektumfeld Gesellschaftliche Strömungen Strukturen/ Gliederung
Christiane Erdmann Ulrich Heisig Helmut Spitzley Gute Arbeit – aber wie? Fachtagung an der Universität Oldenburg Fachtagung Gute Arbeit – aber.
Gewerkschaftliche Organisation
Kulturelle Konflikte im globalen Konfliktgeschehen seit 1945 – Prof. Dr. Aurel Croissant Studie des Instituts für Politische Wissenschaft an der Universität.
Der Umgang mit qualitativ erhobenen Daten: Strategien der Datenanalyse
Institut für Christliche Sozialwissenschaften Universität Münster Christlicher Glaube in säkularer Gesellschaft 9. Sitzung Kritik des Säkularisierungsparadigmas.
Evelyn Naucke Jessica Vogts
Institutionelle Infrastruktur und allgemeine Charakteristika von Sozialstatistiken II Die Zuverlässigkeit retrospektiv erhobener Lebensverlaufsdaten Analysen.
Herzlich willkommen zur Vorlesung: (Erziehungswissenschaft)
Politische Kultur im Ost- und Westvergleich. Ost – West Vergleich.
Akzeptierende Jugendarbeit mit rechtsextremen Jugendlichen
Bildung für nachhaltige Entwicklung – ein Thema für die Förderschule?
Geschichte und Sozialkunde kombiniert
IGLU Grundschulstudie.
Beschäftigtenbefragung zur Sozialpartnerschaft in Brandenburg
Gliederung der Präsentation
Lebensgefühl und Wertorientierungen bei Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse der Shell Jugendstudien 2002, 2006, 2010 Dr. Thomas Gensicke Senior.
Studienergebnisse für die Schweiz 4. Juni 2008, Au Premier, Zürich.
Zielgruppenkonferenz „Sozialraumorientierte Präventionsarbeit mit Kindern und Jugendlichen in benachteiligten Stadtteilen“ 17. Oktober 2005 Gemeinsamkeiten.
„Das Beste an meiner Entscheidung war wohl bisher, dass ich es überhaupt gewagt habe.“ Laura Lender, Austauschschülerin in Schweden 2012/13 „Ich habe mich.
SFB 522 Umwelt und Region Universität Trier, Trier gefördert durch: Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung,
Statistisches Amt des Kantons Basel-Stadt Schweizerische Statistiktage 2010, Neuchâtel Erste kantonale Jugendbefragung Basel-Stadt (2009 ) Konzept und.
Warum ich nicht halte, was ich mir verspreche!?!? 18. November 2010.
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem
Frauenpolitik im 21. Jahrhundert
Stadt Weilburg Vielfalt tut gut – Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie und kompetent. für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus.
Eidgenössisches Departement des Innern EDI Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG Geschlechtergleichstellung als Querschnittsaufgabe im.
Texte aus dem International Assembly 2006 Report Vereinigt (assoziiert) für die lasallianische Erziehungssendung Grundlegende Richtlinien und Bereiche.
Die eigene Werbeagentur im Urteil der Werbeauftraggeber
Übersicht der Präsentationen
Vielfalt tut gut – Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie und kompetent. für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus Von 2007 bis.
Dialog der Generationen: Notwendigkeit und Chance (Impulsreferat auf dem Aktionstag des Projektbüros Dialog der Generationen am in Berlin) Prof.
Vorbild – Selbstbild – Autorität
SSP Ahrntal - Mittelschule Externe Evaluation Schuljahr 2011/2012.
Übersicht der Präsentationen
Befragung Verantwortlicher in der KLJB Bayern zu Glaube und Kirche 2004.
Willkommen zum Seminar
Übersicht der Präsentationen
Schadensminderung im Justizvollzug Zusatzmodul: Gefangene aus ethnischen Minderheiten Training Criminal Justice Professionals in Harm Reduction Services.
Generationenmanagement im Unternehmen
Schule in Asyl- und Flüchtlingsunterkünften TISG
Sensible Themen Was Sie tun können, wenn die Unzufriedenheit mit dem Aussehen für eine/n Lernende/n oder KollegIn ein Problem darstellt LIFELONG LEARNING.
Forschungsdesign Forschungsziel Methode Sample Timing
Dr. Petra Bendel Der Vergleich in der Politikwissenschaft für: Seminar „Migrationspolitiken in Europa“
Organisationen finden engagierte Fachleute Fachleute finden engagierte Organisationen Arbeitsmarkt 55 plus 1 Idee and Concept created by I.A.M. Sokrates.
Jugendliche, wie geht‘ s? (Разработка урока немецкого языка в 10 классе ) Выполнила: Вагнер Е. Н, учитель немецкого языка.
Methoden der Sozialwissenschaften
Schweizer Kolloquium zum Thema Jobsharing, PANEL E
Leserbefragung Hinz & Kunzt
Verhalten in Parks und auf Plätzen in Österreich Eine quantitative Untersuchung (MTU) im Auftrag des Vereins ISOF April 2015 ISOF - Initiative für Soziale.
Theologie der Verbände
Partizipation im Übergang – gemeinsam gestalten
Demografieforum 2015 Betriebliches Gesundheitsmanagement
1 Die Transnationalisierung der Schweizer Chefetagen Die Schweiz im Prozess der Transnationalisierung Janine, Silja, Veronica 13. Dezember 2011.
Mobilität in der Schweiz. Ablauf Referat 1)Bedingungen der Schweiz 2)Mobilitätsverhalten in der Schweiz 3)Exkurs: arbeitsbedingtes Pendeln in der Schweiz.
Projekt Titel Bürger Europas – Gemeinsam leben und arbeiten in Europa.
Die klassischen Methoden der historisch-vergleichenden Forschung Universität Zürich Soziologisches Institut Seminar: Methoden des internationalen Vergleichs.
We are Family! Geschwister von Kindern mit Behinderung.
Universität zu KölnHumanwissenschaftliche Fakultät SIGMA SIGMA Zur Situation gehörloser Menschen im Alter SIGMA Wissenschaftliche Untersuchung an der Universität.
Prof. Dr. Winfried Hamel 27 August 2008 The way to the World, X-Zyme GmbH Seite 1 The way to the World Mittwoch, Dr. Shukry Na‘amnieh X-Zyme.
Folie 1 Kulturelle Vielfalt: eine ethische Reflexion Peter Schaber (Universität Zürich)
 Präsentation transkript:

