Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) Rolf J. Langhammer, Institut für Weltwirtschaft Kiel BMWI Workshop 28. März 2012 Berlin.

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Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) Rolf J. Langhammer, Institut für Weltwirtschaft Kiel BMWI Workshop 28. März 2012 Berlin

I.Ausgangspunkte II.Fakten III.Effekte IV.Schlussfolgerungen Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) 2

I.Ausgangspunkte  PTAs sind von der Ausnahme zur Regel geworden (über 300 sind notifiziert oder werden nicht-notifiziert praktiziert; (E-Länder: Enabling Clause) ). Nach WTO-Angaben soll mit Ausnahme der Mongolei jedes WTO-Mitglied zumindest einem PTA angehören.  PTAs sind immer zweitbeste ökonomische Lösungen (im Vergleich zur unbedingten Meistbegünstigung und Inländerbehandlung). Für sie gelten formal die Voraussetzungen nach Art XXIV GATT (allgemein: keine Beschädigung von Rechten von Drittländern aus der GATT-Mitgliedschaft, ähnlich GATS Art V)  PTAs diskriminieren notwendigerweise. Daher immer Vergleich: Effizienzeffekt nach innen vs Diskriminierungseffekt nach außen  Faustregel: Diskriminierungseffekt wird tendenziell den Effizienzeffekt mit sinkendem Anteil der Partnerländer am Welthandel und mit sinkendem Anteil des partnerinternen Handels am Gesamthandel der Partner überwiegen (das trifft vor allem PTAs zwischen Niedrigeinkommensländern Afrikas; dort besteht die Gefahr der Dominanz von Diskriminierungseffekten)) Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) 3

 Beim Handel stehen die statischen „once and for all“ Effekte Handelsschaffung für den Effizienz- und Handelsumlenkung für den Diskriminierungseffekt ; beim Kapitalverkehr Investitionsschaffung vs -umlenkung  In der Tendenz verschärfen PTAs Einkommensdivergenzen bei PTAs zwischen Niedrigeinkommensländern und fördern Einkommenskonvergenzen bei PTAs zwischen Hocheinkommensländern, weil die Kosten der Diskriminierungseffekte bei Niedrigeinkommensländern auf dem ärmsten Land, bei Hocheinkommensländern auf dem reichsten Land liegen (Venables 2001). Beispiel: Uganda/Kenya beschließen ein PTA: Uganda importiert danach von Kenya, was es früher günstiger vom Rest der Welt importiert hat. Frankreich/Spanien beschließen ein PTA: Frankreich importiert danach von Spanien, was es früher günstiger vom Rest der Welt importiert hat. Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) 4

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II.Fakten  Freihandelszonen sind viel zahlreicher als Zollunionen und wegen restriktiver Ursprungsregeln zur Vermeidung von Handelsablenkung problematischer als Zollunionen.  Kein PTA ist eindeutig regelkonform nach Art. XXIV.  Die Präferenzmargen sinken wegen des Rückgangs der Meistbegünstigungszölle und lassen statische Handelseffekte noch geringer erscheinen als früher.  „Tiefe“ PTAs (gemessen an tatsächlich implementierten Vereinbarungen einschl. Politikharmonisierung und Souveränitätsabtretung bei gemeinsamen Politiken) sind seltener als „flache“ PTAs: Gegenthese zum WTO-Bericht Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) 6

III.Effekte  Handelsschaffung vs Handelsumlenkung: kein klares Bild : Handelsumlenkung wird gemessen, aber sie dominiert nicht (WTO, 2011:121, siehe Anhang). Handelsschaffung wird häufiger gemessen. Warum? Empirische Schätzungen konzentrieren sich auf OECD PTAs oder OECD-Emerging Markets PTAs, nicht auf Niedrigeinkommensländer PTAs.  „Natürliche Handelspartnerschaft (NHP) :Diskriminierungseffekte werden minimiert, wenn Handelspartner auch ohne Abkommen intensiv miteinander Handel treiben (vor-EWG-Zeit, NAFTA, Mitteleuropa). Empirische Analysen (Gravitätsmodelle) bestätigen positive Effekte von NHP. Von Bhagwati als unzureichend kritisiert. Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) 7

 Länder scheinen wohlfahrtsteigernde PTAs zu bevorzugen, wenn es Gewinne aus der Liberalisierung des bilateralen Handels gibt (Endogenitätsproblematik).  Dynamische Effekte (größere Märkte, Skalenerträge, Produktinnovationen, etc.) sind am ehesten für Nord-Nord und Nord- Süd PTAs zu erwarten., weniger für Süd-Süd PTAs.  Der Einfluss von PTAs auf die Bereitschaft, externe Barrieren zu senken, ist empirisch umstritten. Die umgekehrte Kausalität findet mehr empirische Unterstützung : Externe Liberalisierung fördert PTAs und deren Wohlfahrtseffekte : Ethier, Lawrence „New Regionalism“, Mexiko

Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs)  Nord-Süd PTAs bringen die höchsten Wohlfahrtseffekte, wenn sich das Südland institutionell „andockt“ („tiefe“ Integration mit Faktorfreizügigkeit ist besser als „flache“ Integration mit ausschließlicher Güterhandelsliberalisierung)  Politische Ökonomie : Die Nordländer sitzen bei PTAs mit E-Ländern immer am längeren Hebel und können ihre Regelvorstellungen durchsetzen (Dienstleistungshandel, non-trade issues: Umweltstandards, Schutz geistiger Eigentumsrechte). Dies gilt in erster Linie für die USA. 9

Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) IV.Schlussfolgerungen  PTAs bleiben zweitbeste Lösungen im Vergleich zu multilateralen Abkommen.  Zunehmende Offenheit von Märkten (Rückgang politikindizierter und anderer Handelskosten dank Politik und Technologie) senkt den Diskriminierungseffekt aber auch die Wirkungen von PTAs.  Der Rückkehr zum Geist der GATT Art. XXIV Regel : „PTAs sind eine konditionierte Ausnahme“ würde der Regeldisziplin gut tun und die Spreu von „red tape“ PTAs von wichtigen PTAs trennen.  PTAs sind heute, anders als vor fünfzig Jahren, kein „Trainingsfeld“ mehr für Weltmarktorientierung.  Der Wettlauf zwischen der EU und den USA um PTAs mit wichtigen Schwellenländern ist die treibende Kraft hinter „Termites in the Trading System“ (Bhagwati). ) 10

Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) Source: World Trade Report

Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) Source: World Trade Report