Pflichtübung aus Straf- und Strafprozessrecht

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 Präsentation transkript:

Pflichtübung aus Straf- und Strafprozessrecht Univ.- Ass. Mag. Martin Stricker

Fall 5 F erfährt, dass ihr Mann untreu war. Zwecks Rache geht sie zur Polizei und gibt dort wahrheitswidrig an, ihr Mann (M) habe sie unlängst geschlagen und ihr angedroht, sie noch viel heftiger zu verprügeln, wenn sie die Wohnung verlasse. M habe sie so das ganze Wochenende in der Wohnung festgehalten. Durch die Schläge habe sie einige Blutergüsse (Hämatome) erlitten. Prüfen Sie die Strafbarkeit von F! Wie hat die Polizei F zu vernehmen? Woran sollte im Hinblick auf eine allfällige Beweissi­cherung gedacht werden?

Fall 5 - Lösung Strafbarkeit des F Vernehmung § 297 StGB: falscher Vorwurf – § 99 Abs 1 (§ 105 subsidiär) und § 83 Abs 1 oder 2 StGB Aussage vor der Polizei – § 288 Abs 4 bei Förmlichkeit der Vernehmung Vernehmung Einvernahme als Zeugin nach § 153 ff StPO; Belehrung über die Aussagebefreiung nach § 156 Abs 1 Z 1 gemäß § 159 Abs 1, um eine Nichtigkeit zu verhindern; Durchführung einer kontradiktorischen Einvernahme nach § 165, damit eine Verlesung nach § 252 Abs 1 Z 2a möglich ist; Durchsuchung der Person nach § 117 Z 3b StPO, sofern F damit einverstanden ist - § 120 Abs 1 StGB

Fall 5 Gegen M wird ein Verfahren eingeleitet. Er leugnet stets die Tat. Knapp vor der Hauptverhandlung versöhnen sich die beiden. F will von dem Verfahren nichts mehr wissen, andererseits ihre Lüge auch nicht eingestehen. Muss F in der Hauptverhandlung aussagen? Könnte stattdessen das Polizeiprotokoll von der Aussage der F vor der Polizei verlesen werden? M wird allein aufgrund des verlesenen Polizeiprotokolls verurteilt. Was kann M gegen das Urteil machen?

Fall 5 - Lösung Aussage Rechtsmittel Aussagebefreiung nach § 156 Abs 1 Z ; die Verlesung ist unzulässig, da dem Protokoll keine kontradiktorische Einvernahme zugrunde liegt; Ebenso bei Verstoß gegen § 159 StPO Rechtsmittel Berufung wegen Nichtigkeit nach § 489 iVm § 281 Abs 1 Z 3 (Verstoß gg § 252) sowie § 281 Abs 1 Z 5, da das verbotene Beweismittel das einzige war

Fall 5 A hat in einer niederösterreichischen Gemeinde ein Haus ohne Baubewilligung errichtet. Bürgermeister B wird von X darauf aufmerksam gemacht. Er erklärt dem A (wahrheitsgemäß), dass er das Haus abreißen müsse, denn eine Baubewilligung werde er dafür aus rechtlichen Gründen nicht erhalten. Allerdings sei B gegen eine Spende von € 4.000 an die Gemeinde bereit, die Sache zu vergessen. A zahlt und B bleibt untätig. Prüfen Sie die Strafbarkeit von A und B! Durch X kommt der Sachverhalt ans Tageslicht. In der Hauptverhandlung wird A freigesprochen, da er ent­schuldigt (§ 10 StGB) sei. Was kann die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil unternehmen?

Fall 5 - Lösung Strafbarkeit des B Strafbarkeit des A StA §§ 2, 302 StGB: Hoheitsverwaltung Garantenstellung, Vorsatz; § 304 Abs 1 StGB - echte Konkurrenz; Strafbarkeit des A §§ 12/3, 14/1, 302 StGB; Entschuldigender Notstand nach § 10/2 ausgeschlossen; § 307 Abs 1 Z 1 subsidiär (str) StA Zuständigkeit – Schöffengericht nach § 31 Abs 3 Z 6; NB – § 281 Abs 1 Z 9b, da § 10 StGB zu Unrecht angenommen wurde.

Fall 5 Der belgische Feriengast D hat einen Discobesucher durch einen Faustschlag leicht verletzt. D gesteht bei der polizeilichen Vernehmung, aus Ärger zugeschlagen zu haben. Zur Hauptverhandlung wegen der Körper­verletzung erscheint D trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht, da ihm die Anreise zu umständlich sei. Das Ge­richt verurteilt ihn in Abwesenheit im Sinne der Anklage. Das Urteil wird dem D im Rechtshilfeweg am 14.5.2013 zugestellt. In einem Brief an das Gericht (Poststempel: 28.5.2013) teilt D dem Gericht mit, dass er sich unschuldig fühle, weil er nur einen Angriff des später Verletzten abgewehrt habe. Er beantragt die „Wiederaufnahme der Verhandlung“, um sich persönlich verteidigen zu können. War das Verhandeln in Abwesenheit zulässig? Ändert sich etwas daran, wenn D jugendlich ist? Wie ist der Antrag des D zu verstehen? Kommt ihm Berechtigung zu?

Fall 5 - Lösung Abwesenheitsverfahren § 427: Vergehen; Einvernahme; Ladung zugestellt – Abwesenheitsverfahren war zulässig; Ausschluss des Abwesenheitsverfahrens nach § 32 Abs 1 JGG; Schreiben als Einspruch nach § 427 Abs 3 / 478 Abs 1 zu werten; 14 Tage, daher rechtzeitig; Kein Einspruchsgrund genannt, daher unberechtigt; Inhaltlich eine Schuldberufung, daher als solche zu werten.