Schauspiel Bertolt Brecht Leben des Galilei Schauspiel Bertolt Brecht
Inhalt 15 Szenen Stationen aus dem Leben des italienischen Mathematikers und Physikers Galileo Galilei 17. Jahrhundert – neues kopernikanisches Weltbild – Sonne im Mittelpunkt des Alls Konflikt mit herrschenden Mächten (Kirche) Handlung : 1609 – 1637 in Padua, Venedig, Florenz, Rom, Arcetri großer Zeitraum, mehrere Orte
1. Szene Galileos Lehrmethode: basiert auf Gebrauch der Vernunft zielt auf Zweifel am bloßen Augenschein ,,Ich lehre ihn sehen” (12) nicht bloße Wahrnehmung (Glotzen), sondern unsinnliches, abtraktes Sehen im Medium des anschaulichen Experiments”
1. Szene Erwartung eines neuen Zeitalters der Vernunft: begrüßt emphatisch das neue Zeitalter der Entdeckung Wissenschaft eröffnet Menschheit ungeahnte Möglichkeiten Befreiung aus Fesseln des ptolemäischen Weltbildes Anstatt blindem Vertrauens der Zweifel Glaube wird durch auf Vernunft gegründete Wahrheitssuche ersetzt Religion verliert ihren Sinn (Die Himmel...sind leer...; 10)
1. Szene G erfährt von Erfindung des Fernrohrs G in Geldnot – zwingt ihn zum Unterricht reicher aber uninteressierter Privatschüler neuer Schüler Ludovico – neu erfundenes Fernrohr in Holland auf dem Markt G sieht Chance finanzielle Lage zu verbessern Kurator: keine Gehaltserhöhung weil Mathematik unnütze ,,brotlose Kunst” ( im Kontrast zu Philosophie und Theologie) Gedankenfreiheit Venedigs hat ihren Preis Gegensatz zwischen Wissenschaft und kirchlicher Lehre andererorts nicht geduldet
1. Szene Wirtschaftlicher Nutzen der Wissenschaft Kurator empfiehlt G praktische Erfindung, weil lukrativ G hat nichts gegen Verwertung seiner Forschung wehrt sich aber gegen zu hohe Erwartungshaltung Forderungen behindern seine Forschung ,,Ihr verbindet dem Ochsen, der da drischt, das Maul” (20)
2. Szene Militärischer Wert des Fernrohrs G gibt nachgebautes Fernrohr als eigen Erfindung aus große Begeisterung über militärische Anwendungsmöglichkeiten ,,...im Krieg die Schiffe des Feinds...erkennen...” (24) Gs Gehalt wird verdoppelt
3. Szene Entdeckung der Jupitermonde Vorwürfe der Täuschung, G unbeeindruckt entdeckt materielle Gleichartigkeit von Mond und Erde Entdeckung der Jupitermonde -> bahnbrechender Beweis für kopernikanisches Weltsystem (widerlegt Kristallschalentheorie)
3. Szene Theologische Brisanz des neuen Weltbildes Sagredo ahnt theologische Brisanz: ,,...wo ist dann Gott?” (33) zitiert Bruno: ,,ins uns oder nirgends” (33) Giordano Bruno 9 Jahre zuvor als Ketzer verurteilt und verbrannt Kein Platz für transzendenten (außerhalb der menschlichen Seele exisiterenden) Gott im neuen Weltbild
3. Szene Gs Vertrauen in Überzeugungskraft der Vernunft Vertrauen in Beweiskraft seiner Forschung Überzeugungskraft der Vernunft - ,,sanfte Gewalt” (34), der sich auf Dauer niemand verschließen kann, nicht einmal der Papst G braucht Beweise, Hoffnung auf bessere Bezahlung in Florenz - > Zeit für Beweisführung ,,Ich brauche Muße. Ich brauche Beweise. Und ich will die Fleischtöpfe.”(37) Körperliches Wohlbehagen und Genuss sind ihm Bedingungen produktiven Schaffens
3. Szene Sagredos vergebliche Warnung am Hof der Medicer wacht die Inquisition über Einhaltung kirchlicher Lehren wird sich Existenz des Himmels nicht ohne Gegenwehr zerstören lassen Papst werde ,,nicht einfach in sein Tagebuch einschreiben....Himmel abgeschafft.” (38) G schlägt alle Warnungen in den Wind
4. Szene Symbolischer Kampf zweier Weltsysteme Andrea erklärt Cosmo de Medici Weltsysteme (Holzmodelle) Cosmo sieht sie als Spielzeug und es kommt zur Rauferei Ptolemäisches System zerbricht symbolische Vorausdeutung auf Zusammenbruch des alten Weltbildes und auf neue Erkenntnis Gs
4. Szene Gegensatz alte Lehre – neue Erkenntnis totale Ablehnung der neuen Erkenntnis Hofgelehrte weigern sich Sterne zu sehen, die es nach kirchlicher Lehre gar nicht gibt Heilige Schrift und ,,göttlicher Aristoteles” können nicht irren Gs Argumente wirkungslos gegen borniertes Beharren auf unumstößlicher Autorität Aristoteles alte Lehre über alle Zweifel erhaben
5. Szene Die Pest G bleibt trotz Pestepidemie in Florenz um weiter zu forschen Frau Sarti und Andrea bleiben trotz hoher Gefahr an seiner Seite Gs Egoismus: Forschung und Milch
