Sekundäre Pflanzenstoffe

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 Präsentation transkript:

Sekundäre Pflanzenstoffe Einige Gedanken zur Synthese, ihren Funktionen in der Natur, sowie zu ihrem Einsatz in der Behandlung von Krankheiten Pr. Thomas J. Bach, CNRS - IBMP, Université Louis Pasteur Unter anderem verwendete Literatur: Biochemistry & Molecular Biology of Plants, ASPP 2000; Functions of Plant Secondary Metabolites and their Exploitation in Biotechnology, Ann. Plant Rev. Vol. 3, Sheffield Academic Press 1999; Giftpflanzen - Pflanzengifte, Roth et al., Nikol-Verlag, Hamburg 1994

Primärmetabolit Sekundärmetabolit Abietinsäure Kaurensäure Prolin Pipecolinsäure Kaurensäure und Prolin sind Primärmetabolite, wohingegen die strukturell nahe verwandten Verbindungen Abietinsäure und Pipecolinsäure als Sekun-därprodukte angesehen werden.

Die Grenze zwischen dem Primär- und Sekundärstoffwechsel ist nicht eindeutig festgelegt. Aufgrund ihrer biosynthetischen Herkunft können pflanzliche Naturprodukte in drei Hauptgruppen eingeteilt werden: Die Terpenoide, die Alkaloide und die Phenylpropanoide sowie zugehörige phenolische Verbindungen. Alle Terpenoide, welche sowohl Primärmetabolite und über 30.000 Sekundärstoffe umfassen, sind Derivate ein und derselben Vorstufe, welche fünf C-Atome enthält (Isopentenyl diphosphat, „IPP“). Die ungefähr 12.000 bekannten Alkaloide, welche ein oder mehrere Stickstoffatome enthalten, leiten sich prinzipiell aus Aminosäuren ab. Die etwa 8.000 phenolischen Verbindungen werden entweder über den Shikimisäure-Weg oder den Malonat/Acetat-Weg gebildet.

Primäre und sekundäre Metabolite können nicht einfach unterschieden werden aufgrund der chemischen Struktur, ihrer Biosynthese oder Verwandschaft zu biosynthetischen Vorstufen. Beispielsweise findet man sowohl P¨rimär- und Sekundärmetaboliten bei den Diterpenen (C20) und Triterpenen (C30). In der Serie der Diterpene werden sowohl die Kaurensäure als auch die Abietinsäure über eine sehr ähnliche Folge verwandter Enzymreaktionen gebildet. Die erstere ist eine essentielle Zwischenstufe in der Synthese der Gibberelline, Wachstumshormone in allen Pflanzen, wohingegen die letztere Verbindung ein Bestandteil im Harz darstellt, im Wesentlichen beschränkt auf Mitglieder der Pflanzenfamilien Fabaceae („Schmetterlingsblütler“) und Pinaceae („Nadelbäume“). Auf ähnliche Weise wird die essentielle Aminosäure Prolin klassifiziert als Primärmetabolit, wohingegen das C6-Analog Pipecolinsäure als Alkaloid und damit als Naturstoff oder -substanz betrachtet wird (siehe vorhergehende Illustration). Selbst Lignin, das essentielle Strukturpolymer des Holzes, nur an zweiter Stelle nach der Zellulose als am häufigsten vorkommende organische Substanz bei Pflanzen, wird eher als Sekundär-, als als Primärmetabolit angesehen.

