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Vertragsrecht (Rechtsvergleichung und IPR)

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Präsentation zum Thema: "Vertragsrecht (Rechtsvergleichung und IPR)"—  Präsentation transkript:

1 Vertragsrecht (Rechtsvergleichung und IPR)
Vorlesung im Schwerpunktbereich „Europäisierung und Internationalisierung des Privatrechts“ WS 2004/05 Prof. Dr. Gerhard Dannemann

2 Übersicht Einführung Parteiautonomie Dispositives Recht
Reichweite von Vertrag und Vertragsstatut Einigung und Gültigkeit Rechts- und Geschäftsfähigkeit Willensmängel Stellvertretung Inhaltskontrolle Vertragliche Abwicklung Verbrauchervertragsrecht

3 Vertragsrecht Enges Verständnis nach BGB: §§ §§ 145-157 und 311-359
Weiteres Verständnis: Vorschriften über Zustandekommen, Gültigkeit und Durchführung von Verträgen (BGB AT, 3. Abschnitt und Allgemeines Schuldrecht) Contract law: Vereinbarungen, mit denen vermögenswerte Leistungen ausgetauscht werden

4 Rechtsvergleichung Rechtsvergleichung wird in sehr unterschiedlicher Form und Intensität betrieben von: Gesetzgebern Gerichten Anwälten, Notaren, anderen Praktikern Unternehmen Wissenschaftlern

5 Rechtsvergleichung: Herausforderungen
Grundsätze auf tatsächliche Anwendung überprüfen Vergleichsbasis schaffen Zusammenspiel unterschiedlicher Teilbereiche beachten

6 Internationales Privatrecht, droit international privé, conflict of laws
„Das Internationale Privatrecht ist weder inter-national noch ein Privatrecht.“ (Martin Wolff) “ ... our subject has nothing to do with conflict, legal or otherwise. ... But ‘international private law‘ is accurate and ... helpful.” (Adrian Briggs)

7 Internationales Privatrecht und Einheitsrecht
Völkervertragliches Einheitsrecht, z.B. CISG „lex mercatoria“ INCOTERMS

8 Einseitige und allseitige Kollisionsnormen
Einseitige Kollisionsnorm: z.B. § 606a ZPO: „Für Ehesachen sind die deutschen Gerichte zuständig, 1. wenn ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Eheschließung war, ... Allseitige Kollisionsnorm: z.B. Art. 18 EGBGB: „Auf Unterhaltspflichten sind die Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhalts-berechtigten geltenden Rechts anzuwenden.“

9 Anknüpfung an Staatsangehörigkeit
Beispiel: Art. 7 (1) S. 1 EGBGB „Die Rechtsfähigkeit und die Geschäftsfähigkeit einer Person unterliegen dem Recht des Staates, dem die Person angehört.“

10 Anknüpfung an domicile
Domicile of origin: abgeleitet vom domicile des Vaters z.Zt. der Geburt Domicile of choice: durch (a) Verlagerung des Wohnsitzes mit (b) der Absicht, dort dauerhaft zu leben. Diese Absicht muss spezifisch und unbedingt sein, und die Entscheidung muss freiwillig erfolgt sein. Domicile of dependency: Kinder leiten bis zur Volljährigkeit ihr domicile von dem Elternteil ab, von dem sie abhängig sind.

11 Kursmaterialien on-line
Literaturliste und Gliederung: Projektionen:

12 Wichtige europarechtliche Grundlagen im Kollisionsrecht
Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

13 Privatautonomie im Internationalen Vertragsrecht
Artikel 27 EGBGB (Art. 3 RömVÜ) Freie Rechtswahl (1) Der Vertrag unterliegt dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muß ausdrück-lich sein oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falles ergeben. Die Parteien können die Rechtswahl für den ganzen Vertrag oder nur für einen Teil treffen.

14 Stillschweigende Rechtswahl
BGH , NJW-RR 1999, 813: In einem Bauvertrag hatten die Parteien die Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/B) und von Vorschriften der Deutschen Industrienorm (DIN) vereinbart. Das genügte dem BGH für eine Rechtswahl nach Art. 27 (1) EGBGB.

15 Vereinbarung des Gerichtsstands
Artikel 23 EuGVO (1) Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechts-streitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entschei-den sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig. Dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats sind ausschließlich zuständig, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. ...

16 (Fortführung von Art. 23 Abs. 1 EuGVO)
Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung muss geschlossen werden a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung, b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder c) im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.

17 Objektive Anknüpfung im Vertragsrecht
Artikel 28 Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht (1) Soweit das auf den Vertrag anzuwendende Recht nicht nach Artikel 27 vereinbart worden ist, unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist. Läßt sich jedoch ein Teil des Vertrages von dem Rest des Vertrages trennen und weist dieser Teil eine engere Verbindung mit einem anderen Staat auf, so kann auf ihn ausnahmsweise das Recht dieses anderen Staates angewandt werden.

18 Art. 28 Abs. EGBGB: Charakteristische Leistung
(2) Es wird vermutet, daß der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder, wenn es sich um eine Gesellschaft, einen Verein oder eine juristische Person handelt, ihre Hauptverwaltung hat. Ist der Vertrag jedoch in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Partei geschlossen worden, so wird vermutet, daß er die engsten Verbindungen zu dem Staat aufweist, in dem sich deren Hauptniederlassung befindet oder in dem, wenn die Leistung nach dem Vertrag von einer anderen als der Hauptniederlassung zu erbringen ist, sich die andere Niederlassung befindet. Dieser Absatz ist nicht anzuwenden, wenn sich die charakteristische Leistung nicht bestimmen läßt.

19 Art. 28 Abs. 5 EGBGB: engste Verbindung oder charakterisische Leistung?
(5) Die Vermutungen nach den Absätzen 2, 3 und 4 gelten nicht, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, daß der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist.

20 Ein Fall zu Art. 4 RömVÜ (Art. 28 EGBGB)
Iran Continental Shelf Oil Company and others v IRI International Corporation [2002] EWCA Civ 1024 Vertragsgegenstand war die Lieferung und Installation von Material zur Renovierung und Reparatur einer kriegsbeschädigten Ölplattform im Persischen Golf. Klägerin war eine iranische Gesellschaft im Staatseigentum. Beklagte war eine in Delaware inkorporierte Gesellschaft mit Sitz in Texas, die eine Zweigniederlassung in Großbritannien unterhielt. Die Beklagte führte den Vertrag u.a. wegen eines nachfolgenden US-amerikanischen Handelsverbots nicht aus.

21 Weitere Vermutungen nach Art. 28 EGBGB
(3) Soweit der Vertrag ein dingliches Recht an einem Grundstück oder ein Recht zur Nutzung eines Grundstücks zum Gegenstand hat, wird vermutet, daß er die engsten Verbindungen zu dem Staat aufweist, in dem das Grundstück belegen ist. (4) Bei Güterbeförderungsverträgen wird vermutet, daß sie mit dem Staat die engsten Verbindungen aufweisen, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet. Als Güterbeförderungsverträge gelten für die Anwendung dieses Absatzes auch Charter-verträge für eine einzige Reise und andere Verträge, die in der Hauptsache der Güterbeförderung dienen.

22 Allgemeiner Gerichtsstand am Wohnsitz
Artikel 2 EuGVO (1) Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.

23 Gerichtsstände bei vertragsrechtlichen Streitigkeiten
Artikel 5 EuGVO Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden: 1. a) wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

24 (Art. 5 Abs. 1 EuGVO, Fortsetzung)
b) im Sinne dieser Vorschrift - und sofern nichts anderes vereinbart worden ist - ist der Erfüllungsort der Verpflichtung . für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen; . für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen; c) ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);

25 Reichweite des Vertragsstatuts
Artikel 32 Geltungsbereich des auf den Vertrag anzuwendenden Rechts (1) Das nach den Artikeln 27 bis 30 und nach Artikel 33 Abs. 1 und 2 auf einen Vertrag anzuwendende Recht ist insbesondere maßgebend für 1. seine Auslegung, 2. die Erfüllung der durch ihn begründeten Verpflichtungen, 3. die Folgen der vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung dieser Verpflichtungen einschließlich der Schadensbemessung, soweit sie nach Rechtsvorschriften erfolgt, innerhalb der durch das deutsche Verfahrensrecht gezogenen Grenzen,  4. die verschiedenen Arten des Erlöschens der Verpflichtungen sowie die Verjährung und die Rechtsverluste, die sich aus dem Ablauf einer Frist ergeben, 5. die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages.

26 Reichweite des Vertragsstatuts: Einschränkungen
Artikel 7 EGBGB Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit (1) Die Rechtsfähigkeit und die Geschäftsfähigkeit einer Person unterliegen dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Dies gilt auch, soweit die Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung erweitert wird. (2) Eine einmal erlangte Rechtsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit wird durch Erwerb oder Verlust der Rechtsstellung als Deutscher nicht beeinträchtigt.

