Wie man Kinder und Jugendliche ernst nimmt: niemals sentimental und doch bedingungslos optimistisch? Perfect learning, St. Pölten, Dezember 2010
Programm 1.V. Frankls Logotherapie u. Existenzanalyse 2.Verhaltensprofile nach G. Betts 3.Pädagogische Konsequenzen 4.Personale Pädagogik
Personale Pädagogik: Wie mqn Jugendliche ernst nimmt Was kritisieren Lernende an unserem Schulsystem? * Gefühl der Sinnleere/Sinnlosigkeit * Wissensvermittlung statt Wertekultur * Defizitorientierung/Fehlerkultur * Leistungsbeobachtung statt Wahrnehmen der Person in Bedürfnissen u. Fähigkeiten
Personale Pädagogik: Wie man Jugendliche ernst nimmt Mögliche Verhaltensreaktionen: Langeweile/Apathie Aggression Arroganz Abweisendes Verhalten Sozialer Rückzug
Personale Pädagogik: Wie man Jugendliche ernst nimmt Pädagogische Auswege Autonomous Learner Model? Selbstbestimmtes Lernen ?
Verhaltensprofile nach G. Betts Die Erfolgreichen Die Herausfordernden Die im Untergrund Die Dropouts Die zweifach Außergewöhnlichen Die autonomen Lerner
Die Erfolgreichen Werden bewundert Spielen das Spiel mit Zeigen positive Haltung Opfern Kreativität/Autonomie d. Erfolg Lernen alles – für den Erfolg Werden als erste identifiziert Werden f. Förderung immer nominiert
Die Herausfordernden Rebellieren, bekämpfen System Werden kaum identifiziert Behalten Kreativität/Autonomie Trotzdem Gelangweilt Frustriert über Nicht-erkannt-Werden
Die im Untergrund Meistens Mädchen Erfahrung: Begabung bei Peers unbeliebt Verbergen Kreativität/Intelligenz Verweigern Förderung ohne Freundinnen Soziale Akzeptanz an erster Stelle Intellektuelle Bedürfnisse hintangestellt
Die Dropouts Bekämpfen System um zu überleben Sind dabei nicht erfolgreich Keine Langeweile/Frustration mehr Statt dessen Zorn Ertragen Druck nicht mehr (oft Suizid) Hass auf Lehrer, Eltern, sich selbst
Die doppelt/mehrfach Außergewöhnlichen Kombination von behindert und begabt Fokus auf Stärke statt Schwäche Oft identifiziert für Sonderprogramm Kaum identifiziert für Begabtenförderung
Die selbstbestimmt Lernenden Lernen gerne Opfern Individualität NICHT d. Konformität Entwickeln notwendige Fähigkeiten Konzepte/Haltungen Für lebenslanges Lernen
Was bedeutet Logotherapie? Theorie und Praxis basierend auf den Erfahrungen im KZ: Wer überlebte - und wer nicht? Menschen, die die Hoffnung nicht aufgaben, ihre Lieben wieder zu finden, hatten eine Aufgabe, sie hatten bessere Chancen zu überleben
Wenn man ein Wozu des Lebens hat, erträgt man jedes Wie (F.Nietzsche)
Der Wille zur Lust: S.Freud Der Wille zur Macht: A.Adler Der Wille zum Sinn: Frankl Voraussetzungen für einen Willen zum Sinn:
Was bewegt den Menschen? (Grundstrebungen) Der Mensch will: 1. DASEIN KÖNNEN = Raum für sich und seine Entwicklung haben braucht Halt, Schutz, Geborgenheit „Ich bin und dass ich bin, ist gut“ NICHT: „Es gibt mich“
„Warum mögt ihr mich nicht?“ „Einfach, weil du existierst!“ „Mein Leben wäre anders verlaufen, wenn es dich nicht gäbe!“ „Ich hätte auch aus meinem Leben etwas machen können, wenn das Kind nicht gekommen wäre!“
Der Mensch will, 2. dass sein Dasein WERTVOLL ist, dass es Bedeutung hat dazu braucht er die Fähigkeit des Mögens Mögen ist ein emotionaler Akt Mögen heißt, der Mensch ist ganz nahe bei sich
Emotion: körperliche Reaktion auf äußere Reize (z.B. Herzklopfen, Schmetterlinge im Bauch, rote Flecken,...) Gefühl: Interpretation dieser Reize (z.B. rote Flecken = Aufregung, Angst) auf der kognitiven Ebene (A.Damasio)