Funktionen sekundärer Pflanzenstoffe Herbivore Nematoden Insekten Wirbeltiere Abstoßung Abschreckung Giftigkeit Verteidigung Pflanzliche Sekundärmetabolite Mischungen Variationen in Zeit und Raum, Entwicklungszustand Aktivierung bereits vorhandener Verteidigungsmittel Induktion von Verteidigungsstoffen Mikroben Bakterien Pilze Viren Wachstums- hemmung Toxizität Attraktion Hemmung der Keimung und des Wachstums Konkurrierende Pflanzen Bestäubende Insekten Samen verbreitende Tiere Knöllchen-Bakterien Induzierte flüchtige Stoffe ziehen Fressfeinde von Herbivoren an Signal zur Fütterung und Eiablage spezialisierter Insekten UV-Schutz

Sekundärmetabolismus Beispiele für induzierte Resistenz bei Pflanzen Herbivor Sekundärmetabolismus Hemmung Verwundung Aktivierung schon vorhandener Allelochemikalien Pflanze Zuwachs an vorfabrizierten Allelochemikalien Induktion der de novo-Synthese von Verteidigungssubstanzen (Phytoalexine) Infektion Hemmung Mikrobe

Ziele für pflanzliche Allelochemikalien in Tieren Nervensystem Sinneswahrnehmung Signalverarbeitung Signalübertragung Verdauung Entwicklung Atmung Muskeln und Bewegungsvermögen Reproduktion und Fruchtbarkeit

Molekulare Ziele von „Verteidigungschemikalien“ in tierischen Zellen Rezeptoren Signaltransduktion Elektronentransport Proteinsynthese Transporter DNA Replikation Transkription Reparatur Mt Ionenkanäle Kern Golgi Enzyme RNA Zellmembran ER Zytoskelett Actin Mikrotubuli Proteinmodifizierung

Spezialisten Herbivore Mikroorganismen Anpassungen spezialisierter Pflanzenfresser und Mikroben Spezialisten Vermeidung giftiger Pflanzen Durchtrennen von Milch- und Harzgefäßen, welche Allelochemikalien enthalten Herbivore Keine Aufnahme während der Verdauung, oder schnelle Darmpassage Resorption und Anreicherung (spezifische Kompartimente/Zellen/Gewebe zur Aufbewahrung/ Abscheidung, Evolution von Unempfindlichkeit) Ausnutzen von Sekundärstoffen aus der Nahrung (Schutz vor Fressfeinden, z.B. Herzglykoside,Iridoidglykoside, cyanogene Pyrrolizidin-Alkaloide, Chinolizidin-Alkaloide, Aconitin; Signalmoleküle: Pheromone, z.B. Pyrrolizidin-Alkaloide; Morphogene: z.B. Pyrrolizidin-Alkaloide) Inaktivierung von Allelochemicalien Mikroorganismen Evolution von Unempfindlichkeit

Alkaloide haben eine mehr als 3000-jährige Geschichte Über eine lange Periode der Menschheitsgeschichte sind Pflanzenextrakte benutzt worden in Zauber- und Gifttränken. In der östlichen Mittelmeer-region kann der Gebrauch von Schlafmohn-Milchsaft mindestens bis 1400 v.C. zurückverfolgt werden. Die alten Völker benutzten medizinische Pflanzenextrakte als Purgativa (Abführmittel), Antitussiva (Hustenmittel), Sedativa (Beruhigungsmittel), und für eine große Anzahl von Leiden, wie z.B. Schlangenbisse, Fieber und Geisteskrankheiten. Mit der Ausbreitung des Gebrauchs medizinischer Pflanzen nach Westen über Arabien nach Europa, spielten neue Pflanzenaufgüsse und -heißextrakte eine Rolle in bedeutenden Vorkommnissen: Zu seiner Exekution im Jahre 399 v.C. trank der griechische Philosoph Sokrates den berühmten „Schierlingsbecher“ (Conium maculatum), welcher das zur Lähmung und letztendlich Herzstillstand erzeugende Coniin enthielt. Im letzten Jahrhundert v.C. benutzte Cleopatra Auszüge von Bilsenkraut (Hyoscyamus), welches Atropin enthält (wie übrigens auch Belladonna, ein Nachtschattengewächs) um ihre Pupillen zu erweitern und damit ihre männlichen politischen Rivalen zu verführen...

