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Klaus Dörre, FSU Jena Prekäre Beschäftigung – subjektive Verarbeitungsformen, arbeitspolitische Konsequenzen Mannheim, 4./5. November 2005.

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1 Klaus Dörre, FSU Jena Prekäre Beschäftigung – subjektive Verarbeitungsformen, arbeitspolitische Konsequenzen Mannheim, 4./5. November 2005

2 These 1: Blindstellen In der aktuellen arbeits(markt-)politischen Debatte wird die Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse noch immer unterschätzt. These 2: Zentralität Die Prekarisierung ist kein Randphänomen, sondern ein Prozess, der bis tief in das integrierte Zentrum der Arbeitsgesellschaft wirkt. These 3: Segmentationslinien Übergang zum „Finanzmarktkapitalismus“ und flexibles Arbeitsmanagement fördern die Spaltung der Arbeitsgesellschaft in eine „Zone der Integration“, eine „Zone der Prekarität“ und eine „Zone der Entkoppelung“.

3 Schaubild 1: Definition „Prekäre Arbeit“
1) Materiell-reproduktive Dimension: nicht existenzsichernd; 2) Institutionelle Dimension: unterschreitet „normale“ Standards bei Partizipation an industriellen und sozialen Schutzrechten (soziale Sicherungen, Tarifbestimmungen, Mitbestimmungsmöglichkeiten); 3) Sozial-kommunikative Dimension: erschwert befriedigende Sozialbeziehungen am Arbeitsplatz und die Integration in soziale Netze; 4) Zeitdimension: schränkt die Möglichkeiten einer Zukunftsorientierten Lebensplanung ein; 5) Sozial-moralische Dimension: Bewirkt Anerkennungsdefizite; 6) Sinnhaft-Subjektbezogene Dimension: Kann zu Sinnverlust führen.

4 Abbildung 2: Veränderung der Beschäftigungsstruktur: Anteil der Erwerbstätigen nach Erwerbsformen (Ost – West): Quellen: Statistischem Bundesamt, Fachserie 1. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit Reihe Geringfügige Beschäftigung ab 2000: Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit Leiharbeit bis 1991: Bundesanstalt für Arbeit, Landesarbeitsamt Nord, Referat Information, Controlling und Forschung; ab 2000 Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1968: Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, VIII: Erwerbstätigkeit 2002: Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Bundesagentur für Arbeit: Arbeitnehmerüberlassungsstatistik und Statistik über geringfügig Beschäftigte sowie über Teilzeitbeschäftigte und Ausbildungsmarkt 2002. Eigene Berechnungen.

5 Schaubild 3: (Des-)integrationspotentiale von Erwerbsarbeit – eine Typologie
Zone der Integration 1. Gesicherte Integration („Die Gesicherten“) 2. Atypische Integration („Die Unkonventionellen“ oder „Selbstmanager“) 3. Unsichere Integration („Die Verunsicherten“) 4. Gefährdete Integration („Die Abstiegsbedrohten“) Zone der Prekarität 5. Prekäre Beschäftigung als Chance / temporäre Integration („Die Hoffenden“) 6. Prekäre Beschäftigung als dauerhaftes Arrangement („Die Realistischen“) 7. Entschärfte Prekarität („Die Zufriedenen“) Zone der Entkoppelung 8. Überwindbare Ausgrenzung: („Die Veränderungswilligen“) 9. Kontrollierte Ausgrenzung / inszenierte Integration („Die Abgehängten“)

6 These 5: Bedeutungswandel von Arbeit
Die Typologie subjektiver Verarbeitungsformen belegt einen weit reichenden Bedeutungswandel von Erwerbsarbeit. These 6: Erschwerte Lebensplanung Die Ausübung einer prekären Beschäftigung schränkt die Chancen ein, einen rationalen, längerfristigen Lebensplan zu entwickeln. Die Beschäftigten spalten sich zunehmend in zwei Gruppen auf, in jene, die fest angestellt sind, um es zu bleiben, und solche, die zu vielem bereit sind, um der Unsicherheit zu entkommen. These 7: Prekäre und flexible Arbeit Flexible und prekäre Arbeit sind nicht identisch. Entsprechende Ressourcen vorausgesetzt, kann z.B. eine hohe Identifikation mit der eigenen Tätigkeit die Risiken eines unsicheren Be-schäftigungsverhältnisses entschärfen.

