Manfred Schneider Was bleibt? Die Moderne und die Reste 7. Vorlesung 28.11.2011 Fragment Das Erdbeben von Lissabon 1755 Romantik: Ruine, Fragment Schlegel,

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 Präsentation transkript:

Manfred Schneider Was bleibt? Die Moderne und die Reste 7. Vorlesung Fragment Das Erdbeben von Lissabon 1755 Romantik: Ruine, Fragment Schlegel, Hegel, Novalis Noch einmal: La peau de chagrin Adorno: Lissabon 1755 und Auschwitz Syberberg: Hitler, ein Film aus Deutschland.

Das Erdbeben von Lissabon 1. November 1755 Gemälde eines unbekannten Künstlers

Que peut donc de l’esprit la plus vaste étendue ? Rien : le livre du sort se ferme à notre vue. L’homme, étranger à soi, de l’homme est ignoré. Que suis-je, où suis-je, où vais-je, et d’où suis-je tiré? Atomes tourmentés sur cet amas de boue, Que la mort engloutit, et dont le sort se joue, Mais atomes pensants (…). „Was also vermag die größte Erweiterung des Wissens? Nichts: Das Buch des Schicksals verschließt sich unserem Blick. Der Mensch, sich selber fremd, ist dem Menschen unbekannt. Was bin ich, wo bin ich, wohin gehe ich und woher stamme ich? Gequälte Atome auf diesem Haufen Schmutz, Die der Tod verschlingt und mit denen das Schicksal sein Spiel treibt, Aber denkende Atome (…).“ Voltaire ( ): Das Desaster von Lissabon (1756)

Gustave Doré ( ): London, a Pilgrimage 1872

Johann Gottfried Herder: Fragmente über die neuere deutsche Literatur (1767) Johann Caspar Lavater: Physiognomische Fragmente ( ) Novalis (d. i. Friedrich Leopold von Hardenberg, : Fragmente August Wilhelm und Friedrich Schlegel: Athenäums-Fragmente ( ) Johann Wilhelm Ritter ( ): Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers (um 1810) Jakob Philipp Fallmerayer ( ) Fragmente aus dem Orient (1845) Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente (1947)

Johann Gottfried Herder über Shakespeares Drama: „eine Welt dramatischer Geschichte, so hoch und tief wie die Natur“. (Shakespeare 1770) Friedrich Schlegel über Shakespeare: „S[hakespeare] durchaus ein chaotischer Charakter (...) (eine besondere Naturform die chaotische)“ (Literary Notebooks ) Friedrich Schlegel über das Fragment: „Das Fragment muß gleich einem kleinen Kunstwerk von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet sein wie ein Igel.“ (Athenäum 1798, I, S. 137) Friedrich Schlegel über das Framgent: „[…] „durch schärfste Richtung auf einen Punkt […] erhält der einzelne Einfall eine Art von Ganzheit“ Novalis über das Paradies: „Das Paradies ist gleichsam über die ganze Welt verstreut und daher so unkenntlich etc. geworden – Seine zerstreuten Züge sollen vereinigt - sein Skelett soll ausgefüllt werden. Regeneration des Paradieses.“ (Das allgemeine Brouillon, III, 447) Georg Wilhelm Friedrich Hegel: „Dies Werden stellt eine träge Bewegung und Aufeinanderfolge von Geistern dar, eine Galerie von Bildern deren jedes, mit dem vollständigen Reichtume des Geistes ausgestattet, eben darum sich so träge bewegt, weil das Selbst diesen ganzen Reichtum seiner Substanz zu durchdringen und zu verdauen hat. Indem seine Vollendung darin besteht, das, was er ist, seine Substanz, vollkommen zu wissen, so ist dies Wissen sein Insichgehen, in welchem er sein Dasein verläßt und seine Gestalt der Erinnerung übergibt.“ (Phänomenologie des Geistes, 1807)

Georges Baron de Cuvier ( ) Le règne animal; distribué d'après son organisation; pour servir de base à l'histoire naturelle des animaux et d'introduction à l'anatomie comparée. 4 Bände, Paris 1817 (deutsch: Das Thierreich, geordnet nach seiner Organisation: als Grundlage der Naturgeschichte der Thiere und Einleitung in die vergleichende Anatomie. 6 Bände, Brockhaus, Leipzig ) Etienne Geoffroy de Saint-Hilaire ( : Histoire naturelle des mammifères. 1820– Bände

Titelbild der amerikanischen Ausgabe von Das Chagrinleder („The magic skin“ (1897) von Adrien Moreau