A) Reifende Kapsel des Schlafmohns (Papaver somniferum) A) Reifende Kapsel des Schlafmohns (Papaver somniferum). Wenn die Kapsel angeritzt wird, tritt ein weißer Milchsaft (Latex) aus. Dieser enthält Morphin und verwandte Alkaloide, wie z.B. Codein. Wenn der Latex getrocknet wird, so entsteht eine harte, braune Substanz, die als Opium bezeichnet wird. Kleine Statue von Gazi, welche die Göttin des Schlafes zeigt. Sie ist gekrönt mit einer Kapsel von Schlafmohn (1250 - 1200 v.C.)

A) Das Piperidin-Alkaloid Coniin, aus Conium maculatum, (Schierling, Familie der Doldengewächse, Apiaceae) das erste auch synthetisch hergestellte, ist extrem giftig, da es eine Lähmung der motorischen Nervenenden bewirkt. Man denke an das geflügelte Wort: „Den Schierlingsbecher reichen.“ Der Tod tritt ein durch Atemlähmung, meist bei vollem Bewusstsein - wie in Platons Bericht geschildert... B) „Der Tod des Sokrates“ von Jacques-Louis David (1787)

(Schwarzes Bilsenkraut; Atropin wird begleitet von den Alkaloiden (-)-Hyoscyamin und (-)-Hyoscin. Beide wirken parasympathikolytisch durch Verdrängung von Acetylcholin, das bei der Erregung als postganglionärer, parasympathischer Nerven freigesetzt wird. (Blockierung vegetativer Ganglien und im Stammhirn cholinerger Nerven Antiparkinsonwirkung; Schutz gegen Acetylcholinesterase-Inhibitoren  Nervengase!)

A B Einige Schmetterlinge und Motten sammeln Alkaloidvorstufen von Pflanzen und wandeln sie in Pheromone und Verteidigungsstoffe um. A Die Larven von Tyria jacobaea (A) fressen lau- fend auf ihrer Wirtspflanze Senecio jacobaea bis die Pflanze keine Blätter mehr hat. Die auf diese Weise aufgenommenen Alkaloide werden über die Metamorphose hinweg gespeichert. Männliche asiatische und amerikanische Arctiiden- Motten inkorporieren Pyrrolizidin-Alkaloide in ihre „Reproduktionsbiologie“ durch Ausscheidung in abdominale Duftdrüsen. Am Ende der „Werbepha- se“ werden so Pheromone ausgeschieden, welche nötig sind, weibliche Partner anzuziehen. Diese „Coremata“ sind bei Creatonotos transiens direkt proportional zum Gehalt an Alkaloiden in der Nah- rung während der Zeit als Larve (B). B

Zur Geschichte der Alkaloide und ihrer Erforschung Über Jahrhunderte hinweg war das Opium König unter den Medizinalstoffen; weit verbreitet war der Genuss von Theriak, eine „appetitliche Mischung“ von Opium mit getrocknetem Schlangenfleisch (!) und Wein, sowie weiteren pflanzlichen, tierischen und mineralischen Anteilen. Theriak wurde benutzt als Gegengift (Antidot) gegen Vergiftungen, Schlangen- und Spinnenbisse, auch gegen Skorpionstiche. Angeblich verpflichtete Nero den griechischen Arzt Andromachus eine Medizin zu finden gegen alle Krankheiten und Vergiftungen. Andromachus verbesserte daraufhin das bestehende Rezept, in dem zum ursprünglichen Opium fünf andere Pflanzengifte und 64 Pflanzen-drogen zugefügt wurden. Das getrocknete Schlangenfleisch sollte gegen Schlangenbisse helfen durch Neutralisation des Schlangengifts. Bis heute wird Theriak noch mancherorts verschrieben...