Übersicht der Präsentationen P0 Einführungspräsentation P1 Der Wertbegriff in den empirischen Sozialwissenschaften P2 Werttheorie bei soziologischen Klassikern P3 Sozialwiss. Wertewandelstheorien I: Werteverfallsansatz P4 Sozialwiss. Wertewandelstheorien II: Postmodernisierungsansatz P5 Sozialwiss. Wertewandelstheorien III: Wertsynthese-Ansatz P6 Die Entwicklung eines Kreismodells menschlicher Werte P7 Arbeitswerte als meistuntersuchte Wertgruppe P8 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung P9 Der Wert bei Luhmann und Habermas ■ Begriffsklärung Statische Werttheorie Dynamische Werttheorie Methodologie Empirie Berührte Aspekte der Wertforschung

Probleme quantitativer Survey-Wertforschung (I) allgemein ● Befragung als reaktive Datenerhebungsmethode: Befragungskontext, Befrager und genaue Befragungsart beeinflussen Verhalten der Befragten ● Reaktivitätsproblem verschärft sich bei Befragungen zu hoch subjektiven Themen wie den Werten Einfluss des genauen Frage-Wortlauts (Einleitungssatz, exaktes Vokabular, Wortreihenfolge) - Fact-Frage nach Mitgliedschaft bei der Organisation Greenpeace (objektivierbar): Einfluss gering - Wert-Frage nach persönlicher Wichtigkeit des Umweltschutzes (rein subjektiv): Einfluss gross ● kognitiv geübte Befragte durch begrenzte Antwortvorgaben oft frustriert, kognitiv Ungeübte durch Befragungsinhalte und -formen teils überfordert → Effekte auf Antwortverhalten ● genaue Bedeutung abgefragter Werte aus Sicht der Befragten bleibt unbekannt 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 2

