Ein Fallbeispiel – zum Abschluss

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 Präsentation transkript:

Ein Fallbeispiel – zum Abschluss Kurs Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen Zürich 21.01. 2011 Gerhard Libal

Fallbeispiel 1 Anamnese: Aus peripherer Klinik übernommen, nach suizidaler Einnahme von etwa 45 – 50 Tabletten (Substanzen nicht näher spezifiziert), dort während des psychiatrischen Konsils weggelaufen und von Polizei aufgegriffen. Bisher 3. bekannter Suizidversuch. Lebt in neuer Wohngruppe. 10 Tage davor Entlassung aus KJP nach einem 4½-monatigen stationären Aufenthalt. Dort Behandlung mit Risperdal wegen Impulskontrollstörung bei Diagnose Borderline PS und nach Absetzen wg. EPS anschließend mit Remergil 15mg abends. Davor über 3 Jahre in anderer Wohngruppe und bei Pflegeeltern gelebt, da sehr konflikthafte Situation zwischen Jerusalem und ihren Eltern mit kontinuierlichen Abwertungen und wiederholten schweren Gewalterfahrungen (von Eltern bagatellisiert und verschwiegen). Derzeit noch Besuch der Hauptschule.

Fallbeispiel 1 Psychopathologischer Aufnahmebefund: 16 Jahre altes Mädchen, beide Eltern Afrikaner. Affektive Schwingungsfähigkeit ist eingeschränkt mit einem etwas versteinerten Affekt. Sie lässt sich nicht offen auf ein Gespräch ein, sie wirkt kaum an einem Kontakt zu Anderen interessiert. Ihre Gesprächsausdauer ist sehr begrenzt, sie fragt bereits nach wenigen Minuten mehrmals nach, ob das Gespräch jetzt fertig sei. Auf Strukturierung (Fortsetzung des Gesprächs) reagiert sie mit sichtbarer Verärgerung und verlässt kurz das Gespräch mit den Worten „Es ist alles meine Sache, ich geh’ jetzt.“. Im Stationsmilieu ist die geringe Motivierbarkeit der Patientin bei Unlust sowie damit verbundener hoher Impulsivität ebenfalls auffällig. Die Patientin berichtet, sie würde immer wieder Bilder von früher sehen, als sie von ihren Eltern geschlagen worden sei. Sie könne sich von diesen Bildern nicht lösen.

Fallbeispiel 1 Verlauf: Wegen erheblicher Selbst- und Fremdgefährdung bei fehlender Behandlungsmotivation war die Behandlung nur unter geschlossenen Bedingungen und gegen ihren Willen möglich. Auf Station sehr impulsiv und teilweise auch fremdaggressiv, schmiss z.B. mit Stühlen um sich und versuchte immer wieder sich selbst zu verletzen, sich mit Pullis, Bettlacken oder ähnlichem zu strangulieren. Zudem verschluckte sie wiederholt bei jeder sich bietenden Gelegenheit mehrere kleinere Gegenstände wie Rasierklingen (Abd. Leer: Keine freie Luft), Kappen von Kugelschreibern oder Zigarettenfilter. Äußerte nach einiger Zeit 2 verschiedene Stimmen zu hören, eine befehle ihr, sich umzubringen und eine andere, die ihr Tipps dafür gebe. Wechsel auf Hauptdiagnose einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie. In Triggersituationen (negative Affekte, interpersonelle Konflikte) Erinnerung an Bilder früherer Traumatisierungen und Stigmatisierungen durch Eltern, die bei ihr automatisch ein Aufkommen der Suizid befehlenden Stimmen zur Folge haben.

Fallbeispiel 1 Änderungen: Erhöhung von Seroquel  bei TD 375mg Plasmaspiegel 804 ng/ml, bei 400mg 133 ng/ml (NB 40 – 400) und Tavor (keine wesentlichen Veränderungen) Zyprexa bis 30mg/d  Plasmaspiegel 44 ng/ml (NB 20 – 80) (keine ausreichende Besserung) Haldol bis 20mg/d (keine ausreichende Besserung) Bedarfsmedikation: Dipiperon, Truxal, Diazepam (bis 40mg/d) ohne ausreichende Wirkung, Kupierung der Eskalationen mit erst mit Haldol 5mg i.v. oder i.m. als Bedarfsmedikation Leponex bis 800mg/d, Plasmapiegel bis zu 1800 ng/ml (NB 50 – 500), bei Reduktion auf 700mg sogar 2340ng/ml). NW: nur Speichelfluß zu Beginn, v.a. KEINE Gewichtszunahme, sondern Gewichtabnahme von 67kg auf 63,5kg

Fallbeispiel 1 Poststationärer Verlauf: Medikation bei Entlassung: Leponex bis 600mg/d, bei Bedarf Haldol 0, 5mg p.o. Wiederaufnahme in Einrichtung, engmaschige Kontrollen Anhaltende Stabilisierung über 12 Monate, jedoch nunmehr Gewichtszunahme > 10 kg Umstellung auf Abilify bei gleichzeitiger Reduktion von Leponex über 4 Monate Bei Anhalten der Remission erfolgte Absetzen von Leponex und Monotherapie mit Abilify 10mg Reduktion des Gewichtes, vermehrte (körperliche) Aktivierung, Anhalten der sozialen und schulischen Integration

Fallbeispiel 2 N.N. ist ein 12 jähriges Mädchen mit weit unterdurchschnittlichem IQ, erstdiagnostiziert mit ICD-10 F90.1 im Alter von 8; Bisherige Medikation: Carbamazepin über 2 Monate (wg. EEG Veränderungen) MPH über 4 Jahre Melatonin über 2 Jahre Pipamperon über 1 Jahre

Fallbeispiel 2 Risperidone 1,5 mg (1 – 2 x tgl) über 7 Mo bei Anfrage  kein Effekt aber deutliche NW; Versuch mit Quetiapin 25mg abends wg. Schlafstörung, wegen Sedierung sofort wieder abgesetzt Versuch mit Atomoxetin 25 mg  anfangs wirksam, bald aber ohne Wirkung, selbst bei Steigerung auf 1.8mg/kg/d

Fallbeispiel 2 Aripiprazol 7,5mg tgl. (beginnend mit 2.5mg) Rasch wirksam zur Überraschung aller Beteiligten Effekt hält bereits über 18 Mo an; Deutliche Reduktion von Hyperaktivität, Verbesserung der Impulskontrolle Erleichterung bei Eltern und Lehrern, da sie wieder einfache Regeln in Schule befolgen kann;