Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer V Sprachwandel in der Vormoderne 19

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Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer V Sprachwandel in der Vormoderne 19 Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer V Sprachwandel in der Vormoderne 19. Juli 2007

Memorierprozeß: - Speichern im Gedächtnis = servare, memori mente tenere - Anschauen der Bilder / Lesen der Merkverse = picturam cernere, carmina legere - Einprägen der Bildchiffren = imprimere mystica signa - Ziffern = figuram numerus

O meinsch, min crucz drug ich foir dich, wan du sunde toun wilt so gedenche an das liden min amen

Visualisierung abstrakter Sachverhalte - Krone = hoffart - Brustausschnitt = unkaißheith - Kelch = frashait - linke Hand = er absneiden - Wolf = zoren - Esel = drakait - Geldgürtel = geudickait

Die Krone des Pfaus und die Flügel der Fledermaus hat die Welt Die Krone des Pfaus und die Flügel der Fledermaus hat die Welt. Den Törichten reicht sie den Kelch der Hure Babylon (Apc 18,6). Scheußlich ist sie mit ihrem Wolfsherzen. Der Tod beißt ihr wie ein Drache ins Bein. Und schon voller Münzen, treibt der Geldbeutel noch Wucher mit dem Tod.

ars artificialiter scribendi

Oekolampad: Vom Sakrament der Danksagung’ (Froschauer, Zürich) Vilen zu dienst in ußlendischer gemeiner spraach getruckt, damit es auch andere verston mögind, die unsrer spraach zuo Zurich nit gewont habend. Hierum sol es mir niemants – ist min begär – verargen noch für übel ufnemmen, sydmals ich allein anderer Christen nutz suoch

Rihel / Straßburg / Luther-Bibel / 1535: Besunder wörter / und orthographey, so meer auf Sachsisch / denn unser hochteutsch gepraucht

Gryselda liebes weib Es ist nudalest wol zeit, das du die frucht vnnd den lone deiner grossen gedulte vnnd mitleyden enpfahest, vnd damit ich von den die mich pöß vnd für herte hielten erkennet werde, vnd was ich in dich begangen hab nicht in argem sunder in gutem gethon hab Dise vnsere tochter zů leren ein züchtig weyb zů sein, vnd vnsern sun wie man ein weibe halten sülle, vnd nun mir mit dir einen ewigenn fride schaffen die weil wir mit einander leben, Dan ee ich dich versuchet ob du gedultig werest ich stäcz in sorgenn lebet mir von dir schande zůstünd das nun nicht geschehenn ist des ich got dancke; Darumb mein syn ist dir zů einer stunde wider zů geben das ich zů mermalen genomen het, vnd dich aller pittern widerrisse ergeczen die dir von mir gegeben worden. Darvmb nym hin vnd enpfahe mit fröhlichem herczen die iunckfrawen die du mein weybe meinest sey, vnd gelaub das sy vnser [387a] peyder tochter sey, desselben geleichen den iungen iren pruder, vnsern liebe sun vernym vnd nicht gelaub als vil manche andre meinten ich sy hertes todes getött het Also gesprochen sy mit seinen armen vmbfinge halset vnd küssett fürpaß sprach Ich mich des wol rümen mage kein man auff erden seiner elichen fraw paß ze mute sein mag als ich Nach dem Griseyde ir tochter vnd den sune erkante peyde lieplichen halset vnd küssett von dem tische auff stunden in die kamern gingen do Griseyde in ire reiche kleyder gekleydet warde wider in den sale gingen

‚geselle Hartman, nû sage, Wie erwerte inz der lîp?‘ Erec, V. 9169f.

Dô was diu maget reine in der kemenâten aleine. ir angest diu was vile grôz. die ture si innen beslôz. dô nam des rîchen kuneges kint tinten unde permint, als si diu nôt dar zû treib. welt ir nû hôren waz si screib in scônem lâtîne? 'ez enbûtet Lavîne Ênêase dem rîchen ir dienest innechlîchen, der is ir vor alle man […] (vv. 10785-798)

dô siez gescreib und uberlas und der brief trocken was, gefûchlîche sie in vielt.

der herre hêrlichen lac. er hete ein schoenen alten lîp: und waene wol, sî was sîn wîp, ein vrouwe diu dâ vor im saz. sine mohten beidiu niht baz nâch sô alten jâren getân sîn noch gebâren. und vor in beiden saz ein maget, diu vil wol, ist mir gesaget, wälhisch lesen kunde: diu kurzte in die stunde. ouch mohte sî ein lachen vil lîhte an in gemachen: ez dûhte sî guot swaz sî las, wand sî ir beider tohter was. ez ist reht daz man sî kroene, diu zuht unde schoene, hôhe geburt unde jugent, rîcheit unde kiusche tugent, güete und wîse rede hât. diz was an ir, und gar der rât des der wunsch an wîbe gert. ir lesen was eht dâ vil wert. (vv. 6448-470)

‚Reinhardsbrunner Chronik’: er überließ seine müden Glieder nie dem Schlaf, ohne vorher ein Stück aus der Hl. Schrift oder die berühmten Taten vergangener Fürsten gehört zu haben; und er lieh sein stets aufnahmebereites Ohr lateinischen wie deutschen Werken.

Ich hân mir eine unmüezekeit der werlt ze liebe vür geleit und edele herzen z’einer hage, den herzen, den ich herze trage, der werlde, in die mîn herze siht. ine meine ir aller werlde niht [...] (V. 45-50) ‚Tristan‘

daz si da mite unmüezic wesen (171) ‚Tristan‘