27 Reichweite des Vertragsstatuts: Einschränkungen
Artikel 11 EGBGB Form von Rechtsgeschäften (1) Ein Rechtsgeschäft ist formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. (2) Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich in verschiedenen Staaten befinden, so ist er formgültig, wenn er die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts eines dieser Staaten erfüllt. (3)-(5) ...

28 Reichweite des Vertragsstatuts: Einschränkungen
Artikel 12 EGBGB Schutz des anderen Vertragsteils Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich in demselben Staat befinden, so kann sich eine natürliche Person, die nach den Sachvorschriften des Rechts dieses Staates rechts-, geschäfts- und handlungsfähig wäre, nur dann auf ihre aus den Sachvorschriften des Rechts eines anderen Staates abgeleitete Rechts-, Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit berufen, wenn der andere Vertragsteil bei Vertragsabschluß diese Rechts-, Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit kannte oder kennen mußte. Dies gilt nicht für familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie für Verfügungen über ein in einem anderen Staat belegenes Grundstück.

29 Reichweite des Vertragsstatuts: Einschränkungen
Artikel 34 EGBGB Zwingende Vorschriften Dieser Unterabschnitt berührt nicht die Anwendung der Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.

30 Reichweite des Vertragsstatuts: Einschränkungen
Artikel 37 EGBGB Ausnahmen Die Vorschriften dieses Unterabschnitts sind nicht anzuwenden auf 1. Verpflichtungen aus Wechseln, Schecks und anderen Inhaber- oder Orderpapieren, sofern die Verpflichtungen aus diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit entstehen; 2. Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht, das Vereinsrecht und das Recht der juristischen Personen, wie zum Beispiel die Errichtung, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen sowie die persönliche gesetzliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Schulden der Gesellschaft, des Vereins oder der juristischen Person;

31 (Fortsetzung von Art. 37 EGBGB) 
3. die Frage, ob ein Vertreter die Person, für deren Rechnung er zu handeln vorgibt, Dritten gegenüber verpflichten kann, oder ob das Organ einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person diese Gesellschaft, diesen Verein oder diese juristische Person gegenüber Dritten verpflichten kann; 4. Versicherungsverträge, die in dem Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegene Risiken decken, mit Ausnahme von Rückversicherungsverträgen. Ist zu entscheiden, ob ein Risiko in diesem Gebiet belegen ist, so wendet das Gericht sein Recht an. Artikel 29a findet auch in den Fällen des Satzes 1 Anwendung.

32 Vorfragen und separate Anknüpfungen
Eine anzuwendende Sachnorm hat unter den Tatbestandsmerkmalen ein Rechtsverhältnis. Dieses ist nicht nach der lex causae zu beurteilen, sondern es ist separat zu bestimmen, welches Recht auf dieses Rechtsverhältnis anzuwenden ist. Beispiele zum Vertragsrecht: Vollmacht, Geschäftsfähigkeit, Form, Eigentum.

33 Anpassung – ein Beispiel
OLG Düsseldorf , IPRspr Nr. 189 Bei einer zwischen der Klägerin und einem Dritten abgeschlossenen Schiedsvereinbarung war streitig, ob diese auch Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte erfasste. Die Klägerin klagte gleichzeitig in Deutschland und vor dem Londoner Schiedsgericht, vor letzterem auf Feststellung der Unzuständigkeit. Das Landgericht entschied zuerst und erklärte sich wegen der Schiedsgerichtsvereinbarung für unzuständig. Nachfolgend erklärte sich das Schiedsgericht im parallelen Verfahren ebenfalls für unzuständig.

34 Qualifikation und Anknüpfung
Qualifikation bedeutet die Subsumtion von Sachnormen unter den Anknüpfungsgegenstand einer Kollisionsnorm. Der Anknüpfungsgegenstand (z.B. „Vertrag“ in Art. 28 Abs. EGBGB) ist zu unterscheiden vom Anknüpfungsmoment (z.B. gewöhnlicher Aufenthalt in Art. 28 Abs. 2 EGBGB). Bei Art. 28 EGBGB bedeutet somit Qualifikation, von den Normen des berufenen (z.B. englischen) Rechts diejenigen herauszusuchen, die sich auf Verträge beziehen.

35 Art. 31 EGBGB Artikel 31 EGBGB (Art. 8 Röm.VÜ) Einigung und materielle Wirksamkeit (1) Das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrages oder einer seiner Bestimmungen beurteilen sich nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre. (2) Ergibt sich jedoch aus den Umständen, daß es nicht gerechtfertigt wäre, die Wirkung des Verhaltens einer Partei nach dem in Absatz 1 bezeichneten Recht zu bestimmen, so kann sich diese Partei für die Behauptung, sie habe dem Vertrag nicht zugestimmt, auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts berufen.

36 Rechtsbindungswille im familiären Umfeld
Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571 (CA) Die Parteien waren Eheleute, die angeblich mündlich vereinbart hatten, dass der Ehemann während einer längeren beruflichen Abwesenheit der Ehefrau Unterhalt in Höhe von monatlich £30 gewähren würde. BGH , BGHZ 97, 372 Die Parteien lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft und hatten vereinbart, dass die Frau medikamentöse Empfängnisverhütung praktizieren würde. Davon nahm die Frau insgeheim Abstand und wurde schwanger. Der Mann klagte gegen die Frau auf Schadensersatz wegen seiner Unterhaltsbelastung gegenüber dem Kind.

37 Rechtsbindungswille im geschäftlichen Umfeld
Edwards v Skyways Ltd [1964] 1 WLR 349 (QBD) Die beklagte Fluggesellschaft hatte der Pilotenvereinigung zugesichert, dass Piloten bei Kündigung eine „ex gratia“-Zahlung in Höhe der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur betrieblichen Pensionskasse erhalten würden. Der klagende Pilot wurde später entlassen, erhielt aber nur seinen eigenen Beiträge zurück.

38 Rechtsbindungswille im geschäftlichen Umfeld
BGH , BGHZ 91, 324 Die klagende Baufirma hatte ihre Kundin S gebeten, eine Bürgschaft für ihre Schulden beizubringen. Die beklagte Sparkasse schrieb der Klägerin: … zugunsten der Firma S haben wir gegenüber Ihrer Firma die selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von DM ,-- übernommen. Wir wären Ihnen für eine kurze Mitteilung sehr verbunden, wie hoch sich die Verpflichtungen der Firma S GmbH bei Ihnen derzeit belaufen.” Später stellte sich heraus, dass die Beklagte irrtümlich davon ausgegangen war, sie habe vorher schon eine solche Bürgschaft übernommen.

39 Widerruf eines Angebots und Zugang der Annahme
Byrne and Co. v Leon van Tienhoven & Co. (1880) 5 CPD 344 Die Beklagte mit Sitz in Cardiff bot am Zinnplatten an. Der Brief kam am bei der Klägerin in New York an, die sofort telegrafisch sowie per Brief vom annahm. Ein Widerruf der Beklagten vom erreichte die Klägerin am Die Klägerin bestand auf Durchführung des Vertrags.

40 Widerruf eines Angebots
RG , RGZ 50, 191 Der beklagte Losverkäufer benachrichtigte in einem versiegelten Brief den Kläger von einem Gewinn und bot zugleich ein bestimmtes Los für die nächste Ziehung zur unverzüglichen Annahme an. Nachdem er den Brief tagsüber bei der Vermieterin des Klägers hinterlassen hatte, erfuhr er, dass auf dieses Los mittlerweile ein Preis entfallen war. Er überredete daraufhin die Vermieterin, ihm den Brief zurückzugeben. Der Kläger, der erst danach von der Arbeit zurückkehrte, verlangte den Losgewinn.

41 Schweigen als Annahme? Fall Guilloux, Civ , DP , S Das klagende Bankhaus emittierte Aktien der Societé des raffinieries nantaises. Der Beklagte befand sich auf der Liste der Subskribenten, ohne dass er allerdings je eine entsprechende Order platziert hätte. Das Bankhaus bestätigte schriftlich seine Bestellung, schickte die entsprechenden Dokumente und stellte eine Abschlagszahlung von FF in Rechnung. Der Beklagte schwieg. Bankhaus und Gesellschaft bestanden auf vollständiger Zahlung.

