Sichert ein Wirtschaftswachstum von 4% eine nachhaltige Entwicklung in Luxemburg ? Fakten und Gedankenspiele für eine offene Diskussion Bericht für den.

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 Präsentation transkript:

Sichert ein Wirtschaftswachstum von 4% eine nachhaltige Entwicklung in Luxemburg ? Fakten und Gedankenspiele für eine offene Diskussion Bericht für den Mouvement Ecologique FiFo Köln

Die Wachstumsfrage Wachstum - ein politisches und gesellschaftliches Oberziel? - was soll wachsen? - die Lösung aller Krisen? Wachstum - die ausgeblendeten Folgen Exponentielles Wachstum - Basis für ein nachhaltiges Modell Luxemburg? Faktoren des Wachstums - Arbeitskräfte und Produktivität / Kopf Wachstum und Nachhaltigkeit – ein ungelöstes Problem - Grenzen des Wachstums - Qualitatives Wachstum als Ausweg? - Wachstum und Innovation Wachstumsimplikationen des Luxemburger Modells      

Hintergrund und Aufgabe des Papiers  Kein Gutachten – Gedankenspiele für einen Diskurs  Keine eigenen Modelle und Szenarien – Materialauswertung  Keine politischen Rezepturen – Konsistenzprüfung

Die Luxemburger Ausgangsthese Das Luxemburger Modell in seiner gegenwärtigen Konstruktion ist auf Dauer funktionsfähig, wenn es gelingt, ein langfristiges durchschnittliches Wachstum des Brutto-Inlandsproduktes von 4 % (5,2 %) jährlich zu gewährleisten. Dieses Wachstum ist an eine permanente Zunahme von Arbeitsplätzen gebunden, die durch ein Wachstum an Einwohnern oder Berufspendlern besetzt werden können. Modell und Wachstum sorgen dafür, dass es allen Luxemburgern auch in Zukunft immer besser geht, sind also Garant für Nachhaltigkeit.

Die Probleme Die Wachstumsthesen sagen nichts darüber aus, welche Neben- und Folgewirkungen ein Wachstum von 4 oder 5,2 % mit sich bringt – sozial und ökologisch. Was passiert eigentlich, wenn das Wachstum langfristig unter 4 % bleibt? Frage 1: Ist das Modell gegenwärtig nachhaltig? Frage 2: Kann das Modell in der Zukunft nachhaltig gestaltet werden, wenn an der exponentiellen Wachstumsperspektive von jährlich 4 % festgehalten wird? Fragen aus der Nachhaltigkeitssicht   Eindeutig Nein! ???

Wie realistisch ist auf Dauer eine Wachstumsrate von 4 % oder 5,2 %? Kann Luxemburg dauerhaft von derart überdurchschnittlichem Wachstum ausgehen und so das gegenwärtige Modell in die Zukunft fortschreiben? Welche Konsequenzen sind für das Land und seine bestehenden Mechanismen in Staatsbudget und Sozialsystem zu erwarten, wenn das tatsächliche Wachstum hinter dem erwarteten oder geforderten zurückbleibt? Wenn tatsächlich exponentielles wirtschaftliches Wachstum erreicht wird, welche Konsequenzen treten dann für die Energie- und Umweltnutzung sowie für den Klimaschutzbeitrag des Landes auf? Kernfragen

Solidarsysteme des staatlichen Budgets und der sozialen Sicherung können dauerhaft finanziert werden. Künftige Generationen werden weder durch offene Verschuldung noch durch fortgewälzte implizite Lasten belastet. Der Verbrauch nicht-erneuerbarer Ressourcen wird durch Realkapital und Wissen kompensiert. Es werden keine Systemschädigungen in erneuerbaren Natursystemen hinterlassen. Jeder erhält eine faire Chance zur Nutzung der knappen Ressourcen. Nachhaltigkeitsbedingungen

Typisierte (exponentielle) BIP-Wachstumspfade ( )

Entwicklung reales BIP Luxemburg

Durchschnittliche erwartete Wachstumsraten Energy Baseline Scenario to 2030 (PRIMES)

Erwartete Wachstumsraten Sustainability Report 2009

Zwischenergebnis Annahme eines langfristigen 4%-Wachstums problematisch. Stabilitätsbedingungen für das Luxemburger Modell in seiner gegenwärtigen Struktur nicht erfüllt Reaktionsmöglichkeiten Verstärkte Wachstumspolitik? Modellumbau?  