Rezept für Theriak (Pharmacopée Royale, 1676) Theriakgefäß aus Nymphenburger Porzellan (etwa 1820)

A) Strukturen der Alkaloide Codein und Morphin aus Papaver somniferum A) Strukturen der Alkaloide Codein und Morphin aus Papaver somniferum. Asymmetrische (chirale) C-Atome sind mit roten Punkten gekennzeichnet. B) Die Kröte Bufo marinus akkumuliert eine beträchtliche Menge von Morphin in ihrer Haut und schreckt damit Fressfeinde ab.

Chinin Struktur des mono- terpenoiden Indol- alkaloids Chinin. Ein Rindenextrakt mit Wirkung gegen Mala- ria erleichterte die Erforschung und Besiedelung der Tropen durch die Europäer. Chinin

Die Struktur von Diacetylmorphin, allgemein bekannt als Heroin. (Das Produkt wurde zuerst bei BAYER synthetisiert - um Soldaten mutig und damit zu Helden = Heroen zu machen …)

Kokain Struktur des Tropan-Alkaloids Kokain, welches als Stimulans des Zentralnerven- Systems wirkt und entsprechend als Rausch- gift (Halluzinogen) konsumiert wird.

Struktur von Nikotin - wohl eines der bekanntesten Stimulanzien. Das asymmetrische, chirale C-Atom ist mit einem roten Punkt gekennzeichnet. Übrigens wurde Nikotin schon im frühen 20. JH als Insektizid verwendet!

Struktur des Purin-Alkaloids Koffein - wohl eines der meist konsumierten Alkaloide.

Solanidin a-Solanin Struktur des Steroid-Alkaloidglykosids a-Solanin aus der Kartoffel (Solanum tuberosum). Das Aglykon Solanidin ist ein Derivat des Cholesterins (= Cholesterol). Zu beachten ist die Akkumulation der giftigen Substanz in der Schale lichtexponierter Knollen.

Struktur des Pyrrolizidin-Alkaloids Senecionin in dem Korbblütler Senecio jacobaea. (Die Toxizität der Substanz entsteht durch Cytochrom- P450-abhängige Transformation in der Leber!) Die Familie der Compositae ist gekennzeichnet durch große Vielfalt von Sekundärstoffen.

Lupanin Struktur des Chinolizidin-Alkaloids Lupanin aus der bitteren Lupine Lupinus polyphyllus. Lupanin ist ein Bitterstoff, der zur Abschreckung von Fressfeinden dient. (Gefahr für grasende Tiere, besonders Schafe, besteht vor allem im Verzehr der Samen im Herbst, wenn Lupanin in großer Menge darin angereichert wird.)

Vinblastin Struktur des monoterpenoiden Indol-Alkaloids Vinblastin aus Catharanthus roseus. Vinblastin ist ein hoch wirksames Mittel in der Bekämpfung von Tumorwachstum. Man spricht von antineoplastischen Medikamenten, wozu auch das strukturell verwandte Vincristin aus derselben Pflanze zählt.

Pilocarpin Das Imidazol-Alkaloid Pilocarpin aus Pilocarpus jaborandi. Die Substanz wirkt als Agonist von Acetylcholin-Rezeptoren. Agonisten sind gewöhnlich kleine Moleküle, dagegen Antagonisten weitaus größere Alkaloidmoleküle, z.B. aus der Gruppe der Tropan-Alkaloide.

Ajmalin Struktur des monoterpenoiden Indol-Alkaloids Ajmalin aus Rauwolfia serpentina. Die Substanz hemmt Na+ - und K+-Kanäle und wird gegen Arrhythmie (unregelmäßiger Herzschlag) eingesetzt.

