Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird Rolf J. Langhammer.

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 Präsentation transkript:

Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird Rolf J. Langhammer

I.Ursachen der Finanzkrise: Divergierende “pathologische” Befunde II.Was spricht für Marktversagen? III.Was spricht für Politikversagen? IV.Aus der Krise heraus, hinein in die nächste Krise? V.Eine To do Liste für die Zukunft VI.Fazit Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 2

I.Ursachen der Finanzkrise Ursache 1: Leistungsbilanzüberschüsse der Öl- und Schwellenländer: eine nicht abzudichtende Liquiditätsquelle.  Ressourcenboom (Öl- und Rohstoffländer) führte zur Gründung von Staatsfonds (knapp 2 Bill. US$).  Wechselkursstabilisierungsfonds (China) zur Verhinderung von Aufwertungen  Soziales Vorsorgesparen (Kanada,Singapore). Konsequenz: Akkumulation von Finanzaktiva in Staatshänden( ca. 8 Bill.US$) erhöhte reale Ersparnisse, senkte Weltnachfrage und schuf Rezessionstendenzen. Eine expansive US Geldpolitik und Finanzmarktinnovationen (US Grundstücksmarkt) bewahrten die Welt zunächst vor einer Rezession, die bereits für 2001 erwartet wurde. Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 3

I.Ursachen der Finanzkrise Ursache 2: Unvorsichtige Kreditvergabe in den USA, mangelhafte Finanzmarktregulierung, zentrales Fehlverhalten von Ratingorganisationen  Subprime Kredite (Fannie, Freddie); amerikanisches Förderprogramm: Hauseigentum für jeden.  „strukturierte“ verbriefte Sicherheiten (ABS, CDOs, Credit Default Swaps) vermittelten die Vorstellung von handelbaren Sicherheiten mit breitgestreuten Risiken. Hohe Hebelwirkungen wurden als beherrschbar angesehen.  Ratingorganisationen schufen Finanzprodukte und bewerteten sie auch.  Käufer waren ohne Kenntnis; Verkäufer waren ohne Restverantwortung. Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 4

I.Ursachen der Finanzkrise Ursache 3: Geldpolitik vernachlässigte Vermögensblasen  US Geldpolitik vor und nach dem 11. September 2001 permissiv  US öffentlicher Ausgabeboom nach März 2003 blieb von der Geldpolitik ungebremst  EZB und Bank of England leisteten Vermögensblasen Vorschub, indem sie dem Ziel der Inflationskontrolle folgten, dem von der starken Nachfrage nach verbrieften Sicherheiten ausgehenden Zinssenkungsdruck nicht nachgaben, sondern die Zinsen hochhielten. Damit oblag es allein der Fed mit niedrigen Zinsen die effektive Nachfrage zu stützen (die anders als in konsum- und nicht investitionsgetrieben war). Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 5

II.Was spricht für Marktversagen?  Kollabierender Interbankenmarkt  Die CDO Blase : Klares Herdenverhalten Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird Quelle: Orlowski

 US Haushaltsverschuldung gemessen am verfügbaren Einkommen wuchs dramatisch  Die Rohstoffblase (letzte Stufe „wandernder“ Blasen) nahm die Rückzugsgelder aus der Auflösung von Finanzmarktblasen auf  Aber ein kritischer Punkt : Versagt der Markt wirklich, oder lässt man ihm nur zuwenig Zeit zur Anpassung? Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird Quelle: Orlowski

III.Was spricht für Politikversagen?  Die Unvereinbarkeit der Geldpolitik der amerikanischen Notenbank mit der Wechselkursbindung der Überschussländer an den $ und deren Ziel Preisniveaustabilität. Überschussländer importierten Inflation aus den USA.  Die Schwellenländer können (noch) nicht in dem von Dollar und Euro dominierten Finanzsystem die plötzliche Umkehr von Kapitalströmen konterkarieren.  Inkompatible Regulierungsvorschriften (US: mark-to-market rule + Basel II) verschärft Krise, weil Eigenkapitalunterlegung „um jeden Preis“ auch in der Krise hergestellt werden muss („ Prozyklizität“).  Amerikanische Häusermarktfinanzierungsaufsicht mangelhaft.  Das Zulassen der Insolvenz von Lehman Brothers am  IWF und FSF : keine Frühwarnsysteme seit  Europa : off balance Spezialinstitute (SPV).  Fehlende Kontrolle über das Gebaren von Ratingorganisationen. Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 8

IV.Aus der Krise heraus, hinein in die nächste Krise?  Am Ende der Krise : Eine zu lange zu expansiv betriebene Geldpolitik kann neue Blasen an Vermögensmärkten beflügeln. Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 9

The Federal Funds Rate and the Taylor Rate 1990–2007 Percent United States Taylor rate Federal Funds Rate The big gap Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird

 Befürchtung: Die Politik wünscht keine „schöpferische Zerstörung“ durch restriktivere Geldpolitik.  Das Problem globaler Leistungsbilanzungleichgewichte wird nicht verschwinden („Financial Terror“).  Konsolidierung der Staatsfinanzen wird durch „zu lange zu billiges“ Geld konterkariert. Der größte Schuldner (Staat) entschuldet sich auf Kosten seiner Gläubiger.  Die Erfahrung der Asienkrise lehrt, dass eine neue globale Finanzmarktarchitektur an nationalen Sonderinteressen scheitert, wenn die Krise überwunden scheint.  Das Sparen in Risikotiteln wird nach dem Schock einen längerfristigen Schaden nehmen (von einem Extrem ins andere)  Die Gefahr protektionistischer Spiralen ist nicht auszuschließen: Industrieländer subventionieren; Entwicklungs- und Schwellenländer erhöhen Zölle. Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 11

V.Eine to do-Liste für die Zukunft  Bei Kreditketten Selbstbehalt einfordern.  „Maturity Mismatch“ (Fristeninkongruenz) durch Mindestan- forderungen an Eigenkapital verringern.  Mindeststandards für Banken- und Finanzproduktregulierung auf supranationaler und europäischer Ebene.  Wer wacht über die Wächter? Eine internationale Aufsichtsinstanz für nationale Aufsichtsorgane.  „Moral Hazard“ Verhaltensweisen durch institutionelle Arrangements verringern (Selbstbehalt bei Kreditketten; Bindung der Aktien an Optionsmodelle bei Managern an mittelfristige Leistungsindikatoren; Verantwortung des Gesamtaufsichtsrates bei Vorstandsangelegenheiten) Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird

 Kontrolle der Ratingagenturen durch Zertifizierung und neue Vergütungsmodelle verbessern.  Insolvenz- und Konkursrecht stärkern und reformieren.  Drastische Einschränkung von off-balance Produkten.  In der Krise: Garantie für das Interbanken-Geschäft (Kronberger Kreis), einen internationalen „Käufer der letzten Instanz“ schaffen und aus Gläubigern Eigentümer machen (debt for equity swaps; D. Snower)  Ex ante Definition der Systemrelevanz von Banken. Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird

VI.Fazit Politikversagen dominiert über Marktversagen. Finanzmärkte werden nach der Krise in „überschießender Vorsicht“ weniger global sein als vorher. Der Weg aus der alten Krise trägt den Keim der neuen Krise in sich. Ohne Bewältigung der Finanzkrise keine Bewältigung der realwirtschaftlichen Krise: Die realwirtschaftliche Erholung wird uns noch längere Zeit begleiten. Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird 14

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Marktversagen versus Politikversagen: Warum diese Finanzkrise nicht die letzte sein wird