Renten- und Budgetprobleme bei geringerem Wachstum Nachhaltigkeitslücke im EU-Durchschnitt rd. 6,5% des BIP. Nachhaltigkeitslücke Luxemburg rd. 12,5% des BIP. Sollen die öffentlichen Finanzen einem nachhaltigen Wachstumspfad mit ausgeglichenem Budget folgen, so müsste Luxemburg seinen strukturellen Primärsaldo dauerhaft um 12,5% des BIP verbessern. Hohe Zukunftsbelastung aus dem Rentensystem und anderen Sozialsystemen Besondere Risiken bei der Einnahmenentwicklung + = Zunehmende Nachhaltigkeitslücke

Ausgaben für Renten als Anteil am BIP

Salden des Rentensystems

Einnahmen, Ausgaben und BIP

Öko-Folgen: Verkehr Für das Wachstums wird vor allem auf Pendler gesetzt. Pendler fahren zu 85 % im Individualverkehr und zwar täglich rd. 43 km. Fast das Dreifache der Entfernung, die von Residenten in Luxemburg per Pkw zurückgelegt wird. Also: Je mehr Grenzgänger, desto weiter die zurückgelegten Wege im Durchschnitt. Schon bei einer Pendlerzahl von würde sich unter diesen Bedingungen rechnerisch die für 2002 festgestellte Größe der Personenkilometer im Nahverkehr (5,25 Milliarden Pkm) ungefähr verdoppeln. Bei Szenarien mit rd. 1 Mio. Pendler sind die Konsequenzen für die Verkehrsinfrastruktur, Landes- und Stadtplanung kaum abzusehen.     

Der Anstieg an bebauten Flächen zwischen 1970 und 1990 im Durchschnitt 1,1 % / a. zwischen 1990 und ,5 % / a. von 2000 bis 2008 auf 1,4 % verringert, von 1990 bis 2008 insgesamt aber noch 3,1 %. Bei Fortsetzung eines solchen Wachstums wären bis 2050 rd km 2 oder 48,3 % der Territorialfläche bebaut. Und das bei dem hohen BIP-Wachstum nur dann, wenn sich die „Flächenproduktivität“ als BIP in Mio. € pro km 2 deutlich erhöht (bisher nur 2 %) Bliebe das jährliche Wachstum der Flächenproduktivität auch in den nächsten 20 bis 40 Jahren bei rd. 2 % / a, so würde im Jahr 2050 bei einem BIP (nach 4 %-Wachstum jährlich) von rd. 139 Mrd. € die bebaute Fläche auf rd. 710 km 2 zunehmen, auf ≈ 30% der Landesfläche. Öko-Folgen: Fläche 1    

Ziel im Nachhaltigkeitsplan: Bodenverbrauch bis 2020 auf rd. 1 ha pro Tag bzw. 3,65 km 2 pro Jahr oder weniger reduzieren. = Reduktion um mindestens ein Drittel. Selbst wenn dieses Ziel erreicht wird, würde sich die bebaute Fläche bis 2050 um rd. 165 km 2 auf etwa 515 km 2 erhöhen. = rd. 20 % der Landesfläche bebaut. Nach den bisherigen Maßstäben und Erfahrungen ist dieses Ziel aber schon sehr ehrgeizig. Die Flächenproduktivität müsste sich etwa verdreifachen. Ihre durchschnittliche Zunahme müsste 3,2 % pro Jahr betragen, statt rd. 2 % in den letzten 20 Jahren.    Öko-Folgen: Fläche 2

Szenario bebaute Fläche – Flächenwachstumsrate 3,1%

Öko-Folgen: Energie – Klima Trotz leichter Rückgänge bei den CO 2 -Emissionen nach 2004 ist bei wieder zunehmendem Wachstum mit einem erneuten Anstieg der Emissionen zu rechnen – bis 2020 ohne Zusatzanstrengungen von rd. 12,5 auf rd. 14,5 Mio. t CO 2 e Um einen Nachhaltigkeitspfad nicht zu verpassen, müssten aber bis dahin Minderungen um rd. 30 % erzielt werden. Emissionsproduktivität (gemessen in €/CO 2 e) relativ schlecht Erneuerbare Energien – Potenzial relativ bescheiden     Energieverbrauch steigt weiter an. Steigerung der Energieproduktivität bleibt mit 2,5 %/a hinter den BIP-Wachstumsraten zurück 

PRIMES Baseline-Szenario: Wachstumsraten BIP im Vergleich zu Energieproduktivität und Emissionsproduktivität

Fazit – Schlussfolgerungen Luxemburger Modell ist im Augenblick nicht nachhaltig – weder budgetär noch ökologisch.  Nachhaltigkeitslücke im Staatsbudget  Emissionen und Flächenverbrauch viel zu hoch Die durchschnittliche Wachstumsrate lag in den Jahren bei rd. 3,6 %, in den Jahren bei knapp unter 2 %. Das Modell Luxemburg ist insoweit nach der These nicht mehr funktionsfähig. Wachstumsraten von durchschnittlich 4 % und mehr können mittelfristig die finanzielle Stabilität verbessern, verstoßen aber bei den gegenwärtigen Strukturen gegen ökologische Nachhaltigkeitskriterien. Die hohen Wachstumsraten der Vergangenheit haben nicht dazu geführt, dass Energie- und Flächenbedarfe nachhaltig vom BIP abgekoppelt wurden. Sie haben keine hinreichenden Nachhaltigkeitsinnovationen erbracht. Luxemburg lebt mit einem Modell, von dem unterstellt wird, dass es bei einem Dauerwachstum von 4 % funktions- und zukunftsfähig ist.     

Es gibt bisher noch keine Strukturen und kein politisches Programm, um alle Dimensionen der Nachhaltigkeit bei hohem exponentiellem Wachstum zu sichern. ….und das gilt nicht nur für Luxemburg