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Grundlagen und Grundfragen der Europäischen Integration

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Präsentation zum Thema: "Grundlagen und Grundfragen der Europäischen Integration"—  Präsentation transkript:

1 Grundlagen und Grundfragen der Europäischen Integration
Peter Reich Europarecht Hradec Králové 29. / 30. März 2001 Grundlagen und Grundfragen der Europäischen Integration

2 Grundlagen und Grundfragen der europäischen Integration
Geschichte, Organe der EG / der EU ; Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts und ihr Verhältnis zum innerstaatlichen Recht; Bedeutung des Europarechts für die Verwaltung I) Rechtsnatur der EU II) Entwicklung der EG / EU Mitglieder, Verträge, Wirtschaft Wesentliche Inhalte des Maastricht-Vertrages, des Amsterdamer Vertrages und des Vertrages von Nizza III) Organe der EU Aufgaben- und Kompetenzverteilung „Demokratische Fragen“ in diesem Zusammenhang

3 IV) Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts und Verhältnis zum
innerstaatlichen Recht (mit Beispielsfall) Überblick über primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht Zur innerstaatlichen Wirkung des Sekundärrechts (grundlegend) Speziell zu Richtlinien: - Mögliche unmittelbare Wirkung - Schadensersatzpflicht eines Mitgliedstaates bei Nicht- bzw. nicht rechtzeitiger Umsetzung - Richtlinienkonforme Auslegung des „nationalen Umsetzungs- rechts“ V) Rechtsschutz vor dem Europäischen Gerichtshof (Überblick über die Verfahren)

4 VI) Ausgewählte Bereiche des materiellen Gemeinschaftsrechts
(mit Beispielsfällen) Zur Personen- und Dienstleistungsfreiheit Freier Warenverkehr VII) Bedeutung des Europarechts für die Verwaltung (Wiederholung und Vertiefung dazu) In welchen Tätigkeitsbereichen der Verwaltung spielt das Europarecht eine Rolle ? Überblick zum Vollzug des Europarechts durch die Verwaltung - „Europa-rechtliche Pflichten des Verwaltungsbeamten

5 Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union
Voraussetzung eines Beitritts A] Europäischer Staat, Art.49 Abs.1 Satz 1 EU Marktwirtschaft, Art.4 Abs.1 EG Demokratie, Art.6 Abs.1 EU Fähigkeit zur Über-nahme des gemeinsa-men Besitzstandes (acquis communautaire) Achtung der Grund- bzw. Menschenrechte, Art.6 Abs.2 EU

6 Verfahren des Beitritts B]
gemeinschaftsrechtlich, Art.49 Abs.1 Satz 2 EU: Anhörung der Kommission Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmiger Beschluss des Ministerrats völkerrechtlich, Art.49 Abs.2 EU: Vertrag zwischen EU-Mitglied-staaten und antragstellendem Staat (Anpassung des Unionsrechts !) Ratifikation durch alle Vertragsstaaten Austritt bzw. Ausschluss C] aus der EU sind gemeinschafts- bzw. unionsrechtlich nicht geregelt !

7 Die Bevölkerung der EU 15 Mitgliedstaaten mit zusammen etwa 375 Millionen Einwohnern (1999)

8 Etappen der Europäischen Integration

9 Europäischer Binnenmarkt
Freier Warenverkehr Freier Personenverkehr Freier Dienst-leistungsverkehr Freier Kapitalverkehr Ziele der vier Grundfreiheiten: Liberalisierung und Harmonisierung durchwegs (ein einheitlicher Markt !)

10 Angleichung der Rechtsvorschriften Binnenmarktfreiheiten selbst
„Gemeinsamer Markt“ (s. insbes. Art. 2 EG) Einheitlichkeit nach außen (gemeinsamer Zolltarif, gemeinsame Handelspolitik ...) Freiheit nach innen Marktfreiheit Marktgleichheit Freier Wettbewerb Angleichung der Rechtsvorschriften (Art.94, Art.95 EG) Binnenmarktfreiheiten selbst (Art.28, Art.39, Art.43, Art.49, Art.56 EG) „Binnenmarkt“ (s. insbes. Art.14 EG)

