Zur Verantwortung des Wissenschaftlers / der Wissenschaftlerin

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 Präsentation transkript:

Zur Verantwortung des Wissenschaftlers / der Wissenschaftlerin Julia Dornberger, Axel Eilenberger, Christina Meyer, Simone Stephan Wissenschaftstheorie 04.07.2003

Daedalus und Ikarus 04.07.2003

Agenda Was ist Wissenschaft? Wissenschaft als Beruf Ausgewählte Beispiele Was ist Verantwortung? Ethik-Kommissionen Kontroverse 04.07.2003

1. Was ist Wissenschaft? Wissenschaft ist der Betrieb, in dem wissenschaftlich Tätige nach allgemeingültigen Methoden Erkenntnisse gewinnen, die Prognosen ermöglichen und dem Fortschritt bzw. der Freiheit des Menschen dienen. Sie sollen allen Menschen ein Leben in Würde ermöglichen und in der Lehre an den Universitäten, aber auch der Öffentlichkeit durch Publikationen weitervermittelt werden. 04.07.2003

1. Was ist Wissenschaft? Wissenschaftsarten Realwissenschaften Geisteswissenschaften Exakte Naturwissenschaften Naturwissenschaften Sozialwissenschaften Wirtschaftswissenschaften Beobachtende Naturwissenschaften Kulturwissenschaften Humanwissenschaften Idealwissenschaften 04.07.2003

2. Wissenschaft als Beruf Modell-Wissenschaftler nach Weber: sucht nach wissenschaftlicher Wahrheit und Erkenntnis klar im Denken, bescheiden trennt Tatsachenaussagen und Werturteile ausschließlich der Rationalität und Logik verpflichtet bedient sich Methoden, die der Kontrolle und Kritik zugänglich sind folgt einer Verantwortungsethik 04.07.2003

2. Wissenschaft als Beruf Rollenkonflikt des Wissenschaftlers Rolle als Wissenschaftler (Reputation) Rollen in anderen gesellschaftlichen Teilsystemen Rolle als Staatsbürger  überlagerte und konfligierende Wertbindung  Wissenschaftler wechselt in verschiedenen sozialen Positionen die Rollen und damit auch die Verantwortlichkeiten 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Oppenheimer und die Atombombe Manhattan District Project: Entwicklung der Atombombe 1943: R.Oppenheimer wird Direktor des Projekts vor dem Abwurf: Beratung der Militärs bezüglich der Ziele durch Oppenheimer und andere Physiker 1945: Abwurf der ersten Atombombe auf Hiroshima später: O. weigert sich, an Wasserstoffbombe mitzuarbeiten und setzt sich für Rüstungskontrollen ein 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Oppenheimer und die Atombombe „Ich war von tiefstem Interesse für meine Wissenschaft beseelt, aber ich wusste nichts von der Beziehung zwischen dem Menschen und seiner Gesellschaft.“ 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Oppenheimer und die Atombombe - „Ist das nicht ein bisschen schizophren, Doktor?“ - „Ja – es ist die Art von Schizophrenie, in der wir Physiker seit einigen Jahren leben.“ 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Stanford-Gefängnis-Experiment 1971 an der Stanford-Universität, CA Versuchsleiter: Philip Zimbardo, Professor für Psychologie zweiwöchige Simulation des Gefängnislebens Versuchspersonen: Studenten 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Stanford-Gefängnis-Experiment Zentrale Fragestellung: Welche psychischen Auswirkungen hat es, Gefangener oder Strafvollzugsbeamter zu sein? 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Stanford-Gefängnis-Experiment „Ich dachte wie der Leiter einer Strafvollzugsanstalt und nicht wie ein wissenschaftlich arbeitender Psychologe.“ PHILIP ZIMBARDO 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Stanford-Gefängnis-Experiment Ergebnisse: Extreme Verhaltensänderungen durch harmlose Rollenzuweisung Entwürdigende Misshandlungen der Gefangenen Emotionale Zusammenbrüche Forscher verloren Kontakt zur Experimentalsituation  Abbruch nach sechs Tagen Eskalation der Misshandlungen Ethische Zweifel 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Stanford-Gefängnis-Experiment „...obwohl wir die Untersuchung eine Woche früher als geplant beendeten, haben wir sie trotzdem nicht früh genug beendet.“ PHILIP ZIMBARDO 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Stanford-Gefängnis-Experiment Mangelhafte Ethik oder wertvolle Erkenntnisse? Sind solche Humanexperimente verantwortbar? Hätte man das Experiment früher abbrechen sollen? Wurden die Versuchspersonen ausreichend informiert? Wer trägt die Verantwortung? Welche Verantwortung tragen die Versuchspersonen? Darf man solche Experimente überhaupt durchführen? 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Medizin und Gentechnik „Die moderne Wissenschaft wird die Risiken für das Individuum kaum vergrößern oder verkleinern; für die Einschränkung der Wissenschaft besteht kein Grund, solange sie in Sittengesetz und Ethik verankert ist, dafür zu sorgen ist unsere Pflicht.“ HANS GÜNTER GASSEN 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Gentechnik Human Genome Project Gentests Pränataldiagnostik (PND) Präimplantationsdiagnostik (PID) Therapeutisches Klonen 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Gentechnik I Human Genome Project 1990 gestartet, sollte menschliche DNA komplett entschlüsseln Ergebnis (2001): Mensch besitzt nur zwischen 26.000 und 40.000 Gene Gentests ca. 400 Krankheitsbilder feststellbar, nicht aber, ob sie tatsächlich auftreten werden Nutzen fraglich, allerdings klare ökonomische Interessen 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Gentechnik II Pränataldiagnostik (PND) Dutzende von Einzeltests für jede Schwangere Anstieg von 1.800 Untersuchungen im Jahr 1976 auf rund 80.000 heute Aussagekraft der PND überschätzt Präimplantationsdiagnostik (PID) Entstehung eines kranken oder behinderten Kindes schon vor der Schwangerschaft verhindern Methode: künstliche Befruchtung, dabei Vernichtung von Embryonen 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Gentechnik III Therapeutisches Klonen mit „Stammzellen“ Krankheiten heilen bzw. Behinderungen rückgängig machen v.a. Stammzellen der Embryonen sehr begehrt, hierbei wieder Vernichtung erster Schritt zum Klonbaby in Deutschland verboten Klonen weltweites Verbot durch UNO-Konvention? 04.07.2003

