featuring: MILES DAVIS Vortrag Copyright: Klaus Heesche

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 Präsentation transkript:

featuring: MILES DAVIS Vortrag Copyright: Klaus Heesche JAZZ featuring: MILES DAVIS Vortrag Copyright: Klaus Heesche

MILES DAVIS KIND OF BLUE Meistverkauftes Jazz-Album: 6 Mio. Exemplare Einträge im Internet: 1,1 Mio. weltweit Aufnahme: Frühjahr 1959 Modaler Jazz Titel: All Blues, Blue in Green, Flamenco Sketches, Freddie Freeloader und SO WHAT Musiker: Miles Davis, trumpet; Julian Cannonball Adderley, altsax; John Coltrane, tenorsax; Bill Evans, piano; Wynton Kelly, piano (only Freeloader); Paul Chambers, bass; Jimmy Cobb, drums

Miles Davis: „Kind of Blue basiert auf dem modalen Konzept, das ich schon bei Milestones verwendete. Diesmal nahm ich einen anderen Sound mit rein, den ich aus den alten Zeiten in Erinnerung hatte, als ich mit meinem Cousin die dunkle Landstraße in Arkansas entlang ging und wir diese wahnsinnigen Gospelsongs und den Klang des Daumenklaviers aus der Kirche hörten. Plötzlich erinnerte ich mich wieder an den Klang dieser Musik und was ich dabei empfunden hatte. Genau dieses Gefühl wollte ich einfangen. Dieses Gefühl war tief in mir, es lebte in meiner Fantasie – ich hatte es nur vergessen. Für Kind of Blue brachte ich nur einige Skizzen mit ins Studio, denn ich wollte die Spontaneität in der Musik erhalten. Ich ließ Bill (Evans) Kind of Blue in einer Moll-Tonart spielen. Bill war ein Pianist, der mit einer Sache anfing und sie auch zu Ende brachte, aber er machte immer ein bisschen mehr draus. Unbewusst rechnete jeder damit, dadurch entstand eine gewisse Spannung bei den übrigen. Da wir uns zu dieser Zeit mit Ravel (besonders seinem Konzert in D-Dur für die linke Hand ) und Rachmaninow (Konzert Nr. 4 ) beschäftigten, steckte auch das alles mit drin.“ aus: Miles Davis, Die Autobiographie, Heyne, TB-Ausgabe 7/2000, S. 316

SO WHAT Modaler Jazz (Kirchentonarten) d-moll dorisch, es-moll dorisch = 2. Stufe von C-dur bzw. Des-dur Horizontale Improvisation, keine Harmoniewechsel, meditativ/tranceartig (Gegensatz: Vertikale Improvisation, ständige Harmoniewechsel) Call & Response (Ruf und Antwort im Thema) Vamps, rhythmisch markante Zäsuren So-What-Akkorde: Bill Evans Vamps gingen unter diesem Namen in die Jazz-Harmonielehre ein. .

LEAD – SHEET: SO WHAT LEAD - SHEET (Handgeschriebene Lead-Sheets sind häufig fehlerhaft. Im Original beginnt das Thema mit D) Entnommen aus: The Real Book (illegale Version) S.399

John Fordham: „Es gibt einen Augenblick auf Miles Davis‘ klassischer Platte Kind of Blue, der mindestens einem hervorragenden Musiker, den ich kenne, zum Schlüsselerlebnis wurde, das sein Leben bestimmte. Es gibt viele solcher Momente im Jazz, aber dieser sagt mehr über perfektes Timing, als es jedes Buch könnte oder als es in irgendeiner mir bekannten Notation festzuhalten ist. Es ist der Klang des ausgelassenen Herzschlages, des angehaltenen Atems, des plötzlichen Lächelns. Dieser Moment kommt unvermittelt, nachdem der Kontrabass leise und weich das Thema von So what gespielt hat. Als das Thema endet, hebt Miles Davis‘ Trompetensolo an, mit nur zwei Tönen, der zweite eine Oktave unter dem ersten. Der erste eindringliche Ton hängt ganz allein in einem ansonsten leeren Klangraum – einen Moment lang, der ewig zu währen scheint. Als er verklingt, schlägt der Schlagzeuger plötzlich sein Becken mit einem einzelnen, nachklingenden Schlag, der wie ein Blitz über einer halbdunklen Landschaft aufleuchtet, und die rasselnden Nieten des Beckens klingen weiter, während Davis’ Trompete nonchalant zu swingen beginnt. Jedesmal, wenn man diese Stelle hört, klingt sie gleich selbstverständlich und verblüffend. Es ist der Sound des Jazz!“ aus: John Fordham, Jazz, Christian Verlag, München 1994, Einleitung