11 Maastricht Vertrag (EUV)
- wesentlicher Inhalt - 3 Säulen (vgl. Art.1 Abs.3) EGV Art.11-28 Art.29-42 rechtliche Zuständig-keit „politisch“ (nicht integriert)

12 Außen- und Sicherheitspolitik
Die drei Säulen der Europäischen Union Europäische Union Die EG: Zollunion Binnenmarkt Landwirtschaft Handelspolitik Verbraucherschutz Gesundheitswesen Umweltpolitik Währungsunion ... Außen- und Sicherheitspolitik Polizei Menschenrechte Asyl Justiz- und Innenpolitik supranational (d.h. weitgehend vergemeinschaftet) intergouvernemental (nicht integriert) Regierungsvereinbarungen (nicht integriert, s. nun aber die neuen Art.61 f. EG)

13 Maastricht Vertrag (EUV)
- wesentlicher Inhalt - 3 Säulen (vgl. Art.1 Abs.3) EGV Art.11-28 Art.29-42 rechtliche Zuständig-keit „politisch“ (nicht integriert) Stärkung des Europäischen Parlaments ( erstmals Mitwirkung bei Gesetzgebung, Art.251 EG) Wirtschafts- und Währungsunion Art.4, Art.8 und Art.98 f. EG Neue Zuständig-keiten der EG (insbesondere Kultur-, Sozialpolitik, aber auch Umwelt, Forschung, Gesundheitswesen ...) Unionsbürger-schaft Art.17 f. EG ( Wahlrecht; freier Aufenthalt)

14 Einige begriffliche Fragen zu den Europaverträgen
Gründungsverträge: Montanunion bzw. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, 1951), Euratom bzw. Europäische Atomgemeinschaft und Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EAG und EWG, 1957) Unionsvertrag (Maastricht) EUV, 1992  machte aus dem EWGV den EGV und hat auch eigenständige Bedeutung EGKSV und EAGV gelten „daneben“ weiter (geringe Bedeutung heute) Daher und wegen der Supranationalität einzig der ersten Säule der EU sind auch folgende Begriffe nach wie vor richtig: die „Gemeinschaft“ bzw. die „Gemeinschaften“; das „Gemeinschaftsrecht“ oder „EG-Recht“

15 Wesentliche inhaltliche Änderungen und Erweiterungen des EG- und des EU-Vertrags durch den
Amsterdamer Vertrag Grundprinzipien und Grundrechte Institutionelle Änderungen Außen- und Sicherheitspolitik Politik „für den Bürger“ Justiz und Inneres Flexibilität der weiteren Integration

16 Die Mitglieder der EU EU-Mitglied
EU-Kandidat in Beitrittsverhandlungen EU-Kandidat nicht in Beitrittsverhandlungen

17 - für die Erweiterung wichtige institutionelle Änderungen -
Vertrag von Nizza* - für die Erweiterung wichtige institutionelle Änderungen - Kommission Ab 2005 Verzicht der „Großen“ auf 2. Kommissar zu Gunsten der Beitrittskandidaten Anzahl der Kommissare darf bis 27 ansteigen erst danach Rotations-system (mit einer Anzahl unter 27 !  wird vom Rat festgelegt) Rat Qualifizierte Mehrheits-entscheidungen kommen zu Stande, wenn 1. der Beschluss ca. 71% der - neu (s. Extrafolie) - gewichteten Stimmen erhält 2. diese Mehrheit min-destens 62% der Gesamt-bevölkerung umfasst sowie 3. die Mehrheit der Mit-gliedstaaten zustimmt. Parlament Maximal 732 Sitze (siehe Extrafolie zur neuen Sitzverteilung) Nebenorgane (AdR, Wirtschafts- und Sozialausschuss) Jeweilige Mitgliederzahl der Beitrittskandidaten: (Mitgliedstaaten unverändert) PL RO 15 CR 12 H BG 12 SK LT LV 7 SLO 7 EST 7 CY 6 M * im Februar 2001 unterzeichnet; in den MS ratifiziert in voraussichtlich 1 1/2 bis 2 Jahren

18 Treaty of Nice / Vertrag von Nizza
Council / Rat (Weighting of votes / Stimmgewichtung) Parliament / Parlament (seats / Sitzverteilung) Member States / Mitgliedstaaten