6. Szene Denkweise der konservativen Geistlichkeit Spott über ,,Dummheit” (58) Kardinal droht G mit Scheiterhaufen Anhäufung von Igoranz und Arroganz Prüfungsergebnis des päpstlichen Hauptastronomen bestätigt Gs Forschung Wahrheit scheint sich durchzusetzen
7. Szene Bedrohung des kirchlichen Machtanspruchs Bellarmin und Barberini: Wölfe im Schafspelz (Lamm und Taube) Inquisition erklärt kopernikanische Lehre trotz Clavius für ,,töricht, absurd und ketzerisch” (69) auf Index gesetzt -> Forschungsverbot Inquisitor zeigt deutlich: Kirche sieht sich durch neues Zeitalter des Zweifels bedroht und Machtanspuch gefährdet Gs Vertrauen auf Macht vernünftiger Beweise ist pure Illusion
8. Szene Religiöse Begründung der alten Ordnung der kleine Mönch: altes Weltbild gäbe Hoffnung auf Lohn Gottes und besseres Jenseits Angst vor der puren Verzweiflung der neuen Lehre -> ohne Gott hat das Leiden der Armen keinen Sinn G widerspricht heftig: Armut nicht gottgegeben, sondern Folge der Machtpolitik der Kirche
8. Szene Sozial-revolutionäre Wirkung der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse Neues Weltbild darf nicht verschwiegen werden; Bauern dürfen nicht im alten Zustand der Ausbeutung verharren (78) G: Volk müsse in Bewegung kommen und denken lernen, ,,...wo ist ihr göttlicher Zorn?” (79) Mönch :frisch erwachte Lust an der Erkenntnis
9. Szene Hoffnung auf den neuen Papst Hoffnung auf Papstnachfolge Barberinis (wissenschaftlich gebildet, G angeblich freundlich geneigt) G beginnt sofort wieder mit Forschung – Sonnenflecken Beziehung Ludovico – Virginia geht wegen G in die Brüche, weil Ludovico am Bestehen der alten Gesellschaftsordnung interessiert ist
10. Szene Verbreitung der neuen Lehre Gs Forschungsergebnisse finden Eingang ins Volk -> Bewegung entsteht ,,Pamphletisten und Balladensänger” (94) greifen neue Ideen auf und verhöhnen kirchliche Autoritäten ,,Galielo Galilei, der Bibelzertrümmerer!” (98)
11. Szene G verkennt drohende Gefahr Barberini ist jetzt Urban VIII -> Name und Individuum ordnen sich der Rolle unter G, der ,,weltbekannte Forscher” (99), sucht immernoch die Machthaber zu überzeugen Vanni (Eisengießer, Repräsentant des neuen Bürgertums) versucht G zur Flucht zu überreden G weist Vanni brüsk zurück, misstraut der Macht des Bürgertums, bestreitet sozialrevolutionäre Folgen seiner Lehre -> versucht immernoch sich bei Mächtigen anzubiedern, drückt sich vor sozialer Verantwortung G erkennt Gefahr zu spät, wird verhaftet
12. Szene Inquisition Barberini ,,in vollem Ornat” (108) symbolische Verweisung auf Rollenzwänge seines Amtes Sprache als Revolution: Gs Lehren in Volkssprache verfasst Angst vor kritischer Befragung der Glaubensaussagen, wenn Volk lernt seinen Verstand zu nutzen (106) G denke ,,aus Sinnlichkeit” (108) Drohung: Folter
13. Szene Widerruf G schwört seine Lehre ab Andrea: ,,Unglücklich das Land, das keine Helden hat!” (113) G: Nein. Unglücklich das Land, das Helden nötig hat.” (114)
14. Szene Leben in Gefangenschaft verbitterte Virginia als Wachhund der Inquisition Andreas Besuch bei halbblindem G Vorwürfe an G, der Wissenschaft durch seinen Widerruf geschadet zu haben G übergibt Andrea Kopie der Discorsi G belehrt Andrea, dass er kein Held sei und aus Angst vor Folter seine Lehre widerrufen habe Andrea: nicht Motiv zähle, sondern Ergebnis
14. Szene Sozialethischer Zweck der Wissenschaft G erklärt Ethik des Wissenschaftlers: Wissenschaft als Instrument der Kritik an überlieferten Strukturen einer ausbeuterischen Klassengesellschaft Einziges Ziel sei ,,die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern.” (125) Wissen in den Dienst einer Veränderung der sozialen Herrschaftsverhältnisse zu stellen Warnung vor zweckfreier Wissenschaft, Kleinmut und Profitgier(125) ,,universaler Entsetzensschrei” (126) G bezichtigt sich des Verrats an Wissenschaft
15. Szene Bedingt optimisitsche Zukunftsperspektive Szene 15 schlägt Bogen zu Szene 1 : Optimismus – neue Zeit kommt Andrea – neue Generation – knüpft hier an ,,Wir stehen wirklich erst am Beginn” (131) ist Schlusssatz des Dramas Revolution -> Umdrehung
Figuren Drei Kategorien Namen Funktion gesellschaftliche Gruppe
Figuren Drei Kategorien Namen : Galiei, Virginia, Ludovico, Andrea Sarti, Frau Sarti, Sagredo, Federzoni, Barberini, Bellarmin Funktion : Doge, Kardinal Inquisitor, Theologe, Philosoph, Mathematiker gesellschaftliche Gruppe : Ratsherren, Mönche, Gelehrte -> Vertreter einer bestimmten Position, nicht individueller Charakter