FGC im Spiegel der westlichen Gesellschaften und die Diskrepanz zwischen der Eigen- und Fremdwahrnehmung Auseinandersetzung mit dem Thema der Weiblichen.

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 Präsentation transkript:

FGC im Spiegel der westlichen Gesellschaften und die Diskrepanz zwischen der Eigen- und Fremdwahrnehmung Auseinandersetzung mit dem Thema der Weiblichen Genitalbeschneidung „Female Genital Cutting“ (FGC) Terminologie Einige Aspekte für die Auseinandersetzung mit der komplexen Thematik FGC

Methodik 1999-2004: Feldforschung in Eritrea und Durchführung von Interviews in Deutschland Datenmaterial: Interviews und Tonbandaufnahmen Interviews mit 420 Frauen und 50 Männern in Eritrea Interviews mit 98 FGC-Betroffene-Migrantinnen in Deutschland Interviewtechnik Qualitative Forschung (Flick 1998) Problemzentriertes Interview (Girtler 2001) Standardisierte Fragebogenerhebungen (EL Dareer 1982)

Historische Aspekte zum Thema geschlechtsspezifische Körpernormierung Die vornehmen Chinesinnen, denen man von Kindesalter an beide Füße einschnürte und somit das physiologische Wachstum verhinderte. Dadurch entstanden die „Lotosfüße“ oder Lilienfüße“ In Europa trugen vornehme Damen in der Abwesenheit ihrer Ehemänner Keuschheitsgürtel um die eheliche Treue sicher zu stellen Im alten Rom wurden Sklavinnen Ringe durch die großen Schamlippen gestochen, um zu verhindern, dass sie Geschlechtsverkehr haben. Heutzutage in den westlichen Ländern boomende Schönheitschirurgie wie beispielsweise Brustverkleinerungen und -vergrößerungen, Hymenrekonstruktion und Vulvaplastik

Der weibliche Körper war historisch immer Ziel von Normierungsbestrebungen und Manipulationen. In verschiedenen Gesellschaften existierten und existieren unterschiedliche Norm- und Moralgebote Unterschiedlich sind die sittlichen Grundsätze der Normierungsbestrebungen und die Grundsätze, die die Gesellschaften ihrem Handeln und Verhalten zugrunde legen FGC- Historisch als geschlechtsspezifische Körper-Normierung Historisch kam FGC in unterschiedlichen Gesellschaften und zur unterschiedlichen Zeiten vor. Es gab in westlichen Ländern bis ins 20. Jahrhundert Fälle, in denen etablierte Ärzte an europäischen und amerikanischen Frauen und kleinen Mädchen FGC vorgenommen haben bei Klitorishypertrophie, Exzessiver Sexualtrieb und sog. Geisteskrankheiten

FGC Heute: Nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen sind im 21. Jahrhundert weltweit noch immer Millionen Frauen und Mädchen von FGC betroffen und täglich kommen Tausende hinzu. In Deutschland soll es schätzungsweise, nach Angaben des Statistischen Bundesamtes, ca. 27.000 von FGC betroffene Frauen geben FGC-Formen: Typ I Kleine Sunna, Entfernung der Klitorisvorhaut Typ II Klitoridektomie Typ III Exzision, Entfernung der kleinen Schamlippen mit oder ohne Klitoridektomie Typ IV Infibulation, bezeichnet alle verschließenden Typ-Formen, sowie die Mischformen Klassifikation nach FIGO

Die Probleme der FGC-Betroffenen anhand zweier Aspekte: Öffentlicher Diskurs und das Gesundheitssystem Öffentlicher westlicher Diskurs FGC-Betroffenen in Deutschland müssen oft mit der paradoxen Tatsache leben: In ihrer eigenen Kultur und Kontext ist FGC: identitätsstiftend sozial integrierend ein Schritt zur vollständigen Weiblichkeit Wertschätzung und gesellschaftliche Akzeptanz alle Frauen in ihrer Umgebung sind FGC-Betroffene

Jedoch in der fremden Kultur (Exil) werden sie in der Regel als Opfer dargestellt: „Wer jetzt ans Kartoffelschälen denkt, hat noch nie eine Frau schreien gehört, die in der Hochzeitsnacht von ihrem Ehemann aufgeschnitten wird.“ „Wer jetzt ans Rasieren denkt, hat noch nie die Schreie einer Vierjährigen gehört, der die Schamlippen weggekratzt werden (Christa Müller, (I)NTACT, Plakataktion, 2002) „In der Hochzeitsnacht steigt der Bräutigam mit einem Messer ins Bett, sobald er überprüft hat, ob die Narben am Geschlecht intakt sind. Ob sie noch geschlossen und unberührt ist. Dann nimmt er das Messer, öffnet die Frau, legt sich auf sie, dringt in sie ein. Durch die Wunde.“ (Christian Ernst/ Karl-Heinz Holstein, Hg., Sozialkunde, Klassenstufe 8. Berlin: Cornelsen Verlag, 2002, 22)

Die Situation der FGC-Betroffenen im deutschen Gesundheitssystem FGC-Betroffene machen laut eigener Befragung, insbesondere in den Abteilungen für Gynäkologie und Geburtshilfe, häufig negative Erfahrungen. Unzureichender Kenntnisstand des medizinischen Personals Das medizinische Personal hat größtenteils keinen angemessenen Umgang mit diesen Patientinnen gelernt Das medizinische Personal reagiert auf den ungewohnten Anblick der verschiedenen FGC-Formen überwiegend emotional Auf beiden Seiten bestehen Verunsicherungen durch die Art und Weise der aktuellen Medienberichterstattung Es mangelt an einem sensiblen und adäquaten Umgang mit den Betroffenen, weshalb sie Routineuntersuchungen und den Besuch bei FrauenärztInnen weitgehend vermeiden Häufige Fehldiagnosen, Überweisungen zu anderen Fachärzten Töchter der FGC-Betroffenen werden beim Frauenarztbesuch mit dem Vorurteil konfrontiert „Genitalverstümmelte“ zu sein. .

Notwendige Perspektiven für eine Veränderung Integration der FGC-Problematik in die medizinische Ausbildung Intensivierung der Zusammenarbeit von med. Personal, Aktivistinnen und betroffenen Migranntinnen Kulturelle Aufklärung durch antirassistische Öffentlichkeitsarbeit und Information über die Hintergründe und gesellschaftlicher Kontext Sensibler Umgang mit den FGC-Betroffenen Migrantinnen FGC existiert nicht im luftleeren Raum, sondern ist ein Teil des Sozialgefüges und entspringt dem ungleichen Verhältnis der Geschlechter, dem Bildungsgefälle und dem minderen ökonomischen Status der meisten Frauen. Alle Bemühungen zur Beendigung müssen von dieser Prämisse aus beginnen und sich entwickeln.