Warum dieses Interesse an sekundären Naturprodukten? Trotz der strukturellen Vielfalt und der Komplexität der Biosynthesewege wurden solche NATURPRODUKTE weithin als biologisch unbedeutend angesehen und hatten daher (historisch gesehen) wenig Aufmerksamkeit durch die meisten Biologen erfahren. Organische Chemiker interessierten sich dagegen schon lange Zeit für diese Phytochemikalien und untersuchten deren chemische Eigenschaften seit etwa 1850. Diese Studien stimulierten die Entwicklung von Trenn- und Reinigungsmethoden, ebenso solche zur Strukturaufklärung und der chemischen Synthese, was damit die Grundlagen der heutigen Organischen Chemie schuf. Das Interesse an Naturprodukten war nicht rein „akademisch”, sondern wurde eher erzeugt durch deren Nutzbarmachung als Färbestoffe, Polymere, Fasern, Klebstoffe, Öle, Wachse, Gewürzstoffe, Parfüme und Drogen. Die Erkenntnis, dass die Myriaden von Substanzen biologische Eigenschaften/Aktivitäten besitzen, hat die Forschung in diesem Feld sehr angeregt, besonders in der Suche nach neuen Medikamenten, Antibiotica, Insektiziden und Herbiziden. Ebenso bedeutsam ist die laufend steigende Wertschätzung für die äußerst vielfältigen biologischen Effekte, welche durch Naturprodukte hervorgerufen werden. Dies hat zu einer neuen Betrachtungsweise geführt was die möglichen Funktionen dieser Verbindungen in Pflanzen anbelangt, besonders im Zusammenhang mit ökologischen Interaktionen mit der Umwelt

Benutzung von Sekundärstoffen in der Biotechnologie Eigenschaften schmerzbetäubend, entzündungshemmend,antiarrhytmisch, antibacterizid, antidepressiv, schleimlösend, antiparasitisch, migränehemmend, antineoplastisch, antiviral, Rezeptor-Agonist/-Antagonist, kardiotonisch, dermatologisch, harntreibend, gastrointestinal, muskelentspannend, stimulierend, gegen Gefäßkrankheiten Eigenschaften fungizid, antiviral, insektizid, herbizid Biopestizide Pflanzen mit Sekundär-metaboliten Extrakte Isolierte Produkte Phytotherapie Aromastoffe, Gewürze Duftstoffe, Parfume Farbstoffe Gifte Stimulanzien, Halluzinogene Benutzung von Sekundärstoffen in der Biotechnologie

Kalluskulturen die aus intakten Pflanzen etabliert wurden, können durch Selektion und andere Maßnahmen so optimiert werden, dass sie hohe Kon- zentrationen einer Vielfalt von Naturprodukten enthalten können, davon auch solche (wie hier gezeigt), die den Kalli ihre verschiedenen Farben verleihen. Es gibt aber nur wenige Beispiele!

Die Pflanze Berberis wilsoniae (links) und die davon erhaltene Zellsuspensionskultur. Letztere erhält ihre Färbung durch die optimierte Produktion des hoch oxidierten Ben- zylisochinolin-Alkaloids Berberin. Solche Kulturen waren besonders nützlich für die komplette Aufklärung des Biosynthesewegs.

Secologanin Tryptamin Strictosidin-Synthase Glucosidasen I & II Strictosidin Aglycon spontan spontan Dialdehyd 4,21-Dehydrogeissoschizin Reductase Cathenamin

Strictosidin, das Produkt aus Tryptamin und Secologanin, Vinblastin Vincristin Chinin Strictosidin, das Produkt aus Tryptamin und Secologanin, ist die Vorstufe für viele Spezies- spezifische Alkaloide

(S)-Reticulin wird als „chemisches Chamäleon“ bezeichnet: Abhängig da- von, wie das Molekül ver- dreht und verbogen wird, bevor es enzymatisch oxi- diert wird, entsteht eine große Anzahl vom Tetra- hydrobenzylisochinolin abgeleiteter Alkaloide mit bemerkenswerter Vielfalt von Strukturen.

