Städtischer Republikanismus

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Städtischer Republikanismus Hanse und Reichsstädte

Schwerpunkte Urbanisierung des Mittelalters Stadtrecht und Stadtverfassung Rat und Bürgerschaft – Zünfte und Gilden Reichsstädte und Hansestädte Kulturfortschritte

1. Urbanisierung des Mittelalters

Wurzeln Nach dem fast städtelosen Frühmittelalter entwickelt sich die Stadtkultur seit dem 11. Jahrhundert neu. Wurzeln waren: Die Reste des römischen Städtewesens an Rhein und Donau; Gewerbe- und Handelsniederlassungen bei großen Burgen (suburbium); oder Bischofssitzen (civitas). Seit dem 12. Jahrhundert werden suburbium und civitas immer öfter als stat bezeichnet.

Kommunale Bewegung Die Bewohner der frühen Stadtsiedlungen waren der Gewalt des Bischofs oder Burgherren unterworfen und unfrei wie die Bauern. Ausgehend von den rheinischen Bischofsstädten Worms (1073/1077), Köln (1074/1106) und Mainz (1157) befreiten sich die Bürger in heftigen Kämpfen von ihren Stadtherren.

Stadtgemeinde Im Ergebnis dieser kommunalen Bewegung formierte sich die Bürgerschaft als ein freier Stand: „Stadtluft macht frei“. Die Stadtgemeinde verkörpert wie die Landgemeinde das genossenschaftliche Prinzip in der deutschen Verfassungsgeschichte.

Stadtgründung Im Zuge des Landesausbaus gründen Fürsten und Könige planmäßig Städte und verleihen Stadtrechte. So entstand bis 1300 nahezu vollständig das gegenwärtige Städtenetz mit rund 3000 Städten. Erst diese enorme Kulturleistung hebt den Raum der „deutschen Lande“ aus der Barbarei heraus. Mitteleuropa wird über Handel und Wandel an jene süd- und westeuropäischen Zentren angeschlossen, in denen die Kontinuität antiker Kultur bewahrt blieb.

Um 1300 Wilhelm J. Wagner: Neuer Großer Bildatlas der Deutschen Geschichte, 1999, S. 103.

2. Stadtrecht und Stadtverfassung

Stadtrecht Das Stadtrecht ordnet sowohl die Rechte von Rat und Bürgerschaft (Stadtverfassung). Es regelt die privatrechtlichen Verhältnisse der Bürger, also Ehe- und Erbrecht. Es bestimmt die Geschäftsbeziehungen auf dem Markt und zwischen Schuldnern und Gläubigern. Es gilt der Grundsatz „Stadtrecht bricht Landrecht“.

Stadtrechtsfamilien Die Gründungsstädte des 13. Jahrhunderts bekommen das Stadtrecht älterer Städte verliehen, so dass sich Stadtrechtsfamilien bilden. Mit den Stadtgründungen des 13. Jahrhunderts finden das Lübecker (Lübische) Recht, das Magdeburger Recht und das Wiener Recht Verbreitung im östlichen Europa.

Stadtrechts-familien Lübecker: grün; Magdeburger: gelb; Wiener: weiß. W. Wagner: Neuer Großer Bildatlas der deutschen Geschichte, Gütersloh 1999.

Lübisches Recht im Hanseraum – Magdeburger im Binnenland Im Lübischen Recht ist der Rat zugleich Obergericht. Im Magdeburger gibt es eine gesonderte Schöffenbank. Das Lübische Recht untersagt die Beteiligung von Handwerkern am Rat. Dies geht auf eine (gefälschte) Ratswahlordnung Heinrich des Löwen zurück.

Stadtsiegel Ältestes Trierer Stadtsiegel, 12. Jh., Stadtarchiv Trier Lübecker Stadtsiegel von 1280 Siegel der Hansestadt Danzig 14. Jahrhundert Siegel der Reichsstadt Breisach ab 1273

Der Roland als Zeichen des Gerichtshoheit Der Roland von Bremen Bremen Riga

Rat und Bürgerschaft – Zünfte und Gilden

Ratsherrschaft Der Rat übt als Organ der Stadtgemeinde die Stadtherrschaft aus: Gerichtsbarkeit, Besteuerung, Marktrecht, Statuarrecht (Gesetzgebung). Rat und Gemeinde bilden gemeinsam die mittelalterliche Stadtrepublik. Erfurter Rathaus

Hamburger Schiffsgericht Zollstelle im Hamburger Hafen. „Schiffsgericht“. Miniatur aus dem Hamburger Stadtrechtsbuch von 1497.

Marktaufsicht Abwiegen eines Handelsgutes auf der Stadtwaage zu Nürnberg. Steinrelief von Adam Kraft, 1497. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

Bürger und Einwohner Nicht alle Stadtbewohner werden vollberechtigte Bürger. Das Bürgerrecht ist in der Regel an Grundbesitz und selbständigen Gewerbebetrieb gebunden. Frauen, Besitzlose und Randgruppen (Juden, unehrliche Berufe) bleiben Einwohner minderen Rechts.

Judenhut Männlichen Juden war es vorgeschrieben den so genannten Judenhut zu tragen, einen meist gelben Hut mit hoher, kugelförmig endender Spitze. Diese Kennzeichnungspflicht wurde 1431 auf dem Baseler Konzil erneuert. Weibliche Juden hatten einen blaugestreiften Schleier zu tragen.