7 These 8: Das Desintegrationsparadox
Prekäre Beschäftigung mündet nicht linear in soziale Desintegration, weil sekundäre an die Stelle primärer Integrationsmechanismen treten. Das spricht für eine Verfestigung, nicht jedoch für eine Entdramatisierung der Prekaritätsproblematik. These 9: Eine Schwebelage Prekäre Beschäftigungsverhältnisse führen in den Arbeitsgesellschaften der Gegenwart nicht zu vollständiger Entwurzelung und Pauperisierung. Die prekär Beschäftigten befinden sich in einer eigentümlichen „Schwebelage“. Sie müs-sen alle Energien mobilisieren, um den Sprung vielleicht doch noch zu schaffen. Andererseits sind permanente Anstrengungen auch nötig, um einen dauerhaften sozialen Abstieg zu vermei-den. Wer in seinen Anstrengungen nachlässt, dem droht der Absturz in die „Zone der Entkoppelung“.

8 These 10: Stabilisierung des Destabilen
Die „Zone der Prekarität“ wirkt disziplinierend auf die „Zone der Integration“ zurück. Sie bewirkt eine eigentümliche Stabilisierung des In-stabilen“. These 11: Quer durch alle „Zonen“ existiert eine einsozialisierte rechtspopulistische Axiomatik, die sich der Arbeitserfahrungen bemächtigt. Charakteristische Topoi sind: (1) ‚Zuwanderung zerstört die deutsche Kultur und muss gestoppt werden‘ (2) ‚Ausländer nehmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg‘ (3) ‚Wenn gespart werden muss, dann bei den Sozialschmarotzern‘

9 (4) ‚Die deutsche Geschichte darf nicht länger Ballast sein‘
(5) ‚Wir wollen stolz auf Deutschland sein, können es aber nicht‘ (6) ‚Politiker sind Gangster, das gesamte System muss verändert werden‘ (7) ‚Ein bisschen weniger Demokratie kann nicht schaden‘ (8) ‚Rechte Parteien sind zu extrem, aber sie sprechen die richtigen Themen an’ These 12: Die Diskrepanz zwischen eigenen Arbeitserfahrungen und offiziellem Flexibilisierungsdiskurs ist eine Quelle für rechtspopulistische Orientierungen (Repräsentationsproble-matik). „G5: Also, wir sind sehr flexibel, ohne Ende, muss ich mal so sagen. Das Gerede von Flexibilität, das gibt es bei unseren Monteuren nicht, das gibt es

10 bei mir nicht, wenn die Firma sagt, du musst jetzt dorthin gehen, dann gehen wir dorthin, fertig. Da wird nicht diskutiert. Sicherlich gibt es die eine oder andere Ausnahme, wenn zu Hause irgendwelche Probleme sind,..., das ist aber ein Einzelfall. Aber hier in der Firma, für die Leute, für die ich verantwortlich bin, da gibt es das nicht. Unsere Leute fahren bis nach Antwerpen, bis nach Italien, die fahren in die westlichen Bundesländer, also flexibel ohne Ende muss ich sagen.“ ( Meister im Baugewerbe, G5, 19) „Ich weiß nicht, warum das (die Arbeitsmarktreform, KD) immer auf dem Rücken der Kleinen ausgetragen werden muss. Ich habe ja selbst eine Frau zu Hause, eine Lebensgemeinschaft, wenn die dann 300 Euro kriegen soll, wer sich so was ausdenkt, der gehört an die Wand gestellt, ehrlich. Das kann nicht sein. Die stoßen die Menschen in einen Abgrund. I.: Also, das empfinden sie als menschenunwürdig? Das Können nur die sich ausdenken, die in Saus und Braus leben“ (G5, 19).

11 These 13: „Entweiblichung“ und „Zwangsfeminisierung“ nähren den Wunsch nach „positiven“, eindeutigen Identifikationsangeboten. Das können rechtspopulistische Formationen nutzen. „Soll ich Ihnen was sagen, ich finde manche Sachen zum Kotzen. Zum Beispiel – ich bin nicht ausländerfeindlich, verstehen Sie mich jetzt nicht falsch – aber ich kriege einen Anfall: die haben ihre sechs, sieben Kinder. Können beide mit dem Arsch zu Hause bleiben. Ich Arme muss arbeiten gehen. Die kriegen genug Gelder von uns. Das sind Sachen, da kriege ich echt einen Hals“ (K2, 11).

