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Die „neue“ Selbstanzeige Ein Überblick über die Möglichkeiten zur Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO seit dem 1.1.2015 Dr. Martin.

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1 Die „neue“ Selbstanzeige Ein Überblick über die Möglichkeiten zur Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO seit dem 1.1.2015 Dr. Martin Kemper Universität Köln, 8. Januar 2016

2 Einführung Die Selbstanzeige nach § 371 der Abgabenordnung (AO) stellt einen bemerkenswerten Bestandteil des in den §§ 369 ff. AO geregelten deutschen Steuerstrafrechts dar. Eine wirksame Selbstanzeige bewirkt für den Anzeigenerstatter einen persönlichen Strafaufhebungsgrund bei bereits beendeten Taten der Steuerhinterziehung. Die Regelung ist kompliziert und ihre Anwendung ist mit vielen „Fallstricken“ verbunden: Die rechtliche Beratung kann hier durchaus als „gefahrgeneigte Arbeit“ bezeichnet werden. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper2

3 Inhalt 1.Allgemeines 2.Entwicklung der Regelung 3.Voraussetzungen 4. Ausgewählte Einzelfragen 5. Fazit 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper3

4 1.Allgemeines 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper4

5 1. Allgemeines Die Selbstanzeige nach § 371 AO stellt eine wichtige Sonderregelung im Regelungssystem des deutschen Strafrechts dar. Aber nicht nur im Steuerrecht besteht die Möglichkeit, nach der Tatbeendigung noch Straffreiheit zu erlangen: So finden sich z.B. im Parteiengesetz (§ 31d Abs. 1 Satz 2 PartG) und einigen Vorschriften des StGB (wie in § 261 Abs. 9 und § 266a Abs. 6 StGB) spezielle Regelungen zur Erlangung von Straffreiheit (vgl. zu Einzelheiten in der BT-Drs. 17/14071 v. 24.6.2013, S. 6). Demnach ist die Selbstanzeige kein Fremdkörper im Gefüge des Strafrechts, dies auch, weil die Regelung seit vielen Jahren ein fester Bestandteil des deutschen Steuerverfahrensrechts ist. M.E. muss man sie zudem als Regulativ der erheblichen Mitwirkungspflichten betrachten, die das deutsche Steuerrecht seinen Steuerpflichtigen auferlegt. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper5

6 1. Allgemeines - Hintergründe Das Steuerrecht und insbesondere das Steuerstrafrecht weisen mit Blick auf die Begehung von Straftaten eine ganze Reihe von Besonderheiten auf, deren Kenntnis für die Problematik der Abgabe wirksamer Selbstanzeigen unerlässlich ist. Das sind insb: Abschnittsbesteuerung – ständig wiederholende Erklärungen; Selbstberechnung der Steuer aus verschiedenen Besteuerungsgrundlagen; Kompliziertes Steuerrecht, bei viel Steuerpflichtigen ist es fast unmöglich die zutreffende Einkommensteuer selbst auszurechnen; Vielzahl von Angaben; Voranmeldungsverfahren – elektronische Abgabe. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper6

7 1. Allgemeines - Hintergründe Steuerhinterziehung ist auch in Deutschland weiter ein Massenphänomen. Hohe Kriminalisierung! – Das ist nicht in allen Staaten so! Gründe: Hohe Steuerbelastung einzelner Steuerpflichtiger; gefühlte Doppelbelastung einzelner Steuern (z.B. Kapitalvermögen); Unternehmerische Gründe (z.B. wegen schwarzer Lohnzahlungen); eigene Unzufriedenheit mit dem Staat. Steuern hinterziehen auch Personen, die ansonsten nicht einmal bei rot über die Ampel gehen würden. Problematisch sind weiterhin alle Bargeschäfte! Vor allem im unternehmerischen Bereich auch zu Unrecht geltend gemachte Aufwendungen (i.d.R. privat veranlasst). 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper7

