Herzlich willkommen zur Seminarreihe Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben www.guenther-sandleben.de.

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 Präsentation transkript:

Herzlich willkommen zur Seminarreihe Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 2 Überblick über verschiedene Krisentheorien Neoklassik Stabilitäts- und Harmoniethese Keynes Endogene Instabilitäten, Gleichgewicht Memo-Gruppe Stamokap-Th M. Heinrich Krisis-Gruppe Rückblick auf unser Frühjahrs-Seminar 2015 These: Dominanz des Finanzsektors „finanzmarktgetriebene Akkumulation“, „Shareholder- oder Casino-Kapitalismus“ „finanzdomiertes Akkumulationsregime “ „finanzinvestorengetriebener Kapitalismus“ „finanzmarktgetriebener Kapitalismus“ = Finanzmarktkapitalismus (FMK)

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 3 Aufsatz Herrschaft des Finanzkapitals? Versuch einer theoretischen Klärung 3 Ebenen dieser Herrschaft  Herrschaft des Geldes über die Ware  Geld schafft den Zins und der Zins determiniert den Profit  Der Finanzsektor beherrscht die Industrie Theoretische Grundlagen Silvio Gesell, monetärer Keynesianismus Einfluss auf die linke Krisentheorie Eklektizismus System-Verteidigung Kritik/Kommentare an

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 4 Heutiger Schwerpunkt unserer Seminarreihe „Wirtschaftskrisen verstehen“ Zur Dramatik der aufziehenden Krise Diesmal eine mehr empirische Analyse Schwerpunkt ist die Zeit von 2008 bis heute Wie die Vergangenheit uns einholt

Vergleich: Wirtschaftskrise 1929f / 2008f Quelle: Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen (University of California at Berkeley), Kevin O'Rourke vom Trinity College, Dublin, Massive Staatsinterventionen stoppen die Abwärts- und Entwertungsspirale des Kapitals Nur begrenzter Staats- interventionismus 1929ff 2008ff April 2012 Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 5

Stabilisierung der deutschen Industrie durch massive Staatsinterventionen Quelle: Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen (University of California at Berkeley), Kevin O'Rourke vom Trinity College, Dublin, Massive Staatsinterventionen a)Konjunkturprogramme, Abwrackprämie, Kurzarbeitergeld b)„Deutschlandfonds“ c)Rettungsschirm für Finanzsektor d)Kreditbereitstellung durch EZB („Lender of last resort“) e)Zinssenkungen f)Anleihekaufprogramme g)Verstaatlichungen (Co, Hypo Real Estate) 1929ff 2008ff Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 6

7 Zeitraum: September 2008 bis Juli 2009

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 8 Zum Volumen der Konjunkturprogramme Handelsblatt ( ): Konjunkturprogramme der Industriestaaten Herbst 2008 bis Juni 2009: 2000 Mrd. €. Davon USA: 585 Japan: 560 China: 460

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 9 Resümee 1: Positive Seite der Interventionen Durch massive Staatsinterventionen wurden die Kapitalentwertungsprozesse gestoppt. Statt Fortsetzung der Depression setzte auf dem Weltmarkt eine Periode der Stabilisierung und der Wirtschaftserholung ein. Das ist die positive Seite der Medaille. Keynesianer und viele linke Krisentheoretiker sagen: „Weiter so“, „Der Staat kann Krisen managen“. Ende der Reflexionen – Ende der Krisendebatte Ist das wirklich so, oder gibt es noch eine zweite, eine negative Seite des Staatsinterventionismus? War der Stabilisierungserfolg ein Pyrrhussieg?

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 10 Eine knappe Bemerkung zur Ökonomie des Staates: Ökonomisch thront der Staat nicht über der Ökonomie, er ist in deren Kreislaufprozess eingebunden Durch seine Geldquellen:  Steuern  Kreditaufnahme /Verschuldung Durch seine Ausgaben:  Käufe des Staates  Transfer- und Gehaltszahlungen  Schuldendienst

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 11 Wo sind die Krisenfaktoren geblieben?  Der Staat ist kein Zauberer. Er kann die Krisenfaktoren der Wirtschaf nicht in seinem Hut verschwinden lassen. Der Staatsinterventionismus hat die Wirtschaft entlastet, den Staat aber belastet. Die Krisenfaktoren wanderten zum Staat. Sie sind Risiken des Staates geworden.