42 Annahme ohne Erklärung
§ 151 BGB. Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

43 Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
BGH , NJW-RR 2001, 680. Klägerin war ein Personalberatungs-Unternehmen, Beklagte eine Gesellschaft in Insolvenz, die einen Technischen Direktor suchte. Es gab Vorverhandlungen und dann ein Telefonat, bei dem später streitig war, ob man sich mündlich auf einen Beratervertrag geeinigt hatte. Die Klägerin bedankte sich anschließend schriftlich für den Auftrag, gab einen Gesamtpreis an (gut DM ) und fügte eine erste Rechnung bei. Die Beklagte schwieg zunächst und behauptete später, man sei über Vorverhandlungen nicht hinausgekommen und habe inzwischen selbst eine geeignete Person gefunden. Die Klägerin bestand auf Zahlung der Gesamtsumme.

44 Kaufmännisches Bestätigungsschreiben und vereinbarte Zuständigkeit
EuGH /95, MSG, Mainschiffahrts-Genossenschaft/Les Gravières Rhénanes (zum EuGVÜ) „Im internationalen Handelsverkehr kann im Rahmen eines mündlich geschlossenen Vertrages gemäß Art 17 Abs 1 S 2 dritter Fall eine Gerichtsstandsvereinbarung auch durch Übersendung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens geschlossen werden, wenn dieses einen gedruckten Hinweis auf die Gerichtsstandsvereinbarung enthält und der Empfänger nicht reagiert oder wiederholt Rechnungen, die einen solchen Hinweis enthalten, widerspruchslos bezahlt, sofern dieses Verhalten einem Handelsbrauch in dem Bereich des internationalen Handelsverkehrs entspricht, in dem die Parteien tätig sind, und sofern dieser Brauch ihnen bekannt ist oder als ihnen bekannt angesehen werden muß.“

45 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, § 305 BGB
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und 2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkenn-bare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei an-gemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einver-standen ist.

46 Battle of the Forms O.T.M. v. Hydranautics [1981] 2 Lloyd's Rep. 211 (Q.B. Com) Die AGB des Verkäufers sahen Lieferung „FOB“ am Sitz des Verkäufers, die Wahl kalifornischen Rechts und einen Gerichtsstand am Sitz des Verkäufers vor. Die AGB des Käufers sahen augenscheinlich einen Erfüllungsort in England, je nach Interpretation die Wahl englischen Rechts sowie ganz ausdrücklich eine britische Schiedsgerichtsklausel vor.

47 Battle of the Forms: Lösungsmodelle
1. Kein Vertrag 2. „First shot rule“ – zuerst eingeführte Vertrags-bedingungen setzen sich durch 3. „Last shot rule“ – zuletzt verwendete Vertrags-bedingungen setzen sich durch 4. „Knock out rule“ - sich widersprechende Vertragsbedingungen werden nicht Bestandteil des Vertrages

48 Last Shot Rule British Road Services v. Arthur V Crutchley & Co [1968] 1 All ER 811 (C.A.) Die Klägerin brachte eine Ladung Whisky zum Lagerhaus der Beklagten. Der Lieferschein der Klägerin verwies auf ihre AGB. Die Beklagte nahm die Ladung an und stempelte auf den Lieferschein: „Received under A.V.C. conditions“. Der Whisky wurde in der Lagerhalle untergebracht und dort gestohlen. Die AGB der Beklagten beschränkten ihre Haftung dafür, die der Klägerin nicht.

49 Knock Out Rule Cass. req , Jurisprudence Générale (Rec. Dalloz) 1913 I 363; Tribunal de Commerce de Cambrai, ; Trib. Comm. de Cherbourg, , beide S. 1914, 2, 49 Art. 2 Schweiz. Obligationenrecht: (1) Haben sich die Parteien über alle wesentliche Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle. (2) Kommt über die vorbehaltenen Nebenpunkte eine Vereinbarung nicht zustande, so hat der Richter über diese nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.

50 Knock Out Rule UNIDROIT, Principles of International Commercial Contracts (1994) Art (battle of the forms) "Where both parties use standard terms and reach agreement except on those terms, a contract is concluded on the basis of the agreed terms and of any standard terms which are common in substance unless one party clearly indicates in advance, or later and without undue delay informs the other party, that it does not intend to be bound by such a contract." Ähnlich auch Principles of European Contract Law, Art. 2:209

51 Formtypen im deutschen Recht
Grundsatz: Formlosigkeit Textform, § 126b BGB Schriftform, § 126, (und elektronische Form, § 126a) Öffentliche Beglaubigung, § 129 Öffentliche Beurkundung, § 128

52 Formtypen im englischen Recht
Grundsatz: Formlosigkeit Evidenced in writing, inbesondere nach Statute of Frauds (1677). In writing Deed

53 Formtypen im französischen Recht
Grundsatz: Formlosigkeit bis €800 sowie bei Handelsgeschäften Écrit (Essentialia schriftlich), z.B. Art Cc Gesamtschriftlichkeit, z.B. nach Art Cc: Beweis kann nur mit schriftlichem Vertrag angetreten werden Forme authentique

54 Formtypen im Vergleich
Formlosigkeit als Regel Teilweise schriftlich – „evidenced in writing“, „écrit“ Insgesamt schriftlich - § 126 BGB, „in writing“, Art Cc, EU-Vorschriften Schriftlich und privat beglaubigt – „deed“ Schriftlich und öffentlich beglaubigt - § 129 BGB Öffentlich beurkundet - § 128 BGB, „forme authentique“

55 Formstatut Artikel 11 EGBGB (weicht ab von Art. 9 RömVÜ) Form von Rechtsgeschäften (1) Ein Rechtsgeschäft ist formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. (2) Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich in verschiedenen Staaten befinden, so ist er formgültig, wenn er die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts eines dieser Staaten erfüllt. ...

56 ... (3) Wird der Vertrag durch einen Vertreter geschlossen, so ist bei Anwendung der Absätze 1 und 2 der Staat maßgebend, in dem sich der Vertreter befindet. (4) Verträge, die ein dingliches Recht an einem Grundstück oder ein Recht zur Nutzung eines Grundstücks zum Gegenstand haben, unterliegen den zwingenden Formvorschriften des Staates, in dem das Grundstück belegen ist, sofern diese nach dem Recht dieses Staates ohne Rücksicht auf den Ort des Abschlusses des Vertrages und auf das Recht, dem er unterliegt, anzuwenden sind. (5) Ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird, ist nur formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts erfüllt, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist.

57 Substitution und Form BGH 16.2.1981, BGHZ 80, 76
Die A.H. AG mit Sitz in Zürich ist einzige Gesellschafterin einer deutschen GmbH. Am 9. Mai 1979 beschloss diese Gesellschaft in Zürich eine Änderung der Satzung der GmbH. Ein öffentlicher Urkundsbeamter des Notariats Zürich (Altstadt) beurkundete den Beschluss. Amtsgericht und Landgericht haben die Eintragung abgelehnt, weil die Gesellschafterversammlung nicht am Sitz der GmbH in Deutschland stattgefunden (Amtsgericht) bzw. den Beschluss kein deutscher Notar beurkundet hat (Landgericht).

58 Abgrenzungen: Regeln Form: unterliegt Formstatut
Beweislast: unterliegt Vertragsstatut Beweisführung: unterliegt der lex fori

59 Abgrenzungen: Beispiele
Englisches Recht: parol evidence rule Französisches Recht: Art Cc Il doit être passé acte devant notaires ou sous signatures privées de toutes choses excédant une somme ou une valeur fixée par décret, même pour dépôts volontaires, et il n'est reçu aucune preuve par témoins contre et outre le contenu aux actes, ni sur ce qui serait allégué avoir été dit avant, lors ou depuis les actes, encore qu'il s'agisse d'une somme ou valeur moindre.

60 Consideration: Definition
Lush J in Currie v Misa (1875) LR 10 Ex 153: “a valuable consideration, in the sense of the law, may consist either in some right, interest, profit or benefit accruing to the one party, or some forbearance, detriment, loss or responsibility given suffered, or undertaken by the other.”

61 Cause Article 1131 Cc L'obligation sans cause, ou sur une fausse cause, ou sur une cause illicite, ne peut avoir aucun effet.

62 Causa § 812 BGB Herausgabeanspruch
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. ... (2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

63 Geschäftsfähigkeit nach deutschem Recht
Das deutsche Recht unterscheidet zwischen Geschäfts-unfähigen, beschränkt Geschäftsfähigen (7-17 Jahre) und unbeschränkt Geschäftsfähigen. Für Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige können Eltern als gesetzliche Vertreter Verträge abschließen. Beschränkt Geschäftsfähige können selbst kontrahieren. Der Vertrag wird grundsätzlich nur wirksam, wenn die Eltern zustimmen. Beschränkt Geschäftsfähige können vom eigenen Taschengeld Waren und Dienstleistungen selbst wirksam erwerben, aber nicht auf Kredit.