8 1. Allgemeines - Rechtfertigung Der Zweck der Selbstanzeige dürfte nach der vorwiegenden Auffassung in erster Linie in einem außerstrafrechtlichen bestehen, nämlich rein fiskalischen Erwägungen. Die fiskalische Ausrichtung des § 371 AO kommt wohl insbesondere in der Pflicht zur fristgemäßen Nachzahlung nach § 371 Abs. 3 AO zum Ausdruck. Tatsächlich ist die Frage nach dem Zweck der Selbstanzeige eher ein akademisches Problem, m.E. ist die Regelung aber aus verschiedenen Gründen unverzichtbar: Rückkehr in die Steuerehrlichkeit bei Abschnittsbesteuerung; „Brücke zur Steuerehrlichkeit“; Regulativ zu erheblichen Mitwirkungspflichten des Besteuerungsverfahrens; geringe „Schwelle“ des Strafrechts im Steuerecht (dem Grunde nach). 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper8

9 2.Entwicklung der Regelung 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper9

10 2. Entwicklung der Regelung § 371 AO ist mit Wirkung ab 1.1.1977 an die Stelle des § 395 AO a.F. getreten, mit dem er im Wesentlichen übereinstimmt. Diese Regelung ging auf den inhaltlich entsprechenden § 410 RAO (1931) zurück, der wiederum auf den § 374 RAO (1919) zurückzuführen war. Bereits vor diesen deutschlandweiten Kodifizierungen der Selbstanzeige sahen einzelne Vorschriften der deutschen Länder schon im 19. Jahrhundert die Möglichkeit einer Selbstanzeige im Steuer- und Abgabenrecht vor. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper10

11 2. Entwicklung der Regelung Die weitere Entwicklung des heutigen § 371 AO ist nur mit einem Blick auf die Hintergründe verständlich: Die (ersten) Bankermittlungen der neunziger Jahre hatten keinen Einfluss. Etwa ab dem Jahr 2009 rückte die Regelung dann aber verstärkt in das Blickfeld von Öffentlichkeit und Politik. Wegweisend war hier eine BGH Entscheidung vom 20.5.2010 (1 StR 577/09, DStR 2010, 1133): Abschaffung der Teilselbstanzeige, Vollständigkeitsgebot. Durch das SchwarzgeldBG (BGBl I 2011, 676) trat dann mit Wirkung ab dem 3.5 2011 die erste Neufassung des § 371 AO in Kraft, mit ihr wurde die Regelung erheblich verschärft (§ 398a AO!). Insb. hinsichtlich der Sperrtatbestände und der Anforderungen an die Vollständigkeit. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper11

12 2.Entwicklung der Regelung Auf Grund der erhebliche Zunahme der Selbstanzeigen (Ankauf Steuer-CDs) und einiger spektakulärer Selbstanzeigefälle geriet die Regelung wieder in die politische Diskussion. Z.B. in NRW betrugen die Selbstanzeigen im Jahr 2010 „5.299“, im Jahr 2013 „11.920“ und allein im ersten Halbjahr 2014 „16.511“; vgl. Landtag NRW, Drucks. 16/6531 (vgl. zu Bayern in der Drs. 17/5369 des Bay. Landtags; „…..2014 war das Rekordjahr für Selbstanzeigen“). Mit Wirkung zum 1.1.2015 durch Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2415) erfolgte eine weitere Verschärfung der Regelung, wobei zugleich einige Schwachstellen beseitigt wurden. Die „Verkomplizierung“ der Regelung ist schon leicht aus ihrem Umfang erkennbar: 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper12

13 2. Entwicklung der Regelung § 371 AO bis zum 2. Mai 2011 : (1) Wer in den Fällen des § 370 unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, wird insoweit straffrei. (2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn 1. vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung a) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder b) dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist oder 2. die Tat im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. (3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für einen an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, soweit er die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. (4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsgemäß erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend. § 371 AO bis zum 31.12.2014: (1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 AO bestraft. (2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn 1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung a) dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist oder b) dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist oder c) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder 2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste oder 3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 Euro je Tat übersteigt. (3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für einen an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. (4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsgemäß erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper13

14 2. Entwicklung der Regelung § 371 AO ab dem 1.1.2015: (1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen. (2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn 1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung a) dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des § 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, oder b) dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder c) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung, oder d) ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder e) ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des Einkommensteuergesetzes oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat oder 2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, 3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25 000 Euro je Tat übersteigt, oder 4. ein in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 5 genannter besonders schwerer Fall vorliegt. Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart. (2a) Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich. (3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Absatz 4 angerechnet werden, innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. In den Fällen des Absatzes 2a Satz 1 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die fristgerechte Entrichtung von Zinsen nach § 233a oder § 235 unerheblich ist. (4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsgemäß erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper14