LEAD-SHEET

STILMERKMALE DES JAZZ Tonbildung und Phrasierung Improvisation Arrangement Harmonik Melodik Rhythmus, Swing, Groove

TONBILDUNG UND PHRASIERUNG Dirty-tones (offene Intonation) Blue-notes (Abweichungen der afrikanischen zur europäischen Tonleiter) Signature sound (unverwechselbarer Sound eines Musikers) s.a. Phrasierung: persönlicher Sound eines Musikers (Artikulation, rhythmisches Gespür, Dynamik, Intonation) Gesangsorientiert Stimme: klagend/anklagend, weinend/schreiend, stöhnend/ächzend Instrument: expressiv/eruptiv, ungefiltert/keine Klangvorschriften Emotional motorische Musizier- und Rezeptionshaltung Ausdruck vor Schönklang

IMPROVISATION PARAPHRASE: Ausschmückende, ornamentierende Bearbeitung der Melodie (Improvisationsweise der älteren Jazzformen) Improvisation mit Hilfe von Harmoniegerüsten mit bzw. ohne Melodievorstellung CHORUS-PHRASE schafft neue melodische Linien über gegebenen Harmonien und ist im modernen Jazz gebräuchlich; ständiger Akkordwechsel erfordert vertikale Improvisation. Modale Improvisation = Improvisation über Modi bzw.Skalen (Kirchentonarten bzw.Musikkulturen des Nahen und Fernen Ostens), ohne harmonisch- melodische Bindung, auch horizontale Improvisation LEAD-SHEETS von Jazz-Standards als „Improvisationsskizze“ bzw. Bezugssystem HEAD Harmonien veröffentlichter Songs wurden für neue Melodien genutzt, um Tantiemen zu sparen (z.B. von Gershwin‘s I got rhythm sind mehr als 20 Heads bekannt). FREIE IMPROVISATION führt zu interaktiven Prozessen, da überlieferte Regeln entfallen.

ARRANGEMENT Bearbeitung‚ Orchestrierung eines Titels für eine bestimmte Besetzung (z.B. Big Band) Feste, wiederholbare Spielweisen im Gegensatz zur „einmaligen“ Improvisation Vereinbarung über Form und Ablauf HEAD-Arrangements, musikalische Organisation, Entwicklung von Bläsersätzen, kollektive Bläser-Riffs (einfache, kurze, rhythmisch akzentuierte melodische Figur)

HARMONIK Europäische Funktionsharmonik als Basis Swing, Bebop, Cool-Jazz nutzten den Prozess harmonischer Ausweitung, Umdeutung, Alteration und chromatischer Überwucherung der europäischen Musikentwicklung (z.B. Rameau, Debussy, Schönberg) Schnelle Folge von Spannung und Entspannung Blue Notes: kleine Terz und kleine Septime, abweichende Tonhöhen der afrikanischen zur europäischen Tonleiter, Dur-moll-neutral Flatted Fifth, verminderte Quinte (Tritonus) insbesondere im Bebop Harmolodik nach Ornette Coleman: Harmonik, Melodik, Rhythmus, Tempo, Metrum und Phrase in gleichberechtigtem Verhältnis (alle musikalischen Parameter werden melodisiert) Blues-Harmonik: 12-taktiges Akkordschema aus Tonika (4 Takte), Subdominante (2 Takte), Tonika (2 Takte), Dominante (1 Takt), Subdominante (1 Takt) und Tonika (2 Takte)