64 Geschäftsfähigkeit nach französischem Recht
Das französische Recht unterscheidet zwischen voll Geschäftsfähigen und nicht voll Geschäftsfähigen, insbeson-dere den mineurs non émancipés. Für nicht voll Geschäftsfähige können Eltern als gesetzliche Vertreter Verträge abschließen, sind dabei aber mehr Beschränkungen unterworfen als im deutschen Recht. Minderjährige können sich ihren täglichen Bedarf selbst vertraglich beschaffen, auch auf Kredit. Darüber hinaus können Minderjährige allgemein solche Rechtsgeschäfte vornehmen, für die ihre Einsichtsfähigkeit ausreicht.

65 Geschäftsfähigkeit nach englischem Recht
Das englische Recht unterscheidet zwischen Geschäfts-fähigen und nicht voll Geschäftsfähigen. Für Eltern gibt es keine allgemeine Vollmacht, für ihre Kinder Verträge abzuschließen. Minderjährige können Verträge über sogenannte „necessaries“ abschließen, auch auf Kredit. Gerichte können den vereinbarten Preis auf einen angemessenen herabsetzen.

66 Geschäftsfähigkeit im Vergleich
Englisches und französisches Recht unterscheiden zwischen voll Geschäftsfähigen und nicht voll Geschäftsfähigen. Letztere können selbst alle für ihren Lebensunterhalt erforderlichen Geschäfte abschließen. Dabei lässt das französische Recht den Minderjährigen einen etwas weiteren Spielraum. Deutsches und französisches Recht geben Eltern die Möglichkeit, als gesetzliche Vertreter für das Kind Verträge abzuschließen.

67 Statut der Rechts- und Geschäftsfähigkeit
Art. 7 EGBGB (1) Die Rechtsfähigkeit und die Geschäfts-fähigkeit einer Person unterliegen dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Dies gilt auch, soweit die Geschäftsfähigkeit durch Ehe-schließung erweitert wird. (2) Eine einmal erlangte Rechtsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit wird durch Erwerb oder Verlust der Rechtsstellung als Deutscher nicht beeinträchtigt.

68 Grenzen des Geschäftsfähigkeits-Statutes
Art. 12 EGBGB (basiert auf Art. 11 RömVÜ) Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich in demselben Staat befinden, so kann sich eine natürliche Person, die nach den Sachvorschriften des Rechts dieses Staates rechts-, geschäfts- und handlungsfähig wäre, nur dann auf ihre aus den Sachvorschriften des Rechts eines anderen Staates abgeleitete Rechts-, Geschäfts- und Hand-lungsunfähigkeit berufen, wenn der andere Vertragsteil bei Vertragsabschluß diese Rechts-, Geschäfts- und Hand-lungsunfähigkeit kannte oder kennen mußte. Dies gilt nicht für familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie für Verfügungen über ein in einem anderen Staat belegenes Grundstück.

69 Irrtum Unterscheidungen nach: Gegenstand Irrendem Verursacher
Bedeutung Verschulden

70 Irrtum nach Art. 1109, 1110 Cc Gegenstand: „la substance même de la chose“: alle anderen Faktoren unerheblich Gegenstand: Person des Vertragspartners, nur wenn wesentlich; alle anderen Faktoren unerheblich

71 Irrtum nach § 119 BGB Gegenstand: Divergenz zwischen Erklärung und Inhalt, alle anderen Faktoren unerheblich Gegenstand: Eigenschaften des Vertrags-gegenstands oder –partners: nur verkehrs-wesentliche, alle anderen Faktoren unerheblich, subsidiär zu Gewährleistungshaftung

72 Arglistige Täuschung - dol
§ 123 BGB / Art Cd: Irrtum beruht auf bewusster Fehlinformation der anderen Partei, alle anderen Faktoren unerheblich

73 Misrepresentation Irrtum verursacht von anderer Partei, muss –außer bei „fraudulent misrepresentation“ - „material“ sein, alle anderen Faktoren unerheblich, Verschulden weiterhin relevant für Rechtsfolgen

74 Mistake Beiderseitiger Irrtum über zentrale Umstände, „going to the root of the contract“.

75 Irrtum über Existenz des Vertragsgegenstands
Couturier v Hastie (1856) 5 HLC 673 (HL) OLG Hamburg , Seuff. Arch. 65, 160 (Thekla Bohlen) McRae v Commonwealth Disposals Commission (1951) 84 CLR 377 (HC Austr.)

76 Irrtum über Eigenschaften des Vertragsgegenstands
Irrtümliche Annahme wertbildender Eigenschaften: Leaf v. International Galleries [1950] 2 K.B. 86 (Constable) RG , RGZ 135, 339 (Ruisdael) Irrtümliches Übersehen wertbildender Eigenschaften: RG , RGZ 124, 115 (Ming-Vase) Civ , Bull.civ. I no. 165 (Fragonard) Hoge Raad , Ned.Jur Nr. 59 (Kantharos)

77 Handeln unter falschem Recht
BGH , IPRax 1988, 109 In einer Ehe, die deutschem Recht unterstand, hatten die Ehegatten in privatschriftlicher Form eine Morgengabe nach islamischem Recht in Höhe von DM vereinbart. Der BGH zitierte auf S. 112 zustimmend das Berufungsgericht: „... es komme darauf an, welche Bedeutung die Vereinbarung habe, wenn man die auf das islamische Rechtsinstitut der Morgengabe ausgerichtete Vorstellung der Parteien ins Deutsche „übersetze“. Dieser Gedanke ... hat auch für die nach deutschem Recht vorzunehmende Auslegung der Vereinbarung Bedeutung. Denn damit ist zu prüfen, was die Parteien damit zum Ausdruck gebracht haben, daß die DM als „Morgengabe“ gezahlt werden sollen.“

78 Drohung Das französische und das deutsche Recht (Art CC, violance; § 123 BGB, Drohung) gehen diese Frage grundsätzlich an und erfassen zunächst jede Androhung (menace) eines empfindlichen Übels (mal, danger), welche die freie Willensentscheidung des Erklärenden einschränkt. Die Einschränkung erfolgt über das in beiden Kodifikation ungeschriebene weitere Erfordernis, dass die Drohung rechtswidrig (illégitime) ist. In beiden Rechtsordnungen kann sich diese Rechtswidrigkeit ergeben aus der Drohung mit einem rechtswidrigen Mittel (z.B. Gewalt), der Anstrebung eines rechtswidrigen Zwecks (z.B. Leistung ohne Anspruch) oder aus einer anstößigen Kombination von Mittel und Zweck ergeben (Androhung einer Strafanzeige, wenn eine damit nicht zusammenhängende bestehende Forderung nicht befriedigt wird).

79 Duress Universe Tankships Inc of Monrovia v International Transport Workers Federation and Others (The Universe Sentinel) [1983] AC 366, per Lord Scarman. Duress erfordert dass: • auf das Opfer illegitimer Druck ausgeübt wurde und • dieser Druck so gross war, dass der Wille des Opfers gebeugt wurde. Das englische Recht unterscheidet auch weiterhin zwischen „duress against the person“, „duress against goods“ und „economic duress“.

80 Undue Influence Gerichte können einen Vertrag wegen undue influence annulieren, falls „there is a relationship of trust and confidence“ (wird vermutet für Ehegatten, Eltern und junge Kinder, Anwalt und Mandant, Arzt und Patient) und der Vertragsinhalt ist “not readily explainable by the relationship between the parties” (ehemals: „manifest disadvantage“) Royal Bank of Scotland v Etridge (No. 2) [2002] 2 AC 773

81 Vertretung “Agency is the relationship arising where one person, the principal (P), appoints another, the agent (A), to bring about, modify or terminate legal relations between the principal and one or more third parties (T).” (Roy Goode)

82 Unterschiedliche Rechtsverhältnisse
Verhältnis Vertretener – Vertreter (Innenverhältnis) Verhältnis Vertretener – Dritter (Außenverhältnis) Verhältnis Vertreter - Dritter

83 Abschlussvertreter § 55 HGB
(1) Die Vorschriften des § 54 finden auch Anwendung auf Handlungsbevollmächtigte, die Handelsvertreter sind oder die als Handlungsgehilfen damit betraut sind, außerhalb des Betriebes des Prinzipals Geschäfte in dessen Namen abzuschließen. (2) Die ihnen erteilte Vollmacht zum Abschluß von Geschäften bevollmächtigt sie nicht, abgeschlossene Verträge zu ändern, insbesondere Zahlungsfristen zu gewähren. (3) Zur Annahme von Zahlungen sind sie nur berechtigt, wenn sie dazu bevollmächtigt sind. (4) ...

84 Ladenvollmacht § 56 HGB Wer in einem Laden oder in einem offenen Warenlager angestellt ist, gilt als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen.

85 Apparent authority (Anscheinsvollmacht)
Der Vertretene hat durch eigene Erklärungen den Anschein erweckt, dass der Vertreter eine entsprechende Vollmacht hat. Der Dritte vertraut auf diesen Anschein.

