Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts

Ähnliche Präsentationen


Präsentation zum Thema: "Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts"—  Präsentation transkript:

1 Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts
Universität Würzburg Prof. Dr. Andreas Nießeler

2 Didaktische Leitfragen
Was sind typisch kindliche Aneignungsweisen von Wirklichkeit? Wie ist das Verhältnis von Kind und Sache? Gibt es eine bestimmte Struktur der Sache? Wie ist die Beziehung des Sachunterrichts zur Lebenswelt? Was ist das Typische des Sachunterrichts?

3 Literaturempfehlung Joachim Kahlert, Maria Fölling-Albers, Margarete Götz, Andreas Hartinger, Dietmar von Reeken & Steffen Wittkowske (Hrsg.): Handbuch Didaktik des Sachunterrichts. Verlag Julius Klinkhardt. Bad Heilbrunn/Obb. 2007 Duncker, L. / Popp, W. (Hrsg.): Kind und Sache. Zur pädagogischen Grundlegung des Sachunterrichts. 4. Aufl. Weinheim / München 2004. Kahlert, Joachim: Der Sachunterricht und seine Didaktik. Bad Heilbrunn / Obb. 2. Aufl Kaiser, Astrid: Neue Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts. Baltmannsweiler 2006. Richter, Dagmar: Sachunterricht – Ziele und Inhalte. Ein Lehr- und Studienbuch zur Didaktik. Baltmannsweiler 2. Aufl Wagenschein, Martin / Banholzer, Agnes / Thiel, Siegfried: Kinder auf dem Wege zur Physik. Stuttgart 1973.

4

5 1. Bildungsfeld Sachlernen: Aufgaben und Ziele des Sachunterrichts

6 Richtlinien und Lehrpläne der BRD
Sachunterricht: Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Rheinland-Pfalz Heimat- und Sachkunde: Thüringen Heimat- und Sachunterricht: Bayern, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein Heimatkunde/Sachunterricht: Sachsen Sachkunde: Berlin Baden-Württemberg: Fächerverbund Mensch, Natur und Kultur, vormals Heimat- und Sachunterricht

7 Sachunterricht im internationalen Vergleich
Natur / teknik (Dänemark) Lebenskunde (Japan) Lernbereiche science / social studies (USA) Oriëntatie op jezelf en de wereld - Orientierung Ich und die Welt (Niederlande) Découvrir le monde / Éducation scientifique, Éducation civique (Frankreich) Einzelfächer: scienze, storia, geografia (Italien) Schottland, Griechenland: environmental studies (Umweltstudien) Österreich: Sachunterricht

8 Definition „Sachunterricht ist ein Kernfach der Grundschule, das den Kindern helfen soll, sich der Welt, in der sie leben, geistig zu bemächtigen und die von ihnen erlebte Welt sachlich fassbar zu machen“ (Köhnlein 1994, 262)

9 Aufklärung des gelebten Lebens und Erschließung der kindlichen Lebenswirklichkeit
Lehrplan für die Grundschulen in Bayern 2000 „ Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Grundschule umfasst die Aufgabe, Kindern die Welt, in der sie leben, d.h. die natürlichen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten und die sie umgebende Sachwelt zu erschließen.“

10

11 Theorien der Lebenswelt
Edmund Husserl: Transzendentales Bewusstsein Martin Heidegger: Das In-der-Welt-sein Alfred Schütz: Strukturen der Lebenswelt (Teilrealitäten) Peter Berger / Thomas Luckmann / Hansfried Kellner: alltagsweltlich gebundener Wissensvorrat

12 2.1. Weltdeutungsversuche von Kindern
2. Kind und Sache 2.1. Weltdeutungsversuche von Kindern

13 Subjektiver Erfahrungsgrund
Interpretationsmuster kindlichen Weltverstehens (nach Kay Spreckelsen: Wie Grundschulkinder physikalische Phänomene verstehen. In: Grundschule 10/1997) Animismus Täter-Tat-Schema Subjektiver Erfahrungsgrund Transduktives Verstehen (Verknüpfen mit bereits bekannten Phänomenen)

14 Martinus J. Langeveld: Das Ding in der Welt des Kindes
Martinus J. Langeveld: Das Ding in der Welt des Kindes. In: Studien zur Anthropologie des Kindes. Tübingen 1956 Vier Ebenen der Sinngebung 1. Die offene Sinngebung 2. Die unverbindliche Sinngebung 3. Die kreative Sinngebung 4. Die persönliche Sinngebung

15 Anthropologie = Lehre vom Menschen
Max Scheler: Der Mensch als weltoffenes Wesen Arnold Gehlen: Der Mensch als unspezialisiertes Mängelwesen Adolf Portmann: Der Mensch als normalisierte Frühgeburt Ernst Cassirer: Der Mensch als animal symbolicum

16 Ansätze und Ergebnisse der neueren Entwicklungspsychologie
schon der Säugling und das Kleinkind eignen sich aktiv-entdeckend Wirklichkeit an und formen erste Vorstellungen Entwicklung = Auseinandersetzung mit der Welt und mit sich selbst Wissen baut auf Wissen auf (Entfaltung von Wissensdomänen) Wissenserwerb = Interpretationsgenese (Wissensbildung)

17 2.2. Verstehen heißt (auch) Verändern
Der Conceptual-Change-Ansatz

18

19 Konstruktivistische Ansätze
Neurobiologie, Gehirnforschung (Maturana, Varela, G. Roth) Kognitionswissenschaft (Glasersfeld) Kybernetik (v. Foerster) Sozialwissenschaften (P. Heijl); Thomas Luckmann: Gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit Systemtheorie (Luhmann) Evolutionäre Kultur- und Erkenntnistheorie (Riedl)

20 Conceptual-change (Duit & Häußler 1997)
Die Lernenden müssen mit bereits vorhandenen Vorstellungen unzufrieden sein (dissatisfaction). Die neue Vorstellung muss logisch verständlich sein (intelligble). Sie muss einleuchtend sein (plausible). Sie muss fruchtbar sein und sich in neuen Situationen als erfolgreich erweisen (fruitful).

21 2.3. Kind- und Sachorientierung als grundlegende Parameter des Sachunterrichts

22 Aspekte der Kindorientierung
Vorläufer: „Pädagogik vom Kinde aus“ (Ellen Key, Maria Montessori, Berthold Otto) Personal begründete Individualisierung Entwicklungspsychologisch und kognitionspsychologisch begründete Differenzierung Anthropologisch begründete Aktivierung nach Kurt Meiers: Stand und Perspektiven des Sachunterrichts. In: M. Rauch: Schulbuchforschung als Unterrichtsforschung. Frankfurt am Main S

23 „Kinderforschung“ Frühe Entwicklungspsychologie (Bühler, Hetzer, Clara und William Stern, Piaget) Anthropologie des Kindes und der Schule: Langeveld (1956), neuerdings auch Duncker/Scheunpflug/Schultheis (2004) Geschichte der Kindheit (van den Berg 1956, Ariès 1960, de Mause 1977, Postman 1982) Soziologische Kindheitsforschung (Rolff/Zimmermann 1985/Fölling-Albers 1989 Phänomenologische Kinderforschung: Lippitz / Rittelmeyer (1989) „Kinderkulturen“: Duncker / Maurer / Schäfer (1990); Fatke (1994) Ethnographische Kinderforschung: Schäfer, Zinnecker, Scholz Jan Hendrik van den Berg: Metabletica. Über die Wandlung des Menschen (1956) Philippe Ariès: Geschichte der Kindheit (1960) Lloyd de Mause: Hört ihr die Kinder weinen? (1977) Hartmut von Hentig: Fernsehkindheit, Pädagogische Kindheit, Schulkindheit, Kinderkindheit, Stadtkindheit, Auflösung der Kleinfamilienkindheit Neil Postman: Das Verschwinden der Kindheit (1982) Michael-Sebastian Honig: Entwurf einer Theorie der Kindheit (1999) – Kindheit als Konstrukt 23

24 Formen der kindlichen Weltaneignung und Ausdrucksformen des Kinderlebens
In seinen Ausdrucksformen teilt sich das Kind „eher indirekt als direkt, eher verschlüsselt als offenbar, eher mehrdeutig als eindeutig, eher symbolisch als rational“ mit (Fatke 1994, 108) Malen und Zeichnen Erfinden von Phantasiegeschichten Sammeln und Ordnen „Basteln“ und Gestalten Spielerischer Umgang Wundern / Staunen / Fragen („Philosophieren“) Humor und Sprachwitz => Symbolisierung von Eindrücken = verdichten und verstehbar machen (individuelle Sinngebung)

25 Förderung von Formen eines „entdeckenden Lernens“
Beispiel einer kindorientierten Konzeption des Sachunterrichts: Das Nuffield Junior Science Project Plowden-Report 1967: „Das Kind ist der Mittelpunkt des Erziehungsprozesses.“ Englische Primarschulreform der er Jahre Individuell Interessen des Kindes besondere Qualität des kindlichen Denkens Schüler als Subjekte des Lernprozesses individuelle Lernwege (mit Umwegen, Irrwegen, Risiko des Scheiterns) Lehren = Unterstützung von Lernen Förderung von Formen eines „entdeckenden Lernens“

26 Komplementarität von Kind- und Sachorientierung (LP Bayern 2000)
Kindorientierung Entwicklungsstand des Kindes Kindliche Lebens- und Lernformen Themenaspekte aus der Lebenswirklichkeit emotionale und motivationale Dimensionen Erleben, Erfahren und Handeln Sachorientierung Aufzeigen inhaltlicher Strukturen Sachgemäßes methodisches Vorgehen Herstellen erster fachlicher Bezüge Vermittlung entsprechender Arbeitsweisen

27 Sach- und fachgemäße Arbeitsformen (Kahlert 2002, S. 216-219)
Ordnen – die Vielfalt von Eindrücken und Erfahrungen zweckmäßig strukturieren Beschaffen, Interpretieren und Bewerten von Informationen – sich systematisch kundig machen Gestalten von Informationen, Texten und Vorträgen – sich verständlich machen, Einfluss nehmen Gezielt Vermutungen prüfen – Experimente und technische Konstrukte planen, entwerfen und durchführen Aufgaben einteilen - Arbeiten planen

28 2.4. Naturwissenschaftliche Grundbildung – Scientific Literacy
Evaluation des Sachunterrichts

29 Scientific literacy Paul De Hart Hurd (1958) Bildungsmisere in den USA
dominierende Rolle der Naturwissenschaften in der Gesellschaft Forderung nach Wissenschaftsverständnis Bildungsmisere in den USA National Commission on Excellence in Education: „A Nation at Risk“ (1993) Schlechte Ergebnisse bei NAEP (National Assessment of Educational Progress) TIMSS (Third International Mathematics and Science Study)

30 Begründungszusammenhänge (nach Marquardt-Mau 2001)
Ökonomische Relevanz Individuelle Relevanz Kulturelle Relevanz Gesellschaftliche Relevanz Ökologische Relevanz Ziel: Naturwissenschaftliche Allgemeinbildung Scientific literacy for all

31 Naturwissenschaftliche Grundbildung im Sinne von Scientific Literacy (IGLU-E)

32

33 3. Wörter – Bilder – Sachen: Anfänge des Sachlernens

34 Klassische Bildung der septem artes liberales (Formalia und Realia)
Trivium (lingua): Grammatik, Rhetorik, Dialektik Quadrivium (artes reales): Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik Vorkurs der mittelalterlichen Universitäten „Artistenfakultäten“ und Philosophische Fakultäten

35 Der statische Bildungskanon des Mittelalters
„Diese Konstanz hatte auch ein statisches Welt- und Wissenschaftsverständnis zur Voraussetzung: Was der Mensch überhaupt wissen konnte, war – jedenfalls dem Prinzip nach – bekannt. Worauf es erzieherisch und unterrichtlich ankommen musste, war Einübung und Nachfolge.“ (Blankertz 1981, S. 14)

36 Der Beginn der Neuzeit Geschichtliche Ereignisse Entdeckung Amerikas
Erfindung des Buchdruckes Reformation Renaissance Bahnbrechende neue Kenntnisse Astronomie (Kopernikus, Tycho Brahe, Kepler, Galilei) Mechanik Medizin Botanik und Zoologie Geografie

37 Die Neuordnung des Wissens
Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben (Galilei) Baco von Verulam: Novum organon scientiarium (1620) Neues Wissen, das weder der Tradition verpflichtet ist noch auf metaphysischen Konzeptionen beruht. Wissen als Werkzeug (organon): Wissen ist Macht

38 Johann Amos Comenius (1592-1670)
geb in Mähren Studium der Theologie in Herborn und Heidelberg Lehrer und Rektor an der Lateinschule in Prerau Später Priester und Prediger 1632: Bischof der Brüder-Unität gest in Amsterdam Werke: Orbis sensualium pictus Didactica magna Das Labyrith der Welt Pampaedia – Allerziehung

39 Didaktische Prinzipien
Niemand dürfe wegen des Lernens geschlagen werden. Alles, was auswendig gelernt werden soll, muss den Schülern so klar vorgelegt werden, dass sie es wie ihre fünf Finger vor sich haben. Sooft als möglich ziehe man die sinnliche Wahrnehmung zu, damit alles sich leichter einprägt.

40 Prinzip der Anschauung:
„Der Anfang der Kenntnisse muss immer von den Sinnen ausgehen, denn nichts befindet sich in unserem Verstande, das nicht zuvor in einem der Sinne gewesen wäre; warum sollte also nicht die Lehre mit einer Betrachtung der wirklichen Dinge beginnen, statt mir ihrer Beschreibung durch Worte?“ Johann Amos Comenius: Didactica magna [1638], S. 137)

41 Pädagogische Grundsätze
omnes (alle Menschen) omnia (alles) omnino (im Blick auf das Ganze)

42

43 Realienunterricht in der Epoche der Aufklärung
Allgemein Befreiung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit Umfassendes System menschlichen Wissens Französische Enzyklopädisten (Voltaire, Diderot, D’Alembert) Neue Schulformen Real- und Fachschule Industrieschule Ecole polytechnique => Jahrhundert der Bildung

44 Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)
Werke: Emile oder über die Erziehung Abhandlung über den Ursprung und die Grundlage der Ungleichheit unter den Menschen Contrat social Julie oder die neue Heloise „Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen.“ => „Entdeckung“ der Kindheit => Situiertes und sinnvolles Lernen

45 Die Philanthropen Basedow, Salzmann, Campe, Trapp, Rochow und Iselin
Schulgründungen in Dessau und Schnepfenthal Pädagogische Innovationen Pragmatischer Realienunterricht Kindgemäßheit der Erziehung Bedeutung des Spiels Förderung der kindlichen Neugierde und Entdeckerfreude Kinder- und Jugendliteratur

46 Wiliam H. Kilpatrick: Projektmethode – Auflösung aller Curricula – Orientierung an individuellen Interessen – Projekt als „herzhaftes absichtsvolles Tun“ John Dewey: learning by doing – Erfahrung / Lernen = Problemlösen Deutsche Rezeption Reichwein / Kretschmann: Vorhaben Gaudig / Kerschensteiner: Arbeitsschule Dagmar Hänsel: „Wir wissen – dank Knoll – nun endlich, was die Projektmethode wirklich ist, nämlich eine Methode des praktischen Problemlösens …“ (Hänsel 1993, S. 65)

47 4. Prinzipien des Sachunterrichts
4.1. Handlungsorientierung

48 Bedeutung handlungsorientierter Aneignungsformen (nach Möller 1987)
Entwicklung des Kindes Effektives Lernen Ausbildung logischer, geistiger Operationen “Mediatisierung der Erfahrung” (Zimmermann / Rolff) Handlungsbegriff und Pragmatismus Materialistische Aneignungsmodelle Anthropologisch: Der Mensch als handelnd-kulturschaffendes Wesen

49 Merkmale handlungsorientierten Unterrichts (nach Popp 1998)
Mitverantwortung und Kooperation selbständige Organisation des eigenen Lern- und Arbeitsprozesses konkret-praktisches Tun (Probieren, Experimentieren, Konstruieren, Bauen, Gestalten, Produzieren) “ganzheitliche” Beteiligung mit allen Sinnen (vielfältige Organerfahrungen, Affekte, körperliche Widerstands- und Gegenstandserfahrung Selbstkontrolle und Selbstkorrektur Ordnen und Strukturieren kritische Reflexion Erfahrung eigener Ausdauer und Kompetenz, individueller Vorlieben und Schwächen

50 4.2. Lebensnähe und originale Begegnung

51 Dimensionen der Lebensnähe im SU (Kaiser 1997, 118)
Intentional/inhaltlich Bezug zur kindlichen Lebenswirklichkeit (heimatnah, situativ, interessenbezogen) Medial – Lernen an der Wirklichkeit Bereitstellung der Wirklichkeit Aufsuchen der Wirklichkeit Methodisch Lebendige Unterrichtsgestaltung Natürliches Lernen (Bewegung, Spiel) Organisatorisch Schule und Klassenzimmer als Lebensraum Schulleben als Lebensgemeinschaft

52 Prinzipien originalen Begegnung (Roth 1957)
Forderung nach möglichst lebensnahen Lernsituationen (vgl. Reichen 1991) „Fühlung“ (Wagenschein 1967) und „Weltaufmerksamkeit“ (Rumpf 1991) unstetige und überraschende Momente der Sachbegegnung zulassen (Bollnow 1959) „Die Menschen müssen soviel wie möglich ihre Weisheit nicht aus Büchern schöpfen, sondern aus Himmel und Erde, aus Eichen und Buchen, d.h., sie müssen die Dinge selbst kennen und erforschen und nicht nur fremde Beobachtungen und Zeugnisse darüber. Und das heißt wieder in die Fußstapfen der alten Weisen treten, wenn man die Kenntnis der Dinge nirgends anders her als aus dem Original (archetypus) selbst schöpft.“ (Comenius 1993 [1657], S.113)

53 Methoden (vgl. Nießeler 2007)
„Das Leben im Bienenstock oder im Ameisenhaufen, die Spinne, die ihr Netz baut, das Leben auf einem Quadratmeter Waldboden unter dem Laub oder einem Stein, der Wassertropfen unter dem Mikroskop, die Wirbel im Wasserstrom, die Flugkünste des Mauerseglers, der junge Vogel, der sich aus dem Ei zur Welt bringt u.ä.“ (Popp 1999, S.95). Erkunden und Erleben Beobachten und Betrachten Befragen Versuchen und Explorieren Sammeln

54 Außerschulische Lernorte (nach Keck & Feige 2001)
Zielsetzung Lebensnähe, konkrete Praxis, Ganzheitlichkeit des Lernens, („situiertes Lernen“) Strukturen des Lernens werden gefördert, die im Unterricht zu kurz kommen Förderung der Eigenaktivität durch neue Informations- und Beratungsformen Anbahnung neuer Kooperationen für die Schule (Aktivierung durch Kontakte mit Eltern, Behörden, Betrieben, Serviceinstitutionen wie Museum, Theater u.a.) Interaktionsformen / Lern-, Sozial- und Unterrichtsformen (Projekt-, Team- und Gruppenarbeit andere Zeitformen als 45-Minutentakt Vitrinen, Wandzeitungen etc. durch neue Sammlungsformen (Schulzoo, Workshops etc.) neue Erkundungsformen (Expertenbefragungen, Zeitzeugenerhebungen)

55 4.3. Problemorientierung und Erfahrung des Denkens:
Philosophieren mit Kindern

56 Philosophieren mit Kindern im Lernbereich Sachunterricht
Bundesland Zielsetzung Beispiele Baden-Württemberg „Die integrative Ausrichtung des Fächerverbundes gibt Schülerinnen und Schülern die Chance, sich als Erfinder, Künstler, Musiker, Dichter, Schriftsteller, Entdecker, Forscher und Philosophen einzubringen.“ (S. 96) Philosophieren „fördert das gegenseitige Zuhören sowie die Dialog- und Urteilsfähigkeit. Es setzt an bei den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler zu staunen und zu fragen und ermöglicht ihnen, Sinnfragen zu stellen und miteinander nach Antworten zu suchen 1./2.: „Gespräche und Darstellungen zu Sinnfragen“, „Nachdenken über Freundschaft und Liebe, Glück und Gerechtigkeit“ 3./4.: „Die eigene Endlichkeit, Sinnfragen, Lebensphasen, Tod“, „Fragen nach Endlichkeit und Unendlichkeit von Raum und Zeit“

57 Bundesland Zielsetzung Beispiele Hamburg
„Im Sachunterricht wird das kindliche Vermögen gefördert, zu staunen, zu fragen und den Dingen auf den Grund zu gehen.“ (S. 5) => Anregungen für Nachdenkgespräche Bsp.: Die technisch gestaltete Welt (3./4.) Kann das Leben der Menschen mit technischen Geräten besser gemacht werden? Wie wäre ein Leben ohne Technik? Kann eine Maschine denken? Wäre es denkbar, einen Menschen technisch herzustellen? Würdest du ihn von einem echten Menschen unterscheiden können? Ist es möglich, dass alles, was wir im Fernsehen sehen oder in der Zeitung lesen, nur erfunden ist? Gibt es Dinge in der Welt, die völlig unberührt von menschlichen Einflüssen sind?

58 Bundesland Zielsetzung Beispiele Bayern
„Heimat- und Sachunterricht lässt Raum zur Entfaltung von Neugierde und Kreativität, zum Sich-Einlassen auf Menschen, auf die Natur, auf Sachen. Die Schüler müssen Gelegenheit bekommen, über die Schönheit und Einzigartigkeit der Umwelt zu staunen und sich zu freuen, sollen aber auch Störungen und Zerstörungen spüren, erkennen und kritisch hinterfragen.“ Keine konkreten Beispiele, aber Anknüpfungspunkte innerhalb der Themenbereiche (z.B.) 1./2.: Zeit / Leben mit der Natur / Ich und meine Erfahrungen / Zusammenleben 3./4.: Sinnesleistungen (Sinnestäuschungen) / Medien / Zusammenleben / Leben mit der Natur / Vorstellungen von der eigenen Zukunft / Wir in der Welt – die Welt bei uns

59 Bundesland Zielsetzung Beispiele Mecklenburg-Vorpommern
ausgehend von kindlichen Frageinteressen, ihren emotionalen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Erfordernissen Hilfe zum besseren Verständnis von Welt und Orientierung 1./2.: Mit anderen SS gemeinsam lernen und die Freizeit gestalten Mit der Natur verantwortlich umgehen 3./4. Konfliktbewältigung und Auseinandersetzung mit Anderen Fernseh- und Computerwelten

60 Aussagen von Philosophen
Philosophie als Quelle der Belehrung und Anleitung zum rechten Leben und Sterben sowie als geistige Tradition (Epikur, Montaigne, Kant) Philosophie verdankt sich selbst metaphysischen Urerlebnissen in der Kindheit und kindlichen Fragen (Jaspers) Kindern wird die Fähigkeit zum Philosophieren abgesprochen bzw. es wird angeraten, sie von Philosophie fernzuhalten (Aristoteles, Schopenhauer)

61 Anfänge Fritz Gansberg: Die “wunderlichen” Fragen der Kinder (1911)
Herman Nohl: Die Philosophie in der Schule (1922) Leonard Nelson: Die sokratische Methode (1931) Matthew Lipman (ca. 1975): Wie Philosophie Schule macht Pixie Harry Stottlemeiers Discovery Gareth B. Matthews: Dialogues with children (1984)

62 Aktuelle Ansätze Hans-Ludwig Freese: Kinder sind Philosophen
Ausgangspunkt: Das kindliche Staunen und Sich-Wundern Thaumazein (Staunen) als Anfang der Philosophie Ernstnehmen von Kinderfragen Ekkehart Martens: Orientierung im Denken Vier Hauptwege Dialog-Handeln Begriffs-Bildung Sich-Wundern Aufklärung => Sich mit Kinder im Denken orientieren => eine Gesamtperspektive der Lebenswelt gewinnen (Kant: einen „Kompass“) Orientierung durch Selbstdenken Philosophieren als Basiskompetenz

63 Helmut Schreier: Gesprächskultur der Nachdenklichkeit
Schulpädagogische Konkretisierung einer dialogischen Pädagogik „Nachdenkliche Gespräche mit Kindern“ 1. Einspielen des Motivs 2. Durchspielen von Varianten 3. Wechsel von Engführung und Ausfaltung 4. Coda der Einheit Himmel, Erde und ich. Geschichten zum Nachdenken über den Sinn des Lebens, den Wert der Dinge und die Erkenntnis der Welt (1993)

64 Lern (-und Bildungschancen) nach Ragaller 2001, S. 211
Sachunterrichtliches Lernen wird nicht auf bloße Wissensaneignung reduziert. Es wird eine komplexe denkerische Herangehensweise kultiviert. Echte Entscheidungsspielräume werden geboten. Die Kinder können persönliche Sichtweisen und Wertungen in den Unterricht einbringen. Lehrer und Schüler lassen sich gemeinsam auf ein offenes Gespräch ein. Es findet ein Lernen ohne Belehrung statt.

65 Literaturhinweise Hans-Ludwig Freese: Kinder sind Philosophen. Weinheim und Berlin (3. Aufl.) 1990. Martens, Ekkehard: Sich im Denken orientieren. Philosophische Anfangsschritte mit Kindern. Hannover 1990. Helmut Schreier (Hg.): Nachdenken mit Kindern. Aus der Praxis der Kinderphilosophie in der Grundschule. Bad Heilbrunn 1999. Ludwig Duncker & Andreas Nießeler: Philosophieren im Sachunterricht. Imagination und Denken im Grundschulalter. Münster u.a Kerstin Michalik, Andreas Nießeler & Hans-Joachim Müller (Hg.) Philosophie als Bestandteil wissenschaftlicher Grundbildung? Möglichkeiten der Förderung des Wissenschaftsverständnisses in der Grundschule durch das Philosophieren mit Kindern. Münster

66 4.4. Vielperspektivität

67 Der vielperspektivische Sachunterricht
Vorläufer: - Martin Wagenschein ("Die beiden Monde") - Der Mehrperspektivische Unterricht Allgemein: Pluralismus der Lebensstile und Erkenntnismöglichkeiten Postmoderne: Vielfältigkeit, Pluralität „Mehrfachcodierung“ (W. Welsch) aber: Gefahr der Beliebigkeit (Neue Unübersichtlichkeit; Jürgen Habermas)

68 Mehrperspektivität als Prinzip der Allgemeinen Didaktik (Duncker 2005)
 „Gebildet sein heißt sich selbst und seine privaten Zwecke mit Abstand sehen können“ (Hans-Georg Gadamer) Überschreitung der Enge und Zufälligkeit des eigenen Erfahrungshorizontes angemessene Beurteilung einer Sache oder einer Situation Erschließung neuer Horizonte (Lernen) „Die Welt mit anderen Augen sehen“ (Plessner) Interkulturelle Aspekte: Aufeinandertreffen einer Vielfalt ethnischer und nationaler, religiöser und sprachlicher Unterschiede (Heterogenität)

69 Grundsätze vielperspektivischen Lernens
keine Beschränkung auf gewohnten Schulkanon Kerncurriculum und exemplarische Themenkomplexe Offenheit für Interessen, Denkweisen, Vorstellungen, Konzepte und Fragen der Kinder Freiheit im Umgang mit Unterrichtsinhalten Gesprächsmöglichkeiten und dialogisches Lernen

70 Eröffnung von vielfältigen Bezügen eines Inhaltes
Die didaktische Funktion der Vielperspektivität mit Blick auf lebensweltbezogene Dimensionen und fachlich ausgerichtete Perspektiven (nach Feige 2007, S ) Eröffnung von vielfältigen Bezügen eines Inhaltes Erschließen von unterschiedlichen Sichtweisen auf ein Ganzes Hilfe bei der Auswahl von Zielen und Inhalten des Sachunterrichts und damit bewusste Schwerpunktsetzung möglich Vermeidung inhaltlicher Einseitigkeiten und „Leitfächer“ wie Erdkunde oder Biologie Entfaltung der Vielperspektivität eines Inhaltes und Verweis auf dessen Ergiebigkeit Verdeutlichung des exemplarischen Potentials Produktives Verhältnis von Kind und Sache

71 Inhaltliche Potentiale: Beispiel der Wald. Nach: B
Inhaltliche Potentiale: Beispiel der Wald. Nach: B. Feige: Der Sachunterricht und seine Konzeptionen S. 109 Lebensweltliche Dimension: Spiel-, Erholungs- Freizeitraum; mystisch-magischer Ort in Märchen/Geschichten/Romanen; Persönlicher Naturbezug Historische Perspektive: Waldbau früher-heute; Entwicklung der Forstwirtschaft, Entwaldung Raumbezogene Perspektive: Geographische Dimension: Wälder im Landkreis, Waldgebiete in Deutschland, Wald und Klimazonen (z.B. Regenwald) Sozial- und Kulturwissenschaftliche Perspektive: Ökonomisch: Wald als Rohstoffreservoir, Tourismus, Besitzverhältnisse Gesellschaftlich: Regenerationsraum, Landschafts- und Artenschutz als gesellschaftliche Aufgabe, Waldsterben Naturbezogene Perspektive: Wasserkreislauf; Photosynthese, saure Böden; Stockwerke des Waldes, Wald als Lebensraum, Flora und Fauna des Waldes Technische Perspektive: Maschinen zum Holzeinschlag, (alternative) Waldbautechniken Ökologische Perspektive: Wald als Wasserspeicher, Sauerstofflieferant, Nachhaltigkeit

72 Der Perspektivrahmen der GDSU
Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektive Raumbezogene Perspektive Naturbezogene Perspektive Technische Perspektive Historische Perspektive

73 Voraussetzungen fruchtbaren Lernens (Köhnlein 1999)
Dominierende Faktoren für Lernprozesse Neugierde an den Dingen Orientierung am Gespräch und am argumentativen Dialog (dialogisches Lernen) Das Medium der Sprache


Herunterladen ppt "Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts"

Ähnliche Präsentationen


Google-Anzeigen