Nukleustransfer 04.07.2003

Mehrlingsspaltung 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Klonen 04.07.2003

3. Ausgewählte Beispiele Medizin Sterbehilfe: Niederlande: aktive Sterbehilfe straffrei Kriterien u.a.: „unerträgliches“ Leiden, freier Wille, zweiter Arzt Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Ablehnung der aktiven Sterbehilfe 2002 (Fall Dianne Pretty) 04.07.2003

4. Was ist Verantwortung? „Das Aufsichnehmen des eigenen Tuns, zu dem der Mensch als sittliche Person sich innerlich genötigt fühlt, da er sie sich selbst, seinem eigenen freien Willensentschluss zurechnen muss.“ J. HOFFMEISTER Wörterbuch der philosophischen Begriffe 04.07.2003

4. Was ist Verantwortung? Arten der Verantwortung 1. methodisches Vorgehen 2. Einhaltung von Gesetzen und Normen 3. Veröffentlichung richtiger Ergebnisse 4. Weitergabe des Wissens (Aufklärung über Risiken) 5. Verantwortlichkeit für die Folgen der Anwendung des Wissens intern extern 04.07.2003

4. Was ist Verantwortung? Verantwortung in den Sozialwissenschaften Grundorientierungen: freiheitlich-humanitär Emanzipation, Kritik, Aufklärung Krisendiagnose und -bewältigung christlich-abendländisch 04.07.2003

5. Ethik-Kommissionen Freiheit der Wissenschaft ? 04.07.2003

Ethik-Kommissionen Bioethik-Kommissionen Zentrale Ethik-Kommission bei der Bundesärztekammer Öffentlich-rechtliche Ethik-Kommissionen der Landesärztekammern und Universitätskliniken „Berufsethische Verpflichtungen für Psychologen“ (Berufsverband Deutscher Psychologen) Gesellschaft für Verantwortung in der Wissenschaft e.V. Ethik-Kodex (DGS/BDS) 04.07.2003

5. Ethik-Kommissionen Ethik-Kodex I der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen (BDS), 1992 Zweck und Ziel: Konsens über ethisches Handeln Wichtigkeit ethischer Erwägungen und Entscheidungen Aufforderung der kritischen Überprüfung Vermittlung von berufsethischem Handeln 04.07.2003

5. Ethik-Kommissionen Ethik-Kodex II Inhalt: Integrität und Objektivität Rechte der Untersuchten Fairness bei Publikationen Umgang mit Studierenden / Mitarbeitern / Kollegen Diskriminierungsverbot Sanktionsmöglichkeiten 04.07.2003

6. Kontroverse „Wissenschaft als Spielwiese.“ vs. „Die Wissenschaft muss an die Kette gelegt werden.“ 04.07.2003

Mangelhafte Ethik oder wertvolle Erkenntnisse? „Sollen impliziert Können.“ KANT Darf Wissenschaft alles? LUHMANN „Nicht die Wissenschaft alleine, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen sind verantwortlich…“ FRÜHWALD „Handlungen müssen unterlassen werden, wenn begründete Zweifel bestehen.“ JONAS Waffen für den Frieden? „Wenn ich die Methoden nicht beherrsche, mache ich auf Moral.“ SPINNER 04.07.2003