86 The Ocean Frost [1986] AC 717 (HL)
Der Fall betraf einen Vertrag, demzufolge die Kläger (Dritte) das Schiff “The Ocean Frost” von der beklagten Firma (Vertretene) kaufen und für drei Jahre an sie zurückleasen sollten (sale and lease back). Ein Vizepräsident (Vertreter) der Beklagten, von einem Vermittler bestochen, behauptete wahrheitswidrig gegenüber den Dritten, dass er hierzu bevollmächtigt sei. Tatsächlich hatte er lediglich Vollmacht für einen entsprechenden Vertrag mit einer Laufzeit von einem Jahr. Vertreter und Dritte unterzeichneten zwei getrennte Verträge: einen mit einer dreijährigen Laufzeit und einen mit einer einjährigen. Der Vermittler hatte den Dritten gesagt, der einjährige Vertrag würde aus internen Gründen benötigt, und nur der andere Vertrag mit der dreijährigen Klausel sei von den Partein beabsichtigt. Die Vertretene erhielt nur eine Kopie des einjährigen, nicht aber des dreijährigen Vertrags.

87 Cass. plén , D. 1963, 277 Zusammenfassung von Kötz, Europäisches Vertragsrecht: „Es ging um einen Fall, in dem eine als Aktiengesellschaft organisierte Bank aus einer Bürgschaftserklärung in Anspruch genommen wurde, die allein von ihrem Vorstandsvorsitzenden unterzeichnet worden war. Die Bank verteidigte sich – was nach damaligem Recht noch zulässig war – mit dem Hinweis darauf, daß nach ihrer Satzung in einem solchen Fall die Unterschrift zweier Vorstandsmitglieder erforderlich gewesen wäre. Sie machte ferner geltend, daß die Satzung ordnungsgemäß veröffentlicht worden sei und ihr daher ein Verschulden nicht vorgeworfen werden könne.“

88 BGH , NJW 1998, 1854 Die Beklagte war ein Wirtschaftsberatungs- und Finanzbetreu-ungsunternehmen. Ihre Außendienstmitarbeiter vermittelten weisungswidrig Kapitalanlagen, die nicht im gültigen Produkt-plan der Beklagten enthalten waren. In diesem Fall ging es um Handelsgeschäfte mit Bankgarantien (SCL-Geschäfte, standard letters of credit). Die Beklagte hatte ursprünglich solche Geschäfte geduldet und einen darin besonders erfolgreichen Mitarbeiter, S, in einer internen Zeitschrift als „Finanzgenie von seltenen Gnaden“ gefeiert. Später wurde dieser Mitarbeiter abgemahnt und musste eine strafbewehrte Verpflichtungs-erklärung unterschreiben. Die Klägerin, die schon seit längerem über die Beklagte investierte, schloss nachfolgend mit B, einem anderen Außendienstmitarbeiter der Beklagten, ein SLC-Geschäft über DM , das über ein Treuhandkonto des abgemahnten Mitarbeiters S abgewickelt wurde. Das Geld wurde nie zurückgezahlt. Die Klägerin nahm die Beklagte in Anspruch.

89 BGH aaO: Die Beklagte genügte ihrer Sorgfaltspflicht auch nicht, als sie sich im Frühjahr 1993 darauf beschränkte, S. in seine Schran-ken zu weisen und allein darauf zu vertrauen, er werde sich künftig an seine Unterlassungsverpflichtung halten. ... Da S. als Führungskraft bei der Beklagten eingestuft war, mußte sich für die Beklagte - auch im Hinblick auf frühere Darstellungen seiner Qualitäten - aufdrängen, daß auch weitere Mitarbeiter in seinem Umfeld einbezogen und dementsprechend auf ihre Pflichten hin-zuweisen waren. Abgesehen davon, daß die Beklagte Altkunden, zu denen nach dem unwidersprochenen Vortrag auch die Kläger gehörten, informieren konnte, hätte sie zumindest ihre in Berlin tätigen Mitarbeiter unterrichten müssen, um sicherzustellen, daß der nach außen sichtbar gewordene Rechtsschein von S. oder anderen Mitarbeitern seiner Umgebung nicht aufrechterhal-ten, sondern wirksam beseitigt wurde (...). Eine solche Maßnah-me hätte aller Voraussicht nach dazu geführt, daß die Kläger das Anlagegeschäft nicht über den Mitarbeiter B. eingegangen wären.

90 Undisclosed Agency Im englischen Recht kann der Vertreter den Vertretenen grundsätzlich auch dann binden, wenn er das Vertretungsverhältnis nicht offenlegt. Historisch gibt es Bezüge zur englischen Doktrin der privity of contract, wonach Dritte keine Ansprüche aus Verträgen zwischen zwei anderen Parteien herleiten können. Das ist mittlerweile geändert worden durch den Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999

91 Undisclosed Agency Diplock LJ in Teheran-Europe Co Ltd v ST Belton (Tractors) Ltd [1968] 2 QB 545 (CA), at 555: “Where an agent has such actual authority and enters into a contract with another party intending to do so on behalf of his principal, it matters not whether he discloses to the other party the identity of his principal, or even that he is contracting on behalf of a principal at all, if the other party is willing or leads the agent to believe that he is willing to treat as a party to the contract anyone on whose behalf the agent may have been authorised to contract. In the case of an ordinary commercial contract such willingness of the other party may be assumed by the agent unless either the other party manifests his unwillingness or there are other circumstances which should lead the agent to realise that the other party was not so willing.”

92 Haftung des vollmachtlosen Vertreters
Auf Erfüllungsschaden: so grundsätzlich nach englischem Recht. In Frankreich und Deutschland nur, wenn der Vertreter den Mangel kannte. Auf Vertrauensschaden: nach französischem und deutschem Recht in den anderen Fällen, außer: Keine Haftung, wenn der Dritte den Mangel kannte oder kennen musste. Im französischen Recht grundsätzlich auch nicht, wenn der Vertreter dem Dritten „une suffisante connaisance de ses pouvoirs“ gegeben hat.

93 Anwendbares Recht Außenverhältnis und Innenverhältnis bestimmen sich nach allgemeinen vertragsrechtlichen Regeln. Problematisch ist die Bestimmung des auf die Vollmacht anwendbaren Rechts. Als Anknüpfungspunkte kommen insbesondere Wirkungsort, Gebrauchsort und Ort der Niederlassung des Vertreters in Betracht.

94 Haager Übereinkommen Haager Übereinkommen vom über das auf Vertreterverträge und die Stellvertretung anzuwendende Recht Nach Art. 14 ist bei der Rechtswahl des Vollmachtsstatuts die persönliche Zustimmung des Vertretenen erforderlich. Nach Art. 11 erfolgt die objektive Anknüpfung grundsätzlich am Geschäftssitz des Vertreters. Nach Art. 12 gilt stattdessen das Recht des Gebrauchsortes, wenn a) der Vertretene oder b) der Dritte dort seinen Geschäftssitz hat oder wenn c) der Vertreter dort an einer Börse oder bei einer Auktion gehandelt hat, oder wenn d) der Vertreter keinen Geschäftssitz hat; ist im letzten Fall der Vertreter beim Vertretenen angestellt beschäftigt, so gilt der Geschäftssitz des Vertretenen.

95 Gesetzverstoß Ein Vertrag kann wegen Gesetzesverstoß nichtig sein. Im französischen Recht fehlt dann eine Wirksamkeitsvoraussetzung (cause licite), im deutschen Recht lässt § 134 den Vertrag unwirksam werden, im englischen Recht ist dies ein Fall von „illegality“. Das ist regelmäßig der Fall, wenn beide Parteien gesetzeswidrig gehandelt haben, im englischen Recht aber nur, wenn die rechtswidrige Handlung zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehört (nemo auditur rule).

96 Illegality in Tinsley v Milligan
Tinsley v Milligan [1994] 1 AC 340 (HL). Die Parteien kauften gemeinschaftlich ein Haus, registrierten dies aber nur im Namen der Klägerin, damit die Beklagte betrügerisch Sozialhilfe in Anspruch nehmen konnte. Die Parteien trennten sich, die Klägerin zog aus und klagte auf Herausgabe der Wohnung. Der Erfolg der Klage hing nach der nemo auditur rule davon ab, ob die rechtswidrige Handlung zu den Tatsachen zählte, auf welche die Einrede der Beklagten sich stützte.

97 Einseitiger Gesetzesverstoß
BGH , NJW 1984, 230 = MLD case 29. Die Klägerin, eine Metallbaufirma, verlangte Zahlung für die Lieferung und den Einbau von Fenstern und Türen. Die Beklagte wandte ein, dass die Klägerin als Handwerksbetrieb nicht eingetragen war und mangels Handwerksmeister auch nicht hätte eingetragen werden können, und dass der Werkvertrag deshalb nichtig sei.