15 2. Entwicklung der Regelung Im Ergebnis ist die Regelung der Selbstanzeige nicht nur deutlich umfangreicher, sondern vor allem komplizierter geworden. Die richtige Handhabung der geltenden Regelung kann im Einzelfall ausgesprochen schwierig sein. Die meisten Fehler sind „unverzeihbar“ (unheilbar)! Eine solche Selbstanzeige ist insgesamt unwirksam – evtl. aber Geständnis. Im Folgenden sollen - nach einem kurzen Blick auf die Voraussetzungen der Regelung – die in der praktischen Rechtsanwendung besonders problematischen Bestandteile der Selbstanzeige in einem Überblick betrachtet werden. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper15

16 3.Die Voraussetzungen 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper16

17 3. Die Voraussetzungen § 371 AO enthält eine Vielzahl von Tatbestandsmerkmalen. Die richtige Handhabung der Regelung setzt zunächst eine genaue Kenntnis des jeweils vorliegenden Sachverhalts voraus. Insb.: Welche Steuer ist in welchem Besteuerungszeitraum in welcher Höhe hinterzogen worden? Stichwort: Materiallieferung! Liegen Ausschlussgründe vor? Z.B.: Liegt eine Prüfungsanordnung vor? – wenn ja: wofür? 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper17

18 Die wesentlichen Voraussetzungen sind: Es muss eine Selbstanzeigeerklärung gegenüber dem Finanzamt vorliegen. Hieran schließen sich viele Einzelfragen an. Die Selbstanzeige muss inhaltlich für alle Besteuerungszeiträume und Steuerarten vollständig sein. Es darf kein Sperrtatbestand des § 371 Abs. 2 AO vorliegen. 8 Sperrtatbestände! I.d.R. müssen die hinterzogenen Steuern sowie die entstandenen Zinsen vollständig nachgezahlt werden (§ 371 Abs. 3 AO). Evtl. ist zusätzlich noch ein Zuschlag nach § 398a AO zu zahlen (kein Strafaufhebungsgrund, sondern nur Verfahrenseinstellung). Vgl. § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper18

19 4. Ausgewählte Einzelfragen 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper19

20 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot Zum Hintergrund der Problematik des Vollständigkeitsgebots sei zunächst darauf hingewiesen, dass früher die Möglichkeit einer wirksamen Teilselbstanzeige existierte. Die Selbstanzeige war „insoweit“ wirksam, wie sie inhaltlich reichte. Das ist bei der Neuregelung nicht möglich. Ist sie unrichtig, dann ist sie insgesamt unwirksam. Die Rechtsprechung lässt dabei eine maximale Unrichtigkeit von 5 % zu Lasten des Fiskus zu. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper20

21 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot Der Gesetzestext lautet hier: Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft (§ 371 Abs. 1 S. 1 AO). Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen (§ 371 Abs. 1 S. 2 AO). Neben dem Vollständigkeitsgebot ist insbesondere die Rückwirkung auf zehn Jahre bemerkenswert. Das ist Verlängerung der strafrechtlichen Verjährung durch die „Hintertür“. Verjährung Steuerhinterziehung: Strafrecht 5 Jahre / Steuerrecht 10 Jahre 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper21

22 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot Zur Verdeutlichung der Problematik des Vollständigkeitsgebots sollen zwei Beispiele dienen: (1) Der vermögende A unterliegt in Deutschland dem Spitzensteuersatz und hat vielfältige Einkünfte. Eines seiner Hobbys besteht darin, mit Wertpapieren zu spekulieren. Er unterhält zu diesem Zweck bei einer ausländischen Bank ein Konto mit einem (versteuerten) Anfangskapital von fünf Millionen Euro über das er online über fünf Jahre hinweg jeden Monat im Schnitt 50 Transaktionen vornimmt, insgesamt mithin circa 3.000 Transaktionen. Dabei sind erhebliche Spekulationsgewinne und geringe Zinserträge, aber auch beachtliche Verluste angefallen. Gegenüber dem deutschen Fiskus offenbart A dieses Konto nicht. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper22