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 12 Änderungen in der Statistik * * Erste negative Seite des Staatsinterventionismus: Staatsverschuldung

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 13 Eurozone: Government debt (consolidated) (as % of GDP) Die durch die Krise entstandene Schuldenlast ist geblieben

Staatsverschuldung der USA bis 2015 USA: Staatsverschuldung von 2005 bis 2015 (in Billionen US-Dollar) Quelle: IMF; ID 1975ID 1975 Hinweis: USA Weitere Angaben zu dieser Statistik, sowie Erläuterungen zu Fußnoten, sind auf Seite 8 zu finden. Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 14 Die durch die Krise entstandene Schuldenlast ist geblieben

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 15 Belastungsfaktor Nummer 1 ist die Staatsschuldenkrise  Der hoch verschuldete Staat hat an Handlungsfähigkeit verloren, auf eine weitere Krise zu reagieren.  Hoher Schuldenstand = Katalysator einer künftigen Krise (Beispiel Griechenland: Sparhaushalte) Der Staat ist weniger Teil der Krisenlösung, als vielmehr Teil eines Krisenproblems

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 16 Ende 2009 sah die Ratingagentur Moody’s das Risiko von Zahlungsausfällen wachsen. Die Kreditqualität schwinde. Vor allem die USA und Großbritannien müssten überzeugende Pläne zur Reduzierung der Defizite vorlegen. Die Kapitalmärkte könnten beginnen, „das Undenkbare zu denken“ und sich mit der Frage beschäftigen, ob erstmals auch „reiche Staaten“ an ihrem Schuldendienst scheitern könnten. Dies gilt auch für das besonders hoch verschuldete Japan, nur dass hier infolge der hohen Inlandsverschuldung eine geringere Abhängigkeit von den internationalen Kreditmärkten besteht. (FAZ vom )

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 17 Auch die Notenbanken hat an Handlungsfähigkeit verloren, um auf eine weitere Krise zu reagieren  In der Zinspolitik 0-Zinspolitik: Kein weiterer Zinssenkungsspielraum bei erneuter Krise  Hohe Bilanzsummen bremsen den weiteren Anleihekauf („quantitative easing“=quantitative Lockerung) Bilanzsummen von Notenbanken (Ende 2006=100) Ende 2006 Ende 2014 EZB Japanische Notenbank Bank von England * Fed * (Stand ) Quelle: FAZ

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 Forderungen durch Wertpapierkäufe durch Wertpapierkäufe sonstige Forderungen sonstige Forderungen Währungsreserven, Gold, SonstigesBanknoten Aktiva Passiva Bilanz einer Notenbank Belastungsfaktor Nummer 2: Die Notenbanken als „Bad Bank“ 18 Wertbeständigkeit der Wertpapiere Wertbeständigkeit der Banknoten Vertrauensverlust

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 19 Zusammenfassung von Belastungsfaktor 1 und 2: Die negative Seite des Staatsinterventionismus besteht in der politischen Konservierung von Krisenfaktoren Die aufgehaltene Entwertungsspirale des Kapitals setzte sich als Verschuldungsspirale des Staates fort. Anleihen (fiktives Kapital) mit fragwürdiger Bonität wurden von Notenbanken aufgekauft. =Bad Bank Die Krisenfaktoren sind geblieben. Sie haben sich in Krisenfaktoren des Staates - Staatsverschuldung, aufgeblähte Notenbankbilanz - umgesetzt. Konsequenz: a)Nur noch begrenztes Krisensteuerungspotential des Staates b)Staat wird selbst zum Krisenfaktor

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 20 Belastungsfaktor Nummer 3: Relikte aus der unvollständigen Bereinigungskrise: a) Faule Kredite, b) Überkapazitäten, c) Zombies a) Faule Kredite in den Bankbilanzen: Nach internen Schätzungen der Deutschen Bank stecken in den Bilanzen europäischer Banken 800 bis Mrd Euro an faulen Krediten (FAZ ) Die italienische Notenbank beziffert die faulen Kredite italienischer Banken auf 133 Mrd. €. Faule Kredite griechischer Banken in Mrd. € (FAZ ) Piräus Bank 27,8 Eurobank 18,0 Alpha Bank 21,3 National Bank of Greece 18,0

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 21 b) Überkapazität: Werftindustrie, Stahlindustrie, Rohstoffindustrie, Grundstoffindustrie „Die ThyssenKrupp Stahl will ihre Stahlproduktion im zweiten Quartal 2015 zurückschrauben. Überkapazitäten auf dem Weltmarkt führten dazu, dass etwa seit Jahresbeginn große Mengen Stahls vor allem an den südeuropäischen Küsten anlandeten“. ThyssenKrupp (HB ) Eurozone: „Die Kapazitäten sind in fast allen Mitgliedstaaten unterausgelastet“. (Sachverständigenrat Herbst 2015)

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 22 c) Zombies Nicht mehr rentable, eigentlich tote Unternehmen, die nur durch die Billiggeldpolitik und/oder Staatshilfen am Leben erhalten werden.

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 23 a)Gute Konjunktur führt zu Nettoüberschüssen im Staatshaushalt b)Gute Konjunktur und moderate Inflationsraten senken die Schuldenlast c)Gute Konjunktur machen die von Notenbanken gehaltenen Wertpapiere sicher d)Gute Konjunktur lässt Normalisierung der Kredit- und Zinspolitik zu e)Gute Konjunktur baut faule Kredite, Über- kapazitäten und Zombie-Gefahren ab f)Gute Konjunktur erfordert keine größeren Staatsinterventionen ………. Alles wird gut… Hoffnung/Beruhigungspillen: Beschleunigte Akkumulation und mäßige Inflation werden die Belastungsfaktoren allmählich abtragen

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 24  Auslaufender Basisinnovationszyklus (Computer-, Informations- und Kommunikationstechnologie, Entwicklung alternativer Energien, Biotechnologie)  Öffnung neuer Märkte (China, Mittelosteuropa, Russland, Golfstaaten) weitgehend abgeschlossen Wegfall des säkularen Nachfragebooms, neue Industrieregionen führen zu einem Überangebot Keine Wirtschaftswunderjahre! Überzyklische Triebkräfte verlieren an Dynamik

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 25 US-Debatte zur säkularen Stagnation Robert Gordon - auslaufende Basisinnovationen Larry Summers - fehlende Nachfrage Paul Krugman - fehlende Nachfrage

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 26 Resümee 2: negative Seite vom Staatsinterventionismus 1. Belastungsfaktor 1: Staatsschuldenkrise a)Nur noch begrenztes Krisensteuerungspotential b)Staatsschuldenkrise wird zum Krisenfaktor 2. Belastungsfaktor 2: Notenbanken a.Nur noch begrenztes Krisensteuerungspotential b.Bad Bank, Notenbank wird zum Krisenfaktor 3. Belastungsfaktor 3: Relikte aus der unvollständigen Bereinigungskrise:  Faule Kredite,  Überkapazitäten  Zombie-Kapitale Die Hoffnung ist auf Sand gebaut: Beschleunigte Akkumulation und mäßige Inflation würden die Belastungsfaktoren allmählich abtragen!

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 27 Worin besteht die Dramatik der heutigen Konjunkturlage? 3 Belastungsfaktoren  Staatsschuldenkrise  Notenbanken am Limit  Relikte aus unvollständiger Bereinigungskrise Weitere zyklische Wirtschaftskrise?

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_ Q u a r t a l e 1.Qu (Tiefpunkt) bis heute: 26 Quartale Weitere zyklische Wirtschaftskrise?

Krisenzyklen im Bereich der Industrieproduktion Folie 29

Internationale Wirtschaft WS 2015/16 Günter Senftleben Eurokrise

ifo Wirtschaftsklima-Index nach Weltregionen vom 4. Quartal 2013 bis zum 4. Quartal 2015 (100 = 2005) Quelle: CESifo-Gruppe; ID ID Hinweis: Weltweit Weitere Angaben zu dieser Statistik, sowie Erläuterungen zu Fußnoten, sind auf Seite 8 zu finden. Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 31

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 32 ? Sept -1,7 Aug -1,8 Juli -2,2

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 33  Überproduktionskrise, Absatzstockungen, Zahlungsschwierigkeiten  Kredite (Anleihen) platzen, Run auf Bargeld  Kredit-, Banken- und Börsenkrise (Anleihen, Aktien)  Kapitalentwertung a) wirkliches Kapital, Unternehmenszusammenbrüche b) fiktives Kapital: Verluste bei Anleihen, Aktien c) Bankenzusammenbrüche, stockende Kreditvergabe  Massenarbeitslosigkeit, Verelendung  Wachsende Staatsschulden Bonitätsprobleme  Bonitätsprobleme erschüttern das Vertrauen in die Notenbank Merkmale und Lasten einer erneuten zyklischen Krise

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 34 Konjunkturprogramme Abwrackprämie „Deutschlandfonds“ Kreditbereitstellung durch EZB („Lender of last resort“)Zinssenkungen Anleihekaufprogramme Verstaatlichungen (Co, Hypo Real Estate) Nachfragestabilisierung Rettung von Banken Run auf Bargeld begrenzen Rettung von Unternehmen „Sparguthaben sind sicher“ Konjunkturprogramme

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 35 Konjunkturprogramme Abwrackprämie „Deutschlandfonds“ Kreditbereitstellung durch EZB („Lender of last resort“) Zinssenkungen Anleihekaufprogramme Verstaatlichungen (Co, Hypo Real Estate) Nachfragestabilisierung Rettung von Banken Run auf Bargeld begrenzen Rettung von Unternehmen Konjunkturprogramme

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 36 Zur Dramatik der Lage: Altlasten!! Der Staat kann nicht mehr massiv intervenieren Verschuldungskrise ist selbst zum Krisenfaktor geworden Die Notenbanken geraten in den Verdacht, „Bad Banks“ zu sein. Ihre Interventionsfähigkeit ist begrenzt. Relikte: Faule Kredite, Überkapazitäten, Zombie-Kapitale Problem: Was passiert, wenn zu den „Altlasten“ die Lasten einer neuen zyklischen Krise hinzukommen?

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 37 Krisenszenario Ausgangsbedingungen: Kombinierte Krise Begrenzte Interventionsmöglichkeiten Krisenverschärfung durch Altlasten: „Die Vergangenheit holt uns ein“ Neue Belastungen durch eine weitere zyklische Krise Zyklische Krise Phase I: Absatzstockungen, Überproduktionskrise verschärft sich. Produktion bricht ein, Massenentlassungen stehen an Ohne Altlasten: Konjunkturprogramme/Absatzhilfen Kredithilfen für Unternehmen Zinssenkungen Mit Altlasten: Krise. /.

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 38 Phase II der zyklischen Krise: Kreditkrise unter Geschäftsleuten Absatzstockungen führen zu Zahlungsschwierigkeiten a)Finanzierung der Warenläger b)Kaufleute geben sich untereinander keinen Kredit mehr. Nur noch bare Zahlung zählt. Kreditversicherer ziehen sich aus dem Geschäft zurück. Starke Nachfrage nach Cash. Ohne Altlasten: Kredithilfen, Kreditgarantien für Unternehmen Staatliche Unterstützung für private Kreditversicherer Mit Altlasten. /. Fortsetzung: Krisenszenario

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 39 Phase III der zyklischen Krise: Kredit-, Banken-, Börsenkrise Kredite von Unternehmen platzen, Unternehmensbankrotte, Verschärfung der Kreditkrise durch Altlasten: Faule Kredite, Überkapazitäten, Zombie-Kapitale. Kreditkrise führt zur Krise der Kreditgeber (Bankenkrise, Krise von Hedge-Fonds / Schattenbanken) und Börsenkrise, Kreditklemme Ohne Altlasten: Massive Kredithilfen, Rettungsschirm für den Finanzsektor, Verstaatlichung von Banken, Sicherung der Kreditvergabe Mit Altlasten Fortsetzung: Krisenszenario. /.

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 40 Phase IV der zyklischen Krise: Staatsschuldenkrise Trotz zurückhaltender Interventionspolitik verschärft sich die Staatsschuldenkrise: Neuverschuldung steigt (Steuern Ausgaben Schuldenlast wächst wegen schrumpfender Produktion Ohne Altlasten: Staatshaushalt ist nicht Teil des Krisenproblems Mit Altlasten Überschuldeter Staat wird Teil des Krisenproblems. Der Staat muss sparen inmitten der Krise. Er verschärft die Krise, die ihn selbst trifft Fortsetzung: Krisenszenario

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 41 Fortsetzung: Krisenszenario  Drohender Staatsbankrott / faul werdende Anleihen Verkaufspanik Staatsanleihen Staat ohne Zugang zum Kreditmarkt  Verschärfung der Bankenkrise (faule Staatsanleihen) mit Bankenzusammenbrüchen  Vertrauensverlust in die Notenbank (faule Anleihen in der Bilanz führen zu Misstrauen ins Geld - Bad-Bank-Diskussion) Kapitalflucht / Devisenproblem Abwertung galoppierende Inflation / eventuell Währungsreform Rationierung der Devisen / Importschwierigkeiten  Bankenkrach, Staatsbankrott, Zahlungsverkehr stockt, Schockstarre Phase IV der zyklischen Krise: Staatsbankrott, Vertrauensverslust in die Notenbank, Schockstarre in der Wirtschaft

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 42 Entwertungsspirale des Kapitals („Bereinigungskrise“)  Industrie- und Handelskapital wird vernichtet (Warenkapital, produktives Kapital)  Vernichtung fiktiven Kapitals durch Kredit-, Banken-, und Börsenkrise  Massive Vernichtung von Kapital durch Staatsbankrott (Staatsanleihen)  Entwertung von Kapital durch Inflation / Abwertung  Schließlich: Stabilisierung auf niedrigem Niveau, später Erholung

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 43 Argentinien Umschuldungen oder Staatsbankrotte 7 Spanien Umschuldungen oder Staatsbankrotte: 13 Griechenland Umschuldungen oder Staatsbankrotte: 5 Deutschland Umschuldungen oder Staatsbankrotte: 8 Frankreich Umschuldungen oder Staatsbankrotte: 8 Quelle: Handelsblatt USA Als Folge der Wirtschaftskrise von 1837 stellten acht amerikanische Bundesstaaten ihre Zahlungen ein. Mehr als 100 Banken gingen daraufhin Pleite. Staatsbankrott ist keine Seltenheit Allein seit dem Jahr 1800 kam es rund 250 Mal dazu, dass ein Staat seine Schulden bei ausländischen Geldgebern nicht bedienen konnte. Hinzu kamen 68 Inlandspleiten, bei denen die Einlagen der eigenen Bevölkerung betroffen waren (K. Rogoff, C. Reinhart)

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 44 Immer schneller verzehnfachte sich die Abwertung gegenüber dem US-Dollar, bis schließlich im November 1923 der Kurs für 1 US-Dollar 4,2 Billionen Mark entsprach 1 Goldmark=1 Papiermark

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 45 Herbst 2009 (damals noch ohne die heutigen Belastungsfaktoren): Endzeitstimmung lag in der Luft „ Wir standen vor einer Situation, die schlimmer als 1929 zu werden drohte. Niemand traute mehr irgendjemandem im Bankensystem“ (britische Premierminister Gordon Brown). „Die Menschen gerieten in Panik und fragten sich, welche Bank als Nächstes zusammenbrechen würde. Das Finanzsystem stand am Abgrund“. Peer Steinbrück: „Es gab Stimmen die vom Ende des Kapitalismus sprachen.“

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 46 Krise ist keineswegs nur eine Krise des Kapitals zugleich: Katastrophenspirale für die Lohnabhängigen: Massenelend, Nationalismus, Kriege, Systemkrise Barbarei Notwendigkeit zum Widerstand zur Veränderung – um existieren zu können, muss die Not gewendet werden Sozialismus oder Barbarei a)Neuer Akkumulationszyklus auf kapitalistischer Grundlage b)Neustrukturierung von Ökonomie und Gesellschaft = Aufhebung des Kapitalismus Krise: Zuspitzung, Wendepunkt, Entscheidung

Wirtschaftskrisen verstehen Guenther Sandleben 2015_11 47 Vielen Dank für das Zuhören und für die aktive Teilnahme Bis zum nächsten Mal 27. April 2016