Gefühle müssen erlernt werden Mögen heißt, verweilen können (Flow) Wenn das Mögen durch äußere Umstände leicht erschüttert werden kann = LAUNE! Mögen muss man lernen = Genussfähigkeit FREUDE kontra SPASS (passion learning)
Wodurch wird ein Leben wertvoll? Wodurch bekommt ein Leben Sinn? 1. Durch das, was wir vom Leben bekommen = Erlebniswerte 2. Durch das, was wir der Welt geben = schöpferische Werte 3. Durch die Haltung, die wir gegenüber aussichtslosen Situationen einnehmen = Einstellungswerte (Ned Langford)
Kann ich Werte vermitteln? 4 Schritte zur Wertvermittlung: 1. Wahrnehmen des Wertes 2. Einlassen auf das, was man spürt 3. Entscheidung treffen für den Wert (=Ja-sagen zum Sinn) 4. Handeln (Wert wird erst wertvoll durch Tun)
Wie weiß ich, dass etwas einen Wert für mich darstellt? 1. Ich habe das Gefühl, das könnte noch viel länger dauern (Flow) 2. Ich habe das Gefühl, hier/bei dir ist es gut zu sein 3. Das kann ich („guten Gewissens“) verantworten (NICHT rechtfertigen!) 4. Das macht mich mutig, lebendig
In Wahrheit heißt etwas wollen, ein Experiment machen, um zu erfahren, was wir können. (F.Nietzsche)
Pädagogische Konsequenz: Berücksichtigung der Werte der Schüler in Förderprogrammen und im Unterricht Schüler dazu ermutigen, diesen Fragen nachzugehen, wenn sie sich für etwas entscheiden
Der Mensch will ganz er SELBST SEIN dürfen Er will unverwechselbar, einmalig sein dürfen er will gemocht werden er will angenommen sein damit er die noch unverwirklichten Möglichkeiten und Fähigkeiten entfalten kann Hat er den Eindruck, nicht er selbst sein zu dürfen, passt er sich an, unterwirft sich der „Pflicht“/dem „Gehorsam“ wird abhängig von der Zuwendung der anderen
Daher steht im Mittelpunkt aller Überlegungen: die Person Persona = Maske durch die alles hindurchtönt
Suche nach der eigenen Person durch das, was die anderen mir von mir zeigen Frage in der Pubertät: Bin ich nur das Produkt der anderen? Bin ich nur das, wofür mich die anderen halten? Bin ich das Bild, das andere von mir haben? Das Bild des Lehrers? Das Bild der Eltern? Das Bild der Freunde? Muss ich so werden, wie ich sein soll?
They always praised me for my diligence They always praised me for my bright mind They always praised me for my friendliness They always praised me for being such a loveable child BUT I was unhappy (Sophia, 17)
They always told me to do my homework first to play afterwards to think of my future to work hard BUT I knew better (Stephen, 16)
Aufgaben der Pädagogik, um Person zur Entfaltung zu verhelfen 1. Beziehung Lehrer - Schüler / Schüler – Schüler ermöglichen durch Dialog Dialog gibt die Möglichkeit, das ICH wachsen zu lassen
Aufgaben der Pädagogik, um Person zur Entfaltung zu verhelfen 2. die Möglichkeiten erkennen helfen vor dem Hintergrund der eigenen Wirklichkeit 3. Die Person frei machen zu einer Stellungnahme gegenüber all den Bedingungen, in Entscheidungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein führen
Entfaltung der Person durch Ringen um Selbstwert Trachten nach Anerkennung Würde der Person Wert der Person bezüglich Autoritäten Leistung
Aufgabe eines jeden Menschen: sich selbst zur Persönlichkeit zu entwickeln daher: Erziehung durch Eltern/Lehrer wichtig, Selbsterziehung aber wichtiger
Person = das Kostbarste im Menschen daher immer wieder Versuch, es zu schützen Angst vor Verletzungen Rückzug zeigt sich kaum mehr wird immer weniger wahrgenommen Fragen an die Welt finden keinen Ausdruck mehr daher auch keine Antworten Echo-Losigkeit erlebt sich als Nichts Vernichtung des Selbstwerts „Existenzielles Vakuum“
Das existenzielle Vakuum ist ein Zustand der Langeweile, Trägheit, Apathie. Wenn dieser Zustand andauert, mündet er in existenzieller Frustration
Existentielles Vakuum findet Ausdruck in: Verweigerung Leistungsverweigerung Abhängigkeiten (Süchten) Aggression Depression Es ist der Ausdruck einer Suche nach Möglichkeiten, das Vakuum zu füllen und bleibt doch unerfüllt
Besonders Begabte im Schulalltag: Erkennen, dass viele Regulative/Gesetze an der Person vorbei gehen, fühlen sich als Person nicht angesprochen, fühlen sich nicht angenommen Erkennen, dass Grenzen nicht für alle gleich gezogen werden können (= un-menschlich) hinterfragen die Grenzen
Häufige Lehrerreaktionen: Das ist eben das Gesetz! Ich hab das Gesetz auch nicht gemacht! Für dich gilt, was für alle gilt! Ich bin dafür nicht zuständig! Begabte nehmen dieses Verhalten wahr als: Feigheit der Erziehenden Ausdruck eines funktionalisierten Menschen Verstecken der Person Verletzung der eigenen Würde
Logische Reaktion: Zwingen der Lehr-Person zu Stellungnahme durch provokantes Verhalten aggressives Verhalten Vandalismus Isolation innere Emigration
Pädagogische Konsequenz: Ernst nehmen des Begabten in seiner Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten Ermutigung zu kalkuliertem Risiko Zumutung von Verantwortung
Erziehung zu Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit gängiges Bildungsverständnis = Wissen, Wissenschafts-, Denkleistungen, Machbarkeit, Verfügbarkeit gängiges Förderverständnis: voller Terminkalender, vorgegebene Möglichkeiten Reaktion: Entscheidung GEGEN etwas zur Rettung des Freiraums Preis: Enttäuschung der Eltern/Lehrer Ablehnung
Schlussfolgerung des Kindes: meine Werte sind weniger wert als die der anderen oft verzweifelter Versuch, Sinn herzustellen zwischen angebotenem Wissen und personaler Existenz Konsequenz: kein Vertrauen in eigene Entscheidungen
Ständiges „Helfen“ durch Erwachsene wird interpretiert als Misstrauen in ihre Fähigkeiten Reaktion: Abblocken Anpassung
Wie man Kinder ernst nimmt: Wenn wir uns ständig wundern darüber, wie ein Kind alles so schnell begreift, dann bedeutet das, dass wir es nicht ernst nehmen Welche ist dann unsere Bezugsnorm? Die einmalige Person oder eine beliebige Gruppe?
Pädagogische Konsequenz: akzeptierten der Grenzen des Kindes (bietet ihm die Möglichkeit zur Abgrenzung) akzeptieren der Grenzen des pädagog. Einflusses bietet Nähe (personale Ebene, Selbstgespräche) „Achtung vor der Unwissenheit“, „Achtung vor der Erkenntnisarbeit“, die im Unterricht geleistet wird, aber auch „Achtung vor den Misserfolgen
Personale Pädagogik ist in erster Linie eine Haltungsfrage: Zu-wendung und Zu-mutung
Alles, was Sie dazu brauchen, ist ein unerschütterlicher, bedingungsloser Optimismus in die positive Entwicklung einer Person.
Literaturempfehlungen: Janusz Korczak: Das Recht des Kindes auf Achtung. Wie man ein Kind lieben soll. Der kleine König Macius Jorge Bucay: Komm, ich erzähl dir eine Geschichte Betts, G. J. Kercher: Der Weg des selbstbestimmten Lernens Nadolny, Sten: Die Entdeckung der Langsamkeit Liedloff, J.: Auf der Suche nach dem verlorenen Glück.Gegen die Zerstörung unserer Glücksfähigkeit in der frühen Kindheit Winterhoff, M: Warum unsere Kinder Tyrannen werden