Probleme quantitativer Survey-Wertforschung (II) bei untersuchtem Wertwandel: ● Referenzrahmenproblem: ein jeweils unbekannter Anteil von surveytechnisch gemessenem Wertwandel ist auf den Wandel des Referenzrahmens zurückzuführen: die betreffenden Werte haben zu verschiedenen Zeitpunkten (und an verschiedenen Orten) nicht nur eine quantitativ, sondern auch qualitativ andere Bedeutung Bsp. Nationalstolz (mit Einzelfrage erhoben, Antwort "sehr stolz"): Zeitpunkt / Ort A: Bereitschaft, gegen andere Nationen einen Angriffskrieg zu führen Zeitpunkt / Ort B: Bereitschaft, während der Fussball-WM ein "Fan"-Produkt in den Nationalfarben zu kaufen Sprachbezogen liegt ein Wert-Wort ja nach Zeitpunkt und Ort anderswo im semantischen Raum, d.h. besitzt andere Beziehungen zu Nachbarbegriffen (= bedeutet nicht dasselbe) 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 3

Probleme quantitativer Survey-Wertforschung (III) bei untersuchtem Wertwandel: ● Problem des Itemwortlautes: Wortlaut in den wenigsten Forschungsprogrammen über mehrere Jahrzehnte identisch; Unterschätzung des Verzerrungseffektes leichter Fragevariationen sowie von Variationen in den Antwortmöglichkeiten durch viele Forscher (neu eingeführte Batterien müssten mit alten längere Zeit parallel geführt werden) Beispiel: Schweizer Befragungen zum World Values Survey, Erziehungswerte (20-80jährige CH-Bürger; mit regionaler Gewichtung) 1988: Hier haben Sie eine Liste mit Eigenschaften, die Eltern bei ihren Kindern fördern können. Bitte nennen Sie mir diejenigen Eigenschaften, die Ihnen persönlich besonders wichtig erscheinen. [...] fleissig zu arbeiten: 33 % 1996: Hier ist eine Liste mit den verschiedenen Eigenschaften, die die Eltern bei ihren Kindern ermutigen können. Was davon halten Sie für besonders wichtig? [...] Der Arbeitseinsatz: 39 % 2007: Eine Frage zur Erziehung. Wir haben da eine Liste zusammengestellt mit verschiedenen Werten, wo man Kindern für ihr späteres Leben auf den Weg geben kann. Also was Kinder lernen können. Was finden Sie davon besonders wichtig? [...] Hart arbeiten: 18 % (Melich 1991; Longchamp et al. 1996; Schnyder & Schwegler 2007) 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 4

Alternative Methoden empirischer Wertforschung Inhaltsanalyse [IA]: nichtreaktive Datengenerierung, ermöglichte lange Untersuchungszeiträume, Explorationsmöglichkeiten - Analyse von Stellenanzeigen, Kontaktanzeigen und anderen Medieninhalten mit wertsensiblem Codierschema Qualitatives Interview [QI]: Vertiefungsmöglichkeit von Wertbedeutungen, Entdeckung von Bedeutungszusammenhängen - Experteninterviews, narrative Interviews, Ergänzungsmethoden zu quantitativen Erhebungen (z.B. kommunikative Validierung, Datenfeedback) Institutionenanalyse: Nutzung 'harter' (Wandels-)Indikatoren - Analyse von Gesetzesänderungen und Gesetzgebung, Gesetzesauslegungstrends, Organisationsleitbildern und -reglementen - Analyse von Wahlergebnissen, Spendengeldflüssen - Recherche von Mitgliedschaftszahlen, Besucherzahlen, Absatzzahlen, bereichsspezifischen Bildungsabschlüssen - Analyse von Eheschliessungen, Scheidungen, usw. 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 5