98 Der BGH führte aus: „Die Frage, ob verbotswidrige Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB nichtig sind, ist aus Sinn und Zweck der jeweiligen Verbots-vorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (...). Selbst die Tatsache, daß eine Handlung unter Strafe gestellt oder als Ordnungswidrigkeit mit Buße bedroht ist (...), bewirkt nicht unabweislich die Nichtigkeit des bürgerlichrechtlichen Geschäfts. Das gilt vor allem dann, wenn das Verbot nur eine der vertragsschließenden Parteien – wie hier die Kl. – betrifft; in der Regel ist ein solcher Vertrag gültig. In besonderen Fällen folgt die Nichtigkeit allerdings auch aus der Verletzung einsei-tiger Verbote, falls der Zweck des Gesetzes anders nicht zu erreichen ist ... Eine solche Ausnahme liegt beispielsweise vor, wenn das Verbotsgesetz gerade dem Schutz des einzelnen Verbrauchers und damit auch des jeweiligen Vertragspartners dient (...).

99 Einseitiger Gesetzesverstoß
St John Shipping Corp. v Joseph Rank Ltd [1957] 1 QB 267 (QBD) Ein Gesetz schrieb vor, dass Schiffe “shall not be so loaded as to submerge … the load line”. Das fragliche Schiff war bei der Ankunft überladen. Dem verantwortlichen master wurde dafür eine Geldstrafe auferlegt. Diese war aufgrund Inflation geringer als der mit der Überladung erzielte Gewinn. Die Beklagten, die mit dem Schiff hatten Waren befördern lassen, hielten vom vereinbarten Frachtentgelt eine Summe zurück, die dem Verhältnis zwischen tatsächlichem Gewicht der Ladung zur zulässigen Ladung entsprach.

100 Einseitiger Gesetzesverstoß
Cass.civ , Bull. Civ. I.105. Ein Gerichtsvollzieher vermittelte den Verkauf eines Grundstücks und erhielt dafür vereinbarungsgemäß vom Käufer einen Wechsel über FF Später wandte der Käufer gegen den Wechsel ein, dass es Gerichtsvollziehern gesetzlich verboten war, als Makler zu handeln.

101 Inhaltskontrolle bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Seit 1993 europaweit geregelt durch EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucher-verträgen. Umsetzung in: Großbritannien: durch die Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1999 Frankreich: durch Integrierung in Art. L. 132-I Code de la consommation Deutschland: durch Integrierung in §§ BGB

102 AGB: Abweichung von wesentlichen Grundgedanken
§ 307 BGB (1) ... (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

103 BGH , BGHZ 124, 254 Deutsche Banken hatten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften eingeführt, denen zufolge jede Auszahlung von Geld über die Geldautomaten der Bank eine Gebühr nach sich zog. Der Bundesgerichtshof befand, dies sei mit wesentlichen Grundgedanken des Bankvertrags nicht zu vereinbaren. Die Rückauszahlung des eingelegten Geldes sei eine der Hauptpflichten der Bank. Den Vorschriften des BGB über die Erfüllung einer Verbindlichkeit sei der wesentliche Grundgedanke zu entnehmen, dass der Schuldner für diese Erfüllung seiner Schuld keine Gebühr kassieren dürfe.

104 Cass.com , D 1997, 121 Ein Brief-Express-Dienst, der versprach, jedes Poststück spätestens am übernächsten Tag mittags abzuliefern, hatte in seinen AGB die Haftung dafür auf die Rückerstattung der Beförderungsgebühr beschränkt. Die Cour de Cassation befand, dass die Haftungsklausel die Hauptleistung gegenüber einem allgemeinen, billigeren Postbeförderungsvertrag so stark einschränkte, dass die Klausel als nicht geschrieben zu gelten habe – weil es sonst dem Vertrag an der „cause“ fehle.

105 Zwingende Vorschriften nach RömVÜ
Art. 7 (1) Bei Anwendung des Rechts eines bestimmten Staates auf Grund dieses Übereinkommens kann den zwingenden Bestimmungen des Rechts eines anderen Staates, mit dem der Sachverhalt eine enge Verbindung aufweist, Wirkung verliehen werden, soweit diese Bestimmungen nach dem Recht des letztgenannten Staates ohne Rücksicht darauf anzuwenden sind, welchem Recht der Vertrag unterliegt. Bei der Entscheidung, ob diesen zwingenden Bestimmungen Wirkung zu verleihen ist, sind ihre Natur und ihr Gegenstand sowie die Folgen zu berücksichtigen, die sich aus ihrer Anwendung oder ihrer Nichtanwendung ergeben. (2) Dieses Übereinkommen berührt nicht die Anwendung der nach dem Recht des Staates des angerufenen Gerichtes geltenden Bestimmungen, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.

106 Zwingende Vorschriften nach EGBGB
Artikel 34 EGBGB Zwingende Vorschriften Dieser Unterabschnitt berührt nicht die Anwendung der Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.

107 Ausländische Eingriffsnormen: Beispiele
BGH , BGHZ 59, 82 – nigerianisches Exportverbot für Kulturgüter BGH , NJW 1961, 882 – US-amerikanisches Exportverbot für Borax in kommunistische Staaten

108 Berücksichtigung nicht anwendbarer Eingriffsnormen
RG , RGZ 93, 182, 184 (trading with the enemy): „Die Beklagte hat sich darauf berufen, daß ihr infolge des engli-schen Handelsverbots die Erfüllung ihrer Kontrakte unmöglich geworden sei. In diesem Sinne hatte das Berufungsgericht die Wirkung des englischen Verbots auf die unter englischem Rechte stehende Beklagte zu prüfen; es konnte und durfte also die Augen vor dem Bestehen der Englischen ACT nicht verschließen. Und wenn es zu dem Ergebnis gelangt, daß das englische Gesetz mit seinen schweren Strafdrohungen, in Verbindung mit der strengen Zensur und den scharfen Kontrollmaßregeln der englischen Regierung, einen so starken Hinderungsgrund für die Erfüllung der Kontrakte dargestellt hat, daß … Unmöglichkeit der Erfüllung vorlag (…), so hat es das englische Gesetz nicht angewendet, sondern nur entschieden, ob dieses im Sinne des deutschen Rechts ein Hindernis für die Vertragserfüllung gebildet, eine tatsächliche Unmöglichkeit für sie geschaffen hat.“

109 Vertragskonforme Leistung
Re Moore & Co and Landauer & Co [1921] 2 QB 519 (CA). Ein Kaufvertrag über Dosen eingemachtes Obst sah vor, dass diese in Kisten zu je 30 Dosen zu verpacken waren. Tatsächlich wurde nur die Hälfte der Ware so angeliefert, während die andere Hälfte in Kisten mit je 24 Dosen verpackt war. In erster Instanz gab ein Schiedsgericht dem Verkäufer recht. Der Court of Appeal befand dagegen, dass der Käufer die Lieferung als nicht vertragskonform ablehnen durfte. LJ Scrutton führte aus, dass der Käufer die Ware möglicherweise zu denselben Bedingungen weiterverkauft hatte. Jedenfalls habe der Käufer einen Anspruch auf vertragskonforme Ware.

110 Art. 32 EGBGB Geltungsbereich des auf den Vertrag anzuwendenden Rechts
(1) Das nach den Artikeln 27 bis 30 und nach Artikel 33 Abs. 1 und 2 auf einen Vertrag anzuwendende Recht ist insbesondere maßgebend für 1. seine Auslegung, 2. die Erfüllung der durch ihn begründeten Verpflichtungen, ... (2) In bezug auf die Art und Weise der Erfüllung und die vom Gläubiger im Fall mangelhafter Erfüllung zu treffenden Maßnahmen ist das Recht des Staates, in dem die Erfüllung erfolgt, zu berücksichtigen. (3) ...

111 Leistungsstörungen Eine Leistungsstörung liegt, vor, wenn ein gültiger Vertrag nicht so wie vereinbart ausgeführt wird. 1. Eine vertraglich geschuldete Leistung kann nicht mehr erbracht werden – nachträgliche Unmöglichkeit, frustration, force majeure. 2. Einer Partei ist ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar – Geschäftsgrundlage, frustration, imprévision. 3. Eine vertraglich geschuldete Leistung wird zu spät oder gar nicht erbracht – Vertragsbruch (Verzug) 4. Es wird geleistet, aber nicht so wie vertraglich geschuldet – Vertragsbruch (Schlechtleistung).

