Falterschwund in den Zeiten des Natur- und Umweltschutzes -

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 Präsentation transkript:

Falterschwund in den Zeiten des Natur- und Umweltschutzes - Brauchen wir den Bagger? Werner Kunz Universität Düsseldorf

Unsere Umwelt ist heute sauberer als vor 50 Jahren

Aber das Sterben der Schmetterlinge geht ungehemmt weiter 3,9% der Fläche Deutschlands sind Naturschutzgebiete Das sind 8676 Naturschutzgebiete mit 1.378.410 ha (https://www.bfn.de/0308_nsg.html) Aber das Sterben der Schmetterlinge geht ungehemmt weiter

„Naturnahe Biotope“ sind nicht das, was unsere Schmetterlinge brauchen Das zeigt, dass wir mit Naturschutzgebieten den Rückgang der meisten Schmetterlingsarten nicht verhindern können „Naturnahe Biotope“ sind nicht das, was unsere Schmetterlinge brauchen

Die Zeiten scheinen endgültig vorbei, wo Weitzel auf dem Mainzer Sand (1966) noch Wolken von Bläulingen (14 Arten) vorfand (Melanargia 2012); wo Retzlaff im Kreis Lippe (1973) noch Tausende von Boloria selene vorfand (Melanargia 2011).

60 Vorkommen in Baden-Württemberg 1880: 60 Vorkommen in Baden-Württemberg 1988: Ein Vorkommen

Satyrium ilicis kam in Baden-Württemberg bis 1990 noch in 23 Messtischblatt-Quadranten vor. Heute existiert nur noch EIN Vorkommen in der Rheinaue südlich von Freiburg (Ebert & Rennwald 1991). Im Saarland gelangen von diesem ehemals weit verbreiteten Zipfelfalter seit 1990 nur noch 5 Nachweise (Ulrich & Caspari 2007).

source: European Environmental Agency 2013 Lasiommata megera source: European Environmental Agency 2013

Thomas et al., Science 2004: “We found that … in Britain over the past 40 years 71% of butterfly species has declined…”

Ich weiß, den Zuhörern hier sage ich nichts Neues. Und trotzdem plädiere ich für einen Bewusstseins-Wandel Es muss zu denken geben, dass in den gegenwärtigen Zeiten eines erfolgreichen Umweltschutzes und der Gründung zahlreicher Naturschutzgebiete die Schmetterlinge weiter verschwinden und von Jahr zu Jahr seltener werden. Soll das eigentlich so weitergehen?

Vor 200 Jahren (zur Zeit Goethes) hatten wir die Hört man auf die Klagen der Naturschutz-Verbände, so findet man schnell etwas vom Fehlen „naturnaher Biotope“, vom Klimawandel und anderen Ursachen Aber brauchen Satyrium ilicis oder Boloria selene „naturnahe Biotope“ ? Vor 200 Jahren (zur Zeit Goethes) hatten wir die „Kleine Eiszeit“, und da gab es mehr Schmetterlinge in Deutschland als heute

Schützen wir die falschen Biotope ?? Wird uns etwas Falsches weisgemacht?: Umweltschutz und Naturschutzgebiete sind nicht das geeignete Mittel, dem gegenwärtigen Schmetterlingsschwund Einhalt zu gebieten“ Um die Schmetterlinge zu retten, bedarf es eines Paradigmen-Wechsels im Naturschutz

Sind das die besseren Habitate?: Sind das Naturschutzgebiete?

Warum verschwinden die Schmetterlinge? Was ist heute anders als früher? Deutschland früher (1870): Deutschland heute:

Segelfalter an den Felsen Remagen 1870 Segelfalter an den Felsen Remagen heute circe in den lichten Wäldern hier sind keine Felsen und keine lichten Wäldern

Wie wurde unsere Landschaft früher behandelt? Historische Vegetations-Entnahme und Abplaggen:

historischer Plaggenhieb

Armut (und dem Hunger) der Bevölkerung Jedoch: Die Landwirtschaft von früher kann nicht zurückgeholt werden; denn der Artenreichtum von früher beruhte auf der Armut (und dem Hunger) der Bevölkerung

den Artenreichtum von früher zurückzuholen. Deswegen ist es eine Illusion, durch biologische Land- und Weidewirtschaft den Artenreichtum von früher zurückzuholen. Die Erfolge werden bescheiden sein; denn was die Arten brauchen (von den verschwundenen Wiesen- und Ackervögeln bis zu den Schmetterlingen) sind karge Kümmerböden (auf den Äckern, in den Tälern und an den Hügelhängen), die keinem Landwirt zumutbar sind