IA: Stelleninserate 1950-1987 (Stengel 1992) (I) Datenbasis & Untersuchungsanlage ● 4 BRD-Tageszeitungen: FAZ, SZ, Die Welt, Die Zeit ● Zeitraum 1950-1987, 5-Jahres-Intervall, jeweils eine März- und eine September-Ausgabe ● Stellenangebote (N = 2012) und Stellengesuche (N = 1397), wovon je ca. 1/3 auf Führungspositionen bezogen ● Codierung der von Arbeitgebern geforderten und von Arbeitnehmern gebotenen Leistungen Annahme: die Häufigkeitskurven der geforderten / gebotenen Leistungen wiederspiegeln primär den sozialen Wertewandel 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 6

IA: Stelleninserate 1950-1987 (Stengel 1992) (II) Nachgefragte Ausbildungsabschlüsse: Nennungen 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 7

IA: Stelleninserate 1950-1987 (Stengel 1992) (III) Geforderte und gebotene Leistungsbereitschaft: Nennungen 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 8

IA: Stelleninserate 1950-1987 (Stengel 1992) (IV) Gebotene Vergütung, Sozial- und Zusatzleistungen: Nennungen 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 9

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (I) Hintergrund: Historische Kontaktanzeigen England, 19. Juli 1695: "A Gentleman about 30 Years of Age, that says he has a Very Good Estate, would willingly Match Himself to some Young Gentlewoman that has a Fortune of £ 3000 or thereabout" Deutschland, 8. Juli 1738: "Ein honettes Frauenzimmer ledigen Standes, guter Gestalt, sucht ... einen guten Doctor oder Advocaten ledigen Standes ..., so gross und wohl aussieht ..." Deutschland, Mai 1792: "... so ist es mir die strengste Pflicht, eine Person zur Ehe zu suchen, die beträchtliche Mitteln hat ..." Deutschland, um 1900: "Ich suche einen Schwiegervater, der sich mit mir in Konfektion etabliert; bin 33 Jahre alt, bekannt als Reisender und Konfektionär ..." 1870-1955 erschienen in England Heiratszeitungen, die nur Heiratsinserate enthielten, so der Matrimonial Post and Fashionable Marriage Advertiser. 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 10

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (II) Hintergrund: Historischer Wandel der Partnerschaftswerte Mittelalter und frühe Neuzeit ● Dominanz von Kriterien der Armutsverhinderung, der antizipierten gesunden Fortpflanzung, der Arbeitskraft ● Dominanz äusserer Instanzen (Kirche, Zunft, Gemeinde, Familie, Eltern) über direkt Betroffene bei der Partnerwahl Adel: stark ritualisierte Eheführung, die sich mit 'Ehebruch' (nach späterem bürgerlichem Sprachgebrauch) durchaus vertrug Volk: oft nicht ermöglichte Eheschliessung aufgrund Nichterfüllung äusserlich vorgegebener Mindestkriterien der gesicherten Ernährung 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 11

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (III) Hintergrund: Historischer Wandel der Partnerschaftswerte Bürgerliches Zeitalter Frühes Bürgertum: Propagierung der Liebe als Heiratsgrund - neben Kriterien wie Tüchtigkeit, Bildung und Wohlstand Spätes Bürgertum: - statt Abgrenzungsversuch vom Adel vermehrte Übernahme adligen Repräsentationsdenkens und Furcht vor der Arbeiterschaft - Wahl der (von Arbeit befreiten) Ehefrau nach Kriterien der Repräsentations- bezw. 'Gesellschaftsfähigkeit' (idealerweise im ausländischen Internat erworben) - Eheschliessung im Spannungsfeld zwischen sittlichem Ideal der Liebesheirat und vernunftgeleiteter geschäftlicher Transaktion zwischen Unternehmerfamilien [vgl. Th. Mann: 'Buddenbrooks'] 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 12

