02.06.2016Folie 1 Kulturelle Vielfalt: eine ethische Reflexion Peter Schaber (Universität Zürich)

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 Präsentation transkript:

Folie 1 Kulturelle Vielfalt: eine ethische Reflexion Peter Schaber (Universität Zürich)

Folie 2 Struktur des Vortrags 1.Kosmopolitanismus 2.Kultur und Kulturen 3.Dazugehören 4.Staat und Kultur

Folie 3 1. Kosmopolitanismus → Ein ‘kosmopolitischer Mensch’: Aufgewachsen als Schweizer Katholik; Konvertiert zum Buddhismus; Verheiratet mit einer Japanerin; Hört gerne afrikanische Musik; Liest neben V.S. Naipaul gerne südamerikanische Literatur.

Folie 4 1. Kosmopolitanismus →Ein Leben zwischen den Kulturen; →Er wählt aus den Kulturen das, was ihm gefällt; →Er versteht sich nicht als einer Kultur zugehörig: Er ist ein Weltbürger.

Folie 5 1. Kosmopolitanismus → Eine Bewertung (Jeremy Waldron): „Ein solches Leben ist möglich und erfüllend.“

Folie 6 1. Kosmopolitanismus Und ein Schluss, der aus dieser Bewertung gezogen wird (Waldron): →‘Ein zentrales Argument für den Schutz von Minderheitskulturen ist damit hinfällig. Man kann nicht mehr sagen, dass Menschen in einer Kultur verwurzelt sein müssen.‘

Folie 7 1. Kosmopolitanismus → Niemand hat ein Anrecht darauf, dass seine Kultur besonders geschützt wird. →Niemand hat ein Anrecht auf aktive Massnahmen des Staates.

Folie 8 2. Kultur und Kulturen ►Der Begriff der Kultur? →Einer Kultur angehören? →Lassen sich Kulturen individuieren?

Folie 9 2. Kultur und Kulturen →Weisen das menschliche Leben zu gestalten: ►Das Verhältnis zu anderen: Manieren, Takt; was privat ist, was öffentlich ist; persönliche Beziehungen, Ideen der Freundschaft; was wichtig ist im Leben, welche Ziele man als sinnvoll ansieht etc. ►Das Verhältnis zu sich selbst: Formen der Selbstsorge, Verhältnis zum eigenen Körper etc.

Folie Kultur und Kulturen ►Das Verhältnis zur Welt und zur Natur: Religion, Philosophie, Kunst.

Folie Kultur und Kulturen Wieso wird von Kulturen geredet? →Das, was Menschen mit gewissen anderen im Blick auf Kultur teilen. z.B.: Was wir als wichtig betrachten

Folie Kultur und Kulturen ►Gegen die Idee einzelner Kulturen: →Wir teilen mit verschiedenen Menschen Verschiedenes (Zugehörigkeit zu sehr vielen Kulturen). →Man kann die einzelnen Kulturen nicht voneinander unterscheiden.

Folie Kultur und Kulturen ► Dagegen: →Kulturelle Elemente ergeben einen Sinn bloss innerhalb einer sozialen Praxis, die verschiedene Elemente verknüpft. →Kulturen bilden solche Sinnzusammenhänge.

Folie Kultur und Kulturen →Kulturelle Elemente gehören zu der Kultur, innerhalb derer sie sinnvoll sind. →Die Bedeutung der Elemente versteht man bloss, wenn man andere Elemente des Sinnzusammenhangs versteht.

Folie Kultur und Kulturen →Man gehört zu(r) Kultur(en), deren zentrale Elemente man versteht. →Dabei haben Kulturen keine starren Grenzen.

Folie Kultur und Kulturen ► Zugehörigkeit setzt Teilnahme voraus. Diese Diagnose macht deutlich, dass man daran zweifeln kann, dass man zu vielen verschiedenen Kulturen gehören kann (vgl. die Frage: Ist der Kosmopolit möglich?)

Folie Kultur und Kulturen →Nationale Kulturen? Dies ist eine mögliche Form einer Kultur. →Entscheidend ist der an eine Praxis gebundene Sinnzusammenhang.

Folie Dazugehören ►Der Wert von Kulturen: Was ist Menschen im Blick auf Kulturen wichtig?

Folie Dazugehören → Als Mitglied einer Kulturen teilt man ein Verständnis der Weise, wie man sein Leben gestaltet. →Man teilt dabei Vorstellungen, die für diese Weisen der Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung sind.

Folie Dazugehören →Ein Selbstverständnis, das von anderen geteilt wird. →Das ist es, was uns im Blick auf Kultur wichtig ist: Über ein geteiltes Selbstverständnis zu einer Gemeinschaft zu gehören. →Damit nicht allein zu sein; von anderen verstanden zu werden.

Folie Dazugehören →Der Wert von Kultur hat mit Zugehörigkeit zu tun, die es einem auch erlaubt, Projekte zu verfolgen und zu realisieren. →Denn Projekte setzen Vorstellungen darüber voraus, was wichtig und sinnvoll ist.

Folie Dazugehören →Der Wert kultureller Vielfalt, verschiedener Kulturen innerhalb einer staatlichen Gemeinschaft? →(a) Zugehörigkeitsmöglichkeit für alle →(b) Wandel von Kulturen →(c) Optionen für den einzelnen

Folie Staat und Kultur →Was bedeutet das alles für staatliches Handeln?

Folie Staat und Kultur →Der Staat hat gute Gründe, zu Dingen mitunter auch aktiv beizutragen, die für die Menschen von zentraler Bedeutung sind.

Folie Staat und Kultur → Kulturelle Optionen, die Menschen wichtig sind, bewahren und fördern: Beispiel Radio Tropic: Erteilung der Sendekonzession 1997 Eine Option: Weiterexistenz sicherstellen

Folie Staat und Kultur →Es geht dabei um Dinge, die ein Staat sicherstellen sollte, ohne dass darauf ein Anspruch bestehen könnte. →Denn die Möglichkeit, Projekte zu verfolgen, hängt nicht von einzelnen kulturellen Optionen ab.

Folie Staat und Kultur →Es besteht bloss ein Anspruch darauf, an der Wahrnehmung kulturellen Optionen nicht gehindert zu werden.

Folie Staat und Kultur →Die Unterscheidung zwischen Mehrheits- und Minderheitskultur sollte dabei nicht massgebend sein. Kulturelle Projekte sind nicht förderungswürdiger, weil sie zur Mehrheitskultur gehören.

Folie Staat und Kultur →Kulturelle Projekte sind auch nicht förderungswürdiger, weil sie zu einer Minderheitskultur gehören. Hier könnte höchsten der Umstand relevant sein, dass ein grösserer Bedarf an Unterstützung besteht.

Folie Staat und Kultur ►Massgebend sollte einfach das sein, was für die Bewohnerinnen und Bewohnern im Blick auf kulturelle Optionen wichtig ist.

Folie Staat und Kultur Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!