12 These 14: Die Stillstellung fremdenfeindlicher, rassistisch motivierter Konflikte im Betrieb kann zur Zementierung menschenfeindlicher Orientierungen führen. „Es (die Zusammenarbeit mit Ausländern, KD) darf keine Probleme machen... Das schreibt die Firma vor. Wenn ich jetzt mal sage: ‚Du dummer Russe!‘ oder so, ist der Arbeitsplatz weg. Wenn der Russe sagt ‚Du dummer Deutsche!‘, dann ist das okay... Ich hab schon Leute gehört, die deswegen gekündigt wurden, was sich so in der Gruppe erzählt wird“ (B2, 11). „Im Prinzip entsteht das ja nur durch Neid, diese Sache, weil der hat hier feste Arbeit, der hat ein schönes Leben hier. Dadurch kommt das ja eigentlich, dass man sich so ein bisschen minderwertig fühlt. Eigentlich ist das nur Neid. Das, was der andere hat, und was wir nicht haben.“

13 Diese Problematik wird jedoch im Unternehmen nicht thematisiert
Diese Problematik wird jedoch im Unternehmen nicht thematisiert. Auf die Frage, ob man sich dadurch in seiner Ehre verletzt fühle, antwortet der Produktionsarbeiter: „Ja sehr, wenn es zu was kommt. Das wäre dann fast schon wieder ein potentieller NPD-Wähler... Wenn sich die ausländischen Festen anders verhalten würden, wäre das Thema nicht so groß. Denn viele sind jetzt der Meinung, sie sind jetzt fest und können ‘nen großen Mund haben.“

14 These 16: Arbeitspolitische Defensive
Marktdruck und Überanpassung fördern ausgrenzende Integrationsvorstellungen. „Man sollte in Deutschland ein bisschen mehr Wert darauf legen, dass (Ausländer, d.A.) sich einordnen... Sie sollten das, was wir hier haben, mehr akzeptieren. Im Moment können sie überall auf Konfrontation gehen und kriegen nur noch Recht. Und ich denke, dass der große Zulauf (zur) extremen Rechten darin begründet ist“. These 16: Arbeitspolitische Defensive Wenn die Existenz unsicher geworden ist, treten Entfernung zur Arbeit, Monotonie oder schlechte Behandlung als Gründe für Arbeitsunzufriedenheit subjektiv in den Hintergrund. Es dominiert die Sorge um den Erhalt des Arbeitsplatzes, so widerwärtig er auch sein mag.

15 These 17: Schwächen der Künstlerkritik
Eine Taylorismuskritik, die sich auf die Auseinandersetzung mit autoritärer Managerkontrolle und zergliederten Arbeitstätigkeiten konzentriert, steht der Prekarisierung der Arbeitsgesellschaft hilflos gegenüber. Auch die Verfechter der Subjektivierungs-these unterschätzen den Prekarisierungstrend. Arbeitspolitische Schlussfolgerungen: (1) Eine Politik der Entprekarisierung muss zunächst die Existenz unsicherer Beschäftigungsverhältnisse anerkennen. (2) Eine fortschreitende Prekarisierung der Beschäftigungs-verhältnisse ist für viele Unternehmen längerfristig dys-funktional.

16 (3) Die aktuelle Arbeitsmarktpolitik sucht den Teufel („Entkoppelung“) mit dem Belzebub („Prekarisierung“) zu vertreiben. (4) Politik der Entprekarisierung bedeutet, die Selbstorganisa-tion der vermeintlich Unorganisierbaren zu fördern. Dafür gibt es – wie Beispiele aus anderen europäischen Ländern zeigen – realistische Chancen. (5) Die gesetzliche Verankerung eines existenzsichernden Mindestlohns ist für eine Politik der Entprekarisierung von besonderer symbolischer Bedeutung (6) Ein wichtiges Ziel muss es sein, flexible Arbeitsformen nicht zu verhindern, sondern ihnen nach und nach ihren prekären Charakter zu nehmen. Einen wichtigen Ansatzpunkt könnte die französische Debatte um die Schaffung eines gesellschaftlichen Aktivitätsstatus bieten.


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