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (IV) Hintergrund: Historischer Wandel der Partnerschaftswerte Gegenwart der westlichen Gesellschaft ● stark individualisierte und emotionalisierte Partnerwahl (voll etabliertes Kriterium Liebe) ABER: ● Fortbestand eines Marktcharakters der Partner- wahl (bei verschobenem Gewicht der diversen Partnerqualitäten) ● Anwendung psychischer (Homogamieregel) und kultureller (Endogamieregel) Ähnlichkeitswerte bei der Partnerwahl ● Fortbestand ungleicher Gewichtungen von Kriterien wie körperliche Attraktivität und sozioökonomischer Status bei Mann und Frau ● Bedeutungsverlust traditioneller sozialer Kreise zur Partnerfindung (Familienbeziehungen, Dorfgemeinschaften) verringert praktische gegenüber theoretischen Möglichkeiten heutiger Partnersuchender → Akzeptanzerhöhung der Partnersuche via (Massen-)Medien Diskussionsimpuls: Wie verschieden sind wohl 'Liebe' fördernde Faktoren von den Partnerschaftswerten traditioneller Gesellschaften - bei Mann und Frau? 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 13

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (V) Empirieteil: Datenbasis & Untersuchungsanlage ● Lokalzeitung 'Westfälische Nachrichten', erscheinend in Münster (gemischte Beamten- , Studenten- und Dienstleistungsstadt, 270'000 Einwohner) ● Stichproben von je 300 Kontaktanzeigen der Jahre 1981, 1986, 1991 (5-Jahres-Intervall) und 1994 (Nacherhebung) → N = 1200 ● Detaillierte Codierung selbst- und partnerbeschreibender Anzeigeninhalte sowie der Beziehungsvorstellung Annahme: die Nutzungshäufigkeit der verschiedenen Inhaltskategorien zur Selbst-, Partner und Beziehungsbeschreibung wiederspiegelt den sozialen Wertewandel 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 14

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (VI) (In-)Formalität der Anrede Die Dominanz indirekter Anrede der Partnerkandidaten fängt ab den 1990er Jahren zugunsten des informellen 'Du' zu bröckeln an. 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 15

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (VII) Inhalte der Selbstbeschreibung: Häufigkeit Bedeutungs- zunahme: Charakter, Gewicht, Eigenschaften nicht rangiert Bedeutungs- abnahme: Beruf/Bildung, Familienstand, Einkommen, Konfession (Röm. Ziffern: erst-, zweit- und drittmalige Erwähnungs- varianten) 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 16

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999)(VIII) Inhalte der Partnerbeschreibung: Häufigkeit Bedeutungs- zunahme: Attraktivität, Gewicht, Hobbies Bedeutungs- abnahme: Kinder, Beruf/Bildung, Familienstand, Einkommen (Röm. Ziffern: erst-, zweit- und drittmalige Erwähnungs- varianten) 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 17

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (IX) Beziehungsvorstellungen: Nennungen 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 18

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (X) Traditionelle Inhalte der Männerbeschreibung: Häufigkeit 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 19

IA: Kontaktanzeigen 1981-1994 (Riemann 1999) (XI) Traditionelle Inhalte der Frauenbeschreibung: Häufigkeit 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 20

QI: Arbeitskulturenvergleich D-F (Pateau 1998) (I) Ausgangslage ● vermehrte Integrationen französischer und deutscher Unternehmen bringen konfliktanfällige Kulturdifferenzen bei Arbeitswerten und Managementstilen an den Tag ● quantitative Wertforschung hat kontraintuitive Ergebnisse zu diesen Differenzen produziert, ohne sie befriedigend erklären zu können, z.B.: ● festgestellter Bedarf an innovativen Arbeitskulturen, die über die bewährten nationalen Systeme hinausgehen Item D % F % "Ich möchte immer mein Bestes geben, unabhängig davon, wieviel ich verdiene": 23 38 "Ich arbeite gerne, aber ich lasse es nicht so weit kommen, dass die Arbeit mein übriges Leben stört": 43 21 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 21