19 Organe der Europäischen Union
(vgl. auch Art. 7 EGV) - Überblick - (Politische Grundsatzent-scheidungen) Wesentliche (auch rechtliche) Integrations-aufgaben Kontrolle ... Beratung ( Neben-organe)

20 Das Europäische Parlament
Wahl auf fünf Jahre durch die Bürger der EU

21 Die Europäische Kommission
Wesentliche Aufgaben Vorschläge (Gesetzesinitiative) zur Weiterentwicklung der Gemeinschaftspolitik „MOTOR“ Kontrolle über Einhaltung und richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts „WÄCHTER“ Verwaltung und Durchführung der Gemeinschaftsvorschriften (insbesondere im Wettbewerbs- und Beihilferecht) „EXEKUTIVE“

22 Rat der Europäischen Union
(Ministerrat) Zentrales Beschluss- und Lenkungsorgan der Europäischen Union besteht aus Ministern der Mitgliedstaaten in wechselnder fachlicher Zusammensetzung je nach dem Gegenstand der Beratungen Ratspräsident-schaft vgl. Art.203 Abs.2 EG und Beschluss dazu wechselt halbjährlich zwischen den EU-Mitgliedstaaten Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten Stimmengewicht (Art.205 Abs.2 EG) bei Beschlüssen, die eine qualifizierte Mehrheit, d.h. mindestens 62 von 87 Stimmen, erfordern Generalsekretariat (Brüssel)

23 Der Europäische Gerichtshof
Sitz: Luxemburg Gerichtshof (vgl. zu den Aufgaben des Gerichtshofs nachfolgende Übersicht) Präsident (Art.221 EG) General-anwälte (Art.222 EG) Unter- stützung Die nationalen Regierungen der Europäischen Union ernennen 15 Richter und 8 (9) Generalanwälte einvernehmlich auf 6 Jahre (Art.223 EG) 6 Kammern mit je 3-7 Richtern Gericht Erster Instanz (Art.225 EG) Zuständig u.a. für Streitsachen zwischen der EU und ihren Bediensteten, für Wettbewerbs-verfahren und für direkte Klagen von Bürgern oder Unternehmen gegen Organe der EU

24 Überblick über die Aufgaben der 3 EU-Organe:
Kommission Rat Parlament („Regierung“) („Gesetzgeber“) („Berater, Kontrolleur, Mitgesetzgeber ...“) Initiativmonopol (s. Art Art.252 EG) Kontrolle über Einhaltung des Gemeinschaftsrechts (vgl. dazu Art.226 EG) Rechtsetzung (wenn vom Rat dazu ermächtigt, Art.211 EG) Außenbeziehungen, laufende Geschäfte Rechtsetzung Vertragsänderung, Beitritt (Art.48 und Art.49 EU) Koordination Art.202 EG Kontrolle über die Kommission z.B. Art.216 EG Beratung (z.B. Art.37 Abs.2 Unterabs.3 EG) Kontrolle (z.B. Art.201 EG: Miss-trauensvotum gegenüber Kommission) Rechtsetzung  im Haushaltsbereich, vgl. Art.272 EG  im Verfahren der „Mit-wirkung“ (vgl. Art.251 EG) Klagerecht zum EuGH (vgl. Art.230 Abs.3 EG)

25 Rechtsetzungsverfahren  zunehmender Einfluss des Parlaments
- Beteiligungsformen des Europäischen Parlaments und deren jeweilige Anwendungsbereiche - 4 Verfahrensarten Anhörung („herkömmlich“, Art.250 EG) Art.94 EG (Harmonisierung des Gemeinsamen Marktes); Art.37 Abs.2 EG (Agrarpolitik); Art.157 Abs.3 EG (Industriepolitik) Zusammenarbeit (Art.252 EG) nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags nur noch geringe Bedeutung: u.a. bei Art.103 Abs.2, Art.106 Abs.2 EG Mitentscheidung (Art.251 EG) = Regelverfahren insbesondere bei: Art.40 EG (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) Art.44 EG (Niederlassungsfrei-heit) Art.153 EG (Verbraucherschutz) Art.95 EG (Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarktes) Art.175 EG (Umweltschutz) Zustimmung (nicht ausdrücklich geregelt) u.a. bei: Art.18 Abs.2 EG (Freizügigkeit der Unionsbürger) Art.190 Abs.4 EG (Wahlverfahren zum EP) Art.214 Abs.2 EG (Ernennung der Mitglieder der Kommission)  zunehmender Einfluss des Parlaments