Instrumente des Todes, Dolche, fremdartige Pistolen und geheime Waffen waren kunterbunt mit den Gerätschaften des Lebens durcheinandergeworfen: mit porzellanenen Suppentöpfen, Meißner Tellern, durchsichtigen chinesischen Tassen, antiken Salzfässern und feudalen Konfektdosen. Ein elfenbeinernes Schiff mit vollen Segeln schwebte auf dem Rücken einer Schildkröte. Eine Luftpumpe drang in das eine Auge des Kaisers Augustus, der in regloser Majestät verharrte. Bildnisse von französischen Schöffen und holländischen Bürgermeistern, die empfindungslos wie zu ihren Lebzeiten vor sich hin glotzten, erhoben sich aus dem Chaos von Antiquitäten und warfen fahle kalte Blicke darüber hin. Alle Länder der Erde schienen irgendwelche Trümmer ihrer Wissenschaften und Muster ihrer Künste hierher gebracht zu haben. Auf diesem Kehrichthaufen der Welt fehlte nichts, nicht das Kalumet der Indianer, noch die grüngoldenen Pantoffeln aus einem Harem, nicht der maurische Jatagan, noch das Idol der Tataren. Alles gab es bis zum Tabaksbeutel des Soldaten, dem Ziborium des Priesters und dem Federschmuck eines Thronsessels. Dieser Wirrwarr war überdies noch von tausend launenhaften, spielenden Lichtern überflogen, ein Durcheinander von Nuancen und starken Gegensätzen von Hell und Dunkel. Das Ohr glaubte abgebrochene Schreie zu hören, der Verstand holte tausend unbeendete Trauerspiele aus dem Chaos, und das Auge gewahrte kaum verhülltes Leuchten. Zäher Staub hatte leichte Schleier über alle diese Dinge gebreitet. Der Unbekannte verglich anfangs diese drei Säle, vollgepfropft mit Zivilisationen, mit Religionen, mit Naturvölkern und Königreichen, mit Unzucht, Vernunft und Irrtum, einem reich geschliffenen Spiegel, an dem jede einzelne Facette eine Welt darstellte. Nach diesem Eindruck wollte er die Wahl dessen, was ihm gefiele, beginnen. Doch im Zwange des Schauens, Denkens und Träumens kam er in einen Fieberzustand, der vielleicht von dem Hunger, der in seinen Ein- geweiden wühlte, kam. Der Anblick so vieler Lebenszeugnisse lähmte vollends die Sinne des jungen Mannes. Der Wunsch, der ihn in diese Magazine getrieben hatte, war gestillt. Er war aus der Wirklichkeit fortgegangen, die Stufen zu einer idealen Welt emporgestiegen und hatte einen verzauberten Palast erreicht. Aus Trümmern brach in Feuerschrift das All, wie einst die Zukunft flammend vor den Augen des heiligen Johannes auf Patmos vorbeigezogen war. Eine Fülle schmerzensreicher Antlitze, anmutiger und furchtbarer, finsterer und er1euchteter, ferner und naher, stand in Massen, in Myriaden, in Geschlechtern vor ihm auf. Mit einer Mumie in ihren Binden erhob sich Ägypten starr und geheimnisvoll aus seinem Sande – und in ihm die Pharaonen, die ganze Völker begruben, um sich ihre Grabmäler errichten zu lassen; Moses, auch das jüdische Volk und die großen Wüsten. Und sein Blick umfaßte diese ganze alte feierliche Welt. Eine Marmorstatue in strahlender Weiße, auf eine gebrochene Säule gestützt, erzählt ihm die wollüstigen Mythen von Griechenland und Ionien. (Honoré de Balzac: Das Chagrinleder

Synekdoche (Griech συνεδοχηή) (rhetorische Figur) Setzt eine quantitative Beziehung zwischen dem verwendeten und dem gemeinten Wort ähnlich der pars pro toto oder dem totum pro parte: „meine vier Wände“ = Wohnung oder Haus „sein Brot verdienen“ = „Lebensunterhalt“ „Goethe lesen“ = „ein Werk des Dichters Goethe lesen“ „die Deutschen haben ein Tor geschossen“ = „ein deutscher Fußballspieler“ „Atome auf dem Haufen Dreck“ = „Menschen“

Das Erdbeben von Lissabon reichte hin, Voltaire von der Leibniz’schen Theodizee zu kurieren, und die überschaubare Katastrophe der ersten Natur war unbeträchtlich, verglichen mit der zweiten, gesellschaftlichen, die der menschlichen Imagination sich entzieht, indem sie die reale Hölkle aus dem menschlich Bösen bereitete.“ (Theodor W. Adorno: Negative Dialektik, 354)

„Wenn auch die Hirschkuh, die für die Tochter, das Lamm, das für den Erstgeborenen darzubringen war, noch eigene Qualitäten haben mussten, stellten sie doch bereits die Gattung vor. Sie trugen die Beliebigkeit des Exemplars in sich. Aber die Heiligkeit des hic et nunc, in die das Stellvertretende eingeht, unterscheidet es radikal, macht es im Austausch unaustauschbar. Dem bereitet die Wissenschaft ein Ende. In ihr gibt es keine spezifische Vertretbarkeit: wenn schon Opfertiere so doch keinen Gott. Vertretbarkeit schlägt um in universale Fungibilität. Ein Atom wird nicht in Stellvertretung sondern als Spezimen der Materie zertrümmert, und das Kaninchen geht nicht in Stellvertretung sondern verkannt als bloßes Exemplar durch die Passion des Laboratoriums.“ Horkheimer / Adorno: Dialektik der Aufklärung, 16.

1965: Fritz Kortner probt Kabale und Liebe, 1966: Romy, Anatomie eines Gesichts – Dokumentation 1969: Sex-Business, Made in Pasing – Regie, Dokumentation 1970: Nach meinem letzten Umzug. Erste Veröffentlichung des 1953 im Berliner Ensemble auf 8 mm aufgenommenen Materials mit Inszenierungen Bertolt Brechts 1972: Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König (2 Teile) – 1975: Winifred Wagner und die Geschichte des Hauses Wahnfried 1914– : Karl May (2 Teile) – 1977: Hitler, ein Film aus Deutschland 1982: Parsifal 1986: Die Nacht 1987: Fräulein Else 1989: Die Marquise von O. 1989: Penthesilea