112 Geschäftsgrundlage nach BGB
§ 313 Störung der Geschäftsgrundlage (1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags gewor-den sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hät-ten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt ge-schlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesonde-re der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Fest-halten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. (2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesent-liche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. (3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauer-schuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

113 Äquivalenzstörung: Imprévision
Cass.civ , Canal de Craponne, D I.93 Verträge von 1560 und 1567 gewährte das Recht zur Wasserentnahme aus einem Kanal für gegen einen fixierten Betrag. Dreihundert Jahre später war dieser Betrag völlig außer Verhältnis zu den Gestehungskosten. Die Cour de Cassation hielt an dem Vertrag fest. Anders der Conseil d‘État, , Gaz de Bordeaux, S

114 Äquivalenzstörung: Frustration
Staffordshire AHA v South Staffordshire Waterworks [1978] 1 WLR 1387 (CA) Ein Vertrag von 1929 gab einem Krankenhaus das Recht, täglich 5000 Gallonen Wasser umsonst und den weiteren Bedarf zu einem fixierten günstigen Betrag zu beziehen, “at all times hereafter”. Die Gestehungspreise für Wasser waren bis 1978 auf das 20-fache gestiegen. Der Court of Appeal wandte nicht die doctrine of frustration an, konstruierte aber im Wege der Auslegung ein Lösungsrecht für den Wasserlieferanten.

115 Äquivalenzstörung: Geschäftsgrundlage
RG (III. ZS), RGZ 100, 129. Ein gewerblicher Mietvertrag von 1917 sah feste Preise für die Lieferung von Wasserdampf vor. Infolge der Hyperinflation machten diese Preise 1919 einen verschwindend kleinen Bruchteil der Gestehungskosten aus. Das Reichsgericht passte in Analogie zur Unmöglichkeit nach Treu und Glauben den Preis an, hätte aber auch eine Lösung vom Vertrag gestattet. (Die Geschäftsgrundlage erwähnt das Reichsgericht selten, erstmals in RG (II. ZS), RGZ 103, 328, 332.)

116 Zweckverfehlung Krell v Henry [1903] 2 KB 740 (CA)
Der Beklagte hatte vom Kläger für £75 eine Wohnung in Pall Mall für den 26. und 27. Juni 1902 gemietet. An diesen Tagen sollten die Kröungsfeierlichkeiten für Edward VII stattfinden und dabei die Prozession auch durch Pall Mall ziehen. Nach Vertragsschluss wurden die Feierlichkeiten wegen Krankheit des Königs abgesagt. Der Court of Appeal wies die Zahlungsklage ab und befand, die doctrine of frustration sei anwendbar "to cases where the event which renders the contract incapable of performance is the cessation or non-existence of an express condition or state of things, going to the root of the contract, and essential to its performance.” (Vaughan Williams LJ)

117 Vertragliche Pflichten nach § 241 BGB
§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis (1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

118 Vertragliche Pflichten und Vertragsbruch
Hauptpflichten und Nebenpflichten Primärpflichten und Sekundärpflichten Erfolgspflichten und Sorgfaltspflichten (obligations de moyens und obligations de résultat) Wesentlicher und nicht wesentlicher Vertragsbruch

119 Verletzung vertraglicher Nebenpflichten
BGH , BGHZ 47, 312. Die Beklagte lieferte der klagenden Baufirma einen Zementmischer. Schon bei der zweiten Ladung band der Zement nicht richtig ab, mit der Folge, dass die Baufirma ihre Arbeit mit hohem Kostenaufwand wiederholen musste. Es stellte sich heraus, dass der Ventilator des Zementmischers durch Staub und Eis blockiert war. Die Wartungsanleitung zum Zementmischer enthielt keine Informationen zur Wartung des Ventilators und erwähnte auch nicht, dass bei niederen Temperaturen der Umgang mit dem Zementmischer ganz besondere Sorgfalt erforderte. Darin sah der BGH eine Verletzung einer Nebenpflicht und ließ die Beklagte dafür haften.

120 Verletzung vertraglicher Nebenpflichten
H. Parsons (Livestock) Ltd v Uttley Ingham & Co. Ltd [1978] QB 791 (CA) Die Klägerin betrieb eine Schweinezucht. Die Beklagte lieferte und installierte ein Silo für Futternüsse. Die Lüftungsklappe des Silos war für den Transport geschlossen und durch ein Versehen der Leute der Beklagten bei der Installation nicht wieder geöffnet worden. Das Silo war über 25 Meter hoch, und vom Boden aus ließ sich nicht feststellen, ob die Lüftungsklappe offen oder geschlossen war. Infolge mangelnder Lüftung schimmelten die Nüsse. Die Schweine erkrankten, woraufhin E-coli ausbrach und 254 Schweine starben.

121 Scarman LJ beschrieb die vertraglichen Pflichten in diesem Fall wie folgt:
“Accordingly, the contract included the following terms: (1) that the hopper would be suitable for the plaintiffs' requirements: an express term; (2) that the hopper would have a ventilated top: an express term; (3) that the hopper was of merchantable quality: an implied term under s 14(2) of the Sale of Goods Act 1893; and (4) that the hopper was reasonably fit for storing pig nuts to be fed to the plaintiffs' pigs: an implied term under s 14(1) of the 1893 Act.”

122 Erfolgspflicht oder Sorgfaltspflicht: § 276 BGB
§ 276 Verantwortlichkeit des Schuldners (1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung. (2) – (3) ...

123 Wesentlicher und nicht wesentlicher Vertragsbruch
Nach französischem Recht liegt ein wesentlicher Vertragsbruch, der zum Rücktritt berechtigt, nur vor, wenn nach Feststellung des Gerichts das wirtschaftliche Ziel des Vertrags nicht mehr erreicht werden kann. Das englische Recht überließ diese Frage weitgehend den Parteien, insbesondere ob der Bruch sich auf eine „condition“ oder „warranty“ bezog, hat sich aber mit der Einführung einer dritten Kategorie von „innominate Terms“ dem französischen Recht angenähert. Das deutsche Recht geht im neuen § 323 Abs. 5 S. 2 grundsätzlich davon aus, dass Vertragsverletzungen wesentlich sind und formuliert deshalb negativ: „Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.“

124 Wesentlicher Vertragsbruch im englischen Recht
Hong Kong Fir Shipping Co v Kawasaki Kishen Kaisha Ltd [1962] 2 QB 26 (CA) Der Fall betraf einen Chartervertrag, in dem als “condition” ausgemacht war, dass das Schiff seetauglich sein musste. Auf dem Schiff gab es eine Reihe von Problemen. Im Maschinenraum fehlte es an Personal, und das vorhandene Personal war nicht richtig ausgebildet und verursachte Maschinenschäden. Diese und andere Probleme wurden schließlich behoben. Mittlerweile waren Frachtpreise stark gefallen, und die Charterer wollten sich vom Vertrag lösen. Der Court of Appeal befand, dass unabhängig von der vertraglichen Einordnung von „seaworthiness“ dies ein sogenannter „innominate term“ sei.

125 In der Sache führte LJ Seller aus:
“It would be unthinkable that all the relatively trivial matters which have been held to be unseaworthiness could be regarded as conditions of the contract or conditions precedent to a charterer's liability and justify in themselves a cancellation or refusal to perform on the part of the charterer. If what is done or not done in breach of the contractual obligation does not make the performance a totally different performance of the contract from that intended by the parties, it is not so fundamental as to undermine the whole contract. Many existing conditions of unseaworthiness can be remedied by attention or repairs, many are intended to be rectified as the voyage proceeds, so that the vessel becomes seaworthy; and, as the judgment points out n(1), the breach of a shipowner's obligation to deliver a seaworthy vessel has not been held by itself to entitle a charterer to escape from the charterparty. The charterer may rightly terminate the engagement if the delay in remedying any breach is so long in fact, or likely to be so long in reasonable anticipation, that the commercial purpose of the contract would be frustrated.”

126 Leistung und specific performance
Das deutsche Recht sieht den Primäranspruch auf Leistung als grundsätzlichen Rechtsbehelf vor - § 241 (1) BGB. Der Code civil scheint in Art davon auszugehen, dass sich bei Nichterfüllung der Primäranspruch grundsätzlich in einen Sekundäranspruch auf Schadensersatz umwandelt. Die Praxis sieht aber ähnlich aus wie die deutsche. Im englischen Recht gibt es grundsätzlich keinen Erfüllungsanspruch. Ausgenommen sind Zahlungsansprüche, Spezies- und Grundstückskauf. Es steht im Ermessen des Gerichts, ob ausnahmsweise „specific performance“ angeordet wird.

127 Specific performance Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1997] 2 WLR 898 (HL). Die Klägerin betrieb ein Einkaufzentrum. Die Beklagte hatte sich verpflichtet, dort für die Laufzeit des Vertrags einen Supermarkt zu betreiben, wollte den defizitären Betrieb aber vorzeitig aufgeben. Die Klägerin verlangte Vertragsdurchführung.