26 Zuständigkeiten der Gemeinschaft
A] Ausgangspunkt: Kein Kompetenzverteilungskatalog wie etwa im - deutschen - Grundgesetz (vgl. dort Art.70 ff) B] Kompetenz - Grenzen der Rechtsetzung der Gemeinschaft Art.5 Abs.1 EG (Prinzip der begrenzten Ermächtigung) d.h. zuständig nur innerhalb der Grenzen der im EG-Vertrag zugewiesenen Befugnisse Art.5 Abs.2 EG (Subsidiaritätsprinzip) d.h. zuständig nur, wenn die Ziele der anvisierten Maßnahmen von den Mitgliedstaaten selbst nicht optimal erreicht werden können z.B. Art.47 Abs.1, Art.175 EG (zur Tätigkeit auf einem bestimmten Gebiet); aber auch etwa Art.95 Abs.1 EG („offene, dynamische“ Kompetenznorm); überdies: Lehre von den „implied powers“ (= Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs) sowie Generalermächtigung des Art.308 EG ! (?) aber: ausschließliche Zuständigkeiten davon ausgenommen ! nach der Rechtsprechung des EuGH sind dies die gemeinsame Handelspolitik die Fischereipolitik die Festlegung des gemeinsamen Zolltarifs die Beihilfenaufsicht sowie Bereiche, in welchen die Gemeinschaft bereits - in vollem Umfang - von ihren Handlungsbefugnissen Gebrauch gemacht hat, wie z.B. bei der Landwirt-schaftspolitik (Abgrenzung ist äußerst unklar !)

27 Ziele und Tätigkeitsbereiche der EG
Ziele (Art.2 EG) Harmonische ... Entwicklung des Wirtschaftslebens Umweltverträg-liches Wachstum (ohne Inflation) Konvergenz der Wirtschafts-leistungen Hohes Beschäf-tigungsniveau Hohe Lebensqualität Sozialer Schutz Wirtschaftliche und soziale Solidarität

28 Ziele und Tätigkeitsbereiche der EG
Mittel (zum Erreichen der Ziele) Errichtung eines Gemeinsamen Marktes Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion Politik und Maßnahmen gem. Art.3, 4 EG (= Tätigkeitsbe-reiche der EG)

29 Primäres Gemeinschaftsrecht Sekundäres Gemeinschaftsrecht
Quellen des EG-Rechts - Überblick - Primäres Gemeinschaftsrecht Sekundäres Gemeinschaftsrecht Gründungs-verträge (EGKSV, EWGV, EAGV sowie EUV) für Organe der EU und für Mitglied-staaten (MS) verbindlich; z.T. aber auch unmittelbar geltend für Individuen (z.B. Art.28, Art.39 EG) Allgemeine Rechts-grundsätze (vom EuGH entwickelt): insbesondere Grundrechte (an EMRK orientiert !) Verpflichtete: primär die Organe der EU (vgl. Art.249 EG) Verordnung für alle MS und für Bürger unmittelbar verbindlich Richtlinie alle oder bestimmte MS an vorgegebenes Ziel gebunden (aber: aus-nahmsweise unmittelbare Wirkung in MS) Entscheidung für bestimmte MS oder bestimmte Personen unmittelbar verbindlich (= daher Ver-waltungsakt !) Empfehlung / Stellung-nahme auch für die jeweiligen Adressaten unverbindlich