MELODIK Tonleitern und Skalen als Grundlage Melodik als horizontale Harmonik, Harmonik ist vertikale Melodik*) Beziehung zwischen Musiker und Instrument („Das Instrument spricht mit mir!“) CALL AND RESPONSE, call häufig als Riff z.B. eines Bläsersatzes, response als Antwort eines Solisten, teilweise auch gleichzeitig *) s. J. E. Berendt, Das Jazzbuch, Fischer-Verlag, Frankfurt 2005, S. 285

RHYTHMUS, SWING, GROOVE Im Jazz höhere Bedeutung des Rhythmus gegenüber der Melodie Swing als kreative Spannung zwischen metronomischer und empfundener Zeit, eine Überlagerung afrikanischen und europäischen Rhythmusempfindens Trommeltraditionen Afrikas, Indiens und Persiens Betonung der Taktteile 1 und 3 im New Orleans-Stil und im Ragtime, der Taktteile 2 und 4 im Dixieland- und Chicago-Stil (1und 3 bleiben stark, aber 2 und 4 werden betont), 4 gleichmäßige Schläge im Swing (aber Betonung auf 2 und 4) Triolenfeeling bei zwei Achtelnoten (2 zu 1), individuelle Ausprägung bei jedem Jazzmusiker Groove entsteht dort, wo rhythmische und melodische Beziehungen auftreten (minimale Abweichungen zum Grundpuls), wenn gesteigerter Sinn für den Beat kommuniziert wird (bis Trance und Ekstase) und sich auf das Publikum überträgt.

Christian Broecking: RESPEKT! „Auch vierzig Jahre nach „I have a dream“ sind die Dinge nicht im Lot. „The negro is still not free“, hieß es damals bei Dr. Martin Luther King jr. Die Respektlosigkeit lauert nach wie vor überall. Man wird nicht beleidigt, man wird aber auch nicht beachtet, man wird nicht als ein Mensch angesehen, dessen Anwesenheit etwas zählt.“ In den Konzerten der MINGUS BIG BAND vor dem 11. September 2001 wurden fast selbstverständlich die Missstände des New Yorker Polizeiregimes thematisiert. Staatlich legitimierte Folterungen und Todesschüsse in den Suburbs gehörten zur Tagesordnung, die „Zero Tolerance“ - Polizeitaktik des New Yorker Bürgermeisters Giuliani brachte kurzzeitig auch Jazzmusiker auf die antirassistische „Refuse and Resist“-Bühne. Das schwarze Amerika rechnete kurz vor dem 11. September mit einer baldigen Entlassung Giulianis. Kurz danach wurde er an der Seite Bush‘s zum nächsten “All American Hero“ stilisiert. (Inzwischen ist er als Präsidentschaftskandidat im Gespräch.) Im Sommer 1959 starb Billie Holiday. Der Song Strang Fruit bewirkte, dass die einflussreichen Printmedien anfingen, schwarze Amerikaner abzubilden. nach: Christian Broecking, Respekt, Booklet zur CD

Künstlernamen schwarzer Jazzmusiker Anfang des 20. Jahrhunderts (familiär bzw. scherzhaft): Ma Rainy Papa Bue Papa Delisle Baby Dodds Big Boy Arthur Crudup Big Joe Turner Big Joe Williams Big Bill Broonzy Wild Bill Davis Blind Willie Mc Tell Willie „The Lion“ Smith T-Bone Walker Ab 20-er Jahre (aufwertend, adlig etc.): Earl Hines Earl Bostic Earl Bud Powell Duke Ellington Count Basie King Oliver Nat King Cole Honore Dutrey Pharao Sanders Don Grollnick Don Byas