QI: Arbeitskulturenvergleich D-F (Pateau 1998) (II) Untersuchungsanlage ● 250 qualitative Interviews in insgesamt 60 Unternehmen in D und F zwischen 1989 und 1993 ● ergänzende Erfahrungen aus Beratungstätigkeit für Unternehmen der Luftfahrtindustrie, Automobilindustrie, chemischen Industrie, Stahlindustrie, Telekommunikation sowie für die Armee (besonders betreffend Zusammenarbeit von Deutschen und Franzosen) ● besonderes Interesse an Entscheidungs-Partizipationswünschen bezw. am Verhältnis von Personal und Autorität ● vertiefende Nutzung existierender quantitativer Untersuchungen zum Thema 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 22

QI: Arbeitskulturenvergleich D-F (Pateau 1998) (III) Erkenntnisse zum Verhältnis von Freizeit und Arbeitszeit D F Kinder: vormittags Schule, nachmittags Freizeit Kinder: lange Schulaufenthalte, weniger Freizeit Erwachsene: hohe Freizeitansprüche Erwachsene: mässige Freizeitansprüche Aufgabenorientierung, Expertenkultur: Auseinanderhalten von Aufgaben und Personen Personenorientierung, Hofkultur: Verbinden von Aufgaben und Personen Siezen mit Nachnamen als vorwiegende Kommunikationsform ähnlich Gestellter Siezen mit Vornamen und Duzen als vorwiegende Kommunikationsform ähnlich Gestellter Längerarbeiten und Gespräche mit Vorgesetzten am Abend nicht zentral für Karriere Längerarbeiten und Gespräche mit Vorgesetzten am Abend zentral für Karriere 'Mahlzeit', 'Feierabend' wichtige Begriffe 'Mahlzeit', 'Feierabend' in F unübersetzbar Insgesamt: Scharfe Trennung von Arbeit und Freizeit (analog zur scharfen Trennung von Zuständigkeitsbereichen bei der Arbeit) Unscharfe Trennung von Arbeit und Freizeit (analog zur unscharfen Trennung von Zuständigkeitsbereichen bei der Arbeit) 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 23

QI: Arbeitskulturenvergleich D-F (Pateau 1998) (IV) Erkenntnisse zur hierarchischen Distanz und Macht D F Power-Distance-Index nach Hofstede 35/100: geringe hierarchische Distanz zu Vorgesetzten Power-Distance-Index nach Hofstede 68/100: grosse hierarchische Distanz zu Vorgesetzten viele (definitive) Entscheidungen im Team viele (definitive) Entscheidungen durch Vorgesetzte hohe Autonomie im eigenen Aufgabenbereich häufiges Sich-Rückversichern beim Vorgesetzten gewisse Freiheit durch Autonomie im eigenen, scharf definierten Zuständigkeitsbereich gewisse Freiheit durch Spielräume bezüglich eigenem Zuständigkeitsbereich Mitbestimmung durch Einspeisen eigener Expertise vor einem Entscheid des Managements Mitbestimmung durch tolerierte Anpassungen nach einem Entscheid des Managements Mittragen des Entscheids eines relativ nah empfundenen Machtzentrums: konsensorientierte Partizipation Verteidigung individueller Ansprüche gegenüber einem weit entfernt empfundenen Machtzentrum: Partizipation durch angemeldeten Dissens (Protest) problemlose Einführung kollektivorientierter Managementtechniken (z.B. Management by objectives) und postfordistischer Arbeitsorganisa-tionsformen ('Qualitätszirkel', Team Empowerment) schwierige Einführung kollektivorientierter Managementtechniken und postfordistischer Arbeitsorganisationsformen ('Qualitätszirkel' als kurzlebige Modeerscheinung) 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 24