Zünfte und Gilden Das genossenschaftliche Prinzip setzt sich innerhalb der Stadtgemeinde in Handwerkerzünften und Kaufmannsgilden fort. Zünfte und Gilden haben neben wirtschaftlichen Aufgaben ihren festen Platz in der Stadtverfassung, der Verteidigung und der Religionsausübung. Zünfte und Gilden monopolisieren Gewerbe und Markt durch den Ausschluss Fremder und Unberechtigter.

Mächtige Zünfte Zunfthäuser waren Versammlungs- und Gerichtsort, Ort der Geselligkeit und Herberge für fremde Zunftgenossen und Gesellen. Ehemaliges Zunfthaus der Kölner Brauer auf der Schildergasse, Aquarell von Wilhelm Cremer, 1866.

Privilegierte Kaufmannsgilden Handelsprivileg Kasimirs III. von Polen für die Nürnberger Kaufleute. Urkunde aus dem Jahr 1365. München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv

Bürgerkämpfe Genossenschaft und Herrschaft stehen in den Stadtrepubliken in Spannung und brechen in heftigen Bürgerkämpfen auf. Im Ergebnis wird die alte Ordnung nicht zerstört, sondern stabilisiert. Neue Familien erreichen Zugang zum Stadtregiment und das Gleichgewicht zwischen Rat und Gemeinde wird erneuert.

Kölner Weberschlacht 1371 Aus: Johann Koelhoff d.J.: "Die Cronica van der hilliger Stat van Coellen”, 1499.

3. Reichsstädte und Hansestädte

Freie Städte Aus der kommunalen Bewegung entstanden an Rhein und Donau die sieben Freien Städte, die auch dem König nicht verpflichtet waren: Mainz, Worms, Speyer, Köln, Straßburg, Basel und Regensburg. Johann Koelhoff d.J. : Die Cronica van der hilliger Stat van Coellen, 1499.

Reichsstädte und Landesstädte Die etwa 100 Reichsstädte waren königliche Gründungen auf Reichs- oder Königsgut, die sich daher südlich der Mainlinie fanden. Während dort der König der Stadtherr war, waren die Landesstädte Gründungen von Fürsten. Große Landesstädte erwarben stadtherrliche Rechte (Hochgerichtsbarkeit) durch Kauf und waren oft nicht weniger mächtig als die Reichsstädte.

Städte und Reich In Landständen und Reichstag setzen die Städte eigene Interesse gegen Fürsten und Könige durch. Die wachsende Macht der Städte ist ohne die Krise der deutschen Königsmacht und ohne die Schwäche der Fürsten nicht zu denken.

Städtebünde Der genossenschaftliche Geist der Städte bewährt sich nach außen in den mächtigen Städtebünden (Rheinisch-Schwäbischer Städtebund, Lausitzer Sechsstädtebund; die Hanse). Die Bünde dienen Friedenswahrung und Interessenpolitik. Die Hanse bestimmt im ganzen Ostseeraum Politik und Wirtschaft über drei Jahrhunderte. Nicht zufällig entfaltete sie sich in jenem Teil des Reiches, den man als „reichsfern“ bezeichnet.

Hansestädte um 1400

Höhepunkt der Hansemacht Urkunde des Stralsunder Friedens von 1370. Die vereinigten Hansestädte hatten den Sieg über den König von Dänemark errungen und ihre Vormacht in Nord- und Ostsee behauptet. Stadtarchiv Stralsund

4. Kulturfortschritte

Sprache und Schrift In den Stadtbüchern setzt sich das Deutsche als Schriftsprache gegen das Latein durch. Es wird in den deutschen Schulen der Städte gelehrt. Schule in Reutlingen um 1490. Die schwarzen Raben und die weißen Tauben kennzeichnen die unaufmerksamen und die eifrigen Schüler.

Stadtkirchen Die mächtigen gotischen Kirchen der Gründungsstädte zeugen vom Präsentationswillen der Bürgergemeinde. Sie waren häufig dem Hl. Nikolaus als Patron der Kaufleute geweiht. Sie waren Zentrum und Versammlungsraum der Stadtgemeinde. St. Nikolai, älteste und größte Leipziger Kirche aus dem 12. Jh. Anfang des 16. Jh. Umbau zur spätgotischen Hallenkirche.

Modernisierung Die Städte sind Vorbild und Grundlage staatlicher Modernisierung im Mittelalter. Von ihnen gehen Geldwirtschaft in der Besteuerung und Schriftlichkeit in der Verwaltung aus. Das Handelsbuch der Familie Holzschuher mit Eintragungen über den Verkauf von zumeist flandrischen Tuchen, 1304-1307. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum.

Zusammenfassung Das Städtewesen entsteht nördlich der Alpen während des hochmittelalterlichen Landesausbaus neu in seiner heutigen Dichte und Verteilung. In der kommunalen Bewegung schüttelt das Städtebürgertum die Stadtherrschaft ab und erringt Stadtkommunen eigenen Rechts. Bürgerliche Freiheit und genossenschaftliche Organisation werden die Grundlage wirtschaftlicher Blüte, Wehrhaftigkeit und politischer Machtentfaltung der mittelalterlichen Städte.