23 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot (2) B ist Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer GmbH deren Geschäftsgegenstand der Heizungsbau und Sanitärinstallationen ist; er betreibt das Unternehmen selber mit zwei Angestellten. Immer wenn B alleine bei „Endverbrauchern“ tätig ist, bietet er diesen unter der Bedingung der Barzahlung und dem Verzicht auf den Erhalt einer Rechnung an, die Leistung ohne Rechnung billiger zu erbringen. Auf dieses Angebot gehen etwa die Hälfte seiner Kunden ein. B erfasst diese Einnahmen über viele Jahre hinweg nicht in seiner Buchhaltung und damit auch nicht in seinen Steuererklärungen; sonstige Aufzeichnungen existieren über diese Arbeiten nicht. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper23

24 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot Gemeinsam ist diesen beiden Fällen, dass eine zutreffende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (fast) nicht mehr möglich ist. Problem Erträgnisaufstellungen ausländischer Banken. Im Fall der Selbstanzeige muss der Steuerpflichtige daher seine Besteuerungsgrundlagen schätzen. Zwar ist eine Schätzung auch bei der Selbstanzeige zulässig, sie muss aber zutreffend sein (5 % Abweichung). Der Steuerpflichtige muss daher großzügig schätzen (Zahlungsfähigkeit!). Dennoch besteht hier immer das Risiko der genauen Nachprüfung durch die Finanzbehörde mit dem Ergebnis der Unrichtigkeit und der Folge der Unwirksamkeit der Selbstanzeige. Beraterhaftung! 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper24

25 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot - Verjährung Durch die Neufassung des § 371 Abs. 1 AO m.W.v. 1.1.2015 (BGBl I 2014, 2415) wollte der Gesetzgeber erreichen, dass die zehnjährige steuerliche Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auch im Rahmen der Selbstanzeige Anwendung findet. Da die strafrechtliche Verjährungsfrist nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB für Steuerhinterziehung nur fünf Jahre beträgt, bestand hier in der Tat eine gewisse Unausgewogenheit. Steuerpflichtige konnten theoretisch ihre Mitwirkung für die strafrechtlich verjährten Jahre verweigern, ohne dass dies Einfluss auf ihre Selbstanzeige hatte. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper25

26 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot - Verjährung Natürlich hätte hier die Möglichkeit bestanden, die strafrechtliche Verjährungsfrist auf zehn Jahre zu verlängern, dies hätte aber zu Unausgewogenheiten bei den strafrechtlichen Verjährungsfristen geführt. Der Gesetzgeber hat insoweit den durchaus klugen Ansatz gewählt, ohne Veränderung der strafrechtlichen Verjährungsfrist der Steuerhinterziehung einfach die Wirksamkeit der Selbstanzeige an die Erfüllung eines zehnjährigen Berichtigungszeitraums zu knüpfen (vgl. zur Gesetzesbegründung in der BT-Drs. 18/3018, S. 10f.) 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper26

27 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot - Verjährung Für die Berechnung der (fiktiven) Frist von zehn Jahren ist der Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige der Ausgangspunkt. Nicht ganz klar wird aus dieser Formulierung allerdings, wie diese zehn Kalenderjahre weiter zu berechnen sind; sind hier zehn Jahre rückwirkend vom Zeitpunkt der Erstattung der Selbstanzeige gemeint oder die letzten vollen zehn Kalenderjahre? M.E. ist der letzten Auffassung zu folgen, schon weil die andere Auffassung zum unterjährigen Fristbeginn führen würde; maßgebend sind demnach die letzten zehn zurückliegenden vollständigen Kalenderjahre. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper27

28 4.Ausgewählte Einzelfragen - Das Vollständigkeitsgebot - Verjährung Vielen Steuerpflichtigen wird es aber schwerfallen, etwa bei ausländischen Banken für derartig weit zurückliegende Zeiträume noch Unterlagen zu beschaffen. Dies wird in manchen Staaten schon daran scheitern, dass keine entsprechend lange Aufbewahrungszeiträume bestehen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die mit der Reform des § 371 AO gleichfalls neu eingeführte Regelung zum Beginn der Festsetzungsfrist bei bestimmten ausländischen Kapitalerträgen in § 170 Abs. 6 AO besonders kritisch zu sehen. Hier können durch den verspäteten Anlauf der Festsetzungsverjährung von bis zu maximal zehn Jahren bei Steuerhinterziehung Berichtigungszeiträume von über 20 Jahren entstehen. Immerhin ist die Wirksamkeit einer Selbstanzeige aber nicht an die vollständige Berichtigung der hinterzogenen Steuern für diesen Zeitraum geknüpft, denn § 370 Abs. 1 Satz 2 AO fordert „nur“ die vollständige Berichtigung von zehn Jahren. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper28

29 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände Die Möglichkeit des Eintritts der Straffreiheit für eine beendete Steuerhinterziehung durch die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige erfährt in dem zweiten Absatz des § 371 AO einige wichtige Einschränkungen; hier ist die sogenannte „Sperrwirkung“ geregelt. Hinsichtlich dieser Ausschlusstatbestände spricht man auch von den negativen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Selbstanzeige. Die Nutzung des »Instruments« der Selbstanzeige ist ohne Kenntnis der Sperrtatbestände „gefährlich“, weil eine Selbstanzeige auch beim Vorliegen aller Voraussetzungen des § 371 Abs. 1 AO schlicht unwirksam sein kann. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper29

30 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände Gemäß dem seit dem 1.1.2015 neu gefassten § 371 Abs. 2 Satz 1 AO tritt die Straffreiheit auf Grund einer erstatteten Selbstanzeige dann nicht ein, wenn alternativ einer der folgenden acht Sachverhalte vorliegt: 1. dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des § 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter ist eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung (Nr. 1a); 2. dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter ist die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden (Nr. 1b); 3. ein Amtsträger der Finanzbehörde ist zur steuerlichen Prüfung erschienen, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung (Nr. 1c); 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper30

31 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände 4. ein Amtsträger ist zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen (Nr. 1d); 5. ein Amtsträger der Finanzbehörde ist zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des Einkommensteuergesetzes oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen und hat sich ausgewiesen (Nr. 1e); 6. eine der Steuerstraftaten war im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt und der Täter wusste dies oder musste bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen (Nr. 2); 7. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil übersteigt einen Betrag von 25 000 Euro je Tat (Nr.3) oder 8. ein in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 5 genannter besonders schwerer Fall liegt vor (Nr. 4). 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper31

32 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände Anzumerken ist als erstes, dass mit der Neuregelung teilweise wieder die Abgabe einer wirksamen Teilselbstanzeige ermöglicht wurde. In § 371 Abs. 2 Satz 2 ist dazu geregelt: Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart. Demnach kann für solche Zeiträume und Steuerarten, die nicht Gegenstand einen Außenprüfung sind, auch während der Prüfung Selbstanzeige erstattet werden. Dadurch können natürlich Ungereimtheiten entstehen. Für Nachschau gilt das nicht! 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper32

33 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände Durch den (komplizierten) § 371 Abs. 2a AO ist eine „Unwucht“ der bisherigen Regelung (im Hinblick auf das Vollständigkeitsgebot) beseitigt worden. Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich. Damit wird die Problematik gelöst, dass im Voranmeldungsverfahren i.d.R. monatlich wiederholende Angaben zu machen sind, die häufig zu berichtigen sind. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper33

34 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände - Prüfungsanordnung Ein gutes Beispiel für die Problematik der neuen Sperrtatbestände ist die Nr. 1a des § 371 Abs. 2 S. 1 AO. Danach kommt es bei der angekündigten Außenprüfung nicht (mehr) auf das Erscheinen des Prüfers« mit dem Willen der Aufnahme der Prüfung bei dem Steuerpflichtigen an. Ausschlaggebend ist vielmehr die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung. Im Ergebnis ist der Eintritt der Sperrwirkung damit zeitlich deutlich vorverlagert worden. Aber: Prüfungsanordnungen werden in der Regel mit einfachem Brief bekannt gegeben. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper34

35 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände - Prüfungsanordnung Für den Zugang einer Prüfungsanordnung gilt dann aber die gesetzliche Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 AO. Danach gilt ein Verwaltungsakt unabhängig vom tatsächlichen Zugang drei Tage nach der Aufgabe zur Post als zugestellt. Findet das auch zugunsten des Steuerpflichtigen Anwendung? – Zugang nach einem Tag, dann Selbstanzeige. Was ist bei der praxisüblichen telefonischen Terminabsprache zum Beginn einer Prüfung? – m.E. grds. keine Sperrwirkung! Besonders problematisch dürfte die Rechtslage mit Blick auf die Selbstanzeige dann sein, wenn der Zugang der Prüfungsanordnung schlicht bestritten wird. Die Finanzbehörde hat hier i.d.R. keine Möglichkeit des Nachweises. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper35

36 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände Nach der Regelung des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO tritt Straffreiheit auch nicht ein, wenn die nach § 370 Abs. 1 AO verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25.000 Euro je Tat übersteigt. Der Gesetzgeber wollte mit dieser besonderen Bestimmung für große Hinterziehungsbeträge eine dem § 153a StPO nachempfundene Einstellungsvorschrift für den Anwendungsbereich der AO schaffen (BT-Drs. 17/5067, S. 20). Allerdings ist die »Straffreiheit« des Selbstanzeigenden nicht gänzlich ausgeschlossen; gesetztechnisch wurde hier in § 398a AO sozusagen eine „Hintertür“ geschaffen, deren „Öffnung“ allerdings mit der Bezahlung eines zusätzlichen Geldbetrags verbunden ist Hier bedarf es der Zahlung eines gestaffelten »Strafzuschlags« von 10 bis 20 Prozent, dann kann das Strafverfolgungshindernis des § 398a AO eingreifen. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper36

37 4.Ausgewählte Einzelfragen - Die Sperrtatbestände Auch diese Regelung wirft aber eine Vielzahl von Einzelfragen auf. So bezieht sich die Betragsgrenze auf die materiell-rechtliche Tat, die aus der Steuerart, dem Zeitraum und dem Steuerpflichtigen besteht; es erfolgt also – zugunsten des Täters – keine Addition der Hinterziehungsbeträge mehrerer Steuerarten oder Veranlagungszeiträume. Der Strafaufhebungsgrund des § 371 AO findet selbst dann keine Anwendung mehr, wenn die Summe von 25.000 € nur geringfügig – auch bei nur einem Euro – überschritten wird, es existiert keine Bagatelltoleranz. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper37

38 4.Ausgewählte Einzelfragen - Zahlungspflicht Von besonderer Bedeutung ist die die in § 371 Abs. 3 AO geregelte Verpflichtung zur fristgemäßen Nachzahlung der hinterzogenen Steuern: Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Absatz 4 angerechnet werden, innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. Die Zahlungsfähigkeit und –willgkeit ist unabdingbare Voraussetzung einer wirksamen Selbstanzeige (Zinsen!). Hinzukommen können noch die nach § 398a AO festzusetzenden Beträge! 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper38

39 5. Fazit 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper39

40 5.Fazit Die richtige Handhabung des aktuellen § 371 AO – mit dem Ziel der Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige - ist für alle Beteiligten mit vielen „Hürden“ verbunden. Hier bedarf es nicht nur der genauen Kenntnis der gesetzlichen Regelung sondern auch Wissen um viele Besonderheiten des Steuerrechts. Für den rechtlich ungeschulten Steuerpflichtigen ist die Abgabe einer richtigen Selbstanzeige daher ausgesprochen schwierig. Insbesondere bei den häufig notwendigen Schätzungen bestehen auch für den geschulten Rechtsanwender (Berater) erhebliche Unsicherheiten. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper40

41 5.Fazit M.E. kann die Bewertung der aktuellen Regelung in § 371 AO nur lauten, dass sie schlicht zu kompliziert ist. Hier fehlt es an der notwendigen Rechtsicherheit für die Steuerpflichtigen. Der deutsche Staat ist hier „sehr streng“ zu seinen Steuerpflichtigen. Nicht nur die Steuerbelastung ist hoch, auch der Weg zurück zur Steuerehrlichkeit ist schwer Ob dieser Weg richtig ist, ist Ansichtssache – letztlich stellt es eine Frage der Steuerpolitik dar. Fakt ist aber, dass niemand gerne Steuern zahlt und Steuerhinterziehung immer vorkommen wird. 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper41

42 Ende Vielen Dank für die Aufmerksamkeit 8. Januar 2016Dr. Martin Kemper42


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