QI: Arbeitskulturenvergleich D-F (Pateau 1998) (V) Hintergründe der divergierenden Autoritätsverhältnisse D F Staatliche Organisation: späte Einigung, Kleinstaaterei, lange nachhallende Stammeskultur - Chef als (gewählter) 'Erster unter Gleichen': geografisch und symbolisch nahe, leicht internalisiert - jeder geübt als Spezialist und Experte, meist ohne Grund zur Auflehnung - Gruppen angewiesen auf die jeweils allgemein anerkannte Funktion jedes Mitglieds frühe Einigung, Zentralismus, Formalitäten betonende Hofkultur - Chef als alles überstrahlender Herrscher: geografisch und symbolisch fern, zur Auflehnung reizend - jeder geübt in Etikette, Diplomatie, Schmeichelei, aber auch Selbstbehauptung gegenüber vermeintlicher zentraler Allmacht - Gruppen angewiesen auf Initiative von oben, nach Innen jedoch verschworene egalitaristische Gemeinschaften, die jedem Mitglied Freiräume sichert (begünstigt durch häufige Wirklichkeitsferne oberer Anweisungen) Religion: konfessionelle Spaltung katholische Dominanz Erziehungssystem: grosse Vielfalt, Ausdifferenzierung frühe, weit gehende Vereinheitlichung 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 25

QI: Arbeitskulturenvergleich D-F (Pateau 1998) (VI) Vor- und Nachteile der beiden Arbeitskulturen D F Vorteile: - Verhinderung von Überraschungen - starkes Zusammengehörigkeitsgefühl - präzise Funktionsdefinitionen - kompetente Spezialisten - effektive Entscheidungsdelegation - schnelle Reaktionsfähigkeit - individuelle Umsetzungs-Spielräume - geförderte globale Problembehandlung - geförderte Improvisation - geförderte Kreativität Nachteile: - Abkapselung - schwache Reaktionsfähigkeit - mangelnde globale Übersicht - Schwerfälligkeit von Organisation und Verfahren - 'monarchistische' Auswüchse - häufiger Richtungswechsel - mangelnde Identifikation mit Entscheidungen - schwierige Entscheidungsdelegation Fazit des Autors: Ohne selektive Weiterentwicklung bezw. teilweisen Wertewandel stellt keine der Kulturen eine ausreichende Anpassung an die Bedingungen der globalisierten Wirtschaft dar. 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 26

Quellenhinweise Longchamp, C., Huth, P., Kraut, P. & Ulrich, G. (1996). Technischer Bericht zum 'World Value Survey' – Schweizer Erhebung 1996. Bern & Zürich: GfS. Melich, A. (1991) (Hrsg.). Les Valeurs des Suisses. Bern: Peter Lang. Pateau, J. (1998). Arbeitswerte und Managementstile in deutschen und französischen Unternehmen: ein interkulturell vergleichender Ansatz. In R. Köcher & J. Schild (Hrsg.), Wertewandel in Deutschland und Frankreich: Nationale Unterschiede und europäische Gemeinsamkeiten (S. 151-170). Opladen: Leske + Budrich. Riemann, V. (1999). Kontaktanzeigen im Wandel der Zeit: eine Inhaltsanalyse. Opladen: Westdeutscher Verlag. Schnyder, D. & Schwegler, U. (2007). World Values Survey – Technischer Bericht im Auftrag der Universität Zürich (Institut für Politikwissenschaften – Prof. Dr. Hanspeter Kriesi). Luzern: LINK-Institut für Markt- und Sozialforschung. Stengel, M. (1992). Widerspiegelung des Wertewandels in Stellenangeboten und Stellengesuchen von Führungskräften in Tageszeitungen der Jahre 1950 bis 1987. In H. Klages, H.-J. Hippler & W. Herbert (Hrsg.), Werte und Wandel: Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition (S. 401-422). Frankfurt: Campus. 21.11.2011 Method. Herausforderungen und Alternativen der Wertforschung 27