30 Beispielsfälle Fall 1 (Steuerbefreiung)
Die Kreditvermittlerin Frau Becker aus M. erhält im Herbst 1999 Kenntnis von einer am in Kraft getretenen Richtlinie des Rates der EG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - gemeinsames Mehrwertsteuersys-tem). Die Richtlinie sieht in Art.13 die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze aus der Vermittlung von Krediten vor. In Art.20 gewährt die Richtlinie den Mitgliedstaaten eine Frist zur Umsetzung in nationales Recht von 18 Monaten. Frau Becker beantragt beim zuständigen Finanzamt Steuerbefreiung für ihre im Jahre 2000 erzielten Um-sätze. Dieses lehnt den Antrag unter Berufung auf das deutsche Umsatzsteuerrecht ab, welches in der Tat für die Vermittlung von Krediten die Umsatzsteuerpflicht vorsieht. Eine Umsetzung der Richtlinie sei noch nicht erfolgt. 1) Ist die Ablehnung der Steuerbefreiung rechtmäßig ? 2) Wie wäre es, wenn es sich nicht um eine Richtlinie, sondern um eine Verordnung des EG-Ministerrats handeln würde ? 3) Im Jahre 2001 stellt Frau Becker erneut einen Antrag auf Steuerbefreiung für die im laufenden Jahr erzielten Umsätze. Die Richtlinie wurde bisher noch (immer) nicht in deutsches Recht umgesetzt. Darf das Finanzamt den Antrag ablehnen ?

31 Lösungshinweise zu den Beispielsfällen
Fall 1 (Steuerbefreiung) 1) Die Ablehnung der Steuerbefreiung ist ein belastender VA, der sich aus dem deutschen Umsatzsteuer-gesetz rechtfertigt wäre aber dann rechtswidrig, wenn das Gesetz durch die Richtlinie „verdrängt“ worden wäre  dies ist aber nicht der Fall, da - sich die Richtlinie an den MS Deutschland richtet ... (Art.249 Abs.3 EG), diese also erst in nationales Recht umgesetzt werden muss und - die Frist für die Umsetzung noch nicht abgelaufen ist (s. insoweit insbes. Frage 3) Ergebnis: Die Ablehnung ist rechtmäßig, da das Umsatzsteuergesetz (noch) wirksam ist 2) Der Verordnung kommt von Anfang an unmittelbareWirkung zu (vgl. Art.249 Abs.2 EG: „allgemeine Geltung“) da solchem verbindlichen sekundären Gemeinschaftsrecht Vorrang vor einfachem innerstaatlichen Recht (Gesetze, Verordnungen ...) zukommt, hat hier die Verordnung der EG anderslautende Bestimmungen des nationalen Rechts verdrängt  daher ist die Ablehnung der Steuerbefreiung rechtswidrig

32 Lösungshinweise zu den Beispielsfällen
Fall 1 (Steuerbefreiung) 3) Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen Art.249 Abs.3, Art.10 Abs.1 EG  Folge zunächst: Aufsichtsklage der Kommission gem. Art.226 EG möglich - überdies kann sich Frau Becker 2001 auf die Richtlinie berufen ! Voraussetzung für deren unmittelbare Wirkung (EuGH-Rechtsprechung): - Umsetzungsfrist abgelaufen - Richtlinie belastet Bürger nicht - die konkret in Frage stehende Regelung muss so hinreichend genau formuliert sein, dass daraus unmittelbar Rechte - des Einzelnen gegenüber Hoheitsträgern - abgeleitet werden können  all dies ist hier erfüllt (die Umsätze aus der Vermittlung von Krediten sind von der Umsatzsteuerpflicht befreit oder eben nicht ... !) daher muss das Finanzamt dem Antrag stattgeben

33 Einwirkung des Europarechts auf das nationale Recht
A] Primärrecht Gesetzgeber muss Sperrwirkung von ausschließlichen Gemeinschaftskompetenzen beachten (vgl. dazu Art.5 Abs.2 EG) Unmittelbar anwendbare Normen des EGV (insbesondere Diskriminierungs-verbot, Grundfreiheiten und Art.141 EG) verpflichten Verwaltung und Gerichte wie nationales Recht (evtl. Ansprüche von Bürgern daraus) B] Sekundärrecht I) Verordnungen sind mit Erlass innerstaatlich unmittelbar verbindlich (Art.249 Abs.2 EG) - Geltung wie nationale Gesetze II) Entscheidungen, die an Mitgliedstaaten adressiert sind, können unmittelbare Drittwirkung haben (d.h. ein Anspruch des Bürgers kann daraus fließen)

34 Einwirkung des Europarechts auf das nationale Recht
III) Richtlinien vor Ablauf der Umsetzungsfrist keine inner-staatliche Wirkung („nur“ Umsetzungsver-pflichtung des MS, Art.249 Abs.3 EG) nach Ablauf der Umsetzungsfrist - durch MS nicht ordnungsgemäß umgesetzt nicht umgesetzt umgesetzt evtl. richt-linienkon-forme Aus-legung möglich (?) wenn Aus-legung nicht möglich: Folgen wie bei Nicht-umsetzung richtlinien-konforme Auslegung des nationalen Rechts evtl. unmit-telbar wirksam (nach EuGH dann, wenn RL-Vorschrift ein inhaltlich unbedingtes Ziel festlegt ein hinreichend bestimmtes Recht des Einzelnen gewährt und keine Belastung eines Einzelnen enthält) - aber: keine Wirkung zwischen Privaten (also nur vertikal, nicht horizontal) evtl. Schadener-satzpflicht des MS gegenüber Bürgern (Voraussetzungen: bestimmtes Indi-vidualrecht (bestimmbarer „Mindestschaden“) Kausalität zwischen Pflicht-verletzung des MS und Schaden des Bürgers)

35 Überblick zu den Rechtsschutzverfahren vor dem EuGH
„Verfassungsrechtliche“ Streitigkeiten: zwischen EU-Organen, zwischen MS sowie zwischen MS und EU-Organen „Verwaltungsrechtliche“ Streitigkeiten: zwischen EU-Organen und Individuen (bzw. zwischen EU-Organen und Gemeinschafts-bediensteten) Sonstige Verfahren, ins-besondere das sogenannte Vorabentscheidungs-verfahren gemäß Art. 234 EG vor allem Vertragsverletzungsverfahren, Art.226 und Art. 227 EG Nichtigkeitsklagen gemäß Art.230 Abs.1 EG (vgl. besonders Art.230 Abs.3 + Abs.4 EG)  vor allem Amtshaftungsklage, Art.235 i.V.m. Art.288 Abs.2 EG (Beamtenklage, Art.236 EG) vorlageberechtigt sind nur Gerichte der MS (Unterscheide: Fakultative und obligatorische Vorlage, Art.234 Abs.2 und Abs.3 EG)

36 Beispielsfälle Fall 2 (Lawrie Blum)
Die britische Staatsangehörige Lawrie Blum hat im deutschen Bundesland B das Staatsexamen für das Lehr-amt an höheren Schulen bestanden und möchte als Studienreferendarin eingestellt werden. Als die zuständige Behörde ihr dies verweigert, beruft sie sich auf Art.39 EG. Die Behörde hält ihr daraufhin entgegen, diese Vorschrift komme schon deshalb nicht zur Anwendung, weil Studienreferendare als Beamte keine Arbeit-nehmer seien. Im Übrigen handle es sich um öffentliche Verwaltung, die vom Anwendungsbereich des EG-Vertrags ausdrücklich ausgenommen sei. Hat die Behörde Recht ?

37 Lösungshinweise zu den Beispielsfällen
Fall 2 (Lawrie Blum) Ausgangsfrage: Verstoß gegen Art.39 EG ? 1) Ist die Studienreferendarin Arbeitnehmerin i.S.d. Art. 39 Abs.1 EG ? Begriff kann nicht - jeweils - national bestimmt werden, sondern muss gemeinschaftsrechtlich ausgelegt werden (ansonsten wäre die Freiheit des Art.39 EG in den Mitgliedstaaten ja beliebig einschränkbar  weite objektive Auslegung ergibt folgende wesentliche Merkmale eines Arbeitsverhältnisses: - Erbringung von Leistungen für einen anderen nach dessen Weisung - während bestimmter - nicht ganz kurzer - Zeit - Gegenleistung: Vergütung (in welchem Bereich dies geschieht - Wirtschaftsleben, Bildung, Sport o.ä. - ist unerheblich) Diese Kriterien erfüllt die Studienreferendarin: sie ist weisungsabhängig, erhält eine Vergütung und erbringt mit der Unterrichtserteilung Dienstleistungen Zwischenergebnis: Die Studienreferendarin ist Arbeitnehmerin i.S.d. Art.39 Abs.1 EG

38 Lösungshinweise zu den Beispielsfällen
Fall 2 (Lawrie Blum) 2) Liegt eine Ausnahme gem. Art.39 Abs.4 EG vor ? auch der Begriff „öffentliche Verwaltung“ muss gemeinschaftsrechtlich bestimmt werden (Argumente wie unter 1))  daher ist „öffentliche Verwaltung“ (i.S.d. Freiheit der Arbeitnehmer in der EU !) so auszulegen, dass darunter nur diejenigen Stellen zu verstehen sind, die - unmittelbar an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse mitwirken bzw. - zur Wahrung der allgemeinen Belange des Staates berufen sind (die Stelleninhaber müssen in einem Verhältnis besonderer Verbundenheit zum Staat stehen; ihre Tätigkeit muss für die Wahrung öffentlicher Interessen quasi unbedingt erforderlich sein ...) diese engen Voraussetzungen sind beim Unterricht an öffentlichen Schulen nicht gegeben Ergebnis: Der Studienreferendarin kann auch Art.39 Abs.4 EG nicht entgegengehalten werden.

39 Beispielsfälle Fall 3 (Reinheitsgebot)
In Deutschland dürfen gemäß §§ 9, 10 Biersteuergesetz unter der Bezeichnung Bier nur Getränke in Verkehr gebracht werden, die ausschließlich aus Malz, Hopfen, Wasser und Hefe hergestellt sind. Die Kommission sieht darin ein vom E(W)G-Vertrag verbotenes Handelshemmnis. Die Bundesregierung hält dem entgegen, der deutsche Biertrinker erwarte unter einem Getränk dieser Bezeichnung „reines“ Bier, das als „Grundnah-rungsmittel“ schon aus Gesundheitsgründen „rein gehalten werden müsse“. Wer hat Recht ?

40 Lösungshinweise zu den Beispielsfällen
Fall 3 (Reinheitsgebot) Verstoß der genannten Bestimmungen gegen Art.28 EG ? a) Art.28 EG ist betroffen, da Verkehrsverbot für anderes als nach dem Reinheitsgebot gebrautes Bier eine „Maßnahme gleicher Wirkung“ i.S.d. Vorschrift darstellt. b) Schranken: Art.30 EG sowie weitere „zwingende Erfordernisse“, insbesondere Schutz der Gesundheit, der Lauterkeit des Handels und des Verbraucherschutzes (sog. „Cassis-Formel“) hier daher: - Verbraucherschutz ? gebietet primär Transparenz, d.h. Information des Verbrauchers  dazu bedarf es aber keines Verkehrsverbotes; vielmehr genügt eine ange- messene Etikettierung des verkauften Erzeugnisses das Argument einer bestimmten Vorstellung des deutschen Verbrauchers von „Bier“ muss demgegenüber zurückstehen; wäre „verschleiertes“ Verkehrsverbot i.S.d. Art.30 Satz 2 EG ...

41 Lösungshinweise zu den Beispielsfällen
Fall 3 (Reinheitsgebot) - Gesundheitsschutz ? die Verwendung von Zusatzstoffen kann aus diesem Grund gem. nationaler Regelung von einer vorherigen Zulassung abhängig gemacht werden; aber: ein pauschales Verbot von Zusatzstoffen ist nicht zulässig, weil diese erstens nicht alle schädlich sind und zweitens in anderen in Deutschland erhältlichen Lebens- mitteln bereits enthalten sind ... Ergebnis: Die §§ 9 und 10 Biersteuergesetz verstoßen gegen Art.28 EG und dürfen daher nicht angewandt werden. Vgl. zu den „Folgen“ des Rechtsstreits auch das EuGH-Urteil vom 5.März 1996, NJW 1996, 1267 sowie das Urteil des BGH vom 24.Oktober 1996, EuZW 1996, 761.

42 EG-Recht und öffentliche Verwaltung
(nur wesentliche Materien im groben Überblick) Europarechtliche Materie (anhand des EG-Vertrags; betrifft aber auch das dazu erlassene Sekundärrecht) Verwaltungsbereich A] Freier Warenverkehr (Zollunion ... (Art EG)) Beseitigung mengenmäßiger Einfuhrbeschrän-kungen (Art EG) Zollverwaltung insbesondere Lebensmittelkontrolle; Veterinär-, Arzneimittelaufsicht; Bau- und Gewerbeaufsicht B] Landwirtschaft (Art EG) Agrarverwaltung (z.B. auch Fleischbeschau) C] Freier Personenverkehr Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art EG) Niederlassungsfreiheit (Art EG) Ausländerpolizei; Arbeitsverwaltung; Verwaltung als Arbeitgeber; ... Gewerbeaufsicht; Aufsicht über freie Berufe ... D] Dienstleistungsfreiheit (Art EG) s.o. bei Niederlassungsfreiheit; Verwaltung als öffentlicher Auftraggeber

43 EG-Recht und öffentliche Verwaltung
(nur wesentliche Materien im groben Überblick) Europarechtliche Materie (anhand des EG-Vertrags; betrifft aber auch das dazu erlassene Sekundärrecht) Verwaltungsbereich E] Verkehr (Art EG) z.B. Aufsicht über den Straßenverkehr ... F] Wettbewerb Beihilfenaufsicht (Art EG) Subventionsvergabe durch die Verwaltung G] Steuerrecht (Art EG) Finanzverwaltung H] Sozialpolitik (Art EG) Verwaltung als Arbeitgeber I] Umwelt (Art EG) Gewässerschutz; Abfallentsorgung; Naturschutz; Immissionsschutz; planende Verwaltung (Umwelt-verträglichkeit !) ...

44 Zum Vollzug des Europarechts durch die Verwaltung
(Ausgangspunkt sind der allgemeine Grundsatz des Art.10 EG: Pflicht zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts sowie der Anwendungsvorrang des unmittelbar geltenden oder wirksamen Gemeinschaftsrechts) A] Primärrecht Die wichtigsten unmittelbar anwendbaren Vertragsnormen sind: Art.12 EG (allgemeines Diskriminierungsverbot) Art.28 EG (Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung) Art.39 EG (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) Art.141 EG (gleiches Entgelt für Männer und Frauen) Darüber hinaus sind stets die allg. Rechtsgrundsätze (insbes. Grundrechte und rechtsstaatl. Prinzipien) des Gemeinschaftsrechts zu beachten (Auslegung des Europarechts durch die Verwaltung !; aber: diesbezügliches Monopol des EuGH !)

45 Zum Vollzug des Europarechts durch die Verwaltung
B] Sekundärrecht 1) Direkter Vollzug Verordnungen Richtlinien nur dann, wenn ihnen unmittelbare Wirksamkeit zukommt dies ist anhand der Kriterien zu ermitteln, die der EuGH dazu entwickelt hat Umsetzung von EG-Richtlinien durch Verwaltungsvorschriften (Ausnahmefall !) 2) „Mittelbarer“ Vollzug Vorschriften des deutschen Rechts, die eine Richtlinie der EG umgesetzt haben, sind im Lichte von Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszulegen (wird aus Art.10 EG abgeleitet) Innerstaatliche Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts sind so anzuwenden, dass das Gemeinschaftsrecht effektiv vollzogen wird (!)

46 „Europarechtliche Pflichten“ des Verwaltungsbeamten
Der Verwaltungsbeamte muss: 1) die für seinen Sachbereich einschlägigen primär- und sekundärrechtlichen Bestim-mungen des Gemeinschaftsrechts kennen 2) den Anwendungsvorrang der unmittelbar geltenden Normen des Primärrechts sowie den Vorrang von EG-Verordnungen beachten (d.h. entgegenstehendes nationales Recht unbeachtet lassen) 3) die etwaige unmittelbare Wirksamkeit von Richtlinienbestimmungen nach Ablauf von deren Umsetzungsfrist in nationales Recht - bei Untätigkeit des Gesetzgebers - herausfinden (!) und diese Normen vorrangig anwenden bzw. beachten 4) nationale Vorschriften, die eine Richtlinie der EG umgesetzt haben, richtlinien-konform auslegen 5) beim Vollzug von europarechtlichen Bestimmungen das innerstaatliche Verwal-tungsverfahrensrecht so anwenden, dass ein effektiver Vollzug des Gemeinschafts-rechts gewährleistet ist


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