Die Isolierung und Charakterisierung 1,2-Dehydro- reticulinion- Reductase (S)-Reticulin- Oxidase 1,2-Dehydroreticulinium-Ion Die Isolierung und Charakterisierung aller Enzyme der Morphin-Biosynthese im Schlafmohn (Papaver somniferum) ist beinahe komplett  >190 Jahre nach der Entdeckung des Alkaloids. Einige äquivalente Morphin biosynthetisierende Enzyme wurden in der Leber von Säuge- tieren identifiziert. Der Beweis, dass die Leber Morphin de novo synthetisieren könnte, hätte enorme Auswirkungen auf die Ansicht, wie sich in der Evolution die Opiat-Rezeptoren beim Menschen entwickelt haben (Stichwort: Endor- phine!). Salutaridin- Reductase Salutaridin- Synthase Salutaridinol- O-acetyltransferase spontan Codeinon- Reductase

Unter Benutzung der Antisens-/ Kosuppressions- Technologie, bzw. Überexpression, können Medi- zinalpflanzen (theoretisch) so maßgeschneidert werden, dass pharmazeutisch wertvolle Alkaloide produziert werden durch Ausschaltung interferie-render metabolischer Schritte, oder durch Einfüh-rung gewünschter Reaktionen. Gegenwärtig ist die Einführung eines gesamten Alkaloidbiosynthese-wegs mit 20 oder 30 Enzymen in einen einzelnen Mikroorganismus noch jenseits unserer biotechnischen Möglichkeiten. Jedoch ist die Änderung eines Synthesewegs und die Produktion wünschenswerter Alkaloide durch Pflanzen oder Zellkulturen vorstellbar. Um z.B. mehr vom End-produkt-Alkaloid zu erhalten, könnte ein Seiten-weg blockiert werden (A). Um ein normalerweise nicht synthetisiertes Alkaloid zu erhalten, könnte die Einführung eines Transgens aus einer anderen Pflanze dienen (B). Sollte das Endprodukt eher nützlich sein in Form eines Derivats, z.B. als ein löslicheres Glykosid, so müsste eine Glykosyl-transferase eingeführt werden (C). Produkt 1 Vorstufe Produkt 2 Transgen einführen Produkt 3 Transgen einführen Produkt 4

Produktion von pflanzlichen Sekundärstoffen Zukünftige Anwendung Selektion neuer Sorten mit verbesserter Aus- beute und Qualität Mögliche Anwendung Gängige Praxis Kultivierung auf dem Feld oder im Gewächshaus Pflanzen Reinigung und Verarbeitung Produkt Zell- & Organkultur GenetischeVeränderung Fermentierung in Bioreaktoren Isolierte Gene von Bio- synthesewegen Expression in Bakterien oder Hefe

Hyoscyamin- 6b-Hydroxylase Hyoscyamin- 6b-Hydroxylase Reaktionsweg zum Tropanalkaloid Scopolamin: Ein einzelnes Enzym katalysiert zwei aufeinander folgende Schritte, nämlich die Hydroxylierung von Hyoscyamin, gefolgt von der Epoxydierung zum Scopolamin. Letzteres Alkaloid findet man in den Spezies Hyoscyamus, Duboisia und Datura.

Wildtyp-Raps Indolglucosinolat Tryptophan- Decarboxylase Transgener Raps Tryptamin Erzeugung transgener Rapspflanzen (Brassica napus), um die Qualität des Rapsöls zu verbes-sern. Ein Kultivar von Raps wurde transformiert mit einem Gen aus Catharanthus roseus, welches für die Tryptophan-Decarboxylase kodiert, ein Enzym, welches in der Biosynthese monoterpenoider Indolalkaloide eine Rolle spielt. Durch das Transgen, bzw. dessen davon abgeleitetes Enzym, wird der Pool an L-Tryptophan benutzt für die Synthese von Tryptamin, anstatt zur Synthese des bitter schmeckenden Indolglucosinolats zu dienen.

Was ist das ? Die Belohnung des heutigen Tages - später vielleicht?