Und das ist keinem Landwirt zumutbar. So müsste ein Acker aussehen, um den Artenreichtum von früher zurückzuholen. Und das ist keinem Landwirt zumutbar. Die Bio-Tomate bringt uns nicht den Artenreichtum von früher zurück aus Kunz (2016): Artenschutz durch Habitatmanagement – Der Mythos von der unberührten Natur

Auch der Stickstoff-Regen durch die Atmosphäre kann nicht abgestellt werden. Es wird weiter Auto gefahren. Diese eutrophierte Landschaft tötet wahrscheinlich mehr Insekten als so manche Gifte

Also muss man den Artenreichtum von früher durch technische Eingriffe simulieren, indem spärlich bewachsene Böden, Heideflächen, Abbruchkanten und nackter Fels künstlich erzeugt werden Die Landwirtschaft können wir für den Artenschutz vergessen. Wir brauchen Sonderflächen für die Arten Ich plädiere entschieden für den segregativem Naturschutz (= „land sparing“) und nicht den integrativem Naturschutz (= „land sharing“)

aber daneben die Extra-Flächen für die Arten: reiche Erträge einerseits:

Artenschutzes müssen vom Naturschutz abgekoppelt werden Viele Aufgaben des Artenschutzes müssen vom Naturschutz abgekoppelt werden aus: Cölln und Jakubzik: Dendrocopos 43, 2016

Am Bewusstsein der Bevölkerung aber ist diese Botschaft vorbeigegangen Schon in Publikationen 1990 wurde das Problem aufgegriffen. Es ist eine Abkehr von der Unberührtheits-Ideologie der 70er und 80er Jahre: Am Bewusstsein der Bevölkerung aber ist diese Botschaft vorbeigegangen

vernachlässigtes Ödland vor „ALDI“: aus Kunz (2016): Artenschutz durch Habitatmanagement – Der Mythos von der unberührten Natur

Asche-Deponie von RWE im Tagebau Garzweiler: aus Kunz (2016): Artenschutz durch Habitatmanagement – Der Mythos von der unberührten Natur

Bringt uns das die verlorenen Schmetterlinge zurück? „… gute Luft, sauberes Wasser, gesunde Böden – dafür setzt sich der NABU ein“: Bringt uns das die verlorenen Schmetterlinge zurück? NABU: „Sicherung Natur-belassener Biotope zum Schutz der Flora und Fauna“: Was ist „Natur-belassen??? Barbara Hendricks: „Viele Flächen, die einst militärisches Sperrgebiet waren, werden der Natur zurückgegeben“: Bitte nicht: Der Artenreichtum der Militärgelände darf nicht durch die Rückkehr der Natur kaputtgemacht werden!!

die Rückkehr des Goldenen Scheckenfalters www.life-aurinia.de Diese erfolgreiche Wieder-Ansiedlung hat mit Naturnähe oder gar Wildnis nichts zu tun

die Rückkehr des Goldenen Scheckenfalters www.life-aurinia.de so stelle ich mit den Artenschutz der Zukunft vor

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Wo sind heute viele Rote-Liste-Arten? Viele sind auf Flächen, die nichts mit Naturschutz zu tun haben

Das ist nicht das Problem. Was kann man tun? Wir müssen uns von der Ideologie der 80er Jahre lösen, dass die Natur schon Alles schön richten wird, wenn sie der Mensch nur in Ruhe lässt. Naturschutzverbände vor Ort leisten bereits sehr viel Arbeit im Offenhalten der Landschaft. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist vielmehr, dass das Entbuschen und das Fällen von Bäumen keinen Rückhalt in der breiten Bevölkerung haben. Die Bevölkerung wird nicht aufgeklärt; und das ist das eigentliche Versagen der Naturschutz-Verbände (nicht die gute Arbeit zahlreicher Ortsverbände). Von oben wird die falsche Ideologie gepredigt.