128 Lord Hoffmann: Specific performance is traditionally regarded in English law as an exceptional remedy, as opposed to the common law damages to which a successful plaintiff is entitled as of right. There may have been some element of later rationalisation of an untidier history, but by the 19th century it was orthodox doctrine that the power to decree specific performance was part of the discretionary jurisdiction of the Court of Chancery to do justice in cases in which the remedies available at common law were inadequate. This is the basis of the general principle that specific performance will not be ordered when damages are an adequate remedy. By contrast, in countries with legal systems based on civil law, such as France, Germany and Scotland, the plaintiff is prima facie entitled to specific performance. The cases in which he is confined to a claim for damages are regarded as the exceptions. In practice, however, there is less difference between common law and civilian systems than these general statements might lead one to suppose.

129 It is true that the defendant has, by his own breach of contract, put himself in such an unfortunate position. But the purpose of the law of contract is not to punish wrongdoing but to satisfy the expectations of the party entitled to performance. A remedy which enables him to secure, in money terms, more than the performance due to him is unjust. From a wider perspective, it cannot be in the public interest for the courts to require someone to carry on business at a loss if there is any plausible alternative by which the other party can be given compensation. It is not only a waste of resources but yokes the parties together in a continuing hostile relationship. The order for specific performance prolongs the battle. If the defendant is ordered to run a business, its conduct becomes the subject of a flow of complaints, solicitors' letters and affidavits. This is wasteful for both parties and the legal system. An award of damages, on the other hand, brings the litigation to an end. The defendant pays damages, the forensic link between them is severed, they go their separate ways and the wounds of conflict can heal.

130 Leistungsanspruch nach französischem Recht
Art Cc: Toute obligation de faire ou de ne pas faire se résout en dommages et intérêts, en cas d’inexécution de la part du débiteur. Jede Verpflichtung zum Handeln oder Unterlassen verwandelt sich bei Nichterfüllung durch den Schuldner in einen Anspruch auf Schadensersatz. Cass.civ , JCP 1953.II.7677 Bei einem Spezieskauf wandte der Verkäufer ein, er könne die geschuldeten Waren nicht beschaffen. Der Tatrichter verurteilte den Verkäufer zur Lieferung gleichwertiger Waren. Der Verkäufer sah darin einen Verstoß gegen Art Cc. Die Cour de Cassation bestätigte das Urteil.

131 Leistungsanspruch nach deutschem Recht
BGH , BGHZ 96, 111 Bei der Ausführung eines Werkvertrags hatte der Unternehmer Türen und Fenstern mit einem K-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) von 3,8 eingebaut, während der Vertrag 2,4-2,6 vorsah. Der Kunde klagte auf Lieferung und Einbau von vertragskonformen Türen und Fenstern. Der Unternehmer wandte u.a. ein, dass die Kosten für diese Nachbesserung unverhältnismäßig hoch i.S.v. § 635 Abs. 3 BGB seien. Der BGH befand, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit seien die Kosten mit den längerfristigen Nutzen der Nachbesserung zu vergleichen. Lohnkosten seien dabei nicht zu berücksichtigen.

132 Rücktritt – ein Überblick nach § 323 BGB
§ 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung (1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten. (2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn 1. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, 2. der Schuldner die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt und der Gläubiger im Vertrag den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat oder 3. besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. (3(3) – (6) ...

133 Erfüllungsverweigerung nach deutschem Recht
BGH , BGHZ 11, 80 (Ouistreham) Bei einem Frachtvertrag weigerte sich die Beklagte trotz mehrmaliger Aufforderungen ausdrücklich, die vereinbarten Ladungen zur Verfügung zu stellen. Daraufhin erklärte die Klägerin den Vertrag für nicht erfüllt, zog das Schiff aus New York zurück und behielt sich Ansprüche auf Schadensersatz vor. Schließlich klagte sie auf Erstattung der Kosten für die vergeb-liche Reise nach New York. Nach §§ 569f HGB hätte die Klägerin zunächst eine Nachfrist setzen müssen. Der BGH befand, dass unter den gegebenen Umständen eine Nachfrist nicht erforderlich war. Dabei hob der BGH hervor, dass die Beklagte die Klägern mehrfach an nicht existierende Firmen verwiesen und wissentlich falsche Behauptungen über die Finanzierung des Frachtvertrags durch Banken gemacht habe. Nach Treu und Glauben sei unter diesen Umständen der Klägerin nicht zuzumuten gewesen, noch eine weitere Nachfrist zu stellen.

134 Anticipatory breach Avery v Bowden (1855) 5 E & B 714; (1856) 6 E.&B. 953 Ein Frachvertrag sah vor, dass das Schiff “Lebanon” nach Konstantinopel, von dort nach Odessa und anschließend nach Hull segeln sollte. Im Falle eines Kriegsausbruchs sollte das Schiff in Konstantinopel Fracht zu einer geringeren Rate aufnehmen. Die Vertreter der Beklagten in Konstantinopel hatten keine Fracht und drängten den Schiffsmaster, erst in Odessa Fracht aufzunehmen. Das Schiff kam am 11. März 1854 in Odessa an. Dort wurde ebenfalls keine Fracht angeboten. Am 1. April brach Krieg zwischen Großbritannien und Russland aus. Das Schiff segelte ohne Ladung zurück.

135 Lord Campbell CJ: … if the defendant, within the running days and before the declaration of war, had positively informed the captain of The "Lebanon" that no cargo had been provided or would be provided for him at Odessa, and that there was no use in his remaining there any longer, the captain might have treated this as a breach and renunciation of the contract; and thereupon, sailing away from Odessa, he might have loaded a cargo at a friendly port from another person; whereupon the plaintiff would have had a right to maintain an action on the charter party to recover damages equal to the loss he had sustained from the breach of contract on the part of the defendant. The language used by the defendant's agent before the declaration of war can hardly be considered as amounting to a renunciation of the contract: but, if it had been much stronger, we conceive that it could not be considered as constituting a cause of action after the captain still continued to insist upon having a cargo in fulfilment of the charter party.

136 Nachfrist: Überblick Nach deutschem und englischem Recht muss der Gläubiger dem säumigen Schuldner zunächst eine Nachfrist zur Erfüllung des Vertrags setzen. Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Nachfrist kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten. Das französischen Recht sieht in Art Cc eine Nachfrist nicht vor, wohl weil grundsätzlich nur das Gericht den Vertrag auflösen und dieser bis dahin noch erfüllt werden kann.

137 Nachfrist RG , RGZ 50, 255 Nachdem der Verkäufer von mehreren Ladungen Petroleum dem Käufer mitgeteilt hatte, dass er seine Zahlungen habe einstellen müssen, erkärte der Käufer Rücktritt vom Vertrag. Der Verkäufer bot Lieferung an und forderte den Käufer nachfolgend auf, innerhalb von drei Tagen Tankschiffe für die fälligen Lieferungen zur Verfügung zu stellen. Der Käufer beharrte darauf, dass der Vertrag nicht mehr bestehe. Der Verkäufer klagte auf Schadensersatz. Das Reichsgericht sah in der Zahlungsunfähigkeit von V keinen Grund für einen Rücktritt durch V und sprach dem Verkäufer ein Schadensersatzrecht aus § 326 (in der damaligen Fassung) zu. Dabei grenzte das RG § 326 BGB von Art Cc ab.

138 Making Time of the Essence
Behzadi v Shaftesbury Hotels Ltd [1992] Ch 1 (CA) Der Fall betraf einen Kaufvertrag über Grundstücke mit zwei Hotels. Die beklagten Verkäufer hatten gewisse Probleme dabei, beim Grundbuchamt (Land Registry) einen für den Eigentumsübergang erforderlichen Zwischenschritt herbeizuführen. Die klagende Käuferin setzte für diesen Zwischenschritt mit Briefen vom 23. und 30. August eine Frist bis zum 6. September, erklärte am 7. September Rücktritt vom Vertrag und verlangte ihre Anzahlung zurück.

139 Nourse LJ: Accepting that the vendor's solicitors could have applied more pressure on the Land Registry, could have made further inquiries of the mortgagee's solicitors and should have kept the purchaser's solicitors better informed, I nevertheless think that with the information which was available on 30 August it was unreasonable to require compliance within no more than seven days. The purchaser's solicitors had not themselves treated the matter as urgent before their letter of 10 August and on 30 August it could not reasonably have been thought that seven days was long enough to enable the vendor to be sure of resolving the difficulties with the Land Registry. Purchas LJ: The important matter is that the notice must in all the circumstances of the case give a reasonable opportunity for the other party to perform his part of the contract. However, one who elects to serve a notice immediately upon the breach of the contract will be well advised to be cautious in his selection of the period to be included in the